Freitag, der 28. Juli 1972

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Freitag, 28. Juli 1972

Die Vertragsunterzeichnung und vor allem die Besprechungen vorher
und beim Mittagessen mit dem Vizeminister Kati von Albanien brachten
keinerlei neue Erkenntnisse. Albanien möchte Chromerze, Kupferdrähte
und Kinderbekleidung exportierten und insbesondere Kelims. Wir haben
zwar eine Vereinbarung, dass sie dafür Baumwolltextilien kaufen sollen,
doch haben wir im Jahre 1972 schon für 60.000 $ Kelims gekauft, ohne
dass wir eine Gegenlieferung von Baumwolltextilien durchführen konnten.
Der Handelsrat Ramai bemüht sich zwar wesentlich den Vertrag auf-
und auszubauen und wir waren bis jetzt auch immer ausgeglichen.
Im Jahre 1971 haben wir 24 Mill. S importiert und nur für 16 Mill. S
exportiert. Die VÖEST möchte mit einem entsprechenden Auftrag von
Gewächshäusern und anderen Fertigprodukten ins Geschäft kommen.
Die VÖEST war sogar auf meinen Vorschlag mit zwei Vertretern, Rohner
und Binder, zu den Besprechungen erschienen. Min.Rat Fälbl fürchtete,
dass sie überhaupt nicht kommen werden, daß sie keinerlei Interessen
zeigen werden, um weitere Geschäfte mit Albanien zu tätigen. Rohner
dagegen versicherte mir, dass sie sehr wohl bestrebt wären, 4.000 t
Bleche, die im Kontingent vereinbart sind, zu liefern. Albanien
braucht insgesamt 120.000 t, und zwar 50 % davon für mechanische
Industrie und 50 % für Fässer. Insbesondere Möchte Albanien Bitumen
und sonstige Ölprodukte, die sie verarbeitet haben, exportieren. Al-
banien wird jetzt ein neues Stahlwerk errichten und die VÖEST wäre
natürlich brennendst daran interessiert, einen Teillieferauftrag
zu bekommen, was aber sehr unwahrscheinlich ist. Das Stahlwerk selbst
wird 60 km im Landesinnern gemacht, obwohl jeder weiss, dass man in
Wirklichkeit aus Transportgründen Stahlwerke nur an die Küste legt.
Albanien hätte nun die Möglichkeit, wirklich ein Stahlwerk zu er-
richten, welches als Standort günstig im Mittelmeer gelegen wäre
und macht den grossen Fehler, wahrscheinlich aus politischen, viel-
leicht aber aus wehrpolitischen Überlegungen im Landesinnern ein
solches Stahlwerk jetzt zu errichten. Auf dem landwirtschaftlichen
Importsektor haben wir heuer bereits 6.000 t Tomaten eingeführt und
auch das Traubengeschäft und das Knoblauchgeschäft lässt sich ganz gut
an. Sonst aber hat Albanien nichts zu bieten und wir werden des-
halb äusserste Schwierigkeiten haben, den Vertrag wirklich auszuweiten.
Chromerze und Bitumen, welches sie eigentlich anbieten, können wir
kaum brauchen. Die VÖEST erklärt, dass sie die Chromerze sogar an


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Drittstaaten versuchen muss weiter zu verkaufen. Für den Bitumen-
transport interessiert sich Kati ganz besonders für LKW mit Spezial-
aufbauten und die Handelskammer organisiert für ihn eine Besich-
tigung von solchen österreichischen Erzeugnissen. Fälbl, der mit
Kati und seiner Begleitung die Österreich-Tour mitgemacht hat, ist am
meisten erschüttert, dass sich diese Leute das Beste und Teuerste immer
nur für ihre persönlichen Bedürfnisse aussuchen. Die Verwunderung ist
mir eigentlich nicht ganz erklärlich. Ich finde, dass sicherlich auch
Fälbl, wenn er in Albanien ist, von ihnen dort ziemlich das Beste vor-
gesetzt bekommt, natürlich halt relativ für uns als ein sehr schlech-
ter Standard. Im übrigen glaube ich, müssen wir viel mehr achten,
dass gerade die Vertreter der Oststaaten und der afrikanischen Staaten
ungeheueren Wert darauf legen, nicht schlechter behandelt zu werden,
als andere westeuropäische Ländervertreter. Ich bin mir deshalb nicht
ganz klar, ob nicht gerade der Besuch und das Mittagessen in der Linde
der richtige Ort gewesen ist.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte vielmehr auf die Protokollfragen achten
und auf die Empfindlichkeit dieser Staaten Rücksicht nehmen.

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Tagesprogramm, 28.7.1972


Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
GND ID: 102318379X


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    Tätigkeit: Dir., Leiter Generalrepräsentanz Wien VÖEST-Alpine


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      Tätigkeit: Beamter HM


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