Donnerstag, der 9. November 1972

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Donnerstag, 9. November 1972

Botschafter Humes und HR Brown von der US-Botschaft waren die
einzigen, die sich bis jetzt für die Chinareise interessierten.
Humes wollte unbedingt Detailinformationen von der Aussprache mit
Tschu En Lai. Da die Aussprache ja unter Anwesenheit aller Journa-
listen der österr. Zeitungen stattgefunden hat, konnte ich ihm alle
Detailinformationen, die er wünschte, geben. Die ungewöhnliche Vorgangs-
weise Tschu En Lais, nämlich nicht nur die Regierungsdelegation sondern
auch die Journalisten gleichzeitig zu dieser Aussprache zu bitten,
die zweifelsohne als die Regierungsdelegation abwertende zu be-
trachten ist, hat jetzt seine positiven Seiten. Wenn mir Tschu En Lai
die Informationen z.B. dass 1 Mill. sowj. Soldaten an der chinesischen
Grenze stehen und dass damit eine Kriegsgefahr ja sogar der Krieg mög-
lich ist, dass sich die Chinesen darauf vorbereiten und durch entspre-
chende Punktesystem sich verteidigen werden, dass also die Aggression
von der SU und weniger von Amerika kommt, allein mitgeteilt, so wäre
ich sicher in einem Dilemma gewesen, ob ich dies wortwörtlich dem
amer. Botschafter weitergeben könnte und sollte. So aber war es
für mich sehr einfach, denn in den Zeitungen – bin ich überzeugt –
wird mit der Zeit die gesamte Diskussion stehen. Humes teilte mir
auch mit, dass die Regierung der Vereinigten Staaten in Wien eine
Süd-Ost-Stelle errichten wird. Aufgabe dieser auf ca. 300 m³ Raum
befindlichen Organisation wird es sein, die Verhältnisse mit dem
Osten zu verbessern. Ich habe deshalb die 300 m³ als einzigen
Anhaltspunkt, weil Brown ein solches Gebäude jetzt sucht, resp.
eine Wohnung und deshalb mich um Unterstützung gebeten hat.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte veranlasse, dass man in der Nähe der amer.
Botschaft eine solche Unterkunft, wenn möglich, dem Handelsrat Brown
mitteilt. Ich selbst habe ihn insbesondere auf die Gemeindeverwaltung
verwaltung verwiesen.

In der Aussenstelle, wo eine Pressekonferenz für Management statt-
fand, habe ich vorher die Kolleginnen und Kollegen neuerdings be-
sucht. Dort rechnet man ganz fix, dass man das Haus in kürzester Zeit
für die Chinesen räumen muss. Jetzt habe ich erst einen so richtigen
Vergleich, wie sehr unsere Reorganisation gewirkt hat. Bei meinem
ersten Besuch habe ich noch Dutzende Angestellte getroffen, die in
der Hollerith-Abteilung und bei sonstigen komplizierten Verfahren


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tätig gewesen sind. Jetzt ist durch die Reorganisation selbst für die
Management-Arbeitsgemeinschaft ein ganzer Flügel frei geworden. Die
Arbeitsgemeinschaft hat sich den Flügel supermodern eingerichtet, was
auch allgemeine Ablehnung der Beamten stiess.

Bei der Pressekonferenz, die Dr. Salzbrunn vom Wifi leitete, und
wo alle an der Arbeitsgemeinschaft Managementschulung beteiligten
im Präsidium teilgenommen hatten, war auch Sekt.Chef Schipper neben
mir, der mich in die Aussenhandelsstelle begleitet hat. Nachdem
Salzbrunn die entsprechenden Einführungsworte und die Entstehungs-
geschichte und die Absicht der Arbeitsgemeinschaft Managementschulung
dargelegt hatte, hat er mir das Wort gegeben, und ich konnte den
vom Präsidium anwesenden meinen Dank aussprechen. Die Vertreter der
Handelskammer und der Industriellenvereinigung und ganz besonders
aber der Schulungsleiter von Hernstein, der auch anwesend war, muss-
ten ja ganz grosse Widerstände in ihren Organisationen überwinden,
bis sie Grünes Licht durchsetzen konnten, an dieser Arbeitsgemein-
schaft teilzunehmen. Der geistige Punkt in dieser Entstehungsgeschichte
war Min.Rat Gröger, der von mir ganz besonders hervorgestrichen wurde.
Ich erwähnte aber auch, dass alle Personalprobleme nur durch die
positive Einstellung des Präsidialisten Dr. Schipper möglich war.
Als eine Frage aus dem Publikum, wer aller eine Managementschulung
nötig hat, von Sekt.Rat Marhold mit einem Zwischenruf "Der Bund"
mir ein Stichwort lieferte, konnte ich erklären, dass das Handelsmini-
sterium als erster Ministerium eine Managementschulung seiner Beamten
durchgeführt hat, an der auch Sekt.Rat Marhold teilgenommen hat. Bei
meinen Ausführungen habe ich, ohne dass ich jemals das Wort Wiener
Handelskammer oder gar Mitterer gefallen ist, doch darauf hinge-
wiesen, dass man zuerst grösste Bedenken gegen die Management-
schulung und die Koordinierung gehabt hat und dass jetzt sehr wohl
auch diese Organisation sogar die Kleinstbetriebe managementmässig
schulen will.

Beim Parteivorstand, zu dem durch die Pressekonferenz später kam, hat
Kreisky als einzigen und wichtigen Punkt die Stillhaltepause refe-
riert. Das Präsidium hat ausserdem die Wirtschaftskommission beschlossen
und dem Parteivorstand zur Bestätigung vorgelegt. Die Wirtschafts-
kommission wird 16 Personen umfassen und somit ein Spitzengremium
der Partei sein. Benya dürfte sich also mit 12, die er vorgeschlagen
hat, doch weitestgehend durchgesetzt haben. Neben den Wirtschaftsmini-
stern, den Interessenvertretungen und drei Ländervertretern, näm-


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lich Haberl, Sebastian und Hillinger.

Bei der Diskussion haben Pittermann und dann Czernetz aber auch noch
andere Diskussionsteilnehmer dezidiert verlangt, dass eigentlich bevor
ein solches Stillhalteprogramm verhandelt und dann mit den Wirtschafts-
partnern, d.h. auch mit der Handelskammer besprochen werden soll,
doch vorher dem Parteivorstand zur Genehmigung vorzulegen wäre. Hier
handelt es sich wieder einmal um das alte Problem, dass selbstver-
ständlich die Genossinnen und Genossen, die bei einem anderen Gremium
nicht anwesend sind, sehr gerne die Ergebnisse dieses Gremiums, bevor
es dann in die Öffentlichkeit kommt, auch diskutieren wollen oder
zumindestens Kenntnis haben wollen, und nicht wie es Pittermann aus-
drückte aus den Zeitungen und aus dem Fernsehen dies erst erfahren.
Kreisky hat aber in seinem Schlusswort dann festgehalten, dass dies
nicht möglich sei und die Wirtschaftskommissionsmitglieder eben
das Vertrauen des Parteivorstandes haben und deshalb eine neuerliche
Befassung des Parteivorstandes nicht mehr möglich ist.

Als zweiten Punkt berichtete Kreisky über die ORF-Situation. Er denkt
nicht daran, den Generalintendanten durch die Generalversammlung wählen
zu lassen, wenn die Generalversammlung in der derzeitigen Zusammensetzung
bleibt. Jetzt hat mit 98 % der Regierungschef als Vertreter des Bundes
die Mehrheit. Dies könnte sich aber ändern und dann würde mit Recht auch
die SPÖ sich von den Entscheidungen der jeweiligen Regierungspartei
übervorteilt sehen. Deshalb sollte nachdem die Länder ja mit 49 % in
Hinkunft sich an dem ORF beteiligen wollen, nach dem Länderanteil, diese
ein Mitbestimmungsrecht haben und der Generalintendant mit 2/3-Mehrheit
gewählt werden. Dadurch ist es notwendig, einen weitestgehenden Konsens
herbeizuführen, aber auch die Gewähr gegeben, dass nicht wieder ein
Typ Bacher Generalintendant werden kann. Bacher selbst wehrt sich auch ge-
gen die Bestellung eines zweiten Fernsehens und damit 2 Fernsehintendanten
oder Direktoren, weil er behauptet, es müsste ein integriertes Programm
erstellt werden. Derzeit wird nämlich ein Programm gemacht und dann auf-
geteilt, ob es in TV 1 oder TV 2 gesendet wird. Dies soll angeblich Kosten
ersparend sein. Kreisky bemerkte mit Recht, dass er jetzt wieder beim
Programm zu sparen beginnt, während er bei den Ausgaben für Studios
vollkommen hemmungslos die entsprechenden Aufträge verteilt hat. Benya
kommt es primär darauf an, dass die Frage der Gebührengenehmigungen ge-
regelt werden. Da die Paritätische Kommission bereits unter Kanzler
Klaus entsprechende einstimmige Beschlüsse gefasst hat, dass der ORF als


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privates Unternehmen der Paritätischen Kommission unterliegt, müsste
jetzt, da der ORF sich daran hin hält, eben wieder z.B. der Hauptausschuss
oder eine sonstige Organisation zur Genehmigung eingeschaltet werden.

In der Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter konnte ich mitteilen,
dass jetzt endgültig für alle Hauptgruppen nicht nur die Verträge abge-
schlossen sind, sondern dass sie auch jetzt von der PK freigegeben wurden.
Da die Zuckerarbeiter aber auch andere Gruppen sich in den letzten Monaten
sehr intensiv mit dem Problem der Erstattungsregelung befasst hatten,
habe ich eine entsprechende Detailinformation dem Vorstand gegeben. Die
Gruppen resp. beteiligten Betriebsräte sind über diese Entscheidung der
Partei sehr glücklich, da sie darin eine weitere Sicherung nicht nur ihrer
Arbeitsplätze, die in Wirklichkeit gar nicht so gefährdet waren, als
die Erfüllung eines Unternehmerwunsches sehen, der ihnen die Möglichkeit
gibt, weitere Forderungen in Hinkunft leichter unterbringen zu können.
Niemand kann mir also einen Vorwurf machen, dass sich obwohl die Arbeiter-
schaft der davon betroffenen Betriebe sehr wohl eine diesbezügliche Unter-
stützung von mir erwartet und verlangt hat, trotzdem gegenüber der ÖVP
bei den Verhandlungen Zugeständnisse gemacht habe. Ich habe mich absolut
neutral verhalten, d.h. ich habe jedwede Verhandlung über diesen Punkt abge-
lehnt, nicht zuletzt auch deshalb, damit man mir nicht den Vorwurf machen
kann, dass ich aus egoistischem Interesse für die Lebensmittelarbeiter
die Interessen der gesamten Regierung oder gar der Partei in diesem Punkt
verraten habe. Diese Haltung konnte ich umso mehr einnehmen, als ich
von allem Anfang an überzeugt war, dass in irgendeiner Weise sowohl
Kreisky als auch Androsch nachgeben werden.

Die erste und letzte gemeinsame Sitzung aller Stellen, die an dem
Entlastungsausschuss und an den Entlastungslisten beteiligt waren, hat
im Marmorsaal stattgefunden und war eine riesige Versammlung. Ich habe
mir, da ich nur beschränkt Zeit hatte, als erstes die kritischen Punkte wie
Ärzte, Zahnärzte und Dentisten, Tierärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreu-
händer, Ziviltechniker, d.h. die Freien Berufe herausgenommen. Mehr
oder minder gelang es, ein Kompromiss zu erzielen. Damit haben wir ihnen
Parteigehör gegeben und wenn sie mit der Lösung nicht einverstanden sind,
was ich aber eigentlich gar nicht annehme, können sie ja entsprechende
Individualanträge vom einzelnen Arzt stellen. Die Meinung der Ärzte-
kammervertreter, dass die Ärztekammer dies für sie machen kann, war
vollkommen falsch und wurde dort entsprechenden nicht nur von mir
richtiggestellt, sondern auch von den anderen Freien-Berufsvertretern.



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Die Frage der Auto-Entlastung konnte ich insofern ein Kompromiss erzie-
len, als der neue Vorschlag, den mir Heindl mitgegeben hat von seiten
der Autohändler zwar akzeptiert, wohl aber nicht von der Handelskammer
und auch nicht von der Arbeiterkammer. Beide Interessenvertretungen
werden noch Besprechungen führen, ob sie einen besseren gemeinsamen
Vorschlag bringen könne. Ich bin überzeugt davon, dass ihnen dies
nicht gelingt und deshalb das ausgehandelte Kompromiss auch für sie
akzeptabel ist. Dr. Hecke erklärte namens der BHK, dass er noch hunderte
entsprechende kleine Bemerkungen zu den Listen hätte und hatte zuerst
die Befürchtung dass über seine Wünsche überhaupt nicht mehr geredet
würde. Andererseits beschwerte sich auch Dr. Zöllner, dass auf diese
Art keine Verhandlungen mehr geführt werden können, sondern dass eben
jetzt nur mehr zu redigieren ist und der Handelsminister zu entscheiden
hat. Nachdem ich die offenen Punkte aber doch einigermassen durchgeboxt
hatte, war ich gerne bereit, dass Sekt.Chef Jagoda den Vorsitz über-
nahm und nun alle Detailbesprechungen, die ja keine materiellen
Änderungen mehr bringen konnten, durchführte. Jagoda, sowie Ober-
rat Marsch warne für diese Sitzung extra aus dem Spital resp. vom Kran-
kenbett gekommen Jagodas Arzt sagt ihm, dass er sich unbedingt mehr
schonen muss, da das letzte EKG sehr schlecht gewesen ist. Auch Marsch
hat eine Erholung dringendst notwendig. Wir haben ein ausgesprochenes
Pech, dass gerade diese sehr wichtige Abteilung und der Sektionsleiter
jetzt, wo die meiste Arbeit erst anfallen wird, nicht mehr ganz
einsatzfähig sind. Wenn wir für diese Arbeit nicht Ing. Zotter gehabt
hätten, die sich mit ihrer ganze Kraft für die Drucklegung eingesetzt
hat, weiss ich nicht, wie wir die Arbeit zeitgerecht in die Druckerei
gebracht hätten.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte veranlasse, dass wirklich so schnell wie
möglich Zotter in ein geregeltes Angestelltenverhältnis kommt.

Die Genossen der Wirtschaftskommission sollten prinzipell über die
die Beruhigungspause verhandeln, um Grundlinien festzulegen, die
nachher von Experten im Details ausgearbeitet werden sollten. Bei
der letzten Aussprache hat Kreisky und insbesondere Benya darauf hinge-
wiesen, dass die ersten Besprechungen im kleinsten Kreis erfolgen
sollen. Zu meiner grössten Verwunderung waren aber dann doch der
Finanzminister z.B. mit Vranitzky erschienen. Dieser verteilte
dann auch ein Programm, welches – da es sehr brenzlige Formulierungen
beinhaltete – nach Vorschlag von Benya wieder eingesammelt wurde.



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Zumindestens als ich zur Fernsehaufzeichnung weggehen musste und dann
Dr. Gehart mich vertrat, war die Debatte nicht abgeschlossen, aber man
war sich glaube ich einig, dass dieses Papier nicht in die Öffentlichkeit
kommen sollte und deshalb der FM wieder einsammeln sollte. Benya hat
sich nämlich gegen einige Formulierungen in diesem Papier ganz entschieden
ausgesprochen, so die Formulierung: Ein Stillhalteabkommen bei Preisen
und Löhnen sollten für Jänner bis April abgeschlossen werden. Kienzl
wehrte sich wieder dagegen, dass auf dem Kreditsektor nur in dem Papier
vorgesehen war, dass die Kreditrestriktionen in der bisherigen Linie
und Ausmass beibehalten werden sollten. Kienzl wies darauf hin, dass 19 %
Kreditexpansion pro Monat keinesfalls zu einer Beruhigung der Preisent-
wicklung beitragen. Die Ländervertreter wie Slavik und auch Sebastian
wehrten sich wieder, dass ein Tarif- und Gebührenstopp vorgesehen ist.
Tillian vom Gemeindeverband meinte, dass im Jänner bis März die Gemeinden
einen riesigen Engpass haben und deshalb auch hier eine Drosselung nicht
zu verantworten sei. Genauso sei es mit den AIK, d.h. mit den landw. Kredi-
ten. Kreisky wieder hat insoferne Bedenken gegen ein Stillhalten vom
Jänner bis April des nächsten Jahres, da er meint, es müsste sofort ein-
setzen und schlug deshalb vor, dass wir für ein halbes Jahr ein solches
Stillhalten anstreben sollten. Nur über das Zeitausmass einigte man sich
nicht aber über die inhaltlichen Massnahmen. Der Finanzminister schlug auch
vor, dass Zucker, Mieten und Elektrizität überhaupt nicht erhöht werden
dürften, für Benzin hat er 33 Groschen vorgesehen, warum gerade 33 kann
ich mir nicht genau erklären. Bei der Elektrizität vermutete Burian als
Vertreter vom Verkehrsminister, dass eine solche Entscheidung die ÖVP-Lan-
desgesellschaften veranlassen werden, sich gegen diese Regelung zu wenden
und ganz einfach die entsprechenden Preise zu verlangen. Wenn sie dann
in erster Instanz gestraft werden würde, wahrscheinlich in zweiter
Instanz der Landeshauptmann den Preisbescheid aufheben. Er schlägt deshalb
vor, man sollte mit den Landesgesellschaften und dem Verbund verhandeln,
dass sie eventuell bereit wären, zu einem späteren Zeitpunkt erst die
Elektrizitätspreise in Kraft zu setzen. Ich bin überzeugt, dass wenn es
dann zu Preissteigerungen kommen wird, alle Massnahmen, die entgegen den
Beschlüssen von einzelnen Körperschaften oder gar Firmen getroffen wurden
sehr hart kritisiert werden, Ich bin deshalb sehr froh, dass wir in der
Entlastungsfrage doch unbedingt auf eine einvernehmliche Regelung ge-
drängt haben die auch weitestgehend zustande gekommen ist, weil dadurch
wir nicht allzu starker Kritik ausgesetzt werden. Ausserdem bin mehr
denn je überzeugt, dass es gar keinen anderen Weg geben kann. Ich hatte
z.B. Dr. Neuhold den Auftrag gegeben, er solle ausrechnen, wie hoch der


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Entlastungssatz für Benzin sein müsste, damit die 30–40 Groschen Benzin-
preiserhöhung herauskommen würden. Er hat mir mitgeteilt dass in diesem
Fall die Entlastung über 16 Prozent betragen müsste. Dass ein solcher Ent-
lastungssatz vollkommen unmöglich ist, steht ausser Zweifel, sodass wirk-
lich jetzt erst ein preisbehördliches Verfahren erbringen müsste, dass
eben nur 33 Verfahren, wie der FM bereit ist, zuzustimmen, die Grundlage
nicht im Entlastungssatz sondern nur im Preisbescheid finden
kann. Auch hier bin ich neugierig, wie letzten Endes Kreisky, an den
dieses Problem sicherlich von der Ölwirtschaft herangetragen wird, ent-
scheiden wird. Wenn man so wie ich in den vergangenen 27 Jahren mit dem
Sozialpartner gemeinsam Lösungen gesucht hat und jetzt auf die neue Linie
sich umstellen, dass die Regierung alles macht, dann ist es für mich
ganz besonders schwer. Ich halte nämlich gar nichts davon, wenn
sei es der Finanzminister oder selbst ich oder vielleicht gar der Bundes-
kanzler irgendwelche Überlegungen anstellt, Papier ausarbeitet, die
nicht vorher mit den Interessensvertretungen und den Experten dieser
Organisationen im Grund und im Prinzip abgesprochen sind. Ich glaube
nämlich nicht, dass die Regierung stark genug ist, gegen die Interessen-
vertretungen etwas durchzuziehen. Wenn sie dies trotzdem macht, so wird
sie früher oder später Schiffbruch erleiden. Politik könnte und müsste
– wie ich schon seinerzeit vorgeschlagen habe – sein, dass wo man mit den
Interessensvertretungen Übereinstimmung erzielen kann, diese Übereinstimmung
als Richtlinie nimmt und nur dort, wo es vereinzelt keine Möglichkeit eines
Konsens gibt, entsprechend als Regierung selbst entscheidet.

Im Fernsehen erfolgte eine Stundenaufzeichnung über das Ladenschlussproblem
Die Diskussion an der von Seiten der Handelskammer Komm.Rat Papitz, Stellver-
treter von Schönbichler, und Prof. Hruschka sowie Dkfm. Goldmann, der Initia-
tor des Langen Abends, Pleiner vom Freien Wirtschaftsverband, ein Lebensmit-
telhändler, die Gewerkschafterin Jarma, eine Verkäuferin, teilnahm und
ein City-Verkäufer, Cerny sowie NR Skritek, war äusserst sachlich geführt.
Dadurch hatte ich die Möglichkeit schon bei meiner ersten Wortmeldung darauf
hinzuweisen, dass nur eine solche sachliche Diskussion die Grundlage für
eine Entscheidung sein kann. Zum Glück hatte ich den Arbeitsausschuss
bereits einberufen, denn sonst hätte Dkfm. Goldmann, wie er auch in
einem Angriff mich sehr provokativ fragte, ob er der auslösende Mann
gewesen ist, zumindestens optisch rechtbehalten. Ich glaube, dass die
Lösung, diese Arbeitsgruppe einzusetzen, nicht nur wirklich eine sachlich
gute ist sondern uns überhaupt erst die Möglichkeit gibt, aus dem Dilemma


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herauszufinden. Solange nämlich durch Volksbegehren gesetzwidrige Aktio-
nen auf Offenhalten und ich weiss nicht was sonst noch alles kommen
wird von politischer Seite, dieses Thema so hoch gespielt wird, kann
es kaum zu einer sachlichen Lösung wirklich kommen. Andererseits wieder
glaube ich, ist es wieder nicht allzu schlecht, dass man jetzt
in der Öffentlichkeit so viel über diese Probleme spricht, weil da-
durch doch die Handelsangestelltengewerkschaft bereit sein wird, in
dem einen oder anderen Punkten Untersuchungen anzustellen, die gegebenen-
falls dann zu einer leichten Modifizierung kommen können. Payrleitner
selbst wollte ja, weil es so sachlich zuging, bereits die Aussage
machen, ein Ergebnis liegt bereits in der Luft, es muss nur einer
ganz einfach erklären, so und so soll es sein. Da irrt er natürlich
ganz gewaltig und kann sich nicht vorstellen, wieviel innerer Wider-
stand für eine allgemein zustimmende Lösung noch notwendig ist zu
überwinden. Der Wirtschaftsbund resp. die ÖVP wird über die
Sendung nicht sehr glücklich sein, weil Pleiner zum Schluss immer
wieder darauf hingewiesen hat, dass der Freie Wirtschaftsverband dies
und jenes verlangt hat oder bereit ist, zuzugestehen. Zum Glück
war dies gegen Ende der Sitzung, denn sonst hätte Skritek sich sicher-
lich sofort wieder ganz energisch gegen diese Vorschläge gewendet und wir
hätten dann das Schauspiel gehabt, dass zwei soz. Organisationen in
aller Öffentlichkeit sich bekämpft hätten. Wenn ich als politischer Gegner
dort gesessen wäre, hätte ich mich mit Freude sofort auf diesen Gegen-
satz gestürzt und hätte ihn entsprechend in der ganze Sendung ausgebaut.
Hier hat aber Payrleitner entweder in seiner Objektivität oder in seiner
Naivität diesen Fehler begangen und ich bin überzeugt davon, dass
die Gegner ihm dies sehr verübeln werden, denn ausser Papitz, den man
aber auch nicht zum Wirtschaftsbund offiziell zählen kann, er war
ja dort als Handelskammervertreter, war eigentlich kein prononcierter
ÖVP-Mann. Goldmann selbst hat auf eine nicht ganz geschickte und faire
Frage von Skritek geantwortet, dass er unparteiisch ist, was aber glaube
oder hoffe ich wenigstens untergegangen ist. Ausgelöst wurde diese
Diskussion durch die Frage Payrleitners, ob auch die Gewerkschaft
gegen dem vom soz. Goldhändler im 22. Bezirk jetzt beabsichtigten Offen-
haltekampagne ebenfalls vorgehen wird. Was Skritek sofort bejahte.
Vielleicht wird sich auch Grund dieser Fernsehsendung jetzt die eine
oder andere Gruppe melden, um gegebenenfalls in dieser Arbeitsgemein-
schaft des Konsumentenbeirates mitzuwirken. In einem solchen Fall
sollten wird, glaube ich, wenn die Gruppe einigermassen qualifiziert
ist, einem solchen Verlangen tatsächlich Rechnung tragen. Allerdings muss


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dazu noch vorher mit dem Schönbichler und Skritek Kontakt aufgenommen
werden und insbesondere von Skritek die Zustimmung erlangt werden. Ich habe
mit Skritek über dieses Problem noch nicht gesprochen, glaube aber,
wenn tatsächlich eine seriöse Gruppe noch sich melden sollte, dass man den
Versuch unternehmen müsste.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte überleg Dir, ob man nicht wirklich noch jemanden
als Konsumenten- oder Hausfrauenorganisation zuziehen könnte. Allerdings
äusserst vorsichtig vorgehen, weil ansonsten auch die Arbeiterkammer als
Konsumentenvertreterin verärgert sein würde. Wenn sich niemand meldet, dann
haben wir dieses Problem Gott sei Dank nicht dieses Problem, und können,
wenn wir später einmal angegriffen werden, immer darauf hinweisen, dass ich
in aller Öffentlichkeit ja meine Bereitschaft bekundet habe, dass wir uns
sehr gerne in den Arbeitskreis und insbesondere in dem Konsumentenforum
verbreitern würden.

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Tagesprogramm, 9.11.1972


Tätigkeit: Branchenreferent HM


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    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


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        GND ID: 119100339


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            Tätigkeit: Beamter HM


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              GND ID: 118761595


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Finanzminister
                GND ID: 118503049


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Journalist


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                    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                        Tätigkeit: BK 1966-70, ÖVP


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                          Tätigkeit: AK


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                            GND ID: 105218588


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                              Tätigkeit: Wr. Bgm. bis 1973
                              GND ID: 107489872


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                                  Tätigkeit: Linzer Bgm.


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                                    Tätigkeit: MR HM


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                                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Sekr. GPA


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                                        Tätigkeit: WU Wien


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                                          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                                            Tätigkeit: Präs. SPÖ-Arbeitsbauernbund


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                                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                              GND ID: 102318379X


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                                                Tätigkeit: chin. Min.präs.


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                                                  GND ID: 127114351


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                                                    Tätigkeit: Leiter wirtschaftspolit. Abt. HK [1971 zuerst in einer Enquete; im Juni 1971 als Referent und Verantwortlicher f. Statistik und Wirtsch.pol. nach Klose bez.]


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                                                      Tätigkeit: Obmann Sektion Handel BHK


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                                                        Tätigkeit: MR HM
                                                        GND ID: 1035518031


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                                                            Tätigkeit: WIFI
                                                            GND ID: 127015310


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                                                              Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                GND ID: 118566512


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                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                      Einträge mit Erwähnung: