Mittwoch, 7. Feber 1973
Der Präsident des Hauptverbandes, Dr. Weissenberg, hat mir mitgeteilt,
daß er nichts dagegen hätte, wenn die Entlastungssätze der Mehrwert-
steuer reduziert werden. Er pläduerte eigentlich für eine generelle
Herabsetzung. Ich erklärte ihm sofort, daß dies unmöglich ist, da ich
nur die individuellen Anträge behandeln kann. Nach einer neuerlichen
Rücksprache mit seinen Funktionären und insbesondere Fachbeamten er-
klärte er sich dann doch bereit, ein Schreiben an die einzelnen
Kassen in den Ländern zu schicken, damit sie im Zuge der derzeit statt-
findenden Honorarverhandlungen eine generellen Absetzungbetrag berück-
sichtigen und damit vielleicht die individuellen Anträge der Ärzte über-
flüssig machen.
Sekt.Chef Römer und Dr. Zembsch haben von MR. Dr. Zuck vom BKA, Sekt. V,
die Mitteilung erhalten, daß Gatscha, SektChef der S. IV, verstaatl.
Industrie bei der OECD gerne als Delegierter des Handelsministeriums
mitwirken würde. Als Grund hat mir Römer sofort gesagt, weil er wahr-
scheinlich nach Paris fahren möchte. Weder Römer noch Zembsch waren
der Meinung, daß dies zweckmäßig ist. Ich habe selbstverständlich kate-
gorisch abgelehnt. Wenn das BKA, dem die OECD steht, entsprechende
Änderungen durchführen will, kann sie dies auf ihre Kosten, d.h. ihre
Delegierten jederzeit machen.
GenDir Teufenstein von der Investkredit, der noch niemals mir in den
drei Jahren einen Bericht erstattet hat, hat sich angemeldet, um über
die Situation der Investkredit Auskunft zu geben. Tiefseitig wird sie
3,7 Milliarden, die Bilanzssumme wird 4,4 Milliarden betragen. Das
Aktienkapital mit 300 Mio wird eine 6%ige Dividende + 2 % Bonus aus-
schütten. Problematisch war immer nur die Refinanzierung, die sie
jederzeit am Europamarkt durchführen konnten. Die Kredite bewegen
sich zwischen 7,5 und 8,5 % Zinsenbelastung, Sie haben eine ca. 12%ige
Expansion die ganze Zeit d hindurch.gehabt. Da die Girozentrale die
genossenschaftliche Zentralbank, die CAilligried ist und der ERP-Fonds
zurückhaltend ist, wird die Investkreditstärke in Anspruch genommen.
Sie kann aber alle Anforderungen erfüllen. Einzig wirklich interessante
Information war, daß auf mine Frage er mir mitgeteilt hat, nachdem auch
die Papierindustrie bei ihnen Kunde ist, daß Mayr-Melnhof, die Hirsch-
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wanger Betrieb von Thurnauer mit 80 Mio. gekauft hat. Dadurch ist die
illequite Situation der Neusiedler wesetntlich verbessert werden.
Teufenstein ist in Wirklichkeit nur gekommen, um mir am Ende dann doch
mitzuteilen, daß er noch 2 Jahre im Amt bleiben möchte und wie er sich
ausdrückte auch wird, und dann in Pension geht. Scheinbar fürchtet er
doch, daß Schmitz von der ÖVP auf diesem Posten gehieft wird.
MR. Poppinger und Prodinger haben die Vertreter des Städtebundes Schweda
und Gemeindebundes Hammer und auch Dr. Wallner, Bürgermeister von Baden
und gleichzeitig Heilbäderverbandsmann zur Verteilung der 30 Mio. auf Grund
des Finanzausgleiches für Fremdenverkehrsprojekte zu sich gebeten. Mich
hat diese Sitzung sehr interessiert und auch Jagoda war anwesend. Bis jetzt
aben wir in unserem Budget nur 4 Mio S für die Fremdenverkehrseinrich-
tungen gehabt. Jetzt kann das Finanzministerium mit über weitere 30 Mio
verfügen, die wir allerdings aufteilen sollen. Forthammer wollte vom
Gemeindebund, daß diese ausschließlich für Fremdenverkehrsgemeinden re-
serviert bleiben. Schweda hat sich dagegen mit Recht ausgesprochen, weil
auch der Städtebund natürlich auch die Landeshauptstädte, aber auch
Industriestädte wie Lenzing, Vöcklabruck, Köflach, usw. berücksichtigt
haben möchte. Auch in der Vergangeheit wurde schon an Industriegemeinden
Zinsenzuschüsse gewährt. Der Betrag in einem, d.h. kapitalisiert gegeben
hwird. Bis jetzt waren wir durch die 5jährige Laufzeit dieser Zinsenzu-
schüsse verhältnismäßig stark blockiert. Einmal die 4 Mio vergeben und
5 Jahte gab es keine weitere Möglichkeit mehr. Wien hatte bei den 4 Mio
darauf verzichtet, beteiligt zu sein, jetzt hat sie aber im Finanz-
ausgleich einen Bevölkerungsschlüsselanteil von 21,65 % und damit ca.
6,5 Mio S. Sie wird deshalb in Hinkunft auf keinen Teil mehr verzichten.
Man einigt sich, daß in Hinkufnt nicht 2.5 % sondern 3 % Zinsenzuschüß
geben wird, auch von der alten Aktion, wo noch 150.000,-- Rest waren, wurde
bei 18 Anträgen dann diese vergeben resp. aus der neuen Quote, wenn die
entsprechenden Unterlagen vollständig waren, Zuteilungen vorgenommen.
Die Länder selbst müssen ebenfalls zu den Hallenbädern der einzelnen
Gemeinden positiv Stellung nehmen. Bis jetzt hat man sich in diesem
Komitee bei jeden einzelnen Fall immer geeinigt und ich habe deshalb
dort die Erklärung abgegeben,daß ich an der bisherigen Vorgangsweise
auf alle Fälle festhalten werde. Dies gilt als gentleman agreeman, aber
ich habe gar nicht die Absicht, den Zustand zu ändern. Gleich bei meiner
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Amtsübernahme habe ich dezidiert erklärt, daß durch dieses Komitee für
mich viele Streitigkeiten aus der Welt geschaffen werden. Was nur mich
wiederfrapiert hat war, daß für diese Unterlagen umfangreiche Erhebungen
durchgeführt werden, dicke Akte angelegt und für paar 10.000,-- Zinsen-
zuschüsse zu geben. Ich glaube, daß auch dieses System reformiert gehört.
Wenn jemals in der öffentlichen Verwaltung eine Kostennutzenrechnung ge-
macht wird, würde man draufkommen, daß ein vielfaches der gewährten Sub-
ventionen oder der durchgeführten Unterstützungen in der Verwaltungsauf-
wand, der sich allerdings nirgends niederschlägt, mehrfach kompensiert
wird. Bei Vereinfachung sollte man aber auf alle Fälle anstreben. Darüber-
hinaus habe ich Jagoda mitgeteilt, daß ich das Gefühl habe, wenn eine
positive Erledigung erfolgt, das Ministerium herausgestrichen, bin aber
überzeugt, wenn es wirklich zu einer Ablehnung kommt, dann es heißt, der
Handelsminister hat nicht zugestimmt. Abgesehen von dieser politischen
Seite glaube ich, daß seine Reform deshalb notwendig ist, um diesen unge-
heuren Verwaltungsapparat und Kontrollapparat auf ein Minimum zu redizieren.
Wenn sich die Kommission einigt, braucht meiner Meinung nach überhaupt
keinerlei Unterlagen angefordert werden, die Kommission aber entscheidet
normalerweise gar nicht auf Grund von Fakten, sondern auf Grund von Inter-
ventionen. Im Grunde genommen bin ich überzeugt, hat noch jede Gemeinde
einen entsprechenden Zuschuß erhalten. Wenns in dem eigenen Jahr nicht ge-
gangen ist, hat man sie maximal auf das nächste Jahr vertröstet. Der Ge-
danke, den Gemeinden eine Unterstützung für Infrastruktureinrichtungen
zu geben, ist sicherlich richtig, warum dies aber so kompliziert sein
muß, ist aber für mich unerklärlich.
Der Fraktion des Unterausschusses für die Gewerbeordnung haben wir uns
stundenlang über Abänderungsanträge der sozialistischen Gruppe unter-
halten. Skritek von den Handelsangestellten hat eine ganze Liste von
Einschränkungen der beabsichtigten liberalen Gewerbeordnungsbestimmungen
gebracht. Seine grlßte Sorge ist, daß durch diese liberalen Bestimmungen
die Ladenschlußzeiten oder Privilegien der Handelsangestellten gefährdet
sein könnten und deshalb hat er ganz vehemend dagegen protestiert. Er
meinte dann sogar, man sollte mit der Liberalisierung ab 1976 beginnen,
denn dann ist er schon in Pension. Nach mühevollen Verhandlungen ist er
mir dann doch geglückt, mit Unterstützung mancher Kollegen, auch die des
Freien Wirtschaftsverbandes, dies restriktive Haltung letzten Endes inso-
ferne zu brechen, als gegen seinen Willen die entsprechenden Abänderungs-
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anträge von der sozialistischen Seite nicht berücksichtigt werden. Die
ganze Diskussion veranlasste mich dann zum Schluß zu erklären, ich
hatte diesmal das Gefühl, in einem falschen Klub gewesen zu sein. Bei der ÖVP
glaube ich könnte es nicht anders zugegangen sen.
Der Fleischersekretär Hans Zöchling von den Lebensmittelarbeiter hat
mich verständigt, daß die Fleischindustrie wegen der Fleischpreise
wegen mir sprechen will. Landwirtschaftsminister Weihs hat ihnen er-
klärt, daß er allein ihre Wünschen nicht erfüllen kann. Da ich ganz
kategorisch abgelehnt habe mich in diese Kompetenz nicht einzumischen,
soll ich der Fleischindustrie wenigstens eine Aussprache mit Rösch
vermitteln. Das ganze Problem der preisgeregelten Waren wird mir, wenn
ich die Preisregelung dann im großten Kompetenzgesetz wirklich be-
komme, auf den Kopf fallen. Zöchling wird wahrscheinlich von der Fleisch-
industrie unter Druck gesetzt worden sein. Ich habe zwar schon hunderte-
Male den Sekretären meiner Gewerkschaft erklärt, daß sie sich in die
Preisforderungen der Unternehmer nicht einspannen lassen sollen. Zöchling
dürfte aber, wenn man ihnen schon keine Zusage über eine Höhe der Preis-
unterstützung gemacht hat, ihnen zumindestens versprochen haben als Ver-
mittler für eine Vorsprache bei mir zu fungieren. Auch dies sehe ich nicht
sehr gerne, doch muß ich zugestehen, daß in anderen Gewerkschaften die
Sekretäre sich für die Preisforderungen der Unternehmer wesentlich stärker
einsetzen. Eine Verwendungszusage, daß man mit mir sprechen kann, braucht
aber keiner abgeben, denn sowieso kann jede Gruppe der Unternehmer jeder-
zeit bei mir um eine Aussprache ersuchen.
Tagesprogramm, 7.2.1973