Donnerstag, 21. Dezember 1972
Eine Aussprache mit Präs. Schönbichler, Obmann der Sektion Handel,
seinem Sektionsleiter Dr. Rieck, Dr. Hecke von der HK, Dr.
Zöllner, Dr. Lachs, Wehsely von der Arbeitnehmerseite und vom Hause
Sektionschef Jagoda, Dipl.Kfm. Marsch suchte eine Lösung für die
Entlastung für Bekleidung, Textilien und Schuhe. Die Handels-
kammer erklärt mit Recht, dass sie ausserstande ist, für diese
1000 Artikel bis zu Abverkaufsterminen die Preise umzurechnen.
Das Umpreisen würde Preiserhöhungen bis 4 % und Preisminderungen
bis 1,5 % maximal ergeben. Die häufigsten Preisänderungen würden
sich aber von 0,1 bis 0,8 % bewegen. In Summe würden wahrscheinlich
aber sogar die Konsumenten bei dieser Umpreisung schlechter fahren,
weil doch grössere Preiserhöhungen als Preissenkungen allerdings
indem angegebenen Rahmen zu erwarten wären. Obwohl sich die Arbeit-
nehmerseite vollkommen klar darüber ist, dass die Kontrolle für
solche Preisschwankungen in den ersten Monaten des Jahre 1973 vollkom-
men unmöglich ist, hat Zöllner doch wieder Bedenken gehabt. Er mein-
te, er sei zu schnell zur Sitzung gerufen worden, hätte keine Zeit
gehabt, über dieses Problem nachzudenken und sei daher nicht bereit
eine Entscheidung jetzt schon zutreffen. Nachmittags einigte man sich
dann, nachdem wir im Institut über dieses Problem eingehend disku-
tiert haben und ich ihm auseinandersetzte, dass niemand eine solche
Preisänderung kontrollieren könne, doch die Erklärung der BHK
zur Kenntnis zu nehmen. Die BHK wird ihren Mitgliedsfirmen empfehlen,
keinerlei Preisänderungen bis zu dem Abverkauf für die Lagerware
vorzunehmen. Wenn man bedenkt, dass die Arbeiterkammer selbst ein
Beispiel hat, wo in für Herrenbekleidung bis zu 40 % Preiserhöhun-
gen mit der Begründung der Mehrwertsteuer angeblich bei einzelnen
Händler bereits mitgeteilt und diese Waren ausgeliefert hat, ent-
deckte und dann gleichzeitig aber um 0,1 % Regelungen kämpft so
ist es mir immer vollkommen unerklärbar, was solche Diskussionen
bringen können und sollen. Noch so perfekte Lösungen, die letzten
Endes nur einen Technokraten befriedigen können und die nicht admi-
nistrierbar sind, müssten meiner Meinung nach durch praktikable
Lösungen ersetzt werden. Es wäre sehr wünschenswert, wenn alle
Vertretungen in Interessensorganisationen vorerst in einen Be-
trieb, sei es als Arbeitnehmer oder als Volontär, längere Zeit
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die Arbeitsbedingungen kennenlernen. Als Ergänzung dazu wä-
re es aber auch notwendig, auch einmal in einem Ministerium
sich umzusehen, um die Administrierbarkeit von perfekten Lösungen
in der Praxis zu erleben.
Da ich auf der Stiege zufällig Amtsdirektor Elsinger, den
ich seit 25 Jahren kenne und der ein loyaler und fleissiger
Beamter ist, traf, ersuchte er mich, seine Mitarbeiter für das
Preisstabilisierungsgesetz aufzusuchen. Er erklärte mir, dass
er 3 Stunden heute vormittags kämpfen musste, um Amtsgehilfen
zu kriegen, die ihm die entsprechenden Pakete der Computeraus-
wertung gebracht haben, damit er selbst jetzt die Aussendung an
die dafür zuständigen Stellen vornimmt. Das Haus voller Leute,
die Kompetenz aber so kompliziert verteilt, die Hierarchie und
die Administration so kompliziert, dass an solchen Kleinig-
keiten oft die effektive und effiziente Lösung scheitert oder
zumindestens fast scheitert. Das ganz grosse Übel dabei ist
die Unbeweglichkeit des Beamtenapparates. Durch die Pragma-
tisierung, durch die Zuteilung zu Abteilungen, durch das
selbständige und abgeschlossene Arbeiten der einzelnen Gruppen
können die einen sich mit Arbeit, wie man in Wien sagt,
derstessen und die anderen sehe zu, ohne auch nur einen Finger
zu rühren. Es ist ja nicht ihre Kompetenz, es ist ja nicht ihre
Aufgabe, eine Lösung zu finden.
Bei der Überreichung des neugeschaffenen Staatspreises für
Werbung konnte ich ein bisschen Propaganda machen. Die Werbe-
wirtschaft hat bei meinem Amtsantritt befürchtet, dass ich
jetzt einen Kampf gegen diese wie sie erwarteten unmöglichen
und teuren Werbemethoden führen würde. Insbesondere befürchteten
sie, dass wir durch gesetzliche Verbote oder zumindestens durch
Reglementierung die Werbewirtschaft stark beschneiden würden.
Sie waren daher sicherlich sehr überrascht, als wir an dessen
Stellen die Staatspreise einführten und damit mit Prämien und
Anreizen zu einer wahrheitsgemässeren Werbung und zu einer
effektiveren Werbung führen möchten. Die Koordinierung im Büro
und der Abteilung dürfte hier auch wieder nicht sehr gut funktio-
niert haben, denn die Unterlagen, die ich im letzten Moment be-
kommen habe, haben ausgewiesen, dass sie nur zwei Staatspreise
verleihen, zum Glück habe ich mir die prämierten Plakate ange-
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sehen und bin draufgekommen, dass wir drei Staatspreise verleihen
und nur zwei Anerkennungen aussprechen.
Bei dieser Verleihung war auch die AUA ausgezeichnet worden und ich
nützte die Gelegenheit, um die Direktoren Papousek und Heschgl zu
fragen, ob sie ein Interesse daran hätten, in New York mit der
Fremdenverkehrswerbung gemeinsam ein neues Büro zu beziehen. Langer-
Hansel hat mich nämlich angerufen und mitgeteilt, dass wir in ein
neues Haus übersiedeln könnten, wo der m²-Preis wesentlich billiger
sei, allerdings sei dieser Raum resp. die Räume wesentlich grösser
als die jetzigen und wir könnten daher nur mit der AUA gemeinsam
eine solche Anmietung vornehmen. Beide Direktoren erklärten gleich
dezidiert, dass es für sie AUA keine wie immer geartete Mietlösung
in New York mehr gäbe, die sie mit uns gemeinsam durchführen würden.
Da Dkfm. Zolles anwesend war, verständigte ich ihn sofort von dieser
Entscheidung. Ich hatte übrigens Langer-Hansel sowieso gewarnt, einen
neuen Mietvertrag anzustreben. Die Investitionskosten für das neue
Lokal würden wieder in die hunderttausende Schilling gehen.
Bei der Sektionsleiterbesprechung hat Sekt.Chef Schipper erklärt,
dass wir im nächsten Jahr bezüglich der Repräsentationsausgaben und
der Inlandsreisen grösste Sparsamkeit brauchen, um mit den Budget-
ansätzen auszukommen. Die Repräsentationsspesen wurden heuer mit
72.000 S überschritten und auch die Inlandsreisen haben bis jetzt
schon 12.000 S mehr betragen. Ich ersuchte das Präsidium mit den
Sektionsleitungen gemeinsam, ein Selbstbeschränkungssystem zu
suchen und mir dann entsprechende Vorschläge zu erstatten. Auch be-
züglich der Repräsentationsausgaben müssen wir einen neuen Weg be-
schreiten. Für Geschenke von Ministern, die nach Österreich kommen,
oder wo ich gegebenenfalls hinfahre, sollten wir mit der OeNB zu
einem Arrangement kommen, dass sie uns wieder solche Drucke von Öster-
reich zur Verfügung stellt. Ich bin überzeugt, dass wenn wir mit Heinz
Kienzl sprechen, es gelingen wird, so wie das bei China der Fall war,
sogar mit russischem Aufdruck oder anderem fremdsprachigem Aufdruck
solche Kupferstiche zur Verfügung zu bekommen. Wichtiger erscheint
aber noch, dass wir im nächsten Jahr versuchen, die Ausgaben und die
Zusagen für budgetäre Zuschüsse und Ausgaben so abzustimmen, dass wir
nicht immer dann erst gegen Jahresende die Gelder tatsächlich vertei-
len. Ausserdem müsste es gelingen, während des Jahres bereits festzuhal-
ten, wo einzelne Ausgaben noch zu erwarten sind. Derzeit werden die ver-
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schiedensten Zusagen gemacht und letzten Endes muss dies natürlich
dann auch tatsächlich erfüllt werden. Dabei kann es vorkommen, dass wir
uns für die nächsten Jahr ganz gefährlich präjudizieren und Ausgaben
vornehmen, die wir eigentlich dann durch unsere budgetäre Knappheit
kaum decken können.
Im Bundesrat habe ich Androsch getroffen und ihm mitgeteilt, dass es
uns gelungen könnte durch äusserst sparsame Ansätze die einzelnen
Aktionen über das ganze Jahr fortsetzen zu können. Nur bei der Komfort-
zimmer-Aktion werden wir einen Zuschuss unter allen Umständen gebrau-
chen. Ich bin nämlich überzeugt, dass hier grössere Anträge im näch-
sten Jahr kommen werden. Androsch hat mir sofort zugesagt, dass selbst-
verständlich die notwendigen Mitteln dafür bereitgestellt werden. Der
versuch von einzelnen Kreditinstituten, für die Bürges-Aktion und
wahrscheinlich auch das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz die 8 %
Zinslimit infolge der Bankratenerhöhung auf 8,5 % zu erhöhen, wurden
nur als Versuchsballons gestartet. Als wir diese ganz entschieden ab-
lehnten, waren die Kreditinstitute sofort bereit, die selben Ansuchen
mit einem 8 %-igen Kredit Obergrenze neuerdings zu stellen. Androsch
hat diese Vorgangsweise und die Erklärung zur Kenntnis genommen.
Im Bundesrat debattierten die Abgeordneten, obwohl es schon späterer
Nachmittag war, über das Gewerbestrukturverbesserungsgesetz und über
die Bergbauförderung. Da die ÖVP dieselben Argumente verwendete, wie
ihre Redner im Nationalrat war es ein Leichtes dagegen zu repli-
zieren. Insbesondere als der Alpine-Mann Krepel sich über die man-
gelnde Bergbauförderung beschwerte. Er wählte als gute Leistung das
Jahr 1968, wo die grösste Bergbauförderung infolge Stillegung von
Lavanttal zu verzeichnen war. Als der Bundesrat dann noch auf
Antrag der ÖVP beschliessen sollte, dass die Bundesregierung aufgefor-
dert wird, das Gesetz dahingehend zu novellieren, dass das Einvernehme
mit den Landeshauptleuten hergestellt werden muss, konnte ich auf
Grund meiner Erfahrungen mit dem Streit zwischen Oberösterreich und
der Steiermark über die Höhe der Bergbauförderung auch glaube ich
selbst bei Unterbrechung der Sitzung dann die ÖVP-Abgeordneten davon
überzeugen, dass dies nicht zweckmässig ist. Der Leiter der soz.
Fraktion des Bundesrats, Skotton, ersuchte mich, dass ich nochmals
das Wort ergreife, um die Ablehnung dieser Anträge im einzelnen zu
begründen. Ansonsten hat der Bundesrat verhältnismässig sehr lange
getagt, weil nämlich Vizekanzler Häuser bei den Sozialgesetzen
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jedes einzelne Problem erörterte und auf neuerliche Wortmeldungen
der ÖVP-Fraktion sofort durch Erwiderungen neuerdings die Debatte
aufrollte. Wenn man es sich mit den Abgeordneten nicht verscherzen will
soll man zwar zu jedem Problem Stellung nehmen, aber nur ganz kurz.
Sekt.Chef Reiterer hat nun endgültig sich entschieden, nach Brüssel
zu gehen, nachdem ihm Dr. Heindl erklärt hat, dass er auch in Brüssel
seine entsprechenden Biennien angerechnet bekommt für die Pension
ist er nun nicht zuletzt durch den hohen Auslandsbezug bereit, wenn
er mir direkt unterstellt wird, die Brüsseler Mission zu übernehmen.
Kirchschläger hat ihm zugesichert, dass er nicht gleich bei Übergabe
der Kompetenz mit 1.1.1974 wieder abberufen wird. Allerdings hat weder
Kirchschläger noch weniger ich Reiterer zugesagt, dass er die volle
Länge, d.h. bis zu seiner Pensionierung, das wäre drei Jahre, garantiert
bleiben kann. Ich bin aber überzeugt, dass er sicherlich 2 1/2 Jahre
draussen bleiben wird, und das letzte Halbe Jahr halt vor seiner Pension
irgendeine Tätigkeit im Hause erfüllen wird, wenn er nicht überhaupt
vorzeitig dann bereits ausscheidet.
Bei der Gewerkschaftsjugend in der Albertgasse hat mir ein Jungvertrauens-
mann erzählt, dass die Aktion STOP bereits über 10.000 Einsendungen
gebracht hat. Die Gewerkschaftsjugend hat von der Auseinandersetzung
zwischen Mussil und mir wegen dieser Aktion erfahren und ist sehr froh,
dass ich hier ihre Partei ergriffen habe. Für mich war dies so selbst-
verständlich, dass es mir gar nicht aufgefallen ist, dass ich als
Handelsminister auch anders hätte vielleicht entscheiden können. Die
Gegenaktion der Bundeskammer besteht nur aus einem Plakat, wo nichts
anderes gesagt wird, als dass der Jugendliche gefragt wird, ob er nicht
lieber Fussballspielen gehen wird als Fragebogen auszufüllen. Die
Weihnachtsfeier der Lebensmittelarbeiter-Jugend war wieder gut be-
sucht und vor allem so wie dies in den vergangenen Jahren war, ausge-
sprochen progressiv.
Tagesprogramm, 21.12.1972