Samstag, der 24. Juni 1972

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Samstag, 24. Juni 1972

Bei der Besprechung mit Rösch, wo ursprünglich nur Lachs und Hofstetter
eingeladen waren, ist dann doch auch noch Zöllner zugezogen worden. Über
diese Entwicklung bin ich sehr erfreut, weil damit zumindestens eine
gewisse aufkommende Aversion der Arbeiterkammer gegen den ÖGB abgebaut
werden kann. Die Diskussion erstreckte sich primär darauf, wie ein Gesetz-
entwurf, der am Montag von den Experten ausgehandelt werden soll, ausschau-
en müsste, um ein Kompromiss zwischen den ÖVP- und SPÖ-Initiativantrag
darzustellen. Wir entschieden uns, dass die Diskussion von dem ÖVP-
Antrag ausgehen soll, da er bezüglich der Entlastungssätze-Anrechnung
günstig ist als der Initiativ-Antrag von Rösch. Der ÖVP-Entwurf sieht näm-
lich die Entlastung für alle als gesetzliche Pflicht vor und beinhaltet
also auch die Dienstleistungen. Ergänzt muss dieser Entwurf nur noch
werden, dass bei Zollsenkungen auch eine entsprechende Weitergabe gesetzlich
verankert wird. Darüber hinaus muss es Bestimmungen geben, da nach
Preiserhöhungen aus anderen Gründen während eines gewissen Zeitraumes
unterbleiben müssen, solange nicht die Paritätische Kommission, die Landes-
hauptleute oder sonst irgendjemand dazu seine Zustimmung gegeben hat.

Die Eröffnung der Ausstellung AIDA 72 war in einem grösseren Rahmen als
z.B. die Sportausstellung. Ein Konzertvortrag vom Orchester der Musik-
schule der Stadt Wien war für mich sehr beeindruckend. Nicht nur, dass
jüngere Leute dort musizierten, haben sie auch erstmalig moderne Stücke
zum Vortrag gebracht. Ich hatte schon befürchtet, dass sie womöglich noch
"Holde AIDA" von Verdi vertragen würden. Die Ausstellung selbst ist mit
einem ungeheuren Geldaufwand und von den einzelnen Sparten wirklich
phantastisch organisiert. Die Bäcker, die Fleischer, aber insbesondere
die Zuckerbäcker haben dort wahre Kunstwerke aufgebaut, die Ausstellung
aber in Wirklichkeit nur in den Fachblättern propagiert, wird daher der
Besuch sehr schlecht sein. Die Künstler haben eine Halle auch ganz
selbständige gestaltet, er soll die Notwendigkeit der Ernährung demon-
strieren und ähnlich wie die Ausstellung damals Papier im Bauzentrum
viel Geld gekostet und sagt nichts. Für 1,1 Mill. S wurden Unsummen
von Sand in die Halle geführt, darauf wurden x übergrosse Ei-förmige
Gebilde verwendet, wo die Bilder aus der dritten Welt gezeigt werden und
in den Sand wurden hunderte von übergrossen Papp-Menschen gleichmässig
verteilt. Als Attraktion sieht man nur die Astronauten-Nahrung von


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einem Tag in Würfelform und ein Mindestration, die jede Haushalt
als Eichhörnchen-Ration haben soll. Da dieses Projekt, obwohl
es 1,1 Mill. S kostet, den Ausstellern doch zu viel war, hat man
sich entschlossen, der Fa. Maggi einen Sonderstand dort zu geben.
Was Ärgeres fürs Auge kann man sich nicht vorstellen.

Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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      Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
      GND ID: 136895662


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        Tätigkeit: AK


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