Montag, der 19. Juni 1972

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Montag, 19. Juni 1972

Marquet, Reiterer und Leitner berichten, dass Wellenstein ihnen
unter 8 Augen mitgeteilt hat, dass sein Mandat ziemlich erschöpft
ist, denn er hätte nur noch technische Details für den Vertrag, die
sich ändern könnten. Nach Wellensteins Vorstellung wird der Minister-
rat in Luxemburg sich am 26., 27.6. nur mit Landwirtschafts-, Ursprungs-
Problemen beschäftigen, wenn Grossbritannien überhaupt so weit ist,
dass eine Zustimmung erfolgen kann. Dann könnten bis zum 10.7.
noch Retuschen erfolgen, maximal 2–3 Punkte offen bleiben und die
würde der nächste Ministerrat, der eingeschaltet werden sollte, am 10.7.
entscheiden. Am 26. Juli wäre dann der letzte Ministerrat, der die
ausgehandelten Verträge beschliesst. Über die sensiblen Produkte
hat die österr. Kommission angedeutet, dass eine Verbesserung export-
seitig dadurch erreicht werden kann, dass man von den 12 Jahre auf 11
Jahre Papier und bei hochschmelzenden Metallen von surveance strikt
auf surveance suple gehen müsse. Bezüglich des Plafonds hätte Marquet
vorgeschlagen, aber die Handelskammer hätte dies ganz entschieden
abgelehnt und deshalb wurde davon Abstand genommen, überhaupt darauf
zu verzichten. Bei Spiegelgleichheit hat man nun die wirtschaftliche
Begründung zu beweisen und zu zeigen, dass man entgegenkommend ist.
Irland ausgenommen, weil wir dort überhaupt nicht hin exportieren.
Marquet meint, man hätte angedroht, dass die Regierung sonst nicht
unterschreiben würde. Wellenstein hätte ihm darauf geantwortet,
er wisse aber, dass der Bundeskanzler in Schweden erklärt hat, Palme
gegenüber, wir unterschreiben auf alle Fälle. Dies schwächt eine Ver-
handlungsposition ungeheuer, da er befürchtet, er wird nicht mehr ernst
genommen.

Anmerkung für KOPPE: Auch hier Dolchstoss-Legende für alles Material
insbesondere die Äusserungen meinerseits, die in den Zeitungen standen,
sammeln.

Das Lustigste bei dieser Aussprache war, dass Reiterer meinte, die
Vorschläge über die sensiblen Produkte seien geheim, da platzte ich
heraus und sagte, aber mir muss man sie doch sagen. In Wirklichkeit
ist das, gelinde gesagt, eine Frechheit. Die landwirtschaftlichen
Verhandlungen gehen sehr zäh und Wellenstein hat eigentlich nur zur
Rinderordnung erklärt, dass diese mit 1.1. autonom festgelegt wird.
Auf den Hinweis, dass dies sehr wenig ist, wird von Marquet und auch


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Leitner und Reiterer nicht als besonders gravierend abgetan.

Leitner entwickelt nun meinen Interventionsplan, den er auch
mit Reiterer und insbesondere Marquet vorher schon scheinbar genau
durchdiskutiert hat. Der franz. Aussenminster Schumann kommt am
29. u. 30 nach Wien und hier könnte man über die EG-Probleme sprechen
eine Intervention in Frankreich wäre sinnlos und sollte nur formell
versucht werden, einen Termin zu bekommen. Nach Belgien fährt
Kirchschläger am 21. und wird dort entsprechend intervenieren. In
der BRD müsste Kreisky Brandt anrufen, wenn sich keine andere
Gelegenheit des Treffens gibt, diese Möglichkeit eröffnet sich
sicherlich bei der Soz. Internationale in Wien. Nach Luxemburg
sollte ich vielleicht doch am 26. zu Thorn fahren, da dies die
letzte Sitzung unter seinem Vorsitz sein wird. Hier ergäbe sich
eine Interventionsmöglichkeit, um ihm auch bei dieser Gelegenheit
gleich zu danken für seine Unterstützung der österreichischen Wünsche.
Wenn die anderen Reisen fixiert sind, zumindestens intern und die
Botschafter informiert, dann kann es zu keiner Verärgerung bei den
anderen kommen, dass ich vor dem Ministerrat nur bei Thorn inter-
veniert habe resp. gewesen bin. Mit den Niederlanden und Italien
wären unverzüglich Termine zu vereinbaren. Eine Intervention in
dieser Woche wird als vollkommen sinnlos betrachtet, entsprechende
Termine wären ja gar nicht zu bekommen. Überhaupt teilt man mir über-
einstimmend mit, dass die Intervention nur aus innerpolitischen Gründe
erfolgen sollte, denn Marquet, Reiterer aber auch Steiger, geben
dieser Intervention keine, auch nur prozentmässig auszudrückende
Chance. Nur Leitner meint, dass man mit vielleicht 10 %-iger Wahrschein-
lichkeit einen Erfolg erreichen könnte in der einen oder anderen
Frage. In der Kommission und insbesondere in den Ländern nimmt die
Stimmung immer mehr zu, dass man sich fragt, wozu hat man sich
das ganze in der Freihandelszone an den Hals gehängt. Viele meinen
am liebten und am besten wäre es, das Ganze stehen zu lassen. Je
mehr jetzt gedrängt wird, umso schlechter ist es für die österr.
Position und es besteht die Gefahr, dass man damit genau das Gegenteil
erreicht, was man beabsichtigt. Die Schweiz z.B. möchte jetzt in der
Ursprungsfrage insistieren und unsere Leute warnen sei, denn wenn
die Schweiz hier mit ihrer Argumentation durch diese Regelung würde
ihre chemische Industrie einen Verlust von 1 Mia. erleiden, würde
dieses Problem vom Anfang an wieder aufgerollt werden, und es be-


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steht die grosse Gefahr, dass die ganze Ursprungsregelung, die jetzt
so einigermassen akzeptabel ist, wieder verworfen wird. Ich
erkläre den Interventionsplan mit Kirchschläger abzusprechen,
das Aussenamt dann zu ersuchen, entsprechende Vorbereitungen
über die Botschaften einzuleiten.

Beim jour fixe treffe ich, als ich ins Sallinger-Zimmer komme,
den Gen.Sekr. des Wirtschaftsbundes Busek, Sallinger, Mitterer,
Bock und Molzer, den Obmann des Gewerbes. Alle sind Wirtschafts-
bundleute und ich hatte schon das Gefühl im Präsidium des Wirt-
schaftsbundes zu sein. Beim Mittagessen, wo ich Sallinger dies-
bezüglich hin direkt sehr geschickt aushorchte, meinte er dann,
nein am Mittwoch würde er sich immer im Wirtschaftsbund treffen
und diesmal sei es nur eine Frage der Meinungsforschung, die zur
Diskussion gestanden ist. Auf alle Fälle war es für mich inter-
essant, dass Mussil nicht anwesend war. Es ist allerdings möglich
dass er bei einer anderen Sitzung aufgehalten war, da er auch dann
zu der Aussprache, die ich führte, später kam. Mit Sallinger be-
sprach ich unter vier Augen, dass die gute Zusammenarbeit nicht durch
meinen Willen aber durch die Entwicklung sehr erschwert wird. Er
meinte auch, das einzige, was noch funktioniert, sei die Sozial-
partnerschaft. Die Parteien selbst, aus welchen Lagern immer,
legen darauf nicht besonderen Wert, insbesondere die Führungsspitzen
Er meinte, dass Hrdlitschka jetzt auch z.B. schon manchmal Hand-
lungen und Forderungen stellt, die die Sozialpartnerschaft sehr
gefährden. In diesem Fall replizierte ich, dass auch Mussil
von Sallinger oft im Zaume gehalten werden muss, Benya ja letzten
Endes ja Hrdlitschka auch immer auf eine vernünftige Linie
bringt. Wenn sieh diese Politik weiter so entwickelt, werde ich
nicht imstande sein und auch nicht mehr willens, diese Zusammen-
arbeit unter allen Umständen aufrechtzuerhalten. Beim Erscheinen
von Mussil schneide ich sofort das Problem der Kommerzialräte
an. Ich erkläre, dass nach einem Vortrag von Min.Rat
Ottahal ich diesen ersucht habe, er sollte mit dem Präsidialisten
der Bundeskammer Reiger versuchen, eine entsprechende Lösung zu
finden. Reiger meinte mir gegenüber beim Mittagessen unter vier
Augen, er hätte mir Mitterer einen diesbezüglichen Disput ge-
habt und Mitterer hätte beim Bundespräsidenten sich entschuldigt


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und klargestellt, dass nicht er den Titel verliehen hat, sondern
nur in seinem Namen vergeben hat. Sallinger hofft, dass damit die
Angelegenheit erledigt ist, was aber keinesfalls zutrifft. Bezüglich
des Preiskontrollgesetzes von Rösch, wo jetzt durch das Wehrersatzdienst-
gesetz auch die Wehrdienstverweigerer zur Kontrolle herangezogen wer-
den können, ist die Handelskammer hell empört. Nach Auffassung Mussils
würde damit die ganze Linksradikalen auf die Unternehmer losgelassen
werden. Ich erkläre, dass eben Rösch keine Beamten hat und dass
wenn das grosse Kompetenzgesetz mir die Aufgabe überträgt, noch
viel schlimmer im Handelsministerium mit Leuten bestellt sei.
Ich müsste in diesem Fall mindestens 20 neue Dienstposten kriegen
und Mussil meint, er würde dem sogar zustimmen. Ich bin nicht über-
zeugt, ob er dies im Parlament dann auch tatsächlich vertreten würde.
Ich lege ihn aber mit dieser Erklärung eindeutig vor Sallinger fest.
Mussil will neuerdings von mir haben, dass wir in der Bürges die
neuen Richtlinien abändern, damit dann der Aufsichtsrat auch die Ge-
schäftsordnung novellieren könnte. Ich erkläre rundweg, dass die
Voraussetzung wäre, dass die Bürges in Ordnung gebracht wird und
ich die Regelung mit dem Freien Wirtschaftsverband und insbesondere
einen befriedigenden Abschluss mit den Ländern über alle Stützungs-
aktionen stehe. Mussil will das sofort wieder ausschroten und
erklärt, dass parteipolitische Forderungen hier die Wirtschaft be-
nachteiligen, was ich entschieden zurückweise. Er selbst hätte
mir erklärt, dass die Ziffern der Bürges nie stimmen und nachdem
er am Anfang versucht, dies abzustreiten, muss letzten Endes aber
doch zugeben und meint, nun das hätte sich wesentlich gebessert.
Ich erkläre, er möge sich mit unserem Budgetisten Dr. Marhold
ins Einvernehmen setzen und stelle eine Telefonverbindung her
dem er gegenüber zugibt, dass tatsächlich die Ziffern auch heute noch
nicht als wirklich stichhaltig und für ein bankähnliches Institut
entsprechend verlässlich betrachtet werden können.

Mussil ist nicht bereit, in der Frage der Listenerstellung für die
Umsatzsteuerentlastung auf dem Investitionsanteil auch nur einen
Schritt entgegenzukommen. Er gibt zu, dass formell-rechtlich aber
tatsächlich unmöglich Ausfuhrvergütungssätze letal für sie wären.
Die Handelskammer hätte immer darauf hingewiesen, dass Überkompensa-
tion und damit eine Förderungskomponente in diesen Sätzen enthalten
sei.



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ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte aus offiziellen Aussendungen der Handels-
kammer nachweisen, dass dies erst in letzter Zeit geschehen ist, frü-
her hat im Gegenteil man immer erklärt, dass nur die Umsatzsteuervor-
belastungen damit gedeckt werden.

Die Journalistenfrühstücksrunde ist noch immer sehr gut besucht und
es wundert mich eigentlich ganz gewaltig. Wie sehr ein Andrang und ein
Interesse dafür existiert, kann ich daraus auch entnehmen, dass mich
am Abend Hacker von der SK neuerdings attackiert unter vier Augen,
dass ich ihn doch endlich auch dazu einladen möge. Ich erkläre rund-
wegs, ich werde höchsten mit Koppe darüber sprechen können, dass er
neuerdings bei mir interveniert hat, aber ich bin ausserstande und
auch nicht willens gegenüber der Pressepolitik von Koppe ihn womög-
lich einen Auftrag zu geben. Er ist dafür verantwortlich, ich bin
sehr auch schon in der AK mit ihm gefahren und denke daher nicht
daran eine diesbezügliche Weisung zu erteilen. Dies sagte ich aus-
drücklich nicht, um mich auf ihn auszureden, sondern weil eben nur
jemand letzten Endes seine Arbeit machen kann, wenn er vollkommen
selbständig handeln kann.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Vielleicht ist eine Aussprache doch zielführend
und ich bin natürlich bereit, wenn Du willst, mich dann einzuschal-
ten.

Dir. Karlhuber das soz. Vorstandmitglied der OKA will, dass ich
beim BSA eine Diskussion mit einem Gegner, der noch zu bestimmen
ist, abführe, was ich zusage. Bei dieser Gelegenheit weise ich darauf
hin, dass die OKA noch wesentliche Preiserhöhungen bei Kohle von
der WTK wird akzeptieren müssen. Karlhuber meint über die 78.– S
für die 100.000 t Kohle könnten sie nicht mehr bezahlen. Die
Grundmenge mit 300.000 t 72.– S ist derselbe Preis, den sie auch
der SAKOG für 170.000 zugestehen müssen und auch hier sei eine
Erhöhung unmöglich. Auf meinen Vorwurf, dass die SAKOG jetzt be-
reits die ganze Förderung auf Halde legen muss, meint Karlhuber,
sie hätte ja seinerzeit schon geplant, dass das Gaswerk höchstens
5 Monate mit 50 MW in Betrieb sei. Der Generaldirektor der SAKOG
Seiler hätte ihm auch versichert, mit Hilfe der jetzigen Bergbau-
förderung kämen sie durch. Die GKB könnte für die Fohnsdorfer Kohle
mehr bezahlen, weil dies im Verbund untergeht. Sowohl Karlhuber
als auch Frühbauer machen deshalb Werner von der ÖDK heftige Vorwürfe


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Dir. Zaininger von der WTK hatte deshalb auch vorgeschlagen, man sollte
Timelkam verbundlichen, was auf heftigsten Widerstand auch auf der ÖVP-
Seite gestossen ist. Karlhuber weist darauf hin, wenn man so etwas erwägt,
dann könnte höchsten ein Abtausch mit Timelkam gegen Ennskraftwerke
erfolgen. Die Sondergesellschaft Enns ist die OKA mit 120 MW und die
Verbundgesellschaft mit ca. 180 MW beteiligt. Einen Teil dieser 180 MW
könnte nun gegen 120 MW Timelkam ausgetauscht werden. Wieweit eine
solche Möglichkeit besteht, kann ich jetzt noch nicht beurteilen und
derzeit bin ich auch noch nicht dafür zuständig. Wenn ich die Energie-
konzept auch für die Elektrizität haben werde, sollte man diesen
Plan eventuell überprüfen.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte vormerken.

Die fraktionelle Besprechung über die Austria-Ferngas Idee algerisches
Gas zu übernehmen und sich zu einem Konsortium zu beteiligen, bespreche
ich fraktionell mit Reisinger, Feichtinger, Nekula und Meszaros.
Übereinstimmend wird mir erklärt, dass es sich hier um keine politische
Entscheidung, d.h. keine parteipolitische Entscheidung handelt, sondern
nur die Sorge, wie man auf der einen Seite langfristig unsere Gaswünsche
befriedigen kann und auch der anderen Seite die Russen, die derzeit
mit einer grösseren Erhöhung doch letzten Endes kommen werden, nicht
von vornherein eine Preiserhöhung indirekt in sehr hohem Ausmass an-
deutet. Die SU wird natürlich sich nach den algerischen Gaspreisen
richten, da dies die einzige Konkurrenz ist, die derzeit auf dem europ.
Markt überhaupt sichtbar ist. Mit dieser Aussprache wollte ich primär
unseren Genossen beweisen, dass ich doch das Gefühl habe, dass eine solche
vorerst fraktionell besprochen gehört, obwohl sie dies eigentlich nicht
für notwendig empfunden haben. Gen.Direktor Gruber von der NEWAG und
NIOGAS, der ein sehr geschickter, aber aggressiver Mann ist, vertritt hier
angeblich nur Gasinteressen über alle politischen Interessen hinweg.
Die ÖMV und die Austria-Ferngas wird jetzt in Verhandlungen eintreten
und wenn es zu keiner einvernehmlichen Auffassung kommen sollte, die
man allerdings sogar erwarten kann, werde ich neuerdings eingeschaltet.

In der Ministerratssitzung bespreche ich mit Broda den neuen Kartell-
gesetzentwurf Ich verwiese darauf, dass insbesondere Wanke befürchtet,
dass der Apparat, den er aufbaut, viel zu unzulänglich sei, die Kartell-
gerichte nur Hilfskräfte kriegen sollen und Experten für die Ausarbeitung


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von Branchenuntersuchungen. Ausserdem sollten diese Branchenunter-
suchungen nicht mehr vom Kartellgericht, sondern auch von den Inter-
essensvertretungen und, wenn unerklärliche Preissteigerungen erfolgen,
auch von Amts wegen erfolgen können. Letzteres gibt Broda unverzüg-
lich zu und erklärt, es ändern zu wollen. Der Apparat ist seiner Meinung
nach aber ausreichend, ich schlage ihm vor, dass sich Wanke viel-
leicht doch mit seinen Leuten einmal zusammensetzen sollte, was Broda
sofort akzeptiert.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte sich mit Dr. Dittrich ins Einvernehmen
setzen.

In der Ministerratsvorbesprechung meint Kreisky, die Bundesregierung
muss scheinbar schon alle Regierungsprogrammpunkt erfüllt haben, weil
überhaupt keine Gesetzesvorlagen mehr von Bedeutung eingebracht
werden. Er meint dies zwar humorvoll, aber im Grunde genommen herrscht
oft die Meinung, die wichtigste Sache seien neue Gesetze einzubringen
und vorzulegen. alles andere, insbesondere wie ich es immer auf-
fasse, müsste doch auch mit den jetzigen Gesetzen eine Politik machen
können, wird als administrieren abgetan. Fischer vom Klub er-
örtert die nächsten Sitzungen und berichtete, dass am Donnerstag
den ganzen Tag der Wirtschaftsbericht der Bundesregierung, aller-
dings noch nicht fertig, zur Debatte stehen wird. Die anderen
Tage seien vom Präsidium bereits bis ins Letzte eingeteilt und
der Wunsch Kreiskys, das Auslandseinsatzzulagengesetz für die Zypern-
angehörigen könnte daher kaum mehr in dieser Session beschlossen
werden. Kreisky darauf besteht, müssten zwei Sitzungen am Mittwoch
folgen, was erst im Präsidium und mit den Klubobmännern neuer-
dings ausgemacht werden müsste. Wenn dies nicht möglich ist, wird
Kreisky auf alle Fälle eine Akkordierung d.h. eine Auszahlung der
Beträge vornehmen, ohne dass eine gesetzliche Handhabe vorhanden
ist. Wenn die ÖVP ihn hart attackiert, dann wird er erklären, dass
Markovics mit seiner Abteilung, dort wurde dieses Gesetz ja
bearbeitet, derzeit überlastet ist und tatsächlich Tag und Nacht
arbeiten muss. Neue Dienstposten gibt es eben nicht und er freut
sich schon darauf, wenn die ÖVP von ihm die Antwort bekommt.dass
die ÖAAB-Beamten nicht imstande waren, dies halt zeitgerecht fertig
zu stellen. Die Dienstpostenanforderung möchte Kreisky überhaupt
eine Diskussion und eine Reduzierung heute erreicht. Die grossen


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Brocken Wissenschaft und Unterricht aber Firnberg und Sinowatz
könnten nicht reduziert werden. Ich meldete neuerdings die
20 Dienstposten für die Preisüberwachung und Kontrolle an und
verweise ganz besonders darauf, dass sich die Bundeskammer gegen
die Idee von Rösch, die Wehrdienstverweigerer dafür einzusetzen,
aussprechen wird. Kreisky sichert neuerdings zu, dass dies bei
der Gesetzwerdung, d.h. wenn ich dann durch das grosse
Kompetenzgesetz die Agenden übertragen bekommen werde, entsprechende
Dienstposten anfordern solle. Das grosse Kompetenzgesetz will Kreisky
in den nächsten Ministerrat bringen, da keine gravierenden Einwände
bis jetzt von den Ministern erfolgt seien.

Da die Generaldirektoren kein Stahl-Gutachten erstellt haben, wird
die ÖIAG jetzt die Fusion vorschlagen und dann auch durchführen.
Für diese neu zu gründende Gesellschaft wird dann auch das Mitbe-
stimmungsmodell, das die Gewerkschaften seit eh und je gefordert
haben, praktiziert werden. Da es sich um eine grosse Gesellschaft
mit 60.000 Beschäftigten handelt, wird der Aufsichtsrat 24 Sitze um
fassen, wovon 8 Betriebsräte einnehmen werden. Die Firma wird in
Wien ihren Sitz haben und auch hier registriert sein. Mit Hilfe der
Hauptverwaltungen hofft Kreisky aber die Länder befriedigen zu
können. Die ÖIAG sich diese Linie festlegt, ist es möglich, dass
Taus dann demissioniert, wie Schleinzer angedroht hat. Taus hat
bereits beim Mittagessen für die schwedischen Industrieminister,
wo er neben mir sass, darauf hingewiesen, dass er es nicht versteht,
warum wir uns auf die Fusion so festgelegt haben. Taus meinte mir
gegenüber er hätte aus internationalen Erfahrungen feststellen müssen.
dass eine gewaltsame Fusion niemals zielführend sein könnte. Die
Holding dagegen böte eine Möglichkeit, schön langsam zusammenzu-
wachsen. Dies Meinung teile ich wirklich nicht, denn im Gegenteil
wo der Unternehmer und der Besitzer insbesondere eine solche Fusion
wünscht und auch durch Gesellschaftszusammenlegungen erzwingt,
muss sich dann das Management dem anpassen. Natürlich wird das
stärkere Unternehmen nicht wie Taus meint, dann gehemmt, sondern
frisst das schwächere Unternehmen auch managementmässig auf.
Dies wird von der VÖEST bei der Alpine der Fall sein. Die tüchtigen
Alpine-Leuten werden es sich sehr bald mit der VÖEST-Führung gerichtet
haben. Die Hauptsorge ist derzeit noch immer die Beschäftigungsfrage
und zwar haben die Arbeiter und Angestellten der VÖEST wesentlich bes-


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sere Benefizien, als die die Alpine-Leute haben. Die VÖEST hat auch mit
1,2 Mia. Rücklagen für schlechte Zeiten vorgesorgt, während die
Alpine ganze 95 Mill. dafür in ihrer Bilanz reserviert hat. Das
neue Stahlunternehmen wird dann ca. 200 Mill. lt. Berechnungen von
Gatscha, wie er mir mitteilte, aufbringen müssen, um eben
die Benefizien, welche die VÖEST-Arbeiter derzeit haben, auch den
anderen Beschäftigten geben.

Zur Akademiker-Veranstaltung vom dritten Bezirk in der Arbeiterkammer
war, da Moser angekündigt war, äusserst gut besucht. Als sich Moser
ein bisschen verspätete, er war bis zum Ende in der Ministerrats-
vorbesprechung geblieben, hatte ich einleitend die Möglichkeit,
den Damen und Herren unser weitere Programm zu erörtern. Nach den
Sommerferien sind alle interessiert, dass wir die Besprechungen fort-
setzen. Sachfragen hat man ausser Steuerproblemen, die ich Gott sei
Dank alle beantworten konnte – ich sehe daraus, dass es sehr notwen-
dig ist, mich so wie in der Arbeiterkammerzeit einen allgemeinen
Überblick über alle Wirtschaftsgebiete zu erhalten – vor allem
die spezifische Frage der Entschädigung für die Untersuchungen auf
Grund des Kraftfahrgesetzes eine spezifische Anfrage eine gewisse
Rolle gespielt. Schliesslich konnte ich darauf hinweisen, dass diese
Sätze eben den Prüfungsgebühren usw. bei der nächsten KF-Beirats-
sitzung behandelt werden und die Interessensvertretungen der Polizei-
ärzte sich eben in diesem Fall dann dort zu Wort melden sollten.
Interessant war nur die Bemerkung, dass die Bundeskammer in dem Fall
der Fachverband oder eine sonstige Organisation erklärt hat, dass
es unmöglich ist, bei mir einen Vorsprachetermin für dieses Problem
zu bekommen. Ich erklärte rundwegs, dass dies nicht stimmt, dass
im Gegenteil man mir nachsagt, dass man bei mir immer über alles
vorsprechen kann und dass man sogar unwahrscheinlich schnell Termine
erlangt. Heindl war in der Zwischenzeit auch gekommen und ersuchte
sofort mit ihm einen diesbezüglichen Aussprachetermin zu verein-
baren.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich habe dies besonders deshalb gemacht, damit
man den Mann namentlich auch erfassen kann.

Ich hatte Gelegenheit, dann im Fernsehen die Aufzeichnung über
den Benzinpreis und die Autopreise in der Verkehrsrundschau zu
sehen, nachdem mich Hobl aufmerksam gemacht hat. Hobl behauptet


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übrigens, er hätte mich zu dieser Diskussion eingeladen und ich
hätte abgelehnt. Dies stimmt sicherlich, denn ich habe noch niemals
eine Diskussion abgelehnt, sondern Hobl hat scheinbar ein schlechtes
Gefühl, dass er über diese Fragen, wo sie vorher mit mir immer eng-
sten Kontakt gehabt haben, diesmal Androsch als Gesprächspartner ge-
wählt haben. Bei dieser Aufzeichnung ist mir aufgefallen, dass Hobl
keinesfalls, wie er mir gegenüber sich ausdrückte, sehr gut wegge-
kommen ist, weil er hier den ARBÖ-Standpunkt doch mit der Regierungs-
politik so abstimmen konnte, dass die Kraftfahrer zufrieden sein
werden. Nicht weil ich an dieser Diskussion nicht teilgenommen habe,
sondern weil ich davon überzeugt bin, dass wir auf diesem Gebiet
noch grosse Zores kriegen werden, glaube ich diese Aufzeichnung hat
nur eines gezeigt, dass der Benzinpreis auf alle Fälle teurer wird
und die Ziffern sprechen für die Auffassung der Mineralölindustrie,
dass vor allem auch auf dem Autosektor aus der Umsatzsteuerumstellung
keine Verbilligung zu erwarten ist. Ich möchte jetzt wirklich gerne
einmal einige Produkte wissen, wo es zu einer Verbilligung uns
Anerkennung dieser Verbilligung durch die Handelskammer kommen wird.

ANMERKUNG VON WANKE: Bitte diese von mir verlangte Liste mit den Be-
rechnungen neuerdings urgieren, damit wenigstens ziffernmässig das
eine oder andere Produkt festgehalten ist.

11_0761_01

Tagesprogramm, 19.6.1972

11_0761_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR Justizministerium, Hon.-Prov. Univ. Wien


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Unterrichtsminister


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD auswärt. Beziehungen EWG-Kommission


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: AK, ÖIAG
        GND ID: 128336552


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
          GND ID: 119083906


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SChef HM
              GND ID: 12195126X


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ÖMV
                GND ID: 132912112


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GD NEWAG


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Botschafter, Onkel v. Louis Marquet; evtl. Falschidentifikation


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: frz. Außenmin. bis 1973


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Präsidialist HK


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Finanzminister
                            GND ID: 118503049


                            Einträge mit Erwähnung:


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Präsident der Europäischen Kommission


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                                  Einträge mit Erwähnung:


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Vorstandsmitgl. OKA


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: -obmann


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: MR HM


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Beamter HM, u.a. zuständig f. Protokollfragen


                                            Einträge mit Erwähnung:


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  GND ID: 118756265


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Justizminister


                                                      Einträge mit Erwähnung:


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            GND ID: 124089623


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                              GND ID: 102318379X


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: Sektionschef und Personalleiter BKA; lt. Sten. Prot. 14, 5051 Vorname Peter


                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                  Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                                                                  GND ID: 12053536X


                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                    Tätigkeit: ehem. ÖVP-Vizekanzler, Präs. Donaueurop. Institut, AR-Vors. Leykam


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                      Einträge mit Erwähnung:
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                                                                        Einträge mit Erwähnung:
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                                                                          Einträge mit Erwähnung:


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                                                                              GND ID: 11869104X


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: ÖDK


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: MR HM
                                                                                  GND ID: 1035518031


                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                      GND ID: 118566512


                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                                        Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                                                        GND ID: 118723189


                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                                          Tätigkeit: Dir. WTK, Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG


                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                                              Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                                                              Einträge mit Erwähnung: