Samstag, 9. September 1972
Im Messerestaurant wurde eine Besprechung mit den Landmaschinen-
handel und den Interessensvertretungen über die zu erwartende Preis-
senkungen durch die Zollverbilligung abgeführt. Die einzelnen Firmen
hatten sich angeblich beschwert, daß dies an einem Samstag erfolgt,
wo sie im Rahmen des Messegeschäftes den größten Absatz erwarten.
In Wirklichkeit glaube ich war nur Dr. Ronzoni, der Gremialsekretär,
dagegen. Die anderen hatte ich das Gefühl hat es gar nicht gestört,
daß wir diese Besprechung insbesondere am Messegelände unten machten.
Zu meiner größten Verwunderung ist der Vertreter der Genossenschaften
nicht gekommen. Diese Gruppe vertritt scheinbar noch immer Ing. Alt-
mann von der Landwirtschaftskammer. Ein Versuch, den Handel mit den
Genossenschaften gegeneinander auszuspielen, war deshalb von vornher-
ein zum scheitern verurteilt. An und für sich hat diese Unterredung
kaum etwas Neues gebracht. Die Handelsvertreter erklärten sie würden
selbstverständlich die Zollermäßigung weitergeben. Die Detailunter-
lagen würden sie mit der Sonderkommission des Wirtschafts- und So-
zialbeirates genau errechnen und mir dann sofort mitteilen. Zum
Glück hatte ich den 2. Tagesordnungspunkt gefunden, nämlich die
Absicht der Welser Messe im nächsten Frühjahr eine Landmaschinen-
messe in Wels abzuhalten. Hier erhitzten sich die Gemüter wesentlich
mehr. Übereinstimmend wurde gesagt, daß man eine solche Messe auf
das entschiedenste ablehnen würde. Selbst in der BRD geht man jetzt
vom 2jährigen Rhythmus auf einen 3jährigen für die Landmaschinen über.
Selbst wenn die Welser drohen würden, daß sie ohne der österr. Land-
maschinenindustrie und den Landmaschinenhandel und Genossenschaften
eine solche Messe mit Hilfe der Deutschen und anderen ausländischen
Firmen abhalten würde, würden die österreichischen Firmen daran nicht
teilnehmen. Sie sind früh, daß sie nach jahrzehntelangen Verhand-
lungen jetzt endlich auf der Wiener Messe durchgesetzt haben, daß
nur 1x im Jahr, nämlich nur im Herbst die Landmaschinen ausgestellt
werden. Früher war es so, daß auch in der Frühjahrsmesse Landmaschinen
gezeigt wurde. Bei den anschließenden Rundgang konnte ich feststellen,
daß tatsächlich die Landmaschinen immer Größen erreichen, die gigan-
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tisch sind. Pflüge, Mähdrescher, Traktoren erhalten heute Dimensionen,
wie ich sie eigentlich früher nur in Oststaaten vermutet hätte.
Daß ein solcher Mähdrescher dann fast 1 Mio. S kostet, ist nicht zu
verwundern.
Im Landwirtschaftspavillon wurde dann 50 Jahre Landwirtschaftskammer
als Grundlage und Ausstellungsthema gewählt. Ich konnte feststellen,
daß jetzt die Preise und insbesondere die Preisschere sehr stark
beachtet wird und dort auch graphisch entsprechend ausgewertet wurde.
Ich machte bei der Führung die zynische Bemerkung, daß mir dieses
Material, das ja schon etliche Jahre, ja fast Jahrzehnte bekannt ist,
mehr beeindruckt hätte, wenn es immer schon von der Landwirtschafts-
kammer gezeigt worden wäre. Dies veranlaßte die Vertreter der Land-
wirtschaft zu der Bemerkung, jetzt ist eine andere Zeit.
Direktor Grün vom Genossenschaftsverband urgierte neuerdings die
Entliberalisierung von Reis. Reis wird nach wie vor für die Brau-
ereien und für Futterzwecke importiert und stellt eine harte Kon-
kurrenz für die Futtermittel der österreichischen Landwirtschaft dar.
Mit diesen Billigimporten werden die ganzen Preisrelationen gestört.
Ich erwiderte sofort, daß eine Entliberalisierung, wenn überhaupt,
erst mit Jahresende in Angriff genommen werden könnte. Die entsprech-
enden Unterlagen müßten aber noch von der Landwirtschaftskammer er-
gänzt werden. Das Referat hat mit dem Hause mitgeteilt, daß noch
immer nicht die entsprechenden Vorschläge von Seiten der Landwirt-
schaftskammern eingelangt sind.
Anmerkung für WANKE
Bitte stelle fest, wie die Situation im Hause steht und ob wir nicht
durch eine interministerielle Sitzung die Frage vorerst österreichi-
scherseits klären sollten, bevor wir sie in Genf zur Sprache
bringen.
Tagesprogramm, 9.9.1972