Donnerstag, der 24. August 1972

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Donnerstag, 24. August 1972

Komm.Rat Rhomberg, Präsident der Dornbirner Messe war gar nicht so
begeistert, wie ich erwartete, als ich ihm mitteilte, dass Bundes-
präsident Jonas mir versprochen hat, die 25. Dornbirner Messe zu
eröffnen. Rhomberg meinte, er möchte unbedingt, dass ich ein Referat
halte, denn die wirtschaftlich interessanten Ausführungen möchte
er und die Dornbirner nicht vermissen. In Wirklichkeit glaube ich
ist er nur verärgert, weil der Bürgermeister von Dornbirn als erster
den Bundespräsidenten gebeten hat, diese Jubiläumsmesse zu eröffnen
und nicht er. Rhomberg wusste auch nicht, dass in den Zeitungen be-
reits stand, dass der Standort der Messe zum Autobahnkreuz verlegt
werden soll. Er hat mir deshalb diese Absicht bis jetzt noch nicht mit-
geteilt, weil der Bürgermeister ausdrücklich von ihm verlangt hat,
zu schweigen, da ansonsten die Grundstücke dort sofort wesentlich
steigen würden. Erst nach Beschluss im Stadtrat könnte er Aufkäufe
tätigen und angeblich soll er dort die Gründe jetzt um 220.– S
bekommen. Da es das erstemal ist, dass eine Messe die gleichzeitig
natürlich dann auch ein Ausstellungsgelände und ein Veranstaltungs-
zentrum Vorarlbergs werden soll, aufgebaut wird, erklärte ich
mich bereit, bei einer vernünftigen Planung, die vor einem solchen
wesentlichen Neubau einer Messe durchgeführt werden sollte, finan-
ziell zu unterstützen. Erklärte ihm, dass ähnlich wie wir in Fulpmes
für die Aussiedlung oder jetzt in Zwettl für den Industriepark
als Insentiv einen Zuschuss zum Planungsprojekt geben würden.
Rhomberg wird bis es so weit ist, mit mir noch sprechen und einen
entsprechenden Vorschlag unterbreiten.

Min.Rat Hanisch hat den Arbeitsausschuss für die wirtschaftliche
Landesverteidigung zur Genehmigung der Aktion "Notpack" einberufen.
Ich nützte die Gelegenheit, um erstens mein Interesse an ihrer Ar-
beit zu bekunden und zweitens ihnen Dank zu sagen, für die bisherige
Tätigkeit. Bei meiner Eröffnung wies ich ganz besonders darauf
hin, dass diese Aktion, die jetzt hier gestartet wird, noch nicht das
Problem der Bevorratung wirklich löst und dass Hanisch sich seit Mo-
naten, ja seit Jahren sich bemüht, eine für alle erträgliche Lösung
des Bevorratungsproblems zu finden. Bis jetzt sind wir an den


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finanziellen Schwierigkeiten gescheitert und momentan sehe ich
noch keinen Weg, wie wir über diese Klippe hinwegkommen könnten.
Hanisch hat im Lions Club einen Klubkollegen Dkfm. Hans Schmid
der ein Werbebüro führt, für diese Aktion gewonnen und er hat
für uns unentgeltlich auf Kosten der Handelskammer eine entsprechende
Kampagne für diese Aktion vorbereitet. Wir müssen nur die
Aussendung eines Briefes an alle Lebensmittelkleinhändler schicken,
die uns maximal 20.000 S kosten sollte und wie sich jetzt heraus-
stellt, nur 14.000 S kostet. Die Länder waren bereit, die Flugblätter
für diese Aktion zur Verfügung zu stellen, d.h. 180.000 S aufgeteilt
auf die einzelnen Länder zu akzeptieren. Die Idee ist, dass in einem
Nylonsack, wo aussen ein sehr gefälliges Zeichen und die notwendigen
9 kg Lebensmitteln, die ca. 900.– S kosten würden, der Bevölkerung ver-
kauft, resp. wenn einer die gesamten Lebensmitteln kauft, dann
gratis gegeben wird. Der Sack soll sich auf S 3.50 stellen. Durch
Plakate in den Geschäften und durch Türkleber soll die Bevölkerung,
insbesondere die Hausfrau auf diese Aktion aufmerksam gemacht
werden. Dkfm. Schmid rechnet, dass von 26.000 dafür in Frage kommen-
den Geschäften 15.000 höchstens mitmachen werden. Die seinerzeit ge-
startete Aktion "Eichhörnchen" ist eine Pleite gewesen. Schmid er-
klärte dies mir gegenüber, dass dies darauf zurückzuführen ist,
weil man damals nicht mit den Kleinhändlern eine gemeinsame Aktion
gestartet hat, sondern nur an die Hausfrauen appelliert hat, sie sollen
sich einen gewissen Vorrat anlegen. Der Slogan wäre "Alle guten
Dinge sind drin!". Ich glaube eigentlich nicht, dass diese Aktion
ein voller Erfolg wird. Was sollte die Hausfrau veranlassen, diese
Lebensmittel in einem solchen Nylonsack aufzubewahren und dafür
noch 3.50 zu bezahlen. Die Nylonsackerln bekommt sie heute
gratis in jedem Geschäft als Verpackungssack dazu. Wenn
die Diskonter oder die grossen Verkaufsläden darin ein gewisses
Werbematerial sehen, kann ich mir vorstellen, dass sie vielleicht
ein Diskontpakt zusammenstellen. In einem solchen Fall würde
dann aber aus verkaufspolitischen Gründen eine solche Aktion von
Kreisen durchgeführt werden, an die sicherlich die Kleinhandels-
organisation, die sich an dieser Aktion auch finanziell beteiligt,
nicht gedacht hat und vor allem nicht gewollt hat. Mir kann aber
jedwede Entwicklung vollkommen gleich sein, wichtig ist nur, dass
eine gewisse Aktivität auf diesem Sektor von uns entfaltet wird,
damit niemand uns vorwerfen kann, das Handelsministerium hat die


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wirtschaftliche Landesverteidigung vollkommen ausser Acht
gelassen.

Der Direktor der argentinischen Exporteurkammer, angeblich ein
früherer Handels- und Aussenminister, Martin, macht eine Ostreise
und hat deshalb auch bei uns hier Station gemacht und wollte mit mir
über die Exportmöglichkeiten Argentinien sprechen. Er zählte auf,
dass Argentinien nicht nur ein Agrarexportland ist, sondern jetzt
von Olivetti und von Fiat, von Ford und vielen anderen amerikani-
schen Firmen Produkte in Argentinien erzeugt, die sie jetzt exportie-
ren können, weil sie doch noch verhältnismässig billigere Arbeitskräf-
te haben und doch beste Qualitätswaren exportieren. Bis zur Elektro-
nik hin hätte er die Möglichkeit, Waren nach Österreich zu liefern.
Ich erklärte ihm, dass in Österreich keine wie immer gearteten Be-
schränkungen existieren und er deshalb nur wie Meisl ganz richtig
immer wieder sagt, einen entsprechenden Vertreter hier braucht, der
ihm die Waren eben in Österreich absetzt. Solche Aussprachen haben
meiner Meinung nach kaum einen anderen Zweck als dass er dann in sei-
nem Tätigkeitsbericht auch darauf hinweisen kann, auch mit dem Handels-
minister Österreichs Verhandlungen geführt zu haben. Für mich ist
es andererseits eine gute Englischübungsstunde. Herauskommen kann bei
solchen Aussprachen deshalb gar nichts, weil wir ja kaum eine
Möglichkeit haben auf eine Firma oder irgendeine andere Organisation
einen Druck auszuüben mehr argentinische Waren zu kaufen. Das
einzige was wir machen können und das im Interesse unserer Konsumenten
so schnell wie möglich die Veterinärschwierigkeiten zu beseitigen,
damit argentinisches Rindfleisch auch nach Österreich kommen kann.
Die Schweiz und andere westeuropäische Staaten haben keinerlei
veterinäre Bedenken, bei uns aber hat bis jetzt die Veterinärver-
waltung es verstanden, ein System aufzubauen, wonach unter dem
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung eine Importrestriktion ge-
tarnt wird.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte im Gesundheitsministerium entsprechende
Aktion gegen die Veterinäre starten.

Mag.Direktor Ertl hat grosse Schwierigkeiten, uns in der Frage der
Aktion gegen die Preiserhöhungen im Zuge der Mehrwertsteuer zu unter-
stützen. Er selbst hoffe ich, ist davon überzeugt, dass diese Arbeit
nur vom Marktamt zweckmässig durchgeführt werden könnte. Die politi-


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schen Instanzen – Slavik und Probst – haben jetzt aber aus mir uner-
klärlichen Gründen entschieden, dass der Magistrat nur bereit ist,
uns zwei Dutzend Inspektoren über die Polizei zur Verfügung zu stellen.
Das Innenministerium sollte sogar ursprünglich auch noch den Gehalt
refundieren. Eine Rücksprache mit Probst ergab, dass dieser – mir
gegenüber zumindestens – erklärte, er sei mit jeder Lösung einver-
standen, die am zweckmässigsten ist und er hätte keinerlei politi-
sche Bedingungen. Ertl meinte dann aber, so einfach ginge es doch nicht,
denn nach Rücksprache mit Probst und Slavik hätte er den Auftrag, doch
bei dem ursprünglich Beschluss, der ohne mich zu konsultieren gefasst
wurde, zu bleiben. Er selbst nimmt es aber auf seine Kappe und wird
die Inspektoren mit dem Marktamt koordinieren einsetzen. Dadurch dass
die Marktamtsorgane, die mit den Geschäften viel enger verbunden sind,
nicht in Erscheinung treten, müssten nach seiner Meinung die aus-
gesuchten Inspektoren der Amtsverwaltung umso wirksamer und als fach-
lich geschult entsprechende Arbeit leisten können. Ich bezweifle dies,
da letzten Endes die Marktamtsorgane die bis jetzt solche Erhebungs-
und Kontrollarbeiten getan haben, nur verärgert sein werden, dass jetzt
wer anderer ihre Arbeit macht und andererseits die Inspektoren sich
sagen werden, für die kurze Zeit wo wir diese Arbeit machen, werden wir
uns auch nicht allzu sehr exponieren. Da Ertl aber jetzt diesen Be-
schluss der Politiker hat, kamen wir überein, um nicht weitere Zeit-
verzögerungen in Kauf zu nehmen, wir mit den Inspektoren beginnen wer-
den. Marsch und Anzenberger haben mit den Magistratsbeamten die ent-
sprechenden Verhandlungen aufgenommen und werden mit der Schulung dieser
Leute beginnen. Sollte es unter gar keinen Umständen mit diesen Inspektoren
funktionieren, habe ich mit Ertl vereinbart, werden wir dann gemeinsam
die Politiker des Rathauses von der Unzweckmässigkeit dieser Lösung
versuchen zu überzeugen und dann doch das Marktamt entsprechend
offiziell einschalten.

Während hier die Gemeinde hier Schwierigkeiten macht, hat das Innen-
ministerium durch seine Anordnungen in der Wirtschaftspolizei alle
Leute mobilisiert, sich für diese Aktion einzusetzen. Der Abteilungs-
leiter Tintner ist jetzt mit einem derartigen Elan an der Arbeit,
dass Anzenberger grösste Schwierigkeiten hat, ihn auf ein erträgliches
Mass zu führen. Wir werden die Aktivität nicht dämpfen durch die Preis-
meldungen aber wahrscheinlich sogar mehr als 1 Mill. S für die Aufarbei-
tung auswerfen müssen. Tintner, die Wirtschaftspolizei war sogar


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bereit, nicht nur die vorgesehenen Waschmittel und Kosmetika in
300 Geschäften zu erheben und zu kontrollieren, sondern auch die
Lebensmitteln und die Dienstleistungen mit einem Wort fast alle Artikel,
die den Konsumenten betreffen. Koppe soll in der vergangenen Zeit
grosse Bedenken gehabt haben, ob die Wirtschaftspolizei und da Innen-
ministerium überhaupt so aktiv mitwirken wird. Deshalb ist vorgesehen,
dass z.B. in Wien die Dienstleistungen die Arbeiterkammer erheben wird.
Ich glaube man sollte sich ernstlich überlegen, ob man nicht tatsäch-
lich freie Kapazität der Wirtschaftspolizei auch für Erhebungen auf dem
Elektrogerätesektor und den Dienstleistungssektor heranziehen soll.
Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass es zielführender ist, wenn
Wirtschaftspolizeiorgane bei den Friseuren nachfragen anstellen als
wenn dies die Arbeiterkammervertreter, die sowieso nur aus zwei
Erhebungsorganen bestehen, tun. Die Wirtschaftspolizei hat eben jetzt
einmal Dutzende Beamte reserviert und muss die natürlich auch entsprechend
beschäftigen. Auf alle Fälle habe ich Anzenberger gesagt, dass wir die
Aktivität wie Wanke vorgeschlagen hat, auf gar keinen Fall bremsen dür-
fen, sondern in diesem Fall halt weitere Zehntausende Schillinge für die
Ausarbeitung zur Verfügung stehen müssen.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte überleg, ob Dein Einwand gegen Innenmini-
sterium und Wirtschaftspolizei nicht zurückgestellt werden könnte.

Vor dem Haus traf ich Schleifer und Engelmayer, die als Personalvertre-
tung scheinbar kontrollierten oder inspizierten die Abstellmöglich-
keiten von Autos. Ich fragte sofort, ob sie irgendwelche Wünsche, Be-
schwerden oder Anregungen haben, wie ich dies immer mache, wenn ich
einen Personalvertreter treffe. Während sie sonst immer erklärten,
dass dies nicht der Fall ist, hat Engelmayer jetzt beginnen wollen,
eine entsprechende scheinbar grössere Anzahl von Wünschen vorzutragen,
Schleifer hat dies aber nicht bemerkt und meinte, ja die Parkproblematik
sie nach wie vor ungelöst. Er selbst käme schon immer um 7 Uhr früh, damit
er noch einen Parkplatz findet. Sein einziger Vorschlag war, wenn wir
schräg parken könnten, dann mehrere Autos vor unserem Hause stehen.
Allerdings würde das dann wieder nur fremden Personen zugutekommen.
Trotzdem erklärte ich, um wieder meine Bereitschaft, alle Anregungen
der Personalvertretungen aufzunehmen, er sollte mit den dafür zuständigen
Stellen wegen einer Schrägparkzone verhandeln und wenn es Schwierigkeiten
gibt, würde ich mich gerne einschalten und sie unterstützen. Da ich


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ja nicht bereit bin, einen Jour fixe mit der Personalvertretung
zu machen, andererseits aber immer dokumentieren will, dass
ich jederzeit wenn ich sie treffe, jederzeit mit ihnen ihre Probleme
bereit bin zu besprechen, werde ich auch in Hinkunft immer meine
Schmäh-Frage stellen. Sollten sie sich, was schon einmal der
Fall war, beschweren, dass sie so wenig Kontakt haben, dann kann
ich darauf hinweisen, dass sie erstens niemals um eine offizielle
Aussprache nachgesucht haben, andererseits aber ich doch bei jedem
Treffen sie immer wieder frage, ob sie Wünsche, Anregungen oder
Beschwerden haben. Da wir mit der Personalvertretung in Hinkunft
grössere Schwierigkeiten zu erwarten haben – der ÖAAB dürfte
jetzt konzentrisch von der Laudongasse ihrer Zentrale gelenkt vor-
gehen – wird es zweckmässig sein, die formellen Gespräche mit
Personalvertretungsangehörigen festzuhalten. Wir können dann,
wenn es einmal zu einer harten Auseinandersetzung kommt, erstens
nachweisen, dass sie keine offiziellen Aussprachewünsche geäussert
haben, wenn solche kommen werde ich sie selbstverständlich er-
füllen, und dass zweitens ich sowieso am so und so vielten mit
dem Herrn und am so und so vielten mit dem Herrn zwar nur sehr
flüchtig aber doch immerhin Besprechungen geführt haben. Es
wird auch zweckmässig sein, wenn Heindl sich eine solche Liste
anlegt, damit wir auch dort festhalten, wie sehr er oft
mit Personalvertretern über Probleme gesprochen hat. Auch dann,
wenn es sich bei diesen Aussprachen um negative Ergebnisse für
den Personalvertreter gehandelt hat.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Leg Dir bitte in Hinkunft eine Liste aller
Aussprachen mit Engelmayer und den sonstigen Personalvertretern an,
damit wir einen lückenlosen Nachweis über meine und über Deine Kon-
takte haben.

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Tagesprogramm, 24.8.1972




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    Tätigkeit: Präs. Dornbirner Messe


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      Tätigkeit: MR HM; evtl. ident mit Hanisch, Peter?


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        Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


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          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


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            Tätigkeit: MR HM


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              Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                GND ID: 102318379X


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                  Tätigkeit: Wr. Bgm. bis 1973
                  GND ID: 107489872


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                    Tätigkeit: Personalvertreter HM, Christgewerkschafter, ÖVP-Politiker


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                      Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                        Tätigkeit: Beamter HM


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