Sonntag, 9. April 1972
Die IFABO 72 macht eine phantastischen Eindruck. Bei der Eröff-
nung hat sogar Wakolbinger meine Verdienste herausgestrichen, dass
es dazu gekommen ist. Katzinger, aber auch die anderen Herren haben
sich nachher bei mir auch noch bedankt. In Wirklichkeit habe ich
gar nicht wesentliches dazu beigetragen. Ich habe nur in einem Streit,
der zwischen den IFABO-Leuten und den Gremium-Leuten bestand, nicht
Öl hineingegossen sondern versucht, ein bisschen zu schlichten. So
leicht und so unverdient möchte ich gerne immer Erfolg haben.
Ähnlich wird es scheinbar jetzt auch mit dem EWG-Vertrag. Mit den
Presse-Leuten, die ebenfalls in Brüssel derzeit zu einer Informations-
tour der EWG von dieser eingeladen sind, hat mit Peter Klar, aber
auch die anderen klar und deutlich zu erkennen gegeben, dass – wenn
der EWG-Vertrag zustandekommt – dies auch ein Verdienst meinerseits
ist. Mir war es zwar nicht sehr leicht, zu einem solchen zu kommen,
denn die Umstände in der innerösterreichischen Verhandlung waren
oft sehr sehr triste. Die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund
mussten in einigen Fragen wie z.B. Abschöpfung sehr von ihrem
seinerzeitigen Standpunkt abrücken, um eine gemeinsame Auffassung zu
erreichen. Hier zeigte sich, dass es für die Handelskammer sehr gün-
stig war, dass ein sozialistischer Handelsminister aus diesen Institu-
tionen einen solchen Akkord anstreben musste. Chefredakteur Peter
Klar von dem OÖ Volksblatt, ein ganz harter Gegner der SPÖ, der mich
aber persönlich seit den Arbeiterkammerwahlen sehr gut leiden kann,
meinte, der Erfolg präge sich halt immer dann durch den entsprechenden
verantwortlichen Minister aus und komme auch diesem zugute. Sicher ist
eines, dass die ununterbrochenen Interventionen in den Hauptstädte
der EWG aber auch vom Bundeskanzler in England, andererseits aber die
Bemühungen sowohl von Kirchschläger, der hie den Sitzungen der Verein-
ten Nationen und sonst bei jeder Gelegenheit mit den im Ausland für
die Integration zuständigen Aussenministern über das österreichische
Problem konferierte. Die Intervention bei den Staatsbesuchen, die er
und ich immer durchführten, musste ja oder wird hoffentlich Früchte
tragen. Darin aber eine exorbitante Leistung zu sehen, kann ich mir
beim besten Willen nicht erklären.
Bei einem Presse-Empfang, den Leitner in der Botschaft gab, war von
Seiten der EWG der Stellvertreter des Verhandlungsleiters Wellenstein
Herr Gasperi anwesend. Ausser den österreichischen Journalisten waren
auch von der Neuen Zürcher Zeitung der Vertreter Lutz gekommen, der mir
gegenüber äusserte, dass er sehr pessimistisch über den weiteren Gang
der Verhandlungen sei. Er hat angenommen, dass nicht einmal am 23.–
24. April der Rat der Kommission der Rat ein Verhandlungsmandat erteilen
wird. Er glaubt, da im Mai keine Ratssitzung vorgesehen ist, dass erst
im Juni ein diesbezügliches Mandat der Kommission erteilt wird werden.
Dadurch würden wir in eine sehr kritische Zeitphase kommen. Wenn es
nämlich tatsächlich er zu einem so späten Zeitpunkt zur Mandatserteilung
kommt. würde die Ratifizierung im Jahre 1972 unmöglich sein und damit
auch die Inkrafttretung des Vertrages mit 1.1.1973. Da dieser Pessi-
mismus im krassen Gegensatz zu den Zusicherungen, die mir sei es in
Italien, Frankreich oder auch in den anderen Hauptstädten Kreisky erhal-
ten hat, hatte ich die Gelegenheit genützt, um diese Meinung mit Gasperi
auch in Anwesenheit der Journalisten zu besprechen. Dieser erklärte klipp
und klar, die Kommission erwarte einen Ratsauftrag, d.h. ein Mandat
bereits in der Sitzung am 24. April.
Min.Rat Hausberger von der Mission hat mir gleich bei meiner An-
kunft mitgeteilt, dass er den ersten Entwurf bereits besitzt und ihn
heute noch zurückgeben muss. Dieser Entwurf beinhaltet einige Wünsche
von uns. Hausberger hat jetzt einen guten Draht über den deut-
schen Vertreter, den Gewerkschafter in der Kommission.
Da ich keine Gelegenheit habe, mit dem Mann, da er nicht in Brüssel
anwesend ist, zusammenzukommen, ersuchte ich Hausberger, seinen
Vertrauensmann in dem Büro meine Grüsse zu bestellen und vor allem
ihm mitzuteilen, welche innenpolitische und aussenpolitische Be-
deutung der Vertragsabschluss für uns hat. Hausberger selbst gibt
sich und ich glaube, er ist es auch, sehr loyal. Ich kann mich erinnern,
dass ich seinerzeit mit Wanke auf dessen Wunsch einmal in Brüssel
über Agrarfragen mit Herren der Kommission verhandelt habe und damals
hat sich auch schon Hausberger, ohne dass er wusste, dass ich jemals
natürlich Minister werde, sehr loyal verhalten und mich sehr unterstützt
Ich habe auch von Botschafter Leitner, obwohl Heindl und teilweise
Wanke diese Meinung nicht teilen, einen sehr guten Eindruck. Ich
kann mir nicht vorstellen, dass meine konziliante Art und vor allem
mein absolutes Bestreben bestmöglich zusammenzuarbeiten, bei den
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Beamten nur so verstanden wird, dass man den Minister jetzt auf
der einen Seite ausnützt und auf der andren Seiten ihn so weit
unterstützt, als dies unbedingt erforderlich ist. Urlesberger
von der AK Salzburg, den wir jetzt in die Mission eingeschleust haben,
bestätigt mir auch, dass alle sehr loyal ihm gegenüber sind und die
Gefahr, die Wanke gesehen hat, dass man ihn hier ausrutschen lassen
wird, nicht gegeben ist. Er meint, dass alle Beamten viel zu sehr Angst
haben, da sie wissen, dass er doch von uns protegiert wurde, um eine
andere Politik betreiben zu wollen und zu können.
Bei dem Abendessen, was ich für die Journalisten gab, hat sowohl
Graber, als auch Dibold, als auch andere Journalisten weniger über
die EG-Verhandlungen als über die Bestellung von Waldbrunner zum
Vizepräsidenten bei mir unbedingt wollen Details erfahren und
wissen. Sie sind dieser Bestellung sehr abgeneigt und
ich habe mich daher gleich von allem Anfang bekannt, dass ich ein
Freund Waldbrunners bin und deshalb vielleicht nicht sehr objektiv
in dieser Frage urteile. Die sachlichen Einwendungen, die sie bringen
sind meiner Meinung nach nicht stichhaltig, denn noch niemals war
ein Funktionär in der Nationalbank ein wirklicher Fachmann oder mit
anderen Worten ein gewachsener Bänker. Die Abneigung resultiert
glaube ich hauptsächlich daraus, dass Waldbrunner sich seit eh und je
gegen die Presse sehr zurückhaltend, sehr ablehnend verhalten hat.
Dies schlägt sich jetzt halt in einer Frontstellung gegen ihn nieder.
Ich fürchte, dass es auch anderen Ministern jetzt, die mit der Presse
keinen guten Kontakt zustandebringen, ähnlich ergehen wird und schon
ergeht. Hier bewährt sich halt, dass wir in unserem Büro Koppe haben.
Aufgabe der Partei wäre es gewesen und ist es noch immer, den Ministern
wirklich die besten Pressreferenten irgendwo aufzutreiben und zur Ver-
fügung zu stellen.
ANMERKUNG: Vizepräsident der EWG ....... ist Haverkant einzusetzen.