Dienstag, der 20. Juni 1972

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Dienstag, 20. Juni 1972

Obwohl ich Reiterer und Marquet sowie Leitner, der in der Zwischen-
zeit allerdings nach Brüssel zurückgefahren ist, ersucht habe,
es soll erst mit Kirchschläger meine eventuelle Interventionsreise
abbesprochen werden, hat Reiterer doch bereits an die einzelnen
Botschaften Kabeln mit der Anfrage, wann ich bei den einzelnen
Aussenministern vorsprechen könnte, abgesetzt. Steiger hat mir
davon offiziell kurz Mitteilung gemacht. Als er mir eine Zusammen-
stellung über die offenen Punkte für Kreisky brachte. Das Kabel
selbst habe ich interessanterweise dann beim Aussenminister, mit
dem ich vereinbarte, zu Kreisky zu gehen, gesehen. Dies war für
mich einigermassen peinlich. Das Motiv, warum Reiterer so handelt,
kann nur darin liegen, dass er entweder am nächsten Tag schon wieder
wegfährt und dokumentieren will, dass er Angelegenheiten mit dem
Bundesministertreffen noch mit Kabeln seiner Unterschrift erledigt,
dass er mich festlegt, nicht zuletzt in der Hoffnung, dass er
mitfährt, wenn die Reisen zustandekommen. Die dritte Möglichkeit
dass er mich binden will, damit er der ÖVP, die dies verlangt einen
Gefallen tut, will ich ausschliessen. Auf alle Fälle müssen wir
Vorkehrungen treffen, dass wenn in meinem Namen ein Kabel hinausgeht
ich dieses Kabel vorher unbedingt sehen muss.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diesbezügliche vorsichtige Recherchen
führen und dann letzten Endes aber, ohne dass es als eine Ein-
schränkung der Befugnisse der Abteilungen gilt, anhalten, dass das
mich betreffende Kabel unbedingt vorher von mir genehmigt werden
muss.

Kreisky erklärte ich, dass ich im Ministerrat jetzt über eine
Interventionsreise berichten müsste, um offiziell auch ent-
sprechend festzuhalten, dass ich dies schon lange beabsichtigte,
was auch tatsächlich der Fall ist. Marquet hatte Kirchschläger
so positiv beeinflusst, dass er mit dem Plan sowieso einverstanden
war. Kreisky meinte, es wäre nicht sehr gut, wenn die einzelnen
Staaten dann womöglich bei einem Besuch von mir, auch wenn es
wegen Zeitmangel ist, es ablehnen. Ich griff deshalb auch meinen
ursprünglich Plan auf, den Leitner allerdings verworfen hatte,
ich sollte in Luxemburg versuchen, mit den Aussenministern ins


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Gespräch zu kommen. Nachdem Leitner von Brüssel nach Luxem-
burg auf alle Fälle kommt, wäre es ideal, wenn es ihm und dem
Botschafter Weidinger gelingen würde, ein Essen mit allen Aussen-
ministern zu arrangieren. Dieser Verschlag kam bei Kreisky noch
nicht zur Sprache, doch glaube ich wäre dies die ideale Lösung.
Leitner hat in Brüssel das seinerzeit phantastisch organisiert.

Vor der Ministerratssitzung hat Moser mich schon aufmerksam ge-
macht, dass er meinen mündlichen Vortrag, den ich für den Finanz-
minister über die Richtlinien der Budgeterstellung halte, nicht
zustimmen könnte, er wollte von mir die Zusicherung, dass ich es
sofort von der Tagesordnung absetzen sollte. Dazu erklärte ich
mich ausserstande und Kreisky entschied dann, dass er eine Rück-
stellung verlangen soll. Moser meint, dass in der Vorbesprechung
diese krasse Lösung, dass nämlich 10 % gekürzt wird und dann noch
5 % die Investitionen auch ausser dieser Kürzung noch aufgestockt
werden müssen und zwar aus dem eigenen Budget, nicht besprochen
wurden. Ich bin sehr froh, dass Kreisky diese Entscheidung getrof-
fen hat, ich selbst hätte, da ich von Androsch diesbezüglich
keinerlei Mitteilung hatte, eine Absetzung nicht mit ruhigem Ge-
wissen beantragen können. Kreisky hat allerdings insofern einge-
schränkt, als er erklärte, die Beamtenverhandlungen müssten aber
trotzdem beginnen. Mittags erfuhr ich dann von Reithofer, dass
eine weitere Finanzierungslücke von 7–8 Mia. S entstehen wird.
Dies ist auf einmaligen Entfall der monatlichen Mehrwertsteuer-
quote hauptsächlich zurückzuführen. Da sich das Defizit auf
8,5 Mia. – präliminiert waren 9,4 Mia. 1972 – verringern wird,
hat der Wirtschaftsbeirat bei der 9 %-igen Variante errechnet,
dass ein Defizit von 12 Mia. noch akzeptabel ist. Die Erhöhung des
Ausgabenrahmens auf 135 Mia, die derzeit budgetierten 122,8
wie er sich allerdings auf 125 Mia. erhöhen wird, d.h. den zu erwarte
den Spielraum von 10 Mia., kann man nicht einmal die gesetzlichen
Mehrausgaben von 12,7 Mia. abdecken. Ich sehe noch nicht klar,
wie dieses Finanzproblem budgetmässig gelöst werden kann.

Um zeitgerecht zum Handelsausschuss zu kommen, musste ich den
Ministerrat vorzeitig verlassen und zum Glück kam dann der Aus-
schussvorsitzende noch eine Minute später, ich war wenigstens


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pünktlich. Der Ausschuss war in Wirklichkeit ja, für mich gesehen,
sinnlos, denn es stand nur die Aufhebung des Schuhpastagesetzes, welches
EFTA-widrig ist, auf der Tagesordnung, ein Abgeordneter meldende
sich zum Wort und der Bericht des Mühlenfonds. Hier hat Gorton gefragt,
wie die Deckung der aufgenommenen Kredite erfolgt und welcher Rahmen
hier in Anspruch genommen wurde. In meiner bisherigen Tätigkeit im
Mühlenfonds konnte ich erschöpfend Auskunft geben, die Ziffern waren
mir allerdings nicht geläufig.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte die Ziffern vom Mühlenfonds verschaffen.

Jagoda wollte bei der Sitzung anwesend sein, hat aber so viel zu
tun, sodass ich ihm erklärte, er müsste keinesfalls daran teilnehmen.
Vielleicht hat er dies dann insofern missverstanden, dass auch
Kinscher erklärt hat, er braucht nicht zu erscheinen. Dies wollte
ich mit der Entschuldigung von Jagoda aber nicht erreichen, denn
Kinscher sitzt im Mühlenfonds und ist in Wirklichkeit meiner Meinung
nach auf alle Fälle verpflichtet, bei der Ausschussitzung anwesend zu
sein, wenn der Bericht zur Verhandlung steht.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte mit Jagoda vorsichtig klären, ob Kinscher
kommen wollte und vielleicht von ihm den Auftrag bekommen hat, dass
dies nicht notwendig sei. Wenn dies nicht der Fall ist, dann aller-
dings klären, wieso er überhaupt nicht es für notwendig befunden
hat, zu der Ausschussitzung zu kommen.

Kreisky hat mir mitgeteilt, dass die Bulgaren den österreichischen
Vorschlag über das Schiffahrtsabkommen neuerdings abgelehnt haben.
Frühbauer hat mir mitgeteilt, dass die DDSG 150.000 t, die sie
jetzt im Donauverkehr gegen den Osten als Frachtgut noch befördert,
in Hinkunft wird streichen müssen. Da diese Fracht nicht annähernd
kostendeckend ist, will sie Frühbauer entsprechend einschränken.
Aus diesem Grund hat die DDSG bei einem Bulgarengeschäft mit der
VÖEST auf diese 20.000 t leichten Herzens verzichtet. Ich glaube,
dass dies tatsächlich jetzt ein Prestigestandpunkt der Bulgaren ist,
die eben wirklich im Schiffahrtsabkommen es erreichen wollen.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Fälbl unverzüglich klären, was hier mit den
Bulgaren jetzt zu machen ist, bevor er nach Sofia abreist und mir
Bericht erstatten.



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Die 100-Jahr-Feier der österr. Papierindustrie benützte ich, um
da viele ausländische Papierleute anwesend waren, unser EWG-For-
derung neuerdings in aller Öffentlichkeit zu erörtern. Bei der
Begrüssung hat Poppovic schon angedeutet die Problematik, doch aber
gemeint, in einem solchen festlichen Rahmen könnte man nicht dieses
Problem eingehend erörtern. Da Sallinger, Igler und vor allem die
ganzen Papierindustriellen anwesend waren, nützte ich doch die Ge-
legenheit, um den österr. Regierungsstandpunkt neuerdings zu doku-
mentieren. Wies auf den Verhandlungsverlauf hin, dass es uns geglückt
ist, erstens die Freihandelszonenregelung zu erreichen, als neutra-
ler Staat eine Voraussetzung, um überhaupt mit der EWG zu einem
Arrangement zu kommen, zweitens dass die sensiblen Produkte, und
Papier war als erstes darunter, nicht immer von der Freihandelszonen-
regelung ausgeschlossen wird, wie dies beabsichtigt war, dass wir
drittens dann den verspäteten Zollabbau bringen können und jetzt
sofort, wenn auch mit einer bescheidenen Zollsenkungsrate von 5 %
beginnen, innerhalb von 3 Jahren aber immerhin 15 % ergeben werden,
dass wir aber trotzdem jetzt noch einige offene Punkte haben und
ich hoffe, dass uns die Industrie und die anwesenden Vertreter ins-
besondere bei diesem Vorhaben unterstützen werden. Poppovic meinte
nachher als die Ansprache des Papierinteressensvertreter in der
EWG sprach, dass meine Äusserung sich primär an ihn gerichtet hätten.
Schade, dass mir Poppovic die Leute nicht vorher vorgestellt hat,
sonst hätte ich natürlich die Gelegenheit ganz besonders benützt,
um noch einmal persönlich bei ihnen zu intervenieren. Poppovic vermied
es aber sichtbar, überhaupt bei der Begrüssung Namen zu nennen, sei
es auch Zeitersparnis oder wie ich annehme, um nicht die Schwierigkeiten
zu haben, wo er dann aufhört. Ich konnte mir nicht verkneifen, in
einem Nebensatz doch darauf hinzuweisen, dass die Vereinigung jetzt durch
das Strukturbereinigungskonzept planwirtschaftliche Massnahmen setzen
will, die ich an und für sich begrüsse. Der Fehler von Poppovic war,
dass er mir diese wichtigsten Industriellen, die einen Einfluss auf
die weitere Entwicklung in der Papierfrage in Brüssel haben können,
nicht in einer Arbeitssitzung vorstellte. In einem kleineren Kreis
hätte ich ihn gerne unterstützt, wenn er diesen ausländischen Dele-
gierten unseren Standpunkt neuerdings dargelegt hätte, was er
sicherlich im Laufe der Tagung tun wird. Ich weiss nicht, ob es etwas
genützt hätte, auf alle Fälle aber hat er eine Gelegenheit vorbei-
ziehen lassen.



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Der Bundeskanzler hat mich überraschend, wahrscheinlich an Stelle
des vorgesehenen Sozialministers, zu der Preisverhandlungen mit der
ÖVP eingeladen. Kreisky meinte zwar nach Abschluss dieser Besprechung,
dass ich den ÖGB und die Kammer informieren möge und zu diesem Zweck
sei ich gebeten worden, an der Sitzung teilzunehmen. Schleinzer
erklärte den Grund, warum die ÖVP bereit ist, bei einer gesetzlichen
Regelung mitzuwirken, um eben den Preisauftrieb zu bekämpfen. Den
Entwurf von Rösch lehnen sie auch in der jetzt schon gemässigten
Fassung ab. Allerdings war ihre Argumentation nicht sehr konsequent.
Auf der einen Seite meinten sie, dass die Dienstleistungen jetzt
ausgenommen wurden, auf der anderen Seite aber erklärten sie, dass
der Gesetzentwurf gar nicht administriert werden könne. In einem
Kaufhaus meinte Schleinzer, seien bis zu 140.000 Waren und Preismeldung
gen darüber über die Landeshauptleute konnten gar nicht erstattet
oder auch aufgearbeitet werden. Koren und Kohlmaier ergänzten, aber
waren eigentlich nicht sehr aktiv. Von unserer Seite hat nach kurzer
Einleitung Gratz nur darauf hingewiesen, dass es der SPÖ nicht darauf
ankommt, nur eine Scheinverhandlung zu führen und dann den Entwurf
abgelehnt im Parlament zu bekommen und zu behaupten, die ÖVP hätte
jetzt Verantwortung, weil sie zu keiner Regelung zugestimmt hätte.
Rösch verteidigte seinen Entwurf und ich unterstützte ihn. Die ÖVP
legte dann, für mich überraschend, einen eigenen Entwurf vor, der
allerdings nur vorsah, dass Entlastungssätze gegeben werden. Ein
Betrieb, mit dem im Handelsministerium ausgemachten Entlastungssatz
nicht das Auslangen findet, kann er betriebsindividuell
nacheisen und müsste nach Anhören der Interessensvertretungen von
mir innerhalb von 6 Wochen entschieden werden. Wer dagegen verstösst,
könnte mit 50.000 S bestraft werden und nebenbei kann auch das
unzulässige Entgelt ganz oder teilweise für verfallen erklärt werden.
Bei den Entlastungsgesetzen gibt es nach Gesetz nicht für die Umsatz-
steuer, die auf Grund der kalkulatorischen Abschreibungen von den
bereits angeschafften Anlagengüter in die Preise eingeht. Hier hat
also Mussil vorkehrend bereits entschieden, dass auf dem Investitions-
quotenanteil keine Entlastung vorgenommen werden sollte. Alle anderen
Preisprobleme, seien es Senkungen aus dem Zollermässigungen im Rahmen
der EWG-Verhandlungen, sei es auch sonstigen Senkungen der bis jetzt
in der Paritätischen Kommission überhaupt nicht behandelt werden,
sollte nach ÖVP-Vorschlag nur die Paritätische Kommission zuständig sei
Schleinzer meinte, es könnte das Dezember-Abkommen hier noch ergänzt
werden. Die ÖVP verlangt aber als Preis für die Zustimmung zu diesem


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Gesetzentwurf entsprechende flankierende Massnahmen. Erstens soll
die öffentliche Hand bis 30. September 1973 keine wie immer geartete
Erhöhung von Steuern, öffentliche Abgaben und Beiträgen vornehmen.
Dies gilt insbesondere für die Sozialversicherungsbeiträge und die AK-
Umlagen. Weiters dürften keine Erhöhungen von öffentlichen Tarifen,
Gebühren oder Monopolpreisen durchgeführt werden. Die Abgeltung der
bereits eingetretenen Preissteigerungen soll die Familienbeihilfe
um 20.– S und ab dem Dritten Kind um 30 S erhöht werden. Die Verdoppe-
lung für behinderte Kinder wird gefordert, die aber bereits Androsch
angekündigt hat, dass er durchführen wird. Der wichtigste Punkt aber
ist, dass die ÖVP für eine unveränderte Verlängerung der Wirtschafts-
gesetze, unbeschadet eventueller Massnahmen, die sich auf Grund des
EWG-Vertrages ergeben könnten, auf wenigstens zwei Jahre fordert. Nach
einer kurzen Wechselrede kaum mehr Aussicht bestand, dass über die
Entwürfe jetzt im konkreten Gespräche oder gar Vereinbarungen getroffen
werden können, wurde beschlossen. dass sich Experten mit diesem Problem
auseinandersetzen sollen und die nächste Sitzung für nächste
Woche Donnerstag, 29.6., 11 Uhr vereinbart.

In der Personalfrage Wanke habe ich zuerst mit Zeleny und Reiter
das Problem durchbesprochen. Kreisky selbst dann in meiner Anwesen-
heit beim Hineingehen von Zeleny informiert wurde, dem ich natür-
lich tatkräftigst assistierte, lehnt jede Lösung ab, wo er einer
dringlichen Anfrage im Parlament erwarten müsste. Zeleny meint dem gegen-
über, es gäbe keine Sicherheit, dass die ÖVP nicht doch so etwas
startet. Für mich ist klar, dass Kreisky nur eine Lösung akzeptiert,
die ihm von den eigenen Beamten, d.h. Markovics usw. vorgeschlagen
wird. Eine Weisung, dass diese eine andere uns günstige Lösung durch-
zuführen hätten, ist sicherlich nicht zu erwarten. Der Kampf oder Streit
ist deshalb meiner Meinung nach völlig sinnlos. Wir haben die
einzige Hoffnung und Möglichkeit, dass wir mit Hilfe von Schipper bei
Markovics eine optimale Lösung aushandeln. Kreisky möchte, wie
er sich ausdrückte, das gute Image der Regierung in diesem Punkt nicht
durch Einzelmassnahmen stören. Ich muss Kreisky zugutehalten, dass
er bis jetzt immer einen guten Riecher gehabt hat, wie er Probleme
angeht. Er meinte sogar zu mir, dass als Pessimist nicht richtig glaube,
dass er angefangen von der Minderheitsregierung bis zu einem befrie-
digenden Preisregelungsgesetz niemals richtig vertraute. Ich meinte,
es genüge, wenn ihm meine Frau blindlings vertraue. Ich selbst muss


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zugeben, dass ich mich in dem einen oder anderen Fall ganz gerne
auch eines besseren belehren lasse. Sicher ist, dass er bis jetzt
zumindestens alle Klippen umschifft hat und selbst aussichtslos
scheinende Probleme wie z.B. die Politikersteuer so gelöst hat,
dass auch ich überrascht bin, wie wenig negativen Widerhall die
damit verbundene Bezugserhöhung in der öffentlichen Meinung, ins-
besondere in den Massenmedien zu verzeichnen war.

In der Lebensmittelgewerkschaft hatte ich mit den Betriebsräten der
Salinen, die sich in einem wilden Streik befinden und unseren
oö. Landessekretär eine harte Aussprache. Androsch ist ihnen als
oberster Chef der Salinenverwaltung bei den Forderungen in den ver-
gangenen zwei Jahren sehr weit entgegengekommen. Er hat z.B. die An-
rechnung der Wehrdienstzeit, die sie 25 Jahre lang forderten
und niemals erreichen konnten, akzeptiert. Darüber hinaus war eine
wirklich Angleichung der Arbeiter an die Angestellten in der Prämien-
berechnung durchgeführt worden. Da er die Salinenarbeiter aber nicht ge-
nau hat er angenommen, dass er damit sie befriedigt hat und war sehr
erstaunt, als bei den nächsten Aussprache von ihnen auch eine Forde-
rung bekommen hat, für die Nichterstellung von Jahre 1963 bis
1971 seien noch 22.000 S oder 13,4 % Lohnerhöhung fällig. Unglück-
selig dürfte er eine Bemerkung gemacht haben, man sollte einmal
durchrechnen, wie die Benachteiligung wirklich sei und er wolle
keine Benachteiligung und würde dies in Ordnung bringen. Ich bin
überzeugt, dass er, da an die Zukunft resp. Gegenwart gedacht hat,
keinesfalls aber rückwirkend bis zum Jahre 1963. In der ÖVP-
Regierung hat nämlich gegen meine damalige Meinung die Salinenarbeiter
beschlossen, sie wollen mit dem öffentlichen Dienst gleichlautend ihre
Lohnbewegungen haben. Sie haben, mit dieser Regelung nicht schlecht
abgeschlossen, doch waren sie bis jetzt immer gewohnt, Forderungen
zu stellen und sie dann auch erfüllt zu bekommen, zumindestens teil-
weise. Solange ich in der Gewerkschaft tätig bin, musste ich mich
dann immer mit dem Finanzministerium oder der Generaldirektion herum-
schlagen um einigermassen in der letzten Instanz dann bevor es zu
einem Streik gekommen ist, eine entsprechende Regelung finden. Jetzt,
wo sie natürlich an den öffentlichen Dienst gebunden sind, suchen
sich auch krampfhaft irgendwelche sonstige Aktivitäten um ihre
Wünsche anzubringen und dann letzten Endes auch befriedigt zu be-


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kommen. Natürlich kann der öffentliche Dienst von diesen 630
Beschäftigten nicht präjudiziert werden und daher ist das FM
über die im öffentlichen Dienst hinausgehende Regelung äusserst
stur. Androsch soll aus der letzten Besprechung sehr ver-
ärgert gewesen sein und erklärt haben, wenn sie halt streiken
wollen und müssen, dann sollen sie es tun, er selbst könnte ihnen
nicht mehr entgegenkommen. Die Betriebsräte haben sich dann angeb-
lich ohne diesen Bericht im Detail zu geben, ich kann allerdings
die Gewohnheit, in der Verärgerung dann doch Bemerkungen zumindestens
nicht in der offiziellen Versammlung aber vorher fallen zu lassen,
eingesetzt, dass es zu keinem Streik kommen sollte, die Arbeiter
haben aber dann auf diese Forderung nicht mehr gehört, sondern haben
eben einen wilden Streik begonnen, die jetzt die Betriebsräte
von mir sanktioniert haben wollen. Sowohl Koll. Deutsch als auch
ich haben uns gegen eine solche Vorgangsweise ganz entschieden
ausgesprochen. Wenn wir einen Vertrag haben und wenn wir uns
in Verhandlungen befinden, dann ist es unmöglich, dass sozusagen
von unten herauf der Druck auf die Gewerkschaftsleitung ausgeübt
wird, indem man streikt und erklärt, wir sollten dieses Problem
jetzt lösen. Ich wies noch ganz besonders darauf hin, dass Androsch
abwesend ist und er dies als eine ganz unfaire Handlung mit Recht
bezeichnen wird. Schaufler meinte, man sollte doch wenigstens
Gespräche mit dem Finanzministerium beginnen. Da ich darin
überhaupt keine Lösung sehe, ich wüsste nicht, was das Finanz-
ministerium uns zugestehen kann, habe ich solche kategorisch abge-
lehnt und erklärt, eine Gewerkschaft, die nicht mehr imstande ist,
Verträge, die sie abschliesst einzuhalten, wird vom Verhandlungspart-
ner nicht mehr ernst genommen. Eine fatale Situation, aus der ich ei-
gentlich selbst nicht mehr einen Ausweg sehe. Die Salzfolge-Industrie
Solvey, Ebensee und in Hallein, wenn die Sole jetzt auslauft, auch
ihren Betrieb einstellen müssen. Solange Androsch nicht hier ist
und ich ihn vertrete, kann ich aber keine wie immer gearteten
Versuche zur Beilegung dieses Konfliktes auf Kosten der FM oder
der Salinenverwaltung anregen. Man würde mir mit Recht dann sagen,
dass ich dies in eigener Sache und im eigenen Interesse der Gewerk-
schaft getan. Ich hätte mir nicht vorgestellt, dass ich auf dem Sali-
nensektor in einen solche Interessenskonflikt komme. Eher hätte ich
mir dies, wenn die Preisregelung zu Mir kommt mit den Lebensmittel-
preisen vorstellen können.

11_0771_01

Tagesprogramm, 20.6.1972

11_0779_01
11_0779_02

Tagesordnung 31. Ministerratssitzung, 20.6.1972


Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Bunzl & Biach, Präs. Zentralorganisation der österr. Papierindustrie


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., ÖVP-GS


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Botschafter, Onkel v. Louis Marquet; evtl. Falschidentifikation


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Beamter BKA


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                          GND ID: 118566512


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Kabinettschef Kreisky [ident mit Reiter, C; 3.11.1971 Fredi Reiter genannt]]


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Sektionschef und Personalleiter BKA; lt. Sten. Prot. 14, 5051 Vorname Peter


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                                          GND ID: 12053536X


                                          Einträge mit Erwähnung:


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: BV Wien-Favoriten, Wr. SPÖ-GR-Abg., stv. LUGA-Vors., BRO Ankerbrot


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                                                Tätigkeit: Bautenminister


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                                                  Tätigkeit: Beamter HM


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                                                    Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                      GND ID: 102318379X


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                                                        Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                                          Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                                          GND ID: 118723189


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                                                            Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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