Montag, 17. Juli 1972
Beim Pressefrühstück stelle ich schon fest, dass ich über die
Einzelheiten und Details des Vertrags nicht sehr sattelfest.
Zum Beispiel ist noch immer nicht klar, für mich, wann die sensiblen
Produkte im Interimsabkommen die erste Zollsenkungsetappe haben.
Am Abend erfahre ich dann von Leitner, der mich anruft und freude-
strahlend verkündet, dass die sensiblen Produkte tatsächlich nur mit
5 % im Interimsabkommen abgebaut werden. Nur im Globalabkommen haben
wir, um die Spiegelgleichheit mit zu haben, welche die EG-Kommission
entschieden ablehnte, einen 10 %-ige Abbau für die sensiblen Produkte
gegenüber dem 5 % Abbau der EG vorgeschlagen und dieser wurde auch
von der Kommission akzeptiert.
Mussil hat mir einen Brief geschrieben, wo er feststellt, dass die
Bundeskammer diesen Vorschlag – 10 % Senkung – nie zugestimmt hat
ja dass sogar die BHK, obwohl sie in Brüssel anwesend war – diesen
Vorschlag trotz mehrfachen Verlangens nicht einmal bekommen hat.
Ich erkläre Reiterer dieses Betreiben und die für mich unerklär-
liche Vorgangsweise Mussils und schlage ihm vor, dass ich den Brief
einstweilen entschieden zurückweise und die endgültige und detaillier-
te Beantwortung nach Rückkehr unserer Delegation, die derzeit unter
Hochdruck in Brüssel arbeiten muss, erfolgen wird.
Richtig ist die Delegation gestern Nacht bis um 1/2 5 Uhr früh eine
entsprechende Übersetzung vom französischen Text ausgearbeitet
hat. Man hat sich in der Mission zu sehr darauf verlassen, vielleicht
doch noch einen deutschen Text von der Kommission selbst zu bekommen.
Die Kommission hat sich nämlich vorbehalten, dass sie die Übersetzun-
gen durchführt, weil sie ja Deutsch als Amtssprache sowieso dann
die endgültige Übersetzung auch machen muss. Ich hätte allerdings da-
rauf bestehen müssen, dass schon viel früher für mich oder auch dann
als Unterlagen für den Ministerrat die entsprechenden deutschen Über-
setzungen angefertigt werden. In diesem Fall hätte ich auch die Details
viel besser gekannt, als dies bis jetzt aus den bruchstückartigen
Informationen, die mir zugegangen sind, der Fall ist. Ich weiss,
dass eine solche zusätzliche Übersetzungsarbeit unsere Mission
und wahrscheinlich auf für unsere Herren im Hause infolge der Hochdruck-
arbeit, die sie derzeit leisten, sehr umständlich, zeitraubend
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und für sie, die mit dem franz. Arbeitsexemplar arbeiten, schwer
gewesen wäre, anzufertigen. Nur noch werde ich in Hinkunft immer
auf eine solche Übersetzung drängen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL UND WANKE: Bitte von wichtigen Dokumenten
in Hinkunft immer deutsche Übersetzungen anfordern.
Die Arbeitsübersetzungen aus Brüssel kamen so spät, das Flugzeug
hatte wegen einer kleinen Reparatur angeblich in Brüssel 1 Stunde
später Abflug, dass ich sie gar nicht mehr in die Ministerrats-
vorbesprechung zeitgerecht bekommen habe. Die Paketierung war
kanzleimässig nicht einmal um 5 Uhr noch vollkommen fertig. Da
ich andererseits aber den Ministern nicht zumuten wollte, dass
sie einen so wichtigen Vertrag morgen zur Kenntnis nehmen, ohne
vielleicht doch der eine oder andere sich ihn angesehen zu haben,
bestand ich darauf, dass diese Exemplare unverzüglich in meinen
Wagen eingeladen werden. Die ganzen 30 Exemplare machten den
Kofferraum und alle Sitze im Auto voll. Nur der Bundeskanzler
behielt dann sein Exemplar, alle anderen Minister erklärten,
dass sie am liebsten nur in ihrem Ministerium hätten. Selbstver-
ständlich wollte keiner diese Kiloware mit herumschleppen. Am
Nachhauseweg wurden dann alle Exemplare den Chauffeuren gegeben
und zu meiner grössten Verwunderung war dann auch mein Exemplar
weg, als ich abends ins Auto stieg. Ich werde am nächsten Tag also
den Vertrag vorlegen und beschliessen lassen, ohne ihn selbst ein
einziges Mal gelesen zu haben. Hätte ich nicht bei den intermini-
steriellen Sitzungen, wo ich immer als Vorsitzender anwesend war,
so über die Details mich informiert und insbesondere dort die
wichtigsten Bestimmungen aufgeschnappt, ich würde für etwas
politisch haften, das ich nicht einmal kenne. Ich habe schon
fürs Improvisieren sehr viel über, aber hier glaube ich, ist
es wirklich zu weit gegangen. Sicherlich sowohl die Redakteure
als auch wahrscheinlich die Politiker kennen sich in den Details
noch weniger aus als ich und es kann mir deshalb auch sehr wenig
passieren. Ich habe aber Reiterer am Abend mitgeteilt, dass bei
der Sitzung im Integrationsausschuss am Freitag auf alle Fälle
ein über alle Details informierter Vertreter des Ministeriums an-
wesend sein muss. Reiterer war darüber sehr erschüttert, weil er
angenommen hat, dass ich einverstanden bin, dass alle in Brüssel
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bleiben, um die Unterzeichnung des Vertrag mitzumachen.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky als letzten Punkt
die Frage der Unterzeichnung des Vertrages zur Diskussion gestellt.
Entweder war sich Kreisky wirklich noch nicht schlüssig, Palme
hat noch immer nicht erklärt, ob er fährt, wahrscheinlich aber
eher nicht, oder er wollte in diesem zweifelsohne auch für ihn
sehr wichtigen Punkt eine Übereinstimmung der Ministerkollegen
erzielen. Kirchschläger fragte mich, ob ich gegen das Mitunterzeich-
nen bin, was ich natürlich sofort verneinte, um dann – wie er sich
mir gegenüber ausdrückte – für Kreisky eine Brücke zu bauen. Ich
verwies darauf, dass Kreisky nicht nur als Aussenminister entspre-
chende Arbeit an diesem Vertragswerk schon in der Koalition ge-
leistet hat, sondern dass auch entsprechende Erklärung in Brüssel
diesbezüglich abgegeben hat. Ausserdem hat er durch die Interven-
tionsreise sein besonderes Interesse dokumentiert, was kein
anderer Regierungschef gemacht hat. Broda wieder verwies darauf,
dass die Freihandelszonenlösung von Kreisky bereits anfangs der
Sechzigerjahre vorgeschlagen wurde und dass man damals von der
ÖVP-Seite erklärt hat, er möge sich diese Idee aus dem Kopf
schlagen. Androsch, Firnberg und Weihs waren auch für die
Mitunterzeichnung Kreiskys. Zuletzt fragte Kreisky vor allem mich,
wie ich mich zu diesem Vorschlag stelle. Ich selbst erklärte rund-
heraus und dies konnte ich mit gutem Gewissen tun, dass ich immer
dafür war, dass er mitunterzeichnen sollte. In diesem Fall meinte
Kreisky, dass er eben jetzt überall zur Kenntnis bringen wird,
dass der Ministerrat auf diesem Standpunkt steht. Ich hatte
gehofft, dass damit endgültig das Unterzeichnungsproblem sehr
spät aber doch nun gelöst ist. Zu meiner grössten Verwunderung er-
fuhr ich dann abends, von Leitner, dass man sich in Brüssel schein-
bar den Kopf nach einer ganz anderen Richtung hin zerbricht. An-
geblich haben Jolles und Åström erklärt, dass auch sie den Ver-
trag mit unterzeichnen werden. In diesem Fall hat Leitner natür-
lich von mir die Zustimmung erwartet, ob ich einverstanden bin,
dass auch dann Marquet für das Globalabkommen und er für das
Interimsabkommen mit unterzeichnet. Ich selbst erklärte gleich,
dass es mir ganz wurscht ist, wer aller den Vertrag unterzeichnet
doch müsste ich, bevor ich eine solche Zustimmung gebe, mit
Kirchschläger sprechen.
Der Abgeordnete Lanc soll an Kreisky einen Brief geschrieben
haben, wo er ihn ersucht, er möge wenn irgendwie möglich,
ihn bei der Unterzeichnung in Brüssel als Vorsitzender des
Integrationsausschusses anwesend sein lassen. Reiterer fragte
mich im Auftrag von Kreisky, ob ich dagegen irgendetwas einzu-
wenden hätte. Ich erklärte mich natürlich auch damit vollkommen
einverstanden und meinte nur, dann müsste man aber doch zumindestens
den Stellvertreter des Integrationsausschusses ebenfalls dazu
bitten. Da wir 14 Delegationsmitglieder zur Unterzeichnung zuge-
standen hatten, nahm Kreisky, wie er mir nachher erzählte, an,
dass es leicht sein müsste, diese beiden unterzubringen. Zu meiner
grössten Überraschung habe ich dann in einem Telefongespräch
mit Leitner festgestellt, dass dies gar nicht so einfach sein
wird, denn scheinbar waren die 12 Plätze, die ausser Kreisky und
mir zur Verfügung standen, schon in der Bürokratie aufgeteilt.
Sicher ist es in der Laufbahn eines Beamten, wenn er sich jahre-
lang mit einer Materie beschäftigt, dann der höchste Lohn, ent-
weder bei der Gesetzwerdung oder bei der Unterfertigung anwesend
sein zu können. Vielleicht habe ich diesen Gesichtspunkt viel zu
wenig bis jetzt beachtet. Da Kreisky nun nach Brüssel ganz allein
fährt und ich noch einen dritten Platz in der Maschine reserviert
habe, so kann der Beamte, der eben von Brüssel jetzt zum Inte-
grationsausschuss nach Wien kommen muss, dann am Abend gegebenen-
falls auch wieder mit mir nach Brüssel zurückfliegen.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky auch über die
Verhandlungen im Landesverteidigungsrat. In die Verfassung soll
nicht, wie die ÖVP wünscht, eine riesige neue Bestimmung aufgenom-
men werden, doch in einem Satz soll auf die Verteidigung, wie sie
Kreisky vorstellt, hingewiesen werden. Unter meinem Vorsitz soll
jetzt für die wirtschaftliche Landesverteidigung Parteienbe-
sprechungen beginnen. Der Gegenvorschlag der ÖVP zu unserer
wirtschaftlichen Doktrin soll jetzt diskutiert werden. Nach dem
Urlaub werden unter meinem Vorsitz die Verhandlungen beginnen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte mit Fredl Reiter Details vereinbaren.
Das Ministerkomitee für die Entwicklungshilfe wird Montag, den
11.9. um 16 Uhr zwecks Ausdehnung der Entwicklungshilfe zusammen-
treten. Bitte mir für diese Besprechung die zweite Ausbaustufe
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für die Gewerbeschule in Obervolta in allen Details vorzube-
reiten, da das Handelsministerium das patronierende Ministerium
für diese Schule ist und damit auch für dieses Projekt, werde ich
es bei dieser Gelegenheit das erste Mal konkret verlangen, nachdem
sowohl Kirchschläger als auch ich dem obervoltischen Präsidenten und
Aussenminister dies zugesagt haben.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, die Unterlagen für dieses Datum
bereitstellen lassen.
Bezüglich des Holzhäuserprojektes von Turnauer wird Kreisky ihn und
mich jetzt zu einer Sitzung einladen. Kreisky hofft, dass einige
Landesregierungen sehr schnell Bauordnungen abändern werden, damit
Turnauer mit seinem Projekt in Österreich einige Chancen hat. Kreisky
rechnet damit, dass Turnauer sich selbst an solchen Projekten betei-
ligen wird. Ich fürchte nur, dass Turnauer hier sich nur als Ver-
mittler bereiterklärt und andere Kapitalgruppen für diese Ideen,
Holzhäuserproduktionen in Gegenden, wo Zellulose- und Papierfabriken
stillgelegt werden, von Kapitalgruppen eben diese Ersatzproduktionen
aufgenommen werden können. Turnauer hofft ja, dass nach Weissenbach
eine diesbezügliche Firma eventuell kommt, an der er sich aber
keinesfalls selbst beteiligen möchte.
Weihs wird den Krisengroschen um 2 Groschen für das zweite Halbjahr 72
festsetzen. Nachdem die Produktion im ersten Halbjahr um 6 % gestie-
gen ist, im Durchschnitt aber nur 3 % im 72er-Jahr mehr als 71 betragen
wird. Mit diesen 20 Mill. glaubt er, sein Auslangen finden zu können.
Kreisky weist besonders darauf hin, dass er wegen dieser 20 Mill.
jetzt nicht sehr gerne einen neuerlichen Krieg mit den Bauern haben
möchte. Kreisky hat entweder wirklich nichts gewusst oder Weihs hat
es ihm nicht so erklärt, dass er es verstanden hat, als wir die 15
Groschen für Getreidepreis festsetzten, dann automatisch dann für die
Füllweizenmenge 5 Groschen Stützung wieder genommen werden. Dies meint
er, hätte bei den Bauern eine berechtigte Unruhe ausgelöst. Man
hätte gleich von allem Anfang an erklären müssen, dass eben nicht
15 sondern nur 10 Groschen für diese Weizenmengen zur Verfügung
gestellt werden. Kreisky meint nun, wenn tatsächlich nur 20 Mill. S
gebraucht werden, dann sollte man eventuell einen anderen Weg der
Bedeckung suchen. Ich gebe in diesem Fall zu bedenken, dass damit
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das Abkommen, welches Weihs seinerzeit mit der Landwirtschafts-
kammer geschlossen hat und das eine automatische Erhöhung des
Krisengroschengroschens vorsieht, wenn mit den absatzfördernden
Massnahmen nicht das Auslangen gefunden wird, torpediert wird,
und man in Hinkunft, wenn man dann mehr an Krisengroschen verlangen
wird, ein gefährliches Präjudiz einer zusätzlichen neuen Stützung
geschaffen hat. Kreisky bezweifelt nur, dass man mit den 20 Mill.
auskommt und er hat ein Schreiben scheinbar vom Finanzminister,
das Weihs nicht kennt, wo ein wesentlich höherer Betrag als not-
wendig berichtet wird. Weihs wird mit Lehner über die Erhöhung
des Krisengroschens verhandeln, sowie er ja auch bei der Einzie-
hung der 5 Groschen Stützungen für den Weizen mit Lehner diesbezüg-
liche Besprechungen geführt hat.
Weihs berichtet über den Preisantrag der Fleischindustrie, den
er für Mitte August in Bearbeitung für Ende August für Erledigung
vorträgt. Anschliessend mache ich Weihs darauf aufmerksam, dass im
September auf diesem Sektor mit einer Lohnbewegung zu rechnen ist.
Weihs sichert mir zu, dass er in diesem Fall mit der Preisbestimmung
warten möchte, bis eben die Lohnbewegung abgeschlossen ist, damit
nicht eventuell eine neuerliche Forderung der Fleischindustrie
kommen könnte.
Der Bericht von Firnberg über das 10-jährige Bau- und Finanzierungs-
programm für die Hochschule wird auf Wunsch Androschs zurückgestellt.
Androsch erklärt, er hätte ihr bereits einige Male erklärt, ein solches
Projekt sei nicht finanzierbar. Firnberg meint, sie hätte die Ein-
wendungen, die vom Finanzministerium gekommen seien in ihren Bericht
eingearbeitet.
Kreisky betont, dass sich die SPÖ-Situation bei den Pensionisten
sehr verschlechtert. Er schlägt vor, man sollte überlegen, ob
nicht im Herbst etwas ausserodentliches für die Pensionisten ge-
schehen könnte. Häuser ist nicht anwesend, denn er hätte ihm sicher-
lich sofort widersprochen und Androsch meint, für die Pensionisten
sei gerade in der Steuerermässigung sehr viel geschehen. Eine zu-
sätzliche Leistung würde aber das Staatsbudget zu sehr beanspruchen.
Um den Pensionisten zu helfen, soll neuerdings überlegt werden, ob
man nicht die Kürzung bei zusätzlichen Verdiensten, das sogenannte
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Ruhen rückgängig machen resp. zumindestens entsprechend erleich-
tern sollte. Das BKA bemüht sich scheinbar für Amtsgehilfen und son-
stige untergeordnete Tätigkeiten gegebenenfalls Pensionisten heran-
zuziehen.
Kreisky bringt neuerdings das Problem der Taxi-Konzessionen in die
Ministerratsvorbesprechung. Er hat schon einmal, wahrscheinlich
informiert durch seinen Schwiegersohn auf das Verkaufen der
Konzessionen hingewiesen. Damals habe ich erklärt, dass wir
nur durch eine liberalere Handhabung der Ansuchen dieser Ent-
wicklung Einhalt gebieten können. Wenn wir den Schacher von
Konzessionen verhindern wollen, müssen wir die Zulassung von
neuen Taxis wesentlich liberaler betreiben, als dies insbeson-
dere von den einzelnen Ländern geschieht. Die Idee Kreiskys,
dass wir die Taxikonzessionen nur an eine Genossenschaft, wie
dies in Israel und in Schweden der Fall ist, geben, um dadurch
den Anreiz für einen Konzessionskauf zu verhindern, ist glaube
ich nicht sehr zielführend. In Schweden und in Israel bilden dann
die Genossenschaften geschlossene Gruppen und es kann erst dann
wieder einer in die Genossenschaft als Taxichauffeur aufgenommen
werden, wenn einer stirbt oder wenn sich der Bedarf so vergrössert,
dass zusätzliche Taxifahrer benötigt werden. Bei uns entscheidet
das Geld, ob einer eine Konzession und damit diese Verdienst-
möglichkeit bekommt, dort entscheidet es mehr oder minder die Ge-
nossenschaft, die einem aufnimmt oder nicht aufnimmt.
Die in Fontainebleau beherbergte Managementschulung will, wie
Generaldirektor Sauvage mir mitteilt, in Österreich eine für
den deutschen Raum und für den Osten Zweigstelle errichten.
Dr. Rischka von Rank Xerox, der sich mit der Managementschulung
ebenfalls beschäftigt, versucht bei einer Vorsprache zu klären,
ob und inwieweit das Ministerium ihn hier unterstützen könnte.
Gröger schlägt vor, dass bei der nächsten Arbeitsausschussitzung
des von uns gegründeten Vereines über dieses Problem referieren
wird. Rischka selbst hat von seiner Firma 4.000 $ für Initiativen
auf diesem Gebiet erhalten. Ich glaube aber, dass dieser Organi-
sation vorschwebt, so wie in Frankreich, dass das Patronat eine
wesentliche grössere Starthilfe gibt. Sie bekommen dort, obwohl
sie jetzt schon 1,5 Mill. $ Umsatz haben, 60.000 $ noch immer
Subvention von Seiten des Patronates für ihre Tätigkeit. Ich lasse
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keinen Zweifel, dass ich keine Möglichkeit habe, einen
solchen grossen Betrag zur Verfügung zu stellen.
Direktor Georg und insbesondere Dir. Gommolla von der Hotelgesell-
schaft Maritim aus der BRD, die jetzt einige Hotels beginnen zu
bauen, möchten auf Wunsch Röschs mit mir die Details ihrer Tätig-
keit besprechen. Es kommen dann 5 Herrn, die nach einem Vormittag-
gespräch mit Stadtrat Hintschig an Stelle von Slavik hoffen, in
Wien sich leicht mit ihren Hotels ansiedeln zu können. Strengst
vertraulich teilen sie mir dann mit, dass ihnen Hintschig
drei Plätze angeboten hat. Erstens die Markthalle beim AEZ,
ohne es zu sagen, bin ich sehr erstaunt, denn dieser Platz
wurde den Amerikanern auch schon angeboten, zweitens die Garten-
baugründe, wo bereits ein Hotel steht, zumindestens in zwei Stock-
werken, für mich genauso verwunderlich, denn diesen Grund besitzt,
soviel ich weiss die Alpine, und drittens die Favoritenstrasse nach
der evangelischen Schule am Karlsplatz, von dem ich das erste Mal
höre, dass dort überhaupt ein Abbruch resp. ein Neubau für ein
Hotel in Frage kommt. Den Deutschen schwebt vor, dass sie einen
schönen Platz in Wien bekommen können. Würzl, der ebenfalls von
diesen Projekten das erste Mal hört, wird sich über die Details
mit Gommolla ins Einvernehmen setzen. Bezüglich der Grundstücke
komme ich nachher mit Würzl überein, dass wir uns nicht in Einzel-
heiten hineinmischen werden. Mittags hat die Delegation mit Marsch
von Zentralsekretariat und Demuth gegessen und dort hat man auch
erklärt, dass grosses Interesse für NÖ besteht. Beide sind nö.
Mandatare und haben versucht, sogar ihnen einzureden, dass sie
nach Puchberg gehen sollen, um dort ein I a Hotel zu errichten.
Da ich mich hier auch nicht des Verschweigens schuldig machen möchte,
andrerseits aber natürlich erkläre, dass ich als Bundesminister
für das gesamte Gebiet zuständig bin, schlage ich ihnen nur vor,
den Standort sehr gut zu überlegen, ob in Wien oder in den
Bundesländern.
Was mir bei allen solchen Besprechungen immer nur sehr unangenehm
auffällt ist, dass eigentlich in diesen Frage keine wie immer
geartete Koordination erfolgt. Jeder einzelne Politiker oder
auch Beamte arbeitet in seinem Ressort, in seinem Wirkungsbe-
reich für sich selbst, ohne mit den anderen sich abzusprechen
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oder auch nur abzustimmen. Die Gemeinde Wien wird jetzt
versuchen, Firstclass-Hotel in Wien anzusiedeln. Zu diesem
Zweck müsste sie Grundstücke bereitstellen. Sie geht aber
scheinbar her und verspricht mehreren dieselben Grundstücke,
was zu einem Konkurrenzkampf dann von diesen Gesellschaften
um dieses Grundstück führen müsste. Endergebnis wäre, dass
die Preise dadurch nur überhaupt hinaufgetrieben werden und kein
einziges Hotel aber mehr gebaut wird. Andererseits ist in den
Ländern oft der örtliche Einfluss und der politische Einfluss
sehr stark zu versuchen, irgendwohin Hotels oder sonstige
Industriebetriebe zu bekommen. Hier gibt jedes Land dann ent-
sprechend gute Konditionen und damit werden auch nur dort wieder
die einzelnen Interessenten in dem Fall zu ihren Gunsten gegen-
einander ausgespielt. Hier wäre eigentlich eine koordinierende
Tätigkeit, die allerdings dann ja beim BKA liegen würde, dringend-
st notwendig. In diesem Fall haben wir es im Handelsministerium
leichter, weil wir zwar die Kompetenz für Fremdenverkehr und Indu-
strieansiedlung haben, aber in Wirklichkeit es sich hier um ausge-
sprochene Landeskompetenzen handelt, auf die ich ja nur beratend
einwirken kann. Wenn ich für die Abwicklung all dieser Agenden
allein kompetent wäre, müsste man ein ganz anderes System auf-
bauen. Mit welchem Apparat ist mir allerdings vollkommen schleier-
haft. Gott sei Dank muss ich dieses Problem nicht lösen.
Tagesprogramm, 17.7.1972