Mittwoch, 8. November 1972
Bei der Eröffnung der Münzautomatenausstellung im Messepalast entschul-
digte sich der Messeorganisator Draxler, dass er für diese geringe Be-
teiligung nicht verantwortlich sei, sondern ausschliesslich der Ausstel-
ler. Als ich nämlich ankam, war überhaupt noch niemand erschienen. Dem
Sekretär Rampf, ein Angehöriger des Freien Wirtschaftsverbandes,
der auch die Einladung zur Eröffnung an mich gerichtet hatte, gelang
es aber dann doch die ganzen Aussteller zusammenzutrommeln, sodass
wenigstens 30 Leute erschienen waren. Bei der Hinfahrt hat mich
Min.Rat Wagner über die Probleme aufgeklärt. Dadurch konnte ich
glaube ich eine sehr gute Eröffnungsrede halten, die insbesondere
natürlich die Aussteller lebhaftest interessierte. Ich glaube, dass
es am zweckmässigsten wäre, wenn immer zwei oder drei Tage bevor ich
die entsprechende Rede halten muss, der oder die dafür zuständigen
Referenten mit mir eine kurze Aussprache hätten. Die Vorgangsweise
müsste also in Hinkunft folgende sein: 8 Tage vorher, bevor die An-
sprache zu halten ist, muss das Unterlagenmaterial auf meinem Tisch
liegen, damit ich mir irgendwann einmal dieses anschauen kann.
Zwei oder drei Tage vor dem Termin habe ich dann eine kurze Aussprache
mit den Materiallieferanten. Daran anschliessend kann Puffler die
entsprechenden Stichworte schreiben, wenn sich besonders aktuelle
Ziffern oder Probleme dann noch ergeben, kann ich bis knapp vor dem
Termin entsprechend Ergänzungen vornehmen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL UND Koppe: Bitte auf diese Vorgangsweise in
Hinkunft achten.
Bei der 130 Jahr-Feier Fa. Henhapel-Heine hatte ich nämlich diese
Möglichkeit nicht, wodurch eine wesentlich schlechtere Rede zustande
kam. Die Unterlagen, welche nämlich von den Abteilungen zur
Feier geliefert wurden, waren deshalb nicht sehr wertvoll, weil
5 Redner vor mir, wie man so schön sagt, die Wiese abgegrast haben.
Das Material, das man mir vorbereitet hat, ja sogar die Unterlagen,
die die Firma geschickt hat, waren natürlich von allen anderen Rednern
auch verwendet worden.
Benya, Hrdlitschka und auch Kienzl haben einen Brief an Kreisky ge-
richtet, wo sie auf die Preisentwicklung hinwiesen und eine Sitzung
begehrten. Benya hat insbesondere, wie ich später von Heinzi Kienzl
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erfahren habe, in seinem Brief festgehalten, dass es notwendig
ist, die Wirtschaftspolitische Kommission zu aktivieren. Kreisky
erklärte sich sofort dazu bereit und hat vorgeschlagen, dass die
Wirtschaftsminister, die Genossenschaft, die Nationalbank – Waldbrunner
und Kienzl – der Städtebund, Slavik und Schweda, der Gemeindebund,
Tillian, sowie die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund vom
Parteivorstand bestätigt werden sollen, die Wirtschaftskommen zu
bilden und zu aktivieren. Da Kreisky auch wollte, dass Experten
noch zugezogen werden, hat Benya mit Recht grösste Bedenken gehabt,
dass dann ein zu grosser Kreis entsteht und die Arbeit nicht expedi-
tiv erledigt werden kann. Auch für die unmittelbar notwendige Tätig-
keit soll in Hinkunft ein kleinerer Kreis gebildet werden, der dann
wenn er konkrete Aufgaben erledigt, Experten zuziehen sollte.
Benya schwebte vor, dass die Kommission aus 12 Personen maximal
bestehen sollte, doch hat Kreisky in diesem Fall mit Recht argu-
mentiert, dass die Wirtschaftsminister doch ebenfalls alle vertreten
sein müssten.
Benya schlug vor, dass der öffentliche Dienst keine zusätzlichen Lei-
stungen der Regierung jetzt erhalten könnte, da ansonsten die Arbeiter
mit Recht auch ebenfalls eine entsprechende neuerliche Lohnrunde for-
dern müssten. Der öffentliche Dienst hat ein System der Abgeltung
mit dem Finanzminister vereinbart und dabei muss es bleiben. Wenn
der öffentliche Dienst zusätzliche Leistungen will, dann müsste das
Abkommen gekündigt werden und jeweils, wie es bis vor Abschluss des
Dynamisierungsabkommens mit Schmitz gewesen ist, konkrete Einzelver-
handlungen geführt werden. Kreisky sicherte zu, dass eine Erhöhung
nicht in Frage kommt, auch nicht für die Lehrer oder für sonstige
Sondergruppen. Benya verwies darauf, dass die Lebenshaltungskosten
mindestens auf 7,5 % steigen werden, wozu noch 2,5 % Mehrwertsteuer-
belastung kommen wird. Kreisky selbst glaube, dass nur 2 % Mehrwertsteu-
er herauskommt und auch die Lebenshaltungskosten unter 10 % mit der
Mehrwertsteuer bleiben werden. Benya möchte einen Appell an die Preis-
Lohn-Disziplin richten, keinen Preis- und Lohnstopp. Die Gewerkschaften
würden bis zum Juni stillhalten können, dann würde durch die Urlaubs-
monate sowieso keine Lohnverhandlungen stattfinden und damit erst im
Herbst 1973 eine nächste Lohnrunde für die Gruppen beginnen, die min-
destens 12 Monate oder sogar wie üblich 13 Monate, 14, 15 oder 16
zurückliegen. Eine Zwischenlohnrunde, wie der ÖAAB jetzt verlangt,
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dürfte unter gar keinen Umständen akzeptiert werden. Kreisky sprach
sich gegen selektive Massnahmen aus und war auch gegen jede Limi-
tierung von Preisen oder Löhnen, weil diese als Marge berechnet
werden und bezeichnet werden, worauf jede Gruppe mindestens diese
Marge erreichen will. Es darf auch keinerlei Tariferhöhungen geben.
Deshalb soll eine Beruhigungspause von 4 Monaten sofort verordnet
werden. In dieser generellen Pause sollten selektive Massnahmen
überlegt und dann auch eingesetzt werden. Dies müssten steuerpoliti-
sche Massnahmen, eine Einschränkung des Bauvolumens um 20 % bis
25 % eine restriktive Budgetpolitik, die Zurückstellung aller
Tarifwünsche des Bundes, der Bänder und der Gemeinden. Die Tarife
und die Mehrwertsteuer werde nämlich der Regierung auf alle Fälle
angerechnet. Androsch ergänzte und meinte, er wird eine Bindung
von 15 % des Budgets 1973 verlangen, darüber für die Ausgaben, die
durch Kreditfinanzierung zustande kommen wie z.B. Fremdenverkehr,
Landwirtschaft, Seilbahnen usw. eine 20 % Bindung. Ausserdem sollen
die eventuellen Mehrausgaben ausschliesslich ressortmässig oder
sonstwie gedeckt sein und Mehreinnahmen dürften überhaupt nur zur
Schuldentilgung verwendet werden. Die 30 %-ige Sonderabschreibung wird
auf ein Jahr hinausgeschoben. Die Kassenscheine, die der Bund aufge-
legt hat, laufen aus. Kienzl ergänzte mir dann diese für mich uner-
klärliche Äusserung, dass am 16.11. 1 Milliarde und am 1.12. eine
weitere Milliarde fällig wird, wofür der Bund entsprechende Mittel
zahlen und dadurch das Volumen vergrössern wird. Deshalb müsste die
Nationalbank die Mindestreserven erhöhen, auch wenn Androsch bis
jetzt auf diesem Gebiete die Kreditinstitute sehr geschont hat.
Die Mieten seien eingefangen, was allerdings meistens bezweifelt
wird, denn die Genossenschaften z.B. erklären, dass sie keine Miet-
zinsreserven haben und deshalb die Mieten erhöhen müssten. Demgegen-
über meint Androsch seien die Instandhaltungsreserven vorhanden und
diese müsste man heranziehen. Für Benzin möchte er nur eine 33-Gro-
schen-Erhöhung zugestehen, dafür aber den Förderzins für die ÖMV senken
oder gar zum Verschwinden bringen. In diesem Fall muss er sich aller-
dings klar sein, dass er für eine kurzfristige Lösung des Benzin-
preisproblems eine wichtige Einnahme des Staates auf alle Zeiten
verliert. Bei Zigaretten und Salz hat er auf die mechanische Merhwert-
steuererhöhung – wie er sich ausdrückt – verzichtet und er möchte des-
halb auch, dass die Länder hie ihrem entsprechenden Absichten auf
Tarif- und Gebührenerhöhung verzichten. Den Gemeinden könnte er durch
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Zurückhaltung der Bedarfszuweisung unter Druck setzen. Moser
meinte, dass für die Mietenerhöhung keine Rechtsgrundlage besteht.
Er wird alle Bautenausschreibungen jetzt bis 1. Jänner schieben
und dann hat er noch immer drei Monate Zeit einen Zuschlag zu
erteilen oder nicht. Demgegenüber hat aber die einzelnen Ressorts
meistens schon mit Bestellermächtigungen eine entsprechende
Vorwegnahme der budgetären Situation durchgesetzt. So hat z.B.
die ÖBB eine Bestellermächtigung von 1,2 Mia. S benützt. Frühbauer
hat sich insbesondere für die Regelung der Strompreise eingesetzt.
Er meinte, dass es unmöglich ist, die vereinbarten geringen Ent-
lastungssätze von 0,5, 0,9 und 1,4 zu erhöhen. Ausserdem müsste
dann automatisch der Tarif korrigiert werden. Rösch erklärte mir,
dass er unter gar keinen Umständen in der jetzigen Phase einer
Strompreiserhöhung zustimmen wird. Wenn Frühbauer argumentiert,
dass im Juni die E-Wirtschaft 14 % gekriegt hat und jetzt, wenn
keine Korrektur erfolgt, sieben Prozent davon wieder verlieren,
da der Vorsteuerabzug nur maximal 1,2 bis 1,5 % ausmacht, meint
Kreisky trotzdem, dass die E-Wirtschaft Geld genug hat und zuwarten
muss. Insbesondere kommt dies durch die hohen Gehälter, die sie sich
genehmigen zum Ausdruck. Ich kann immer wieder feststellen, dass
wenn kein anderes Argument auf irgendjemanden wirkt, so hohe Be-
zahlungen den Eindruck erwecken, dass diese Organisation im Geld
schwimmt und deshalb ohne weiteres entsprechende Belastungen auf
sich nehmen kann. Hrdlitschka, aber auch Zöllner wiesen darauf hin,
dass die Entlastungssätze von allergrösster Bedeutung sind und
deshalb jetzt nicht leichtfertig zu tief festgesetzt werden sollten.
Androsch meinte, dass dies ganz unwichtig sei, denn entscheidend
sei nur, dass man eben nachher bei dem Preisverfahren den Ver-
schmutzungseffekt durch die Investitionssteuer entsprechend be-
rücksichtigt. Weihs wollte für Milch und Zucker eine entsprechende
geringere Entlastungsregelung, da die Vorratsentlastung für ihn
scheinbar wirklich ein grosses Problem darstellt. Er meinte, die
Milch würde z.B. 15 Groschen Erhöhung bedeuten, was Benya sofort
veranlasste zu erklären, dann bekommen sie jetzt nicht die
vereinbarte 30-Groschen-Verbraucherpreiserhöhung.
Aus der ganzen Diskussion konnte ich entnehmen, dass einige Minister
sich schon mit Äusserungen oder Entscheidungen präjudiziert
haben. Dies bedeutet, dass sie natürlich jetzt ohne ihr Gesicht
zu verlieren, nicht sofort auf eine neue Linie einschwenken
können. In der generellen Beruhigungspause wird es natürlich
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zu einem Aufstauen der Wünsche kommen, wenn sich überhaupt nicht die
einzelnen Gruppen und Sparten gar nicht an diese generelle Beruhigungs-
pause halten. Für mich war klar, dass jetzt eine wesentlich
härtere Welle in den Preiserhöhungsanträgen gestartet werden soll
und ich bin nur gespannt, wie sie für die einzelnen Ressorts durch-
gesetzt wird.
Beim Empfang vom csl. Botschafter für AH-Minister Barčák hatte ich
noch Gelegenheit mit ihm allein über die zukünftige Arbeit zu reden.
Barčák versicherte mir, dass über die Liberalisierung von Seiten der
CSSR nicht dazu benützt wird, um Dumpingexporte zu betreiben. Wenn
wirklich eine oder andere Firma eine solche Politik machen würde,
wird, wie Sekt.Chef Kilian mir bereits erörtert hat, durch finanzielle
Massnahmen Betriebsmittelkredit-Streichung entsprechender Einfluss
des Staaten auf diese Firma genommen. Die Tschechen konnten des-
halb ohne weiteres die Briefe, welche eine Absicherung gegen entsprechen
de Exporte vorsieht, unterschreiben., resp. zur Kenntnis nehmen.
Bei der Paritätischen Kommission habe ich deshalb Mussil und Sallinger
und auch VP Seidl, der zuhörte darauf aufmerksam gemacht, dass ich
mich nicht auf die Dauer von ihnen wegen Aufreissung der Ostflanke
angreifen lasse, wenn es jetzt mir erst gelingt, die Liberalisierung
zusagen meiner Vorgänger dadurch jetzt zu entschärfen, dass ich
imstande bin, entsprechende Sicherheitsbestimmungen in die Ver-
träge einzubauen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube, dass wir hier ein grosses Plus haben,
welches wir gelegentlich im Parlament bei härteten Angriffen entspre-
chend ausspielen sollten. Bitte eine Zusammenstellung der Sicherheits-
bestimmungen in den Verträgen in Kurzform machen lassen.
Beim ABTA-Kongress, wo ich eine Goldmedaille dem Präsidenten übergeben
musste, zum Glück war ich bei der Eröffnung nicht anwesend und Kreisky
soll eine Stunde sich aufgehalten haben und eine blendende Rede in
Englisch gesprochen haben, mir Langer-Hansel mitgeteilt, er müsste
jetzt eine längere Aussprache mit mir über die ÖFVW durchführen. Ich
habe ihn auf einen Termin bei Parlamentssitzung verwiesen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte kläre, was er alles besprechen will und
lasse eine kurze Zusammenstellung der Tagesordnung machen.
Die Waschmittelerzeugung, Unilever – Schmidt und Persil - Lobner
verlangten eine sofortige Aussprache, die ich ihnen auch tatsächlich
sofort gewährte. Ich glaube, nämlich wenn wir schon nicht ihre
Wünsche bezüglich der Entlastungssätze erfüllen können, dann
sollten sie wenigstens wie die Ölbranche und jetzt Waschmittel
und auch alle anderen Branchen, die von Bedeutung sind, die Chance
haben, mit mir unmittelbar sprechen zu können. Der Wunsch war,
die 9,5 %-ige Entlastung von mir zugesichert zu erhalten, weil
ihrer Meinung nach ein Akkord mit dem Gewerkschaftsbund Dr. Lachs
auf dieser Basis erzielt wurde. Sie meinten, dass er jetzt die AK, da
sie scheinbar bei dieser Besprechung ausgeschaltet war, wofür die Wasch-
mittelindustrie nichts dafür kann, die 10 % verlangt. Gleichzeitig
wollen sie keine Preiserhöhung bis 1.4. vornehmen. Ich erklärte,
dass dies gar nicht mehr zur Debatte steht, sondern dass es eben
zu keinerlei Preiserhöhung kommen darf, weshalb der Entlastungssatz min-
destens 10,4 sein müsste. Bei der Spannenreduktion würden wir dann
auf die berühmten 13,7 kommen, was Gleichpreisigkeit bedeutet.
Für mich ergibt sich jetzt die Notwendigkeit der Entscheidung zwi-
schen 9,5 und 10,4, d.h. ich werde, wie ich ihnen andeutete, wahr-
scheinlich doch die 10 % wie auch die AK vorschlägt, versuchen,
durchzusetzen. Sie wiesen mir einen Brief der Handelskammer vor,
worin mitgeteilt wird, dass mit 9,5 % ein Akkord erzielt ist und
sie deshalb mit diesem Entlastungssatz rechnen konnten. Ich selbst
erklärte, dass niemand berechtigt war, eine solche Erklärung abzu-
geben und vor allem einmal dies gegen die ausdrückliche Vereinbarung
der Sozialpartner mit mir verstiess, nämlich dass vor endgültiger
Fixierung aller Positionen keine Einzelmitteilungen erfolgen dürften.
In der Paritätischen Kommission kam es zu harten Auseinandersetzungen
wegen der Erhöhung der ORF-Gebühren. Benya lehnte weitere Verhandlungen
über die Vorgangsweise gegenüber ORF deshalb ab, weil er meinte,
der ORF hätte jetzt jahrelang die PK missachtet und deshalb sei durch
eine Gesetzesnovelle sein Wirkungsbereich genau festzustellen. Die
Unklarheiten seien zu beseitigen. Sallinger und Mussil sowie
Brandstätter bemühten sich durch irgendwelche Zugeständnisse zu er-
reichen, dass der ORF vielleicht doch kommen würde, damit er einer
entsprechenden Gesetzesnovelle entgeht. Da der ORF aber den Fehler ge-
macht hat, als Bedingung für seine Unterwerfung eine Zusage zu er-
halten, dass keine Gesetzesnovelle erfolgen sollte, hat er endgültig
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damit die Möglichkeit der Regierung gegeben, sehr wohl
eine solche Novelle jetzt vorzubereiten. Kreisky selbst meint,
diese Gesetzesnovelle wird insbesondere die Widersprüche, die
im Rundfunkgesetz gegenüber dem Volksbegehren, wo man andere Vor-
schläge der Bevölkerung vorgelegt hatte, korrigieren.
Als sich über den Bericht des Vorsitzenden eine Diskussion ergab,
weil Altenburger früher erschienen war und deshalb Gelegenheit
hatte, den Bericht einmal zu lesen, hat Kreisky dies als guten
Aufhänger benützt um zu sagen, ihm erschien es notwendig, dass
die Paritätische Kommission sich mit dem Bericht eingehender be-
schäftigt und deshalb z.B. die wirtschaftspolitische Aussprache
nächste Woche vorführen sollte. Es wird deshalb am Mittwoch,
15.11. um 10 Uhr eine Paritätische Kommission wirtschafts-
politische Aussprache erfolgen. Bei dieser Gelegenheit wird Kreisky
ebenfalls die entsprechenden Vorschlage, die die Bundesregierung
gegen die Preissteigerungen beabsichtigt, vorlegen. Sallinger, Mussil
waren sich nicht ganz einig, sofort ob es zielführend ist, wie
ich aus ihrem Zwischengeflüster entnehmen konnte, der Regierung
eine solche Möglichkeit zu geben, doch hat Benya in einer Auf-
forderung über den Tisch, na hören wir uns an, was hier vorge-
schlagen wird, sie letzten Endes dafür gewonnen, dass sehr
wohl jetzt in der wirtschaftspolitischen Aussprache die Regierungs-
vorschläge, die bis zu diesem Zeitpunkt erarbeitet sein müssen,
anzuhören und zu diskutieren. Damit steht für mich eindeutig fest,
dass zu diesem Termin ein Konzept fertig sein muss.
Ich werde mich zumindestens soweit ich irgendwie kann, bei den
Expertenbesprechungen als Zuhörer beteiligen. Ich glaube nämlich,
dass nach wie vor die Detailinformation das Entscheidende ist.
Mit den allgemeine Aussagen und mit vor allem so hinge-
worfenen Einfällen mit Äusserungen über so und so viel dürfte nur
ein Preis steigen, mit Festlegungen von Einzelpunkten vorher
in anderen Gremien habe ich nämlich in der letzten Zeit
festgestellt haben die dies machen den allerschlechtesten Erfolg.
Natürlich erscheint man zuerst als ein tüchtiger Mann, der eine
Idee prägt und in die Öffentlichkeit stellt. Natürlich kann man, wenn
man entsprechend harte Formulierungen bringt, dann den Eindruck
erwecken, dass man für diesen härteren Kurs jetzt verantwortlich
ist. Alle anderen, die das dann nicht durchziehen können, werden
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als Schwächling, wenn nicht sogar als unfähig in der Öffentlich-
keit erscheinen. Trotzdem glaube ich dass eine solche Politik auf
die Dauer verheerend wirken muss. Wenn es gelingt, zwischen Inter-
essenvertretungen und allen Gruppen einen Akkord zu erzielen, hat
man die Chance dann tatsächlich einen Teil des Konzeptes durchzu-
ziehen. Ich bin nämlich überzeugt davon, dass auch dieses Beruhigungs-
pause-Konzept zuerst einmal eine neuerliche Preiserhöhungswelle aus-
lösen wird, weil alle erklären werden, jetzt müsste man noch vor
Inkraftsetzung der Beruhigungspause versuchen, sein Schäfchen ins
Trockene zu bringen. Damit fürchte ich, ist nur ein gegenteiliger
Effekt von Ankündigungen usw. erreicht. Hoffentlich irre ich mich
und die Kleinarbeit, die ich noch immer glaube, dass sie die Vor-
aussetzung für eine wirkliche bessere Situation ist, ist doch nicht
so notwendig wie ich ihr Bedeutung beimesse. Wenn nämlich meine pessimi-
stische Auffassung recht behält, dann müsste man ja die ganze
Konzeption der Wirtschaftspolitik ändern. In diesem Fall hätte
es nämlich überhaupt keinen Sinn, grosszügige Massnahmen vorzu-
bereiten, in der Öffentlichkeit zu propagieren und dann durchzu-
ziehen, sondern da dies sofort einen entsprechenden Preisauftriebs-
effekt auslöst, müsste man still und leise nur Einzelmassnahmen
setzen, die vorher womöglich gar nicht in grösserem Kreis erörtert
wurden. Das widerspricht sicherlich auch der propagandistischen Auf-
fassung von Koppe.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Interessant wäre, ob es irgendwo theoretische
Untersuchungen über dieses Phänomen gibt und welche Ergebnisse diese
gezeigt haben.
Tagesprogramm, 8.11.1972