Mittwoch, der 19. Juli 1972

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Mittwoch, 19. Juli 1972

Gen.Dir. Mieling von der Fa. SHELL will engeren Kontakt mit dem
Ministerium bezüglich der Ölpolitik. Mieling hat bereits bei der
letzten Besprechung über die Preise klar und deutliche zu erkennen
gegeben, dass er mit der Handelskammer und deren Vertretung nicht
zufrieden ist. Jetzt verstehe ich noch besser seine Bemerkung, die
Ölgesellschaften haben nur mich als ihren Vertreter. Innerhalb der
OECD gibt es ein Ölkomitee und dieses hat einmal im Jahr mindestens
eine Sitzung in Paris. Die letzte war am 13.7. und der Vertreter
der Handelskammer Dr. Messinger, der gleichzeitig Sekretär des
Gremiums ist, hat Mieling erklärt, er könne ihm wegen Geheimhaltung
nicht über diese Tagung berichten. Bei dieser Tagung, wo auch Min.
Rat Mayer anwesend war, wurde über nichts anderes gesprochen, als
den Ölpool seit dem Jahre 1960 bestehend vorzuschlagen, von 5 auf
10 % Lager zu halten, was ungefähr einem 90-Tage-Vorrat entsprechen
soll. Für Österreich würde dies bedeuten, nachdem wir 2,5 Mill.
Eigenproduktion und 7 Mill. Importe hätten, dass wir 1 Mill. Lager
halten müssten. Min.Rat Hanisch von der wirtschaftl. Landesver-
teidigung möchte sehr gerne ein solches Lager und die Frage ist nur,
wer bezahlt es. Min.Rat Mayer meinte, er hätte mit Dr. Stemberger
sehr guten Kontakt und vor jedem OECD-Meeting trifft er ihn, um
die Tagesordnung und die Probleme zu besprechen. Mieling hat zu
Dr. Stemberger vollstes Vertrauen, möchte aber, wie ich sehr bald
bemerkte, ebenfalls informiert werden. Ich schlug ihm deshalb
ein interministerielles Komitee, am dem die Ölgesellschaften, ÖMV
und internationale, teilnehmen sollten, vor der nächsten Sitzung
vor. Ich selbst werde die erste Sitzung präsentieren. In Wirklich-
keit geht es Mieling und wahrscheinlich auch den anderen Direktoren
der internationalen Konzerne darum zu erfahren, was in diesem
Komitees, die ja kaum geheim arbeiten können, besprochen und be-
schlossen wird, bevor sie diese Mitteilung von ihren Stammhäusern
bekommen. Durch diese Geste, die ich ihnen zusagte und auf deren
Einhaltung ich drängen werde, können sie gegenüber ihren internatio-
nalen Häusern als gute Verbindungsleute und vor allem als in Österreich
gut verankerte Generaldirektoren auftrumpfen, da sie bereits etwas
wissen, bevor das eigene Mutterhaus ihnen davon Kenntnis gibt.
Mieling erwähnte auch, dass jetzt der Züricher Klub, an dem die


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ÖMV beteiligt ist, Italien und Frankreich aber abgesprungen
sind, sich mit dem Problem der Rohöllieferungen und der OPEC
beschäftigt. Die internationalen Gesellschaften befürchten,
dass letzten Endes mit den Nahoststaaten eine direkte Kontakt-
nahme und auch Abkommen zwischen Regierungen und Regierung in
Österreich durchgeführt wird. Damit wären die internationalen
Ölgesellschaften ausgeschaltet. In Österreich bemühte sich
die verstaatlichte ÖMV mit den internationalen Gesellschaften
bei den Rohölaufschlussgebieten, eigene Konzessionen zu erhalten.
Ich glaube deshalb und konnte Mieling beruhigen, dass die
österr. Bundesregierung und sicherlich ich auf keinen Fall daran
denken, Regierung Regierungs-Verhandlungen zu führen. Die
OPEC-Staaten streben eine sogenannte participation an, das
nach Auffassung Mieling nichts anderes als eine Enteignung zu
Buchwerten wäre. Ich zeigte mich in dieser Frage sehr den Öl-
gesellschaften wohlgesinnt, nicht zuletzt deshalb, weil ich
ihnen das Gefühl geben will, dass ich wirklich ihr Vertreter
bin und als Kompensation für das schlechte Behandeln bei der
Ölpreis- bzw. Benzinpreisfestsetzung. Unter Anwesenheit von
Neuhold erklärte ich Mieling, dass wir über die Benzinpreiserhöhung
ein Arrangement finden müssten, so wie beim letzten Mal, wo auch
die Kraftfahrverbände sogar zugestimmt haben.

NR Hobl und Gen.Sekr. Effenberger vom ARBÖ wollten eine offizielle
Vorsprache, um über die Autopreissenkung infolge der EWG-Rege-
lung mit mir zu verhandeln. Ich ersuchte sie sofort, dass wir
auch den ÖAMTC zu diesen Besprechung zuziehen sollten. Gen.
Sekr. Dr. Veith und Dr. Soche waren auch dann bereit, zu dieser
Besprechung dazuzukommen. Nicht dass ich die Absicht hätte, den
ARBÖ nicht allein zu empfangen, muss ich bestrebt sein, gerade
jetzt den ÖAMTC zu den Verhandlungen wieder zu bringen, damit wir
dann doch gemeinsam versuchen, ein Arrangement in der Benzinpreis-
frage zu erreichen. Effenberger meint, bevor der ÖAMTC kam,
dass wir uns sehr anstrengen müssten, um Androsch aus seiner
misslichen Lage zu befreien. Er selbst hat überall 30 Groschen
Benzinpreiserhöhung angekündigt und der ARBÖ weiss, dass dies
nicht zu halten ist. Er will deshalb Androsch davon überzeugen,
20 Groschen mehr Benzinpreiserhöhung dadurch zu rechtfertigen,
dass er eine Bindung dieses Betrages für den Strassenausbau


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akzeptiert. Der ARBÖ liegt hier auf derselben Linie wie
Bautenminister Moser, der eine solche Forderung bei der
Pressekonferenz, wo er die Dringlichkeitsliste für den Strassen-
bau vorstellte, erhoben hat. Ich habe Androsch unverzüglich danach
angesprochen, ob Moser mit ihm diese Forderung abgestimmt hat,
was er verneint und erklärt, dass er unter gar keinen Umständen
bereit ist, einer solchen weiteren Zweckbindung zuzustimmen.
Der ARBÖ wird jetzt mit Androsch eine diesbezügliche Aussprache
haben. Hobl meint, wenn diese negativ verläuft würde er sich
sogar an Kreisky wenden.

Die ÖAMTC-Vertreter waren sehr froh, geladen zu werden und
haben mir die Unterstützung für alle Aktionen weiterhin zuge-
sichert. Allerdings meinten sie, dass sie in der Benzinfrage
sehr verärgert sind. Sie haben einige Male schon an den Finanz-
minister geschrieben, Telegramme gerichtet und ihn um Aus-
sprachen ersucht und noch niemals hat der Finanzminister ihnen
eine solche Möglichkeit gegeben. Sie selbst möchten jetzt endgül-
tig Klarheit, ob der Benzinpreis um 30 Groschen oder um 50
Groschen erhöht wird. Ich ersuchte den ÖAMTC, sich doch mit
meiner Idee vertraut zu machen, dass wir wieder gemeinsam,
wie dies auch beim letzten Mal der Fall war, einen Ausweg
aus dieser schier hoffnungslosen Situation suchen. Als Bei-
spiel der guten Lösung und Zusammenarbeit wies ich auch darauf
hin, dass wir jetzt auch in der Kraftfahrhaftpflichtversicherung
einen neuen Weg gemeinsam beschritten haben, der doch für alle
zielführend ist. Im Kraftfahrbeirat werden wir sofort den vom
ÖAMTC vorgeschlagenen Weg, nämlich ein womöglich jährlichen
kleineren Erhöhung der Prämien beschreiten. Veith und Soche
haben dem sofort zugestimmt. Sie werden mit ihren eigenen Funktio-
nären überlegen, wie und ob sie ein solches Benzinarrangement
mit mir wieder gemeinsam anstreben dürfen.

Die Reinigungsfirma La Generale hat mir einen Brief geschrie-
ben, wo sie sich beschwert, dass ich ohne sie einzeln zu kennen
in der Gewerbeordnung ihre handwerksmässige Einstufung geändert
habe. Die Besitzerin, eine Emigrantin, die 1945 zurückgekommen
ist und den Betrieb jetzt führt, ohne dass sie eine Meisterin
ist, sie studiert nämlich oder hat studiert, Musik auf der Musik-


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hochschule ganz in der Nähe ihres Betriebes in der Hegelgasse,
hat mir deshalb einen Brief geschrieben. Ich glaube zu ihrer Über-
raschung und insbesondere der Belegschaft, habe ich einen Besuch bei
ihr angemeldet. Ich erklärte ihr sofort einleitend, man lernt
in ihrer Sparte ein Jahr den Schwamm und ein Jahr das Wasser und
dann ist man gelernter Fensterputzer, nur vereinfachend gebrauche,
um eben zu zeigen, dass die Lehrberufe doch wesentlich reduziert
werden müssen. Fachkenntnisse könnten eben auch auf anderem Wege
als nur über die Lehre erreicht werden. Obwohl auch die Beleg-
schaftsvertreter, ein Funktionär des HTV ist dort Betriebsratsob-
mann, und ein zweiter ist AK-Rat und hat sich jetzt besonders für
die Lehrlingsprüfungen vorbereitet, anwesend waren, meint aller-
dings, dass dieser Beruf unbedingt erhalten bleiben müsste. Seiner
Meinung nach wäre die Lehrausbildung die einzige Voraussetzung,
um Gebäudereiniger zu werden. Das beste Argument aber hat Sekt.
Chef Jagoda gehabt, der erklärte, man solle doch einmal nachschauen,
wieviele Dispens in dieser Sparte gegeben werden müssen. Hier hat
die Besitzerin zugegeben, dass ja auch sie eine Dispens erhalten
hat. Interessant ist, dass unter allen Umständen jedes einzelne Ge-
werbe seien Status erhalten möchte, ja vielleicht ihn sogar noch
verstärken möchte. Die freien Gewerbe wollen gebundene Gewerbe,
die gebundenen handwerkmässige und die handwerksmässigen womöglich
konzessionierte Gewerbe werden. Entgegen diesem zünftlerischen
Denken werde ich und möchte ich die Gewerbeordnung auflockern und ich
bin überzeugt und sagte dies auch, in zehn Jahren wird jeder
dann darüber lachen, was man hier aufgeführt hat, um seinen Status,
der ein rein optischer ist, zu erhalten. Ein einziger Grund könnte
angeführt werden, diese Verschärfung einzuführen, nämlich Konkurrenz.
betriebe womöglich vom Markt abzuhalten. Dies ist auch wie dann
durch Bemerkungen klar und deutlich herauskam, auf dem Reinigungs-
sektor der Fall. Hier beginnen sich ausländische Firmen, die ein
gutes Geschäft darin vermuten, in Österreich sich zu etablieren
und den eingesessenen Firmen den Markt streitig zu machen.

Dr. Lachs hat mir unter vier Augen vertraulich mitteilen wollen, dass
die Fa. Jeschek Walter Peugeot-Preis ab 15.7. erhöhen musste und
als einzige noch selbständige Importfirma ja nicht nur gar nicht
anders konnte, sondern eben bei Lachs scheinbar ersucht hat, bei mir
in dieser Hinsicht zu intervenieren. Ich selbst habe sofort
den Dr. Hönel von der Schleifer-Abteilung angerufen, gefragt,
ob er etwas davon weiss, was er selbstverständlich verneinte, was


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weiss man denn schon bei uns im Haus, was in der Wirtschaft vor-
geht, und ihn ersucht, er möge sich sofort mit Jeschek ins Ein-
vernehmen setzen. Die franz. Regierung hat zugestimmt, dass die
Inlandspreise in Frankreich um ca. 3 %, dagegen die Exportpreise
um 5 % erhöht werden können. Walter hat nun, obwohl er sich angeblich
verzweifelt dagegen gewehrt hat, die Inlandspreise in Österreich
um 2,8 bis 4,4 % erhöhen müssen. Trotz der Bedenken von Lachs
habe ich Hönel erklärt, er müsse unverzüglich entsprechende Unter-
suchungen anstellen, da wir uns diese Vorgangsweise nicht gefallen
lassen. Immerhin ergibt das von 1.700 bis 3.900 S je Modell.
Als Tarnung resp. als teilweise Ausrede werden die technischen Ände-
rungen für die neuen Modelle 1973 angeführt. Die ÖAMTC-Leute haben
mir bereits vormittags erklärt, welche Schwierigkeiten es bei der
Absenkung von Preisen resp. der Nichterhöhung der Preise geben
wird, weil eben die neuen Modelle von den Firmen als Grund genommen
werden, die Katalogpreise entsprechend zu ändern. Dies ist vollkommen
richtig, wogegen ich mich nur besonders wehre ist, dass man uns
links liegen lässt und selbst Hönel, der sich mit den Autopreisen
in den letzten Monaten sehr intensiv beschäftigt hat, nicht
einmal verständigt.

Präs. Roth von der Grazer Messe fragte mich, ob ich etwas dagegen
hätte, wenn bei der nächsten Grazer Messe wo eine 60 Mill.-Halle
eröffnet wird, auch wieder der Herr Bundespräsident die Eröffnung
vornimmt. Ich stimmte natürlich sofort zu, da ich glaube, dass
es für mich überhaupt nur eine Aufwertung ist, wenn auch der Herr
Bundespräsident irgendwo eröffnet, wo ich ebenfalls eine Ansprache
halten kann. Bei dieser Gelegenheit versuchte ich Roth über seine
Meinung Alpine-VÖEST auszufragen. Roth war einmal lange
Präsident des Aufsichtsrates der Alpine-Gesellschaft. Roth meinte
und da kam ich darauf, dass er mit dem verstorbenen Landeshauptmann
sich gar nicht gut sprach, die steirische Regierung immer die Alpine
ausgebeutet als angeblich reichen und grössten Betrieb behandelt
und niemals wirklich unterstützt hat. Krainer hat mir einmal selbst
erzählt, dass das Management in der Alpine sehr schlecht sei und
die VÖEST ihm immer als Musterbeispiel vorgeschwebt ist. Tatsächlich
befürchtet Roth, dass die Alpine in einigen Jahren als Wirtschafts-
faktor aufgehört hat, zu existieren. Sernetz, der jetzige General-
direktor sei nach seiner Auffassung kein tüchtiger Mann und würde


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nur um seine eigene Position kämpfen. Die VÖEST würde dann die
Alpine nur mehr als entsprechende Dependance betrachten, wo
man halt Fertigung hinlenkt, die nicht allzu rentabel in anderen
werken durchgeführt werden können. Die Rationalisierung müsste aber
dazu führen, dass zuerst einmal die Konzentration in den gut
geführten VÖEST-Betrieben erfolgen wird. Mein Hinweis, dass die
VÖEST aber in Krems und in Liezen Fremde, die die aufnehmen musste
nicht ausgehungert, sondern ganz im Gegenteil bedeutend aufgebaut hat,
entgegnet Roth, dass sie dazu aber gezwungen werden mussten. Die
Alpine dagegen hat man gezwungen, dass sie z.B. den Kohlenberg-
bau Fohnsdorf der Pölfing-Bergla übernimmt und mehr oder minder
subventioniert. Er selbst hätte schon Fohnsdorf einmal schlies-
sen wollen, auch die Zustimmung von Benya gehabt und da sie ihm
LH Krainer und noch der damalige Gen.Direktor dagegen aufgetreten.
Oberegger wollte sogar, dass alle Bergbaue bei der Alpine konzen-
triert werden. Dies wieder hat Roth abgelehnt und gemeint, dann
hätte er noch die Sorge von oö. Bergbauen auch dazubekommen.

Zur Besprechung, Durchführung der Beschlüsse der Präsidenten der
Interessenvertretungen für den Entlastungsausschuss, kamen nicht wie
vereinbart eine kleine Anzahl sondern alle Vertreter sind mit allen
Beteiligten erschienen. Dadurch ergab sich, dass wir eine fast 20-
köpfige Versammlung wurden. Dies hatte aber interessanterweise
keinen Nachteil, sondern ganz im Gegenteil ich konnte jetzt jedem
einzelnen Beteiligten auseinandersetzen, wie die Beschlüsse der
Präsidenten gelautet hatten, und es gab daher nur kritische Bemerkun-
gen, aber letzten Endes keine Gegenstimme gegen meinen Vorschlag. Ich
stellte diese Forderung als Ergebnis von Versprechungen und letzten
Endes sogar als Vorschlag des Gen.Sekr. Mussil hin. Mussil hat nämlich
aufgehetzt durch Gleissner und Klose gewünscht, daß wir eine ge-
nerelle Regelung für die Absenkung der Preise infolge der 30 %-igen
Zollsenkung gleichzeitig mit einer ev. Preiserhöhung am 1.1.1973
durch die Mehrwertsteuer kompensieren, damit die Unternehmer nicht
zwei Preislisten erstellen müssen. Über diese Forderungserfüllung
war er bereit, bei den anderen Punkten nachzugeben. Gleissner und
Klose, ganz besonders der Finanzreferentvertreter Hettl von der Bun-
deskammer wollte entscheidend gegen diese Ideen opponieren. Letzten
Endes aber mußten sie akzeptieren, daß wie besprochen vorgegangen
wird. Im Sonderausschuß wird unverzüglich errechnet, was die 30 %-ige


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Zollsenkung für Letztverbraucher und für Konsumartikel bedeuten wird
und die Preise werden kundgemacht. Da ich auch dieses Problem in
das Preisbestimmungsgesetz einbauen muß, wird ORat Marsch nicht nur
anwesend sein, sondern es wird mit diesem Verfahren die förmliche
Begutachtung durchgeführt. Für den Entlastungsausschuß wird jetzt
nicht mehr die Detailberechnung als Grundlage genommen, sondern es
wird nur die Handelskammer die Endziffern und vor allem die Gewichtung
der einzelnen Produkte bekanntgeben, so daß diese Berechnungen dem
Exportvergütungssätzen, die leicht modifiziert werden können,
gegenübergestellt wird.Ebenso wird die Vorausentlastung als Grundlage
von weiteren Berechnungen herangezogen. Wenn dann von seiten des
Wirtschaftsforschungsinstitutes die makroökonomische Berechnung vor-
liegt, werden die entsprechenden Korrekturen unverzüglich vorgenommen.
Auf dem Industriesektor wird damit die Entlastung wesentlich ver-
größert, so daß nicht eine 3 – 4 %-ige Preissteigerung auf diesem
Sektor zu erwarten ist. Die Dienstleistungen werden unverzüglich
in Angriff genommen. Die Bundeswirtschaftskammer hat glaube ich jetzt
doch endlich erkannt, daß es notwendig ist, so schnell wie möglich
eine endgültige Lösung auch für den 1.1.1973 bereits jetzt zu
finden, denn nämlich die Konsumenten, aber auch die Kleinhändler und
Großhändler erfahren, daß mit 1. Oktober eine entsprechende Zoller-
mäßigung jetzt fix ist, werden sie mit ihren Käufen zurückhalten,
um in den Genuß dieser Zollermäßigung zu kommen. Darüber hinaus wird,
wenn natürlich anzunehmen ist, daß durch den Wegfall der Umsatzaus-
gleichsteuer von 13 % und vor allem für die entsprechenden doch zu
erwartenden Handelsspannensenkungen durch die Mehrwertsteuer brutto
gesehen absoluten Schillingbeträgen Ermäßigungen zu erwarten sind,
könnte auch das Weihnachtsgeschäft entsprechend gestört werden. Aus
diesem Grund erscheint es allen Beteiligten zweckmäßig, daß wir unver-
züglich womöglich die endgültigen Preise bekanntgeben und damit den
Konsumenten einerseits dazu beruhigen, andererseits aber auch den
normalen Warenfluß nicht allzu sehr zu stören. Wie wir das ganze aller-
dings in so kurzer Zeit bewältigen können, der 15. November bedeutet, wie
ich der Korona mitteilte, daß am 1. November alles fix und fertig sein
muß, weil die Druckerei noch eine gewisse Zeit braucht, ist mir jetzt
noch ein vollkommenes Rätsel.



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Von Brüssel wurde ich verständigt, daß jetzt im 113er-Ausschuß
auch das Problem der Brandy, d.h. der alkoholischen Getränke, doch
zur Sprache gekommen ist. Die EWG möchte nun diese alkoholischen
Getränke ebenfalls in eine Regelung einbeziehen. Bis jetzt haben
wir gehofft, daß dies ausgespart bleiben kann. Die EWG bietet nun
an, daß ein beweglicher Teilbetrag eingeführt werden könnte und
sollte. Reiterer wollte von mir die Zustimmung haben, denn sie selbst
sind in der Kommission übereingekommen, daß dies zweckmäßig und
notwendig sei. Reiterer meinte sogar, ich sollte mich noch mit
Präs. Harmer in Verbindung setzten. Dies machte mich sehr stutzig
und in der weitere Diskussion konnte ich dann erfahren, daß Bruckta- Ettl von der Handelskammer niemanden anderen erreicht hat und deshalb
Präs. Harmer angerufen hat, denn Hettl selbst hatte größte Bedenken
und möchte bis nächsten Tag 9.00 Uhr einen Aufschub der Entscheidung.
Reiterer wollte nun, daß eben ich, ohne daß ich diese Detailinformation
hatte, mit Harmer spreche, damit ich entweder ihn überzeuge, oder er
mich ersucht ich sollte doch diesen Vorschlag der EG ablehnen und
den Mitgliedern unserer Verhandlungsdelegation eine diesbezügliche
Weisung geben. Instinktivmäßig habe ich dies abgelehnt, eine solche
Besprechung zu führen, weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß ich
nichts von der Handelskammer wünsche, sondern daß eben jetzt die
Handelskammer sich bis morgen 9.00 Uhr entscheiden soll und mich
und die Mission um meine endgültige Stellungnahme und Entscheidung
fragen soll. Ich erklärte SChef Reiterer, daß er unbedingt zuwarten
müsse bis nächsten Tag um 9.00 die Handelskammer sich entschieden
hat, um nicht neuerdings den Vorwurf zu bekommen, daß er gerade sich
nicht an die Spielregeln, d.h. das bisherige Einvernehmen mit der
Handelskammer hält. Reiterer wird am nächsten Tag nicht anwesend
sein, da er auf mein Ersuchen nach London zu der Papierbesprechung
mit Rippon fährt. Wie wir erfahren, ist er auch ein finnischer Mi-
nister dort anwesend, sondern ebenfalls nur ein Beamter. Die finn.
Regierung ist nämlich in der Zwischenzeit zurückgetreten, wird
aber den Botschafter ermächtigen, das Abkommen zu paraphieren. Der
Aussenministerrat, der wegen der Gipfelkonferenz zusammengetreten
ist, hat dann auch unverzüglich erklärt, daß wenn die finnische
Regierung am Samstag niemanden zur Unterzeichnung schickt, dies
dann nachgeholt werden kann. Ursprünglich hatte die Kommission mitge-


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teilt, es werden entweder alle Verträge unterschrieben, oder
keine. Diese Drohung hat sich aber, wie ich ganz richtig sofort
vermutet habe, nur gegen die Engländer gerichtet, damit in der
Papierfrage eine Lösung und gegen die Portugiesen gerichtet, damit
in der Tomatenmarkfrage eine Lösung gefunden wird. Aus diesen Be-
merkungen haben einigen Journalisten bei mir angefragt, ob es
am Samstag zur tatsächlichen Unterschrift der Verträge kommen
kann. Ich selbst habe dies immer im Hinblick auf die weit fortge-
schrittenen Verhandlungen bejaht. Zum Glück habe ich die Drohung
der Kommission zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gewußt, daher in-
stinktivmäßig ganz richtig Auskunft gegeben.

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Tagesprogramm, 19.7.1972




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    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


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      Tätigkeit: MR HM; evtl. ident mit Hanisch, Peter?


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: MR HM


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            Tätigkeit: Sekr. Fachverb. Erdölind.


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                Tätigkeit: GD Shell


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                  Tätigkeit: Fußballfunktionär FK Austria Wien


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                    Tätigkeit: Finanzminister
                    GND ID: 118503049


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                      Tätigkeit: Leiter Wirtsch.pol. Abt. HK


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                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                              Tätigkeit: ARBÖ-Bundessekretär


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                                Tätigkeit: Präs. Fachverb. Nahrungs- u. Genussmittelindustrie


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                                  Tätigkeit: brit. Politiker [1971 brit. Delegationsleiter bei EFTA-Treffen in Reykjavik; zugl. Verhandler des brit. EWG-Beitritts - ein anderer Rippon kann wohl kaum gemeint sein?]


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                                    Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                                      Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                        Tätigkeit: ehem. GD Öst.-Alpine Montanges.


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                                          Tätigkeit: Dir. Shell


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                                            Tätigkeit: Außenhandel BWK


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                                              Tätigkeit: Bautenminister


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                                                Tätigkeit: OB


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                                                  Tätigkeit: ÖAMTC


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                                                    Tätigkeit: Alpine, GD ab 1972, SPÖ-nahe


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                                                      Tätigkeit: Jurist ÖAMTC


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                                                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                        GND ID: 118566512


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                                                          Tätigkeit: Beamter Energiesektion HM


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