Donnerstag, 21. September 1972
Im Direktorium der ÖFVW setzte ich Langer-Hansel unter vier Augen
auseinander, dass er nicht glauben darf, dass die zusätzlichen
Millionen für die Fremdenverkehrswerbung jetzt für Aufbesserung
der Gehälter und Ausstattung der einzelnen Dienststellen verwendet
werden dürfen. Die Beschäftigten sowohl im Ausland als auch in
Österreich stehen nun auf dem Standpunkt, optimalste Lösung für
ihre Gehaltsregelung zu erreichen. Zuerst wollen sie individuell vom
Bundesschema weg um dann bei Bundesschemaregelung wie jetzt z.B.
die Verwaltungszulage diese sofort zu verlangen. Richtig ist, dass
in der Dienstordnung ein Passus vorhanden ist, wonach wir eigent-
lich die Verwaltungszulage, die wieder 500.000 S ausmachen würde, be-
zahlen müssten. Wir hätten, als wir die Gehaltsschemaregelung verein-
bart haben, dieses Passus eliminieren müssen. Bei der jetzigen neuen
Regelung der Auslandsdienstbezüge darf uns so etwas nicht mehr passie-
ren.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte das Dienstrecht vom Fachmann prüfen
lassen.
Langer-Hansel hat überhaupt kein Gefühl über Preise. Die Zweig-
stellenleiter wollten Informationen und statt dass er dieses
Problem mit uns bespricht, geht er her, nimmt einen Zeitungs-
artikel aus der Gastgewerbezeitung vom Komm.Rat Scheiner, sicher-
lich ein Fachmann, und schickt ihn ohne Kommentar an die Zweig-
stellen. In diesem Artikel wird dargelegt, dass um 15 % die Preise
steigen werden. Selbst der Vertreter der BHK, Dr. Stix, gibt zu,
dass dies ein unglückliches Vorgehen war. Er hat Berechnungen ange-
stellt und seinen Leuten erklärt, dass solche Preissteigerungen
beim besten Willen nicht zu lukrieren sind. Ich habe Langer-Hansel
darauf aufmerksam gemacht, dass er in Hinkunft bei etwaigen Preis-
informationen sich vorerst mit uns ins Einvernehmen setzen muss.
Vor allem müssen die Zweigstellen entsprechende solide Unterlagen
bekommen.
Langer-Hansel will vor allem durchdrücken, dass wir einen Film von
Zupan mit 200.000 S subventionieren. Das Verkehrsministerium hat
bereits 400.000 S, da es sich um einen Seilbahnfilm in Österreich
handelt, bezahlt. Beim letzten Mal habe ich mich bereit erklärt.
dass wir 40 Kopien kaufen, obwohl ich überzeugt bin, dass auch
12-1134
diese Kopien kaum im Ausland gezeigt werden. Nun hat diese Gesell-
schaft vorgeschlagen und Langer-Hansel hat gehofft, dass ich nicht
draufkomme, dass wir pro Kopie 5.000 S zuzüglich der Herstellkosten
bezahlen. Davon war aber nie die Rede, sondern wir hatten nur gemeint,
wir nehmen Kopien ab, damit er eine grössere Absatzchance hat
und über die Kopien ein Teil der Kosten mitgetragen werden. Der Fehler
unseres Budgetsystems in der Fremdenverkehrswerbung ist, dass jedes
Ressort gewisse Beträge zugewiesen erhält. Dadurch versucht die Aus-
stellung ebenfalls die Filmsparte usw. diesen Betrag auf alle Fäl-
le auszugeben. Beim Ausstellungsreferat erklärt Langer-Hansel
mir strengst vertraulich, dass er befürchtet, dass hier Durchstechereien
gemacht wurden. Er selbst ist dieser Angelegenheit jetzt auf der Spur
und hofft, in den nächsten Tagen entsprechende Beweise in der Hand
zu haben. Er wird mich unmittelbar informieren. Er selbst ist
sehr erschüttert, dass der Wirtschaftsprüfer bei den Kontrollen
nicht draufgekommen ist.
Metzner hat die Landesregierungen und die Polizeibehörden zwecks
Durchführung der Pickerl-Aktion zu einer Besprechung geladen. Da ich
aus der Erfahrung von der Schulbuchaktion gewitzigt ersucht hatte,
dass ich unbedingt mit den Herren reden wollte, konnte er durch die
Direktoriumssitzung erst um 11 Uhr mit dieser Aussprache beginnen.
Metzner nütze dies sehr geschickt und ersuchte, dass deshalb das
Handelsministerium den ca. 40 anwesenden Personen ein Mittagessen
spendieren sollte. Aus der Diskussion ergab sich, dass eigentlich
wirklich alle Vorbereitungen so getroffen sind, dass die Aktion mit
1.1.1973 starten kann und keine Schwierigkeiten entstehen dürften.
Neu für mich war nur, dass die Pickerl 9.– S kosten sollten. Die
Abteilung hat Kalkulationen eingeholt und die sollen sich zwischen
8.90 und 9.10 S bewegen. Die Firma, die letzten Endes aber den Zu-
schlag bekommen hat, hat eine Kalkulation vorgelegt, die äusserst günstig
für sie ist. Ich konnte natürlich die Kollegen dort nicht desavouieren
und habe dazu geschwiegen, ich machte nur dann aufmerksam, dass es
sich bei diesem Preis um einen längerfristigen handelt, der nicht in
den nächsten Jahren leicht erhöht werden kann.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte in Hinkunft darauf achten, dass irgend-
welche Belastungen der Kraftfahrer vorher mit uns abgesprochen wer-
den. Rechtlich haben wir gar keine Möglichkeit, von jemandem diese
9.– S zu verlangen. Für die Kennzeichnunstafel ist nämlich der Be-
trag im Gesetz gedeckt.
Beim Konsumentenseminar der soz. Frauen in Brunn am Gebirge
haben vereinzelte Funktionärinnen ein grosses Interesse für unsere
Aufklärungskampagne im Zuge der Integration gezeigt. In den
Bundesländern sollte nach ihrer Meinung ein Team von Fachleuten für
Informationen über die Wirtschaftsfragen und damit im Zusammenhang
natürlich auch der Integrationsfrage zur Verfügung stehen. Ich glaube,
dass das Europa-Institut hier als Vermittler, ohne dass es uns viel
kostet, auftreten könnte. In Wirklichkeit wird meistens nur eine
Gelegenheit gesucht, um Inlands- vor allem aber Auslandsreisen
begründen zu können. Bei der Preisdebatte konnte ich neuerdings
feststellen, dass unsere Funktionärinnen noch sehr diszipliniert sind
und gar nicht hart kritisieren. Wie lange der Zustand anhalten wird,
weiss ich nicht. Vor allem aber kann ich nicht feststellen, ob diese
Einstellung nur bei Referenten von Spitzenfunktionärinnen gegenüber
dem Vortragenden zu verzeichnen ist und diese Spitzenfunktionärinnen
dann, wenn sie der Masse von Konsumenten gegenüberstehen, sei es am
Markt und bei sonstigen Gelegenheiten, nicht diese Stand-
festigkeit zeigen, wie bei unseren Vorträgen.
Die Regierungsklausur in Drassburg war wie üblich. Kreisky kam um
3/4 Stunden zu spät und hielt dann bis zum Abendessen ein Referat
was natürlich mit der Preissituation begann. Er meint, dass die
Meinungsumfragen ergeben, dass die Regierung schuld sei und dieser
Anteil sich ständig vergrössert. Betriebsratswahlen insbesondere
in Radenthein zeigen ein verheerendes Ergebnis. Rentner seien an der
Vollbeschäftigung uninteressiert und am Land herrsche eine schlechte
Stimmung. Es beginne auch jetzt eine gehässige Kritik gegen die Re-
gierung, insbesondere von den Massenmedien. Die Teuerung bekomme
jetzt eine politische Relevanz und man dürfe die Preisentwicklung nicht
abstreiten. Der OECD-Bericht müsste frontal angegangen werden.
Die Taktik müsste sein, dass erstens die Importpreise doch immer
einen grossen Einfluss haben, zweitens der ÖGB eine verantwortungs-
bewusste Lohnpolitik gemacht hat und dass drittens die ÖVP für 1972
eine Rezession prognostiziert hat, die wir verhindern konnten.
Man sollte die Autos nicht so herausstreichen, wie die AZ es bei
der Verbilligung getan hat, denn das interessiert niemanden. Die
christlichen Gewerkschafter schwenken auf die KP ein. Alle
Minister müssten gegen die Preiserhöhungen auftreten und sie sollten
sich nicht nur mit ihren Fachproblemen beschäftigen. Die Partei müsste
12-1136
mobilisiert werden, damit die 70.000 Aktivisten stärker in diesen
Kampf sich einschalten, Die Budgetaufklärung sollte sich nicht darauf
beschränken, dass man erklärt, die Mehrwertsteuer würde geringere
Erträge bringen, das versteht die Bevölkerung nicht, sondern sie meint,
die Steuern sich sowieso schon hoch genug, sondern das Defizit von
11,2 Mia. sie deshalb gekommen, weil aus der ÖVP-Zeit noch immer 6 Mia.
davon abzustatten sind. Seinerzeit haben wir gegen die Rezessionsdrohung
der ÖVP ein Konjunkturausgleichsbudget geschaffen, jetzt sollten wir
für die EG-Nachteile einen Wirtschafts- und Sozialfonds propagieren.
Die diversen Fonds gehören vereinfacht und der Bundeskanzler selbst
wird die Koordinierung vornehmen. Die Verwaltungsreform müsste unverzüg-
lich in Angriff genommen werden. Die Reorganisation der Bergbauernhilfe
– 300 Mill. – sei ein wichtiger Schritt. Am Nationalfeiertag
werden die Nationalhistoriker arbeiten, die Wissenschafter aus aller
Welt zusammenkommen, insgesamt wird das 1,5 Mill. S, wovon der Bund
aber nur 250.000 S bezahlen muss, das andere haben Banken und sonstige
Institutionen geleistet. Ausserdem sollen alle Entwicklungshelfer,
die in Österreich sind, zusammengerufen werden und in Schönbrunn wird
die Bundesregierung für die Interessensvertretungen einen grossen
Empfang geben. Im herbst soll auch eine Aktion starten, wer Hält die
Demokratisierung auf ? 1.400 Experten sollen sich mit Umweltschutz be-
schäftigen und ausserdem beabsichtigt er eine Ärztebegegnung, wo Leodol-
ter, Firnberg wegen Forschung, Androsch wegen der Finanzsituation
Karl für die Familienpolitik, unter seinem Vorsitz mit einer grossen
Anzahl von Ärzten diskutieren sollen, Österreich-Gespräche mit der
Jungen Generation müssen in ganz Österreich wieder aktiviert werden.
Nächstes Frühjahr sollte dann eine Bilanz für Österreich gestartet
werden. Nach dem Essen war niemand mehr bereit, weiterzuarbeiten,
sodass eigentlich der erste Tag nur in einem Referat von Kreisky
bestand, wo die meisten Punkte aber bereits vorher von ihm in Regie-
rungsvorbesprechungen geklärt worden waren. Ich weiss nicht, ob es
für die burgenländische Wahl von Bedeutung war, Kery ist nicht
erschienen. Ich weiss auch nicht, ob es das Image des Bundesregierung
benötigt, dass wir in ein Schloss zu solchen Besprechungen gehen.
Das Schloss selbst ist eigentlich in einem verhältnismässig desolaten
Zustand. Die Preise sind irrsinnig hoch und die Ausstattung entspricht
ungefähr dem bäuerlichen Niveau. Was mein Zimmer z.B. betrifft, wie
ich es auch in Salzburg früher im Urlaub benützte. Das Zimmer von
Poldl Gratz ist angeblich so mies, er hat nämlich nur einen Diwan
12-1137
drinnen stehen, dass er erklärt hat, er fährt lieber nach Wien
zurück, um zu schlafen.
Wissenschaftsminister Firnberg und ich haben wegen Frank gesprochen.
Sie erklärte sofort aggressiv, dass es ganz unmöglich ist, dass
dieser Mann von ihrem Ministerium weggeht. Er hat eine so bedeutende
Funktion, ist mit seiner Arbeit so zufrieden und sie kann daher unter
gar keinen Umständen darauf verzichten. Als ich ihr auseinandersetzte,
dass ich in der Energiesektion dringendst einen Leiter benötige,
meinte sie, dass Frank gar nicht von ihr weggehen wolle. Ich sollte
mit ihm eingehend über dieses Problem sprechen und würde feststellen
können, dass er gar nicht die Absicht hat, seinen jetzigen Wirkungs-
bereich zu verlassen. Sie ist hundertprozentig überzeugt, dass er
eine so
Tagesprogramm, 21.9.1972