Dienstag, 6. Feber 1973
Die Firma Grolier Corporation verschenkt 30 Bände, die sie mit S 600.-
beziffert, amerikanische Enzyklopädie um 18.000 S, zwei Dictionary
und 100 Forschungscoupons. Dieszumindestens wollte mit der Vertreter
Mayerhofer einreden. Durch zehn Jahre bekommt man dann einen Ergänzungs-
band, der die Enzyklopädie am letzten Stand hält. Der Ergänzungsband
kostet aber 1.330.- S, die man entweder in bar zahlt und 13.300 oder
in drei Jahresraten a 4.600.- Dafür bekommt man dann nochmals 10
Kunstbücher von Europa geschenkt. Die Enzyklopädie Britannica
kostet 18.000 S und dafür der ERgänzungsband nur 380.- S. Die neue
Masche ist also, man schenkt sozusagen die ganze Enzyklopädie her und
verdient dann beimErgänzungsband. Da ich niemals die Absicht hatte
weder für mich noch für das Amt eine solche Ausgabe zu tätigen, war
ich nur interessiert daran, als man mir telefonisch avisierte, mit
welcher Methode heute Buchvertreter arbeiten. Diese Method erinnert mich
ein bisschen an die Verkaufsstrategie der Autoindustrie in der Zwischen-
kriegszeit. Auch dort war der Wagen verhältnismässig preiswert, dafür
wurde bei den ERsatzteilen entsprechend dann verdient.
Im Ministerrat wurde die TAgesordnung erledigt und Androsch hat einen
Währungsbericht als mündlichen Vortrag angeschlossen. Auch hier wurden
keine neuen ERkenntnisse mitgeteilt. Sinowatz berichtet über die olym-
pischen Spiele 1976 und Kreisky erklärt, dass er keine Blanko-Vollmacht
gegeben hat sondern dass es sich nur immer im Rahmen des Möglichen han-
deln kann. Er glaubt, dass der Fremdenverkehrsdurchbruch in Österreich
erst auf Grund der Winterspiele 1964 geschehen ist. Damals sei bewiesen
worden, dass Österreich Wintersport organisieren kann. ICh teile diese
Meinung keinesfalls, denn es hat auch schon vor 1964 einen verhältnis-
mässig gut ausgebauten Winterfremdenverkehr gegeben. Vor der Sitzung hat
mir Weihs mitgeteilt, dass die Orangen- und Südfrüchteimporte unter der
extrem kalten Witterung aus dem Mittelmeerraum sehr schlecht sein
werden und deshalb wir versuchen sollten, Äpfel und Birnen aus Argen-
tinien zu bekommen. Er selbst wird die entsprechenden Schritte veran-
lassen, ich wurde nur ersucht, dass wir alles daran setzen, um die
Importe dann auch durchzuführen. Bei der Dienstbesprechung hat ich
den Vertreter der Sektion I Min.Rat Meisl ersucht, die entsprechenden
Schritte einzuleiten und insbesndere die Handelsdelegierten von dieser
Absicht zu verständigen. Weihs hofft darüber hinaus noch, dass er für
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6.000 t Vollmilchpulverexport nach England in vier Jahresraten eine
Zustimmung kriegen kann. Lausecker berichtete über die Wünsche der
Mittelschullehrer. Kreisky kam dann auch auf den ARtikel vom Vertrags-
bediensteten Poaschacher, der dies in der Agrarpost geschrieben hat
als überaus gehässig bezeichnet werden muss. Kreisky meint, ihn träfe
es weniger, dass er als erstaunlich müde und ja fad gewordener Kanzler
bezeichnet wird, sondern was man sich nicht gefallen lassen darf ist,
dass er als Nichtstuer Regierungsmitglieder bezeichnet. Weisungsfrei soll
die Staatsanwaltschaft prüfen, ob hier ein Vergehen vorliegt. Wenn
dies nicht der Fall ist, werden die betroffenen Minister Klage erheben.
Hier handelt es sich nach Auffassung Kreisky um eine bewusste, gezielte
Aktion. Dringend notwendig ist ein Personalvermittlungsgesetz, damit
der Staat nicht von innen aufgerollt werden kann. Politrup-System wird
sich in Österreich nicht durchsetzen. Dagegen wird sich die Regierung
wehren. In der Sektionsleiter-Sitzung kam ich auf diesen Fall zu
sprechen und Schipper meinte, als er den Text hörte, Gott sei Dank sei
das Handelsministerium davon nicht betroffen. Allgemein glaube ich
hat es aber bei allen Beamten grösste Verwunderung ausgelöst, dass
ein Angestellter des Bundes so etwas schreiben kann und sichs getraut.
In der Sektionsleiter-Sitzung wurde von Schipper darauf hingewiesen,
dass am Donnerstag über die Organisation der OB bei mir eine BEspre-
chung ist und er gerne daran teilnehmen will. Ich habe sofort darauf
verwiesen, dass deshalb das Wochenprogramm den Sektionen zur VERfügung
gestellt wird, damit die entsprechenden Ministerialräte oder sonstigen
Abteilungsleiter aber selbstverständlich auch die Sektionschefs an den
für sie entsprechenden Tagesordnungspunkten jederzeit sich zu diesen
Besprechungen einfinden können. Mein Tagesplan dient zur Orientierung
der einzelnen davon betroffen Referate, Abteilungen und Sektionen
und gilt als allgemeine Einladung. Als weiteres Problem ergibt sich
bei Jagoda. Durch einen Wunsch, die Handelskammergesetznovelle
jetzt schon vorzubereiten, da ja bekanntlicherweise nach den Verein-
barungen ziwschen Handelskammer und Freien Wirtschaftsverband und mir
die Wahlen mit einem amtlichen Stimmzettel vorbereiet werden müssen,
sollen auch andere Punkte novelliert werden. Jagoda ist darüberunglücklic
dass er oft Bestätigungen von BEschlüssen der Handelskammer durchführen
muss, die er gar nicht kennt. Er möchte deshalb die Prüfungsmöglichkei-
ten im Gesetz genau festgelegt. Dies ist aber ein so heisses Eisen,
dass ich ihn gebeten habe, auch hausintern dieses Problem nicht nä-
her zu verfolgen. Ich habe ihn nur ersucht, er soll mir eine Zusammen-
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stellung aller Notwendigkeiten und Wünsche, die er glaubt, dass man
vertreten kann, machen, damit ich diesbezügliche BEsprechungen mit
der Handelskammer aufnehme. Vor etlicher Zeit hat Kohlmaier den Vor-
schlag gemacht, es wäre zu prüfen, wie weit das Sozialministerium
die Arbeiterkammer tatsächlich überwacht. Dies hat damals auf
Arbeiterkammerseite einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Als REaktion
habe ich Sallinger angedeutet, dass dann natürlich sofort auch Wünsche
bezügliche einer strengen Überwachung der Handelskammer Platz greifen
werden. Sallinger hat daher sofort diese Aktion der ÖVP abgestoppt.
Die Kammern sind autonome Organisationen und meiner Meinung nach
kann sich die im GEsetz statuierte Überwachung nur in sehr beschränk-
tem Rahmen abspielen.
Die Fremdenverkehrsdirektoren haben einen eigenen Bundesverband,
der die Interessen der Gemeindenfremdenverkehrsdirektoren und Kurbäder-
direktoren vertreten soll. Der Präsidnet ist Dr. Debene und Dkfm.
Schenkenfelder von Bad Gastein und Dkfm. Muckhof aus Hofgastein sind
mitgekommen. Derzeit fühlen sie sich sehr schutzlos. ZB. wurde der
Fremdenverkehrsdirektor von St. Gilgen, der um 7.000 S arbeitet vom
Bürgeremeister hinausgeschmissen. Gemeinden mit 800.000 Übernachtungen
wie z.B. Mitterndorf hat der Fremdenverkehrsdirektor 5.000 S . In
Kärnten, am Faaker See hat Fremdenverkehrsdirektor Kugi 3.000 S.
Es ist unwahrscheinlich, welch miese Gehälter dort bezahlt werden.
Interessant ist, dass auch von der ÖFVW einige Aussenstellerleiter
aber auch in der ZEntrale Angestellte Mitglieder dieses Verbandes
sind. Ich habe dagegen gar nichts einzuwenden, aber man sollte bei
dieser Gelegenheit ihnen doch sagen, um wievile sie in der ÖFVW
besser bezahlt sind.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich glaube, dass man dies zweckmässigerweise
unter den Angestellter der ÖFVW doch mitteilen
soll. Sie wünschen, dass ich ihre Intentionen
beim Städtebund und beim Gemeindebund stärker
vertrete, was ich ihnen zusagte.
Zu diesem Zweck werde ihc zu ihrer Vollversammlung, die in Wien
stattfindet, erscheinen und dort ein Referat hatlen und über ihre
Probleme mit ihnen diskutieren. Darüber hinaus möchten die ein
Seminar ihrer Angelegenheit und ich habe mich bereiterklärt, eine
Sachleistung zu diesem Seminar beizutragen. Diesbezügliche BEspre-
chungen werde ich mit Min.Rat Würzl, wenn er vom Urlaub zurückkommt,
führen.
Im Konsumentenbeirat über Ladenschlusszeiten habe ich an der
zweiten Sitzung feststellen müssen, dass sich dort die Ergebnisse
langsam herausktistallisieren. Allerdings wird dies noch sehr lange
dauern. Spitalsky hat eine gute Zusammenstellung über die einzelnen
Ladenschlussregelungen in den europäischen Staaten vorbereitet.
Darüber hinaus soll nun eine Übersicht über die einzelnen Länder-
regelungen in Österreich gegeben werden. Die Landesregierungen haben
aber nur ihre Landesgesetzblätter die Ladenschlussprobleme betreffen,
geschcikt. Die Meinungsumfragen, welche von Fessel-Institut und IFES
gemacht wurden, konnten nicht vorgelegt werden. Fessel behauptet,
eine solche Studie nie gemacht zu haben, Wahrscheinlich hat ihm
sein Antragsgeber verboten, diese im Detail oder auch nur im Pirnzip
uns zur VErfügung zu stellen und die IFES-Studie wurde vom FWV in
Auftrag gegeben, der diese auch dem Ausschuss erläutern wird. Auf diese
Methode hoffen wird, dass wir den Vertreter des Freien Wirtschafts-
verbandes Komm. Rat Jodlbauer in die Sitzung einschleusen können.
Die Bundeshandelskammer hätte gerne gesehen, wenn wir jetzt unver-
züglich eine Studie ausarbeitenlassen, da der Verein für Konsumenten-
information bis jetzt nicht erschienen ist. Von diesem Verein er-
hofft sich die Handelskammer die Mitteilung, wie die Konsumenten
über dieses Problem denken. Da der VErein aber besbcihtigt, den
ehemaligen Privat-Angestellten Zentralsekretär und jetzigen Ge-
schäftsführer Skoda zu senden, wird dies eine bittere Enttäuschung
für die Handelskammer werden. Sie haben deshalb vorgeschlagen, wir soll-
ten so schnell wie möglch eine Studie in Auftrag geben. Im Prinzip
hat Koppe mit Recht zgesagt, zwar arm aber nicht mittellos seien wir,
ich habe ergänzt, dass als Tüpfchen auf das I eine eventeulle
Studie dann ausgearbeitet werden könnte und auch von uns finanziert
wird. Zuerst aber erscheint mir wichtig, dass alle V orarbeiten geklärt
sind. Insbesondere müsste man die jetzt zur VErfügung stehenden
Unterlagen zuerst genau studieren. Ing. Altmann von der Präsidenten-
konferenz hat vorgeschlagen, wir sollten un an eine Studie mit
einem Omnibus anschliessen, da kostet jede Frage nur 4.000 S. Zu
so einem Miniverfahren hat allerdings die Handelskammer ihre Zu-
stimmung verweigert. Ich glaube und bon überzeugt, dass wir solange
keine Studie machen sollen, als nicht alle anderen Probleme zumindesten
in dem Prinzip und Grundsätzern erörtert und letzten Endes auch
entsprechende Arbeiten in Auftrag sind resp. durchgeführt sind.
Die AEZ-Diskussion war die harmloseste, die ich in den letzten
10 Jahren überhaupt gehabt habe. So diszipliniert und so ver-
hältnismässig unkritische Anfragen habe ich noch nie bekommen.
Einige ZUhörer waren so frappiert, dass ich auf alle Gebieten irgend-
wie Auskunft geben konnte, dass sie überhaupt nicht auf die Idee
kamen, mich hart zu attackieren. Wäre nicht gleich zu Anfang ein Betrun-
kener dort gewesen, der immer wieder gestört hat und die Bemerkung
machte, dass alle so diszipliniert herumstehen, dann hätte man wirklich
das GEfühl gehabt, es traut sich niemand etwas kritisches zu sagen.
Wären wir in einer Diktatur, würde ich riesige Angst haben, weil
ich das als eine Ruhe vor dem Sturm bezeichnen würde. Vielleicht
aber befinden wir uns wirklich auch in einem ähnlichen Zustand
und die Leute sind nur deshalb so diszipliniert und rzhig, weil sie
schon resignieren. Dann kann ich mir allerdings wieder nicht erklären,
wie sie doch durch fast 2 Stunden ununterbrochen Fragen aus den
verschiedensten Gebieten stellen. NAtürlich hat es leichte Kritiken
gegeben. Z.B. hat einer gefragt, ob jetzt alle Sozialisten schon
untergebracht sind, weil man nichts mehr hört. Hier war es mir besonders
leicht zu antworten, dass in einer Demokratie die Opposition, wenn auch nur
ein einziger ungerechtfertigt irgendwo beschäftigt werden würde, sofort
diesen Fall in alle Öffentlichkeit bringen würde und damit die Bevöl-
kerung sehr wohl über Unzulänglichkeiten der Regierungspartei in-
formiert wäre. Immer wieder werde ich dann gefragt, wo die anderen
Minister solche Forumdiskussionen durchführen. Auch hier kann ihc
leicht antworten, dass ich eben als Mandatar des 3. Bezirkes in einem
dritten Bezirk sehr wichtigen Punkt die entsprechenden Passagen-
diskussionen abwickle. Die anderen Minister werden in ihren Wahlkreisen
entspredhend eingesezt.
Bei der Bezirksausschussitzung auf der Landstrasse wurde das Problem des
MIttelschüler-Ausschlusses eingehend erörtert. Der VSM bekommt aus
dem Bundesjugendring wie der Sekretär des Bundesjugendringes mir mit-
teilte 300.000 S im Jahr und ist deshalb an einer finanziellen UNter-
stützung durch die Partei kaum interessiert. Ich glaube noch immer,
dass es Aufgabe der Partei ist und in der Vergangenheit besonders ge-
wesen wäre, mit diesen jugen Leuten durch Vertrauenspersonen ihrer
Wahk engeren Kontakt zu halten. Ich werde natürlich als Sozialdemokrat
die immer hart sind bezeichnet, er spricht und spricht und spricht und
handeln tut er nicht. ICh glaube aber, dass es jüngere Kräfte inner-
halb unserer Partei gibt, die noch das Vertrauen dieser Linken haben
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und mit diesen müsste dann der Kontakt hergestellt werden und die
könnten auch als Berater und Freunde fungieren ohne dass sie sich damit
bevormundet fühlen. Die Einheit der Partei und deren Gliederungen und
Organisationen erscheint mir als das wichtigste und kostbarste Problem.
Man kann natürlich für gewisse Zeit Beziehungen stillegen, wie Marsch
dies jetzt erklärt hat gegenüber dem VSM, aber auch die DAuer
müsste es gelingen, die entsprechenden Beziehungen nicht nur wieder
aufzunehmen sndern durch entsprechende zusätzliche Gruppen, die sich
jeztt bilden und die im Rahmen der Partei mitarbeiten wollen im
VSM auch denen eine Möglichkeit zu geben, mit den entsprechenden
jungen Genossen KOntakt zu finden.
Tagesprogramm, 6.2.1970
Tagesordnung 58. Ministerratssitzung, 6.2.1970
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