Donnerstag, der 29. März 1973

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Donnerstag, 29. März 1973

Minister Moser ersucht mich, dass ich Honeywell eröffne. Direktor
Grosslercher ist ein Schulfreund von ihm und hat ihn deshalb gebeten,
dass er bei mir interveniert. Da ich Moser bis jetzt so wenig behilf-
lich sein konnte, habe ich bereits als er anrief, um die Bitte auszu-
sprechen, gleich erklärt, schon genehmigt, bevor ich überhaupt noch
wusst, worum es sich handelt.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte Termin vormerken.

Dr. Leibenfrost von der oö. Handelskammer rief mich an, um mir mitzu-
teilne, dass sie selbstverständlich meinen Wunsch, in der Schärdinger
Bezirkskammer mit den Unternehmern Sonntag um 8 Uhr früh zusammenzu-
treffen, gerne nachkommen wird. Bei dieser GElegenheit verweise ich
gleich darauf, dass Herr Ebner sich mit Dr. Rosen und der Industrie-
sektion Dr. Amon wegen der Betriebsbesuche in Verbindung gesetzt hatte.
Was mir Leibenfrost auch bestätigt. Sallinger dürfte also sehr wütend ge-
wesen sein, denn sonst hätte ihn der Kammeramtsdirektor und vor allem
Präs. Schütz sicherlich nicht dahingehend informiert, dass Ebner ohne
auch nur mit der Kammer zu reden, was er in Schärding getan hat und
auf meine telefonische Intervention dann auch mit der Linzer Handels-
kammer anders reagiert. Ihm passt es sichtlich nicht, dass ich mit
den Firmen Kontakt aufnehme. Ich habe des halb symptomatisch entschieden
nicht wie Ebner vorgeschlagen hatte, beim Bürgermeister dh. im Bürger-
meisteramt die Besprechung abzuhaltne, sondern wenn es irgendwie geht,
in der Schärdinger Handelshammer. Ich persönlich hätte nie geglaubt,
dass es so schwierig ist, Beamten die uns nahestehen klar zu mahcen,
dass man informell den Vertretern der Handelskammer und besonders
deren Exponenten entgegenkommen kann und soll, um materiell mehr
zu erreichen, als wenn man sich als Ministerium oder gar als Minister
besonders auf seine Autonomie berufend gegen die Interessensvertre-
tung auftritt.

Im Unterausschuss hat der Vorsitzende Staudinger bereits mit den anderen
beiden Fraktionsführern, Müller SPÖ und Hanreich FPÖ, ausgemacht, dass
im April wo sitzungsfreies Monat ist, auf keinen Fall eine Unteraus-
schussitzung zu machen. Mussil hat mir aber bereits gestern zuge-
sichert gehabt, dass er die WOche vor Ostern bereit wäre, 3 Tage zu
verhandeln. Dazu kommt ich leider die anderne nicht bewegen. Immerhin
aber ist es geglückt, einen Tag als Hearing-Tag durchzusetzen. Es


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war im Laufe der VErhandlungen als notwendig bezeichnet worden,
dass wir den einzelnen Interessensvertretungen d.h. den Innungsmei-
stern oder bie den freien Berufen den Vertretern Gelegenheit geben,
beim Unterausschuss ihre Wünsche zu deponieren. Zum Schluss wurden
ein Dutzend Gruppen festgestellt mit der Berechtigung der Zahntech-
niker – Anpassungsarbeiten im Mund vorzunehmen, zur Frage, ob Fla-
schenbier auch bei Fleischern verkauft werden darf, eine ganze Palette
von Wünschen zur Anhörung beschlossen. Auch die Frage, ob Maler
tapezieren dürfen und umgekehrt, wurde, obwohl es gestern schon be-
schlossen wurde, neuerdings ausgenommen. Mussil war nämlich durch
Intervention der Tapezierer-Innungsmeisters sehr verärgert. Er
erkärte rundweg heraus, er würde nicht an weiteren Verhandlungen
teilnehmen, wenn die Vertraulichkeit nicht gewahrt bleibt. Zuerst
vermutete er, dass ich irgendwelche Informationen dem Freien
Wirtschaftsverband gegeben hätte, denn von dort wurde dem Bundes-
innungsmeister mitgeteilt, dass er denWunsch der Tapeziere, dass
nur sie spalieren dürfen, zurückgezogen hat. Ich konnte mit ruhigem
GEwissen die Erklärung abgeben, dass ich mit niemandem über dieses
Problem gesprochen habe, genao wenig wie über das Problem der Zahn-
techniker mit Daume. Der Präsident der Ärztekammer hat nämlich
ebenfalls Informationen über den Verhanldungsverluaf erhalten.
ZS Swoboda, der als Experten den Verhandlungen beigzogen ist, gab
dann zu, dass der Landesinnungsmeister der Tapezierer bei ihm an-
gerufen hätte und er nichts anderes gesagt hat, als dass eben
gegen den Wunsch der Tapezierer entschieden worden sei. Dies nützte
Mussil nun, um einen richtigen Wutanfall fest würde ich sagen zu spie-
len, aber ich glaube, er war wirklich ehrlich. Als er nämlich be-
merkte, dass die undichte Stelle nicht ich gewesen bin, bei mir
hätte er sich wahrscheinlich ein bisschen zurückgehalten, konnte
er seine ganze Wut auslassen und erklärte, dann würde er zurücktreten
und von ihm aus könnte die SPÖ mit Mehrheit die Gewerbeordnung be-
schliessen. Richtig ist, dass für ihn jedeENtscheidung äusserst
wschwieirig und auf alle Fälle irgendwelche Gegensätze innerhalb
seiner Organisation , d.h. der Handelskammer, auslöst. Unter vier
Augen meinte er dann zu mir, er würde Fiedler in den Unterausschuss
schicken und seinen Präsidenten berichten. Ich konnte ihn, so
hoffe ich, von dieser Absicht zurückhalten und meinte, es gäbe ja die
Möglichkeit, was auch den Tatsachen entspricht, dass die Diskussion
deshalb über das Spalieren der Maler dadurch ausgelöst wurde, dass
in den westlichen Bundesländern bereits jetzt entgengen den ge-
setzlichen BEstimmungen die Maler diese Arbeit verrichten. Wenn


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eine Vertraulichkiet im Unterausschuss vereinbart wurde und dies
war der FAll, dann muss man sihc eben wirklich an diesen Beschluss
halten. Mich selbst wundert, dass so wenig DEtailinformationen bis
jetzt an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Sicherlich ist der Ge-
setzentwurf nicht von so grosser Bedeutung für die grosse Masse der
Bevölkerung, wohl aber sind Interssensgegensätze und damit Einzel-
interessen und damit im ZUsammenhang Detailinformationen für Gruppen
der gewerblichen Wirtschaft von besonderer Bedeutung.Hier hat der
Freie Wirtschaftsverband versucht, zu früh politisches Kleingeld
zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass Mussil jetzt wahrscheinlich
einer REform, dass die Maler auch Spalieren dürfen und umgekehrt,
nicht zustimmen wird, da auch der Freie Wirtschaftsverband-Vertreter
der Landesinnungsmeister ist ein Sozialist, dies nicht will, werden
wir den ERfolg, den wir schon erzielt haben, wieder aufgeben müssen.
verhältnismässig viel Sitzungstermine für den Unterausschuss und
manchmal ein ganz zügiges Vorwärtskommen kann ich dadurch erreichen,
dass ich bei GEsprächen mit den einzelnen Gruppen meistens unter
4 oder 6 Augen immer wieder darauf hinweise, dass sie doch selbst auch
einstimmig diese Gewerbeordnung beschliessen möchten.Sowohl die FPÖ
Hanreich, als auch die ÖVP-ler bescheinigen mir, dass ich fast als
Musterbeispiel für ZUsammenarbeit im Parlament gelte. Wenn sie mich
nicht reinlegen wollen und das kann ich bis jetzt nicht annehmen,
müsste sich also diese langfristige und so zeitraubende Verhandlungstak-
tik dann doch in ein positiver ERgebnis sowohl für die Sache als
auch für mich persönlich ummünzen lassen.

Beim Mittagessen des rum. Botschafters Aninoiu erfuhr ich, d ass der
bisherige Handelsrat als Gen.Direktor ins Handelsministerium zurück-
geht und dort westliches Europa behandelt. Der neue Handelsrat
Causecu ist bis jetzt 6 Jahre in der CSSR gewesen und soll ein Spe-
zialist für Koopertationen sein. Ich habe dem Botschafter und dem
neuen Handelsrat zugesichert, dass wir ihn in dieser Arbeit tatkräf-
tigst unterstützen. Gott sei Dank aknn ich wenigstens darauf hin-
weisen,dass wir zur Verstärkung des Osthandels ein eigenen Koopera-
tionsreferat errichtet haben. Ausserdem fiel mir dann durch eine
Bemerkung vom BOtschafter ein, dass ich seinerzeit sogar für die
VÖEST und damit diese eine grössere Kooperation zustandebringen
kann, interveniert hatte.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte bei der Vorbereitung für Rumänien zu ver-
suchen, österr. Firmenwünsche stärker zu erfassen.
Dr. Stanek hat glaube ich ebenfalls von seiner
Firma entsprechende Vorschläge, er wird mir dies-


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bezüglich einen BRief schreiben. Ich glaube, dass es leider viel
zu spät und unzulänglich den Firmen bekanntgegeben wird, dass ich
zu Gemischten Kommission oder Vertragsunterzeichnungen ins Ausland
fahre. Hier wäre es zweckmässig, wenn das Kooperations- oder das
Länderreferat entsprechende Vorbesprechungen mit einzelnen Firmen
führen würde.

Der Spanische Minister Rodo, der am Vortag bei Kirchschläger war,
hat auch bei meiner Vorsprache erklärt, dass Spanien jetzt eine
Assoziierung mit der EFTA erreichen möchte. Auch mir gegenüber
sagte er, dass die Schweden diese Vorangsweise, nämlich Verhand-
lungen in Genf sofort aufzunehmen, schriftlich zugesagt haben.
Eine telegraphische Mitteilung unseres Botschafters in Stockholm
ergibt aber dass dies angeblich nicht zutrifft. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass wenn die Spanier ein solches Schreiben besitze,
die Schweden dies glattwegs ableugnen, abdererseits aber die Spa-
nier nicht so unverschämt lügen können. Wahrscheinlich gibt es doch
einen Schriftwechsel, der halt ein Wischi-Waschi-Brief sein wird.
Da in der aussenpolitischen Linie schon zur Zeit Kreiskys die
Absicht bestand, Spanien, wenn es sich der EFTA anschliessen will,
entgegenzukommen und sich an dieser Politik auch unter Kirchschläger
nichts geändert ha,t kann ich vom wirtschaftlichen STandpnnkt ein
solches Arrangement nur begrüssen. Dass ich über Spanien politishc
anders denke, zeigt auch jetzt mein zwiespältiges VErhalten zu
diesem Problem. Sicherlich hat Kirchschläger recht, wenn er erklärt,
dass die Portugiesen, die heute bereits Mitglied der EFTA sind.
ein faschistischere System darstellen und heute noch härtere Methoden
vor allem in ihrem Kolonialgebiet entwicklen, als dies Spanien tut.
Trotzdem zeigt es die ganze Tragik, dass man mit Ländern wirtschaft-
liche Beziehungen aufnimmt, wenn dieser Staat eben diplomatische
anerkannt ist, ohne Rücksicht auf das Regierungssystem. Die Ausred,e
dasss man mit UNterstützung der wirtschaftlichen Entwiclung in diesem
Land der Bevölkerung hilft, dass man damit vielleicht sogar der Ar-
beiterschaft einen höheren Lebensstandard gibt und damit auch
die Kontakte der Arbeiterschaft mit anderen Arbeiterorganisationen
ermöglicht, dient wirklich nur als Feigenblatt, weil man womöglich
so wie bisher heute meine Jugendideale, ich will nicht sagen ver-
höhnt, aber doch zumindestens vergisst oder zurückdrängt. Die
Argumentation, man schafft damit auch österreichischen Arbeitern
bessere BEdingungen oder wie in Griechenland durch die Errichtung
der Fabrik der Steyr-Daimler-Puch in Saloniki werden auch die
Arbeitsplätze in Steyr gesichert, dient doch nur zur Beruhigung des
eigenen GEwissens.



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Der spanische Minister wollte aber nicht nur, dass Österreich ihn
bei der EFTA-Besprechung über eine Assoziierung unterstützt, sondern
wollte auch Zusicherungen, dass die Zölle von Österreich mehr abgebaut
werden, als die Spanier dies auf Grund des Vertrages dann machen würden.
Solche Zusicherungen habe ich ausdrücklich nicht gegeben sondern bin
über den Wunsch hinweggegangen. So habe ich mich auf keine Details einge-
lassen bezüglich des VErlangens, auch für den Agrarsektor eine Sonder-
regelung zu schaffen. Eine Einladung nach Barcelona zur Messe resp.
zur Besichtung von Spanien habe ich zwar im Prinzip dankend ange-
nommen, doch gleich erklrt, dass ich infolge der parlamentarischen
Tätigkeit einer solchen nicht nachkommen könnte.

Gen.Dir. Gruber hat mir mitgeteilt, dass er in Brüssel jetzt einen
Vertrag paraphiert hat, demnach wird die Austro-Ferngas ins Konsortium
aufgenommen und bis 30. April ist er überzeugt, werden sie auch mit
Sonatrach einen entsprechenden Vertrag unterschreiben. Als Preis
für das nachträgliche Einsteigen in das Konsortium müssen sie für
die Mengen, die über bezogen werden, 2,4 $cent für
1 Mia m3 Ablöse zahlen. Für die Mengen, die die Bayern-Gas und die
Württemberg GFS bezieht, beträgt diese Ablösesumme 1 $cent. Gruber
zeugte grosses INteresse, an der BEsprechung mit Jaumann teilzunehmen.
Ich habe Heindl ersucht, er möge klären, ob die ÖMV Gen.Dir. Bauer
etwas dagegen einzuwenden hat. Dieser ist soofrt eingeschnappt und erklär
er lässt sich keinen Aufpasser mitschicken, in diesem Fall würde er
auf seine Teilnehme verzichten. Heindl mit im Hinblick darauf, dass
wir ja auch den Wirtschaftsminister Jaumann von der Anwesenheit Grubers
nicht verständigt haben, den Generaldirektor davon überzeugen, dass
ein MItfahren nicht möglich ist.

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Tagesprogramm, 29.3.1973




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.
    GND ID: 115848835


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      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


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        Tätigkeit: GD ÖMV


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          Tätigkeit: GD NEWAG


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            Tätigkeit: oö. Wirtsch.-LR, ÖVP


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              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


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                Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                  Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.; Bgm. Schwanenstadt, OÖ


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                    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Vizepräs. Wr. HK


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                      Tätigkeit: Wirtschafts- und Verkehrsminister Bayern


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                        Tätigkeit: Bautenminister


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ZS FWV


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                            Tätigkeit: rumän. Handelsrat, Bruder von Nicolae C.


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                              Tätigkeit: GF Ferngas OÖ


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                                Tätigkeit: rum. Botsch. bis 1977


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                                  Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                    GND ID: 102318379X


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                                      Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                      GND ID: 118723189


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                                        Tätigkeit: Waagner-Biro, Wiener Brückenbau- und Eisenkonstruktions AG


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                                          Tätigkeit: Vizepräs. Kammer Freie Berufe


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