Mittwoch, 8. März 1972
Sekt.Chef Franc, Vorsitzender des Aufsichtsrates der WTK über-
reicht mir ein Memorandum, das er im Aufsichtsrat beschliessen
lassen will. Danach würde die WTK aus der österr. Bergbauförderung
anstelle der 5,2 Mill. mindestens 10 Mill. S benötigen. Der Bedarf
würde zwar 22 Mill. pro Jahr betragen. Durch die Erhöhung des
Wärmekraftpreises von 70.– für 300.000 t und mindestens 100.000 t
78.– S ergibt sich ein durchschnittlicher Preis von 72.– S für 10^6
oder einem Mehrerlös von mindestens 2 Mill. S, die die OKA bezahlt.
Das Linzer Fernheizwerk zahlt um 500.000 S für die 40.000 t mehr.
Die WTK hat aber noch entsprechende finanzielle Reserven, weshalb
ja der Finanzminister bis jetzt nicht bereit war, eine wesentliche
Erhöhung der Bergbauförderung für diesen oö. Kohlenbergbau zu
geben. Franc hofft, dass wir jetzt doch einen grösseren Betrag be-
reitstellen. Damit will er den Übergang zur Stillegung, die späte-
stens 1977 erfolgen wird, einleiten. Am Abend spricht mich an noch
LH-Stv. Demuth auf dieses Problem an und meint, er würde sich so-
wieso auch an den Bundeskanzler wenden. Ich schlage ihm vor, einen
Termin so bald wie möglich mit Kreisky zu vereinbaren, dann kann
bei uns die Sitzung, die in Wirklichkeit ja kaum ein Ergebnis
bringen kann, entfallen.
Dr. de Vito von der AGIP lädt mich zur Eröffnung der Kooperation
mit dem Versandhaus Quelle und ihren Tankstellen ein. In der BRD
hat das Kaufhaus Neckermann mit Agip seit Jahren eine solche Ver-
einbarung. Da Neckermann in Österreich noch nicht Fuss fassen
konnte, hat sich Agip entschlossen mit der Quelle dasselbe System
aufzuziehen. Alle 220 Tankstellen werden den Katalog der Quelle
führen. 75 davon werden sogar einen Verkaufsladen anschliessen.
Im Endausbau werden sogar 100 dafür in Frage kommen Tankstellen
ausgebaut. Die Investitionen betragen von 30.000 S für eine
kleine Tankstelle mit maximal 20.000 S Lager bis zu 600.000 S
bei einem Lager von 120.000 S. Derzeit sind 400 Artikel, die in
Frage kommen, die aber in der Endausbaustufe 800 Artikel betragen
können. Die Bruttospanne des Stationärs beträgt 16 %. AGIP er-
hält eine Royalty von 3 %.
Das Jahr 1971 war für die Agip ein ausgesprochenes Defizit-Jahr.
Jetzt hofft sie durch die Benzinpreiserhöhung besser abzuschneiden.
Insbesondere erwartet sie auch eine Heizölpreiserhöhung von 10 Gro-
schen, für die ich ja die Verwendungszusage bei der Benzinpreis-
erhöhung abgegeben habe.
Bundesrat Hanzlik mit einer Delegation "Die Frau und ihre Wohnung",
möchte eine neue Aktion starten. Prof. Niedermoser stellt fest, dass
die durchschnittliche Wohnungsgrösse in Österreich höher liegt als
in den westlichen Staaten. Trotzdem glaubt er, fühlt sich der Wohnungs-
inhaber nicht glücklich und hat das Gefühl in einer zu kleinen Woh-
nung zu wohnen, da er sich mit allzu grossen Möbeln für die modernen
Wohnungen eindeckt. Auf der Internationalen Möbelmesse in Köln aber
konnte man ganz moderne und zweckmässige Einrichtungen, die in
Österreich gar nicht angeboten werden, auch von österr. Firmen sehen.
Der Verein hat derzeit eine Aufklärungsschau ABC des Wohnens in den
Bundesländern laufen. Die Investitionen dieser Schau betrugen
270.000 S. Die Aufbaukosten 6–7.000 S. Ich erkläre mich bereit,
bei der Überreichung der Diplome für die Anerkennung der Leistungen
aus Auszeichnungen für die Kölner Messe den Startschuss für eine
neue Aktion für moderne Wohlkultur zu geben. Koppe weist aber
mit Recht darauf hin, dass wenn wir wirklich etwas im Handelsmini-
sterium unternehmen sollen, eine tüchtige Person brauchen würden.
Koppe ist genauso wie ich überzeugt, dass wir die Industrie und
da insbesondere die Händler für eine solche Aktion gewinnen können,
dass aber dafür viel Einsatz an Arbeitskraft notwendig sein wird.
Hanzlik meint, wir könnten das nächste Konsumentenforum dafür
benützen, um durch Untersuchungen einen moderne Wohnungsstil zu
entwickeln. Ich glaube, dass es nicht notwendig ist, bis
zur nächsten Forumssitzung im Herbst zu warten, sondern wenn wir
eine Arbeitskraft dafür haben, einen diesbezüglichen Versuch einer
gemeinsamen Vorgehens zwischen den Konsumenten aber auch insbesondere
den Händlern und der Produktion zu ermöglichen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte Start für die Aktion bei der Auszeichung
auch propagandistisch vorbereiten.
Die Enquete Aichfeld-Murboden wird nun endlich abgeschlossen. Die
Raumordnungsspezialisten Kohlbacher und Wagner legen ein endgültiges
Konzept, das mit den einzelnen Ressorts abgestimmt ist, vor. Danach
wird durch Infrastrukturmassnahmen der Bund allerdings grösstenteils
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nur im Vorziehen der sowieso beabsichtigten Massnahmen mit
1,8 Mia. S in den nächsten Jahren in Angriff nehmen. Das Land
selbst wird ca. 200 Mill. aufbringen. Die wichtigste Frage, wer
dies durchführen wird, bleibt allerdings noch offen. Kreisky
offeriert die Planungsgesellschaft, die auch die entsprechenden
Betriebe errichten und betreuen soll mit 1,2 Mill. Bundesbeteiligung,
600.000 Land und 100.000 den Gemeinden. In diesem Punkt wird aber
nicht ins Detail gegangen, sondern das Land und die Gemeinden
werden sich jetzt überlegen, ob sie der Gesellschaft beitreten
und dies dem Bundeskanzler mitteilen. Vranitzky versichert mir beim
Mittagessen neuerdings, dass das Finanzministerium diese Gesell-
schaft zwar errichten wird, dass aber das Handelsministerium sie
betreuen soll. Wir sind uns darüber einig, dass ich dem Geschäfts-
führer, der sich damit interessiert, nämlich Magister Korte,
seine Arbeitstätigkeit klären soll. Korte stellt sich mir bei der
Eröffnung des I.I.I.-Symposions vor und ich vereinbare mit ihm
eine Aussprache. Solange ich aber keine schriftliche Erklärung
des Finanzministeriums habe, dass tatsächlich das Handelsministerium
diese Gesellschaft betreuen soll, kann ich noch keine endgültigen
Besprechungen mit Korte führen. Korte selbst war schon in der
Steiermark, hat es sich angesehen und ist einverstanden, dorthin
zu übersiedeln.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte einen Termin mit Korte bei mir
vereinbaren.
LH-Stv. Steinocher und Direktor Wohl von der Mitterberger kommen
ebenfalls wegen Erhöhung der Bergbauförderung. Sie hatten den
Antrag gestellt, an Stelle der im Budget vorgesehenen 10 Mill.
15 Mill. zu bekommen. Da bis Ende März der Anspruch geltend gemacht
werden muss, werden sie durch einen weiteren Erhöhungsantrag von
5 Mill. S begründet durch die fallenden Kupferpreise stellen.
Mitterberg hofft mit Lurgi, dass die Hydrometallurgie bis 1975
in Angriff genommen werden. Die bräuchten dazu 54 Mill. S
Investition. Damit könnte 4.500 t Kupfer erzeugt werden. Als zusätz-
liche Produktion würden 100 t Nickel, die heute verloren gehen
und ca. 5 Mill. S Erlös bringen, durch das neue Verfahren gewonnen
werden können. Die Betriebskosten seien dieselben wie sie jetzt
durch die Abröstung und Verarbeitung in Arnoldstein entstehen.
Wohl, der gleichzeitig Parteikassier ist von Salzburg, hofft – so wie
Steinocher, dass ich ihnen 50.000 S von der Gewerkschaft für die Tages-
zeitung in Salzburg durch eine PR-Seite zur Verfügung stellen kann.
Die Metallarbeiter und Eisenbahner – Ulbrich ist Abgeordneter in
Salzburg – haben ihnen grössere Beträge gegeben. Ich erkläre mich sofort
ausserstande, einem solchen Wunsch nachzukommen, verweise sie aber
an Blümel, damit dieser allerdings in seiner Funktion als Vor-
sitzender des Aufsichtsrates der Tabak-Regie vielleicht eine solche
Annoncenkampagne dort bezahlen kann. Am Abend ersucht mich noch
Steinocher, ob ich nicht für Wohl einen Kommerzialrat-Titel der
Statistik des Aussenhandels veranlassen könnte. Ich verweise ihn
darauf, dass er dies bei Min.Rat Zeleny beim BKA einleiten soll,
ich selbst würde mich dann dafür einsetzen.
ANMERKUNG HEINDL: Bitte entsprechende Vorbereitungen treffen.
Durch die Eröffnung des I.I.I.-Kongresses
Kommission um 15 Minuten zu spät. Ich höre gerade wie Präs. Hrdlitschka
über die Zuckerpreisangelegenheit diskutiert. Ich befürchte sofort das
Ärgste, da ja bekanntlicherweise in diesem Punkt der Gewerkschafts-
bund und die Arbeiterkammer eine andere Stellungnahme einnehmen.
Die Sitzung wird geschlossen. Die Regierungsmitglieder gehen mit
Benya in Kreiskys Zimmer. Vorher erkläre ich noch bei der Verab-
schiedung, kaum bin ich einmal nicht hier passieren bedeutende Er-
eignisse, Sallinger und Mussil geben mir in diesem Punkt recht. Brand-
stätter allerdings meint, ich hätte halt auf meinen Chef, in diesem
Fall meint er allerdings Kreisky, einen besseren Einfluss ausüben
sollen. Ich kennen noch nicht die Details und kann mich daher nicht
äussern. Ich nütze nur gleich die Gelegenheit, um Brandstätter und
dem Präs. d. nö. Landwirtschaftskammer mitzuteilen, dass ich den
Angriff von Lanner, dass ich nicht transparent die Integrations-
politik betreibe, nicht verstehen kann. Ich weise auch darauf hin,
dass gestern in der Integrationsfrage ja Übereinstimmung über die wei-
tere Vorgangsweise erzielt werden konnte. Brandstätter behauptet,
dass Lehner einen Vorbehalt gemacht hätte. Richtig ist, dass Lehner
nur erklärt hat, dass mit dieser Lösung nicht sehr glücklich sei.
Scheinbar hat es nachher innerhalb der Bauern doch eine weitere
Diskussion gegeben und es wurde dann die harte Linie beschlossen.
Brandstätter behauptet, dass er die Aussendung von Lanner betreffend
der Integrationsvorwürfe nicht kennt.
Mit Sallinger bespreche ich die Abberufung von Stipkovich. Stipkovich
soll nach Sallingers Meinung, wenn es irgendwie geht, sogar auf dem
Posten bleiben. Wenn er allerdings weggehen sollte, dann würde Sal-
linger sich für Canisius entscheiden. Ich selbst stimme ihm 100 %-ig
zu, habe das Gespräch aber so eingeleitet, dass ich darauf hingewiesen
habe, es müsste doch jemand in Moskau sein, der die Verhältnisse gut
kennt und vor allem Russisch spricht. Sallinger meint, dass aber
auch der zweite Kandidat der Aussenhandelsstellenleiter von
Rumänien Russisch perfekt kann.
In der Besprechung bei Kreisky erfahre ich nun, dass bei der Ein-
leitung Kreisky darauf hingewiesen hat, dass in der nächsten Zeit
er nicht bereit sei, den Zuckerpreis zu diskutieren. Mussil meinte
darauf, dass keine Kompetenz dafür habe, da dies in die Minister-
verantwortung des Landwirtschaftsministers falle. Mussil hätte
sofort eine Unterbrechung der Sitzung verlangt. Nach Wiederaufnahme
hätte er erklärt, dass die Landwirtschaftskammer und die Handelskammer
an einer weiteren Besprechung in der Paritätischen nicht mehr
teilnehmen könne wenn eine Einzelfirma Hier nicht zu ihrem Recht
kommen könnte. Benya hat wieder einmal die Situation gerettet, indem
er erklärt hat, bis zu diesem Zeitpunkt war ich noch immer nicht
anwesend, dass in acht Tagen die PK fortgesetzt werden sollte.
Benya verlangt, dass man sich jetzt genau ausspricht, ob er eine
Vermittlungsversuch machen soll, dass die Handelskammer und die
Landwirtschaftskammer doch weiterhin in der PK mitarbeiten. Kreisky
hat diese Erklärung deshalb abgegeben, weil er von den Oppositions-
parteien jetzt wegen der Preiserhöhungen ununterbrochen attackiert
wird, ohne dass eigentlich die Regierung dafür verantwortlich sei.
Kreisky glaubt, dass ähnlich wie seinerzeit, als er den Margarine-
preis nicht genehmigte, sondern die Umsatzsteuerermässigung der
Margarineindustrie aufgezwungen hat, jetzt auch bei Zuckerpreis
eine solche Wende in der Preispolitik angestrebt werden müsste.
Benya wieder fragt mit Recht, ob überhaupt von Seiten der Regie-
rung überhaupt noch grosser Wert daraufgelegt wird, die PK zu haben.
Er selbst meint, der ÖGB käme ohne diese auch aus, ich selbst
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melde mich in diesem Fall sofort und erkläre, dass an dem
Weiterbestand der PK alle grösstes Interesse haben müssen. Der Vor-
wurf wird nicht nur dahingehend Kreisky treffen, dass er den sozia-
len Frieden stört, sondern dass auch – und das habe ich dort aller-
dings nicht erklärt – er die Nebenregierung insbesondere von Benyas
Mitwirkung nicht haben will. Die Preiserhöhungen werden dann
überhaupt ohne Einfluss durchgeführt werden und auch die Gewerkschaft
werden ihre Lohnpolitik nicht mehr so zurückhaltend machen können.
Heute ist es doch so, dass einzelne Gewerkschaften immer wieder
besonders einzelnen Sekretäre erklären, wir können deshalb nicht
mehr verlangen, weil die PK nicht mehr zustimmen würde. Dann fällt
dieser Hemmschuh weg und ich zweifle nicht daran, dass wesentlich
höhere Lohnforderungen dann gestellt werden. Ebenso wird man dann
kaum mehr imstande sein, irgendwelche Fristen von 14–16, 17
Monaten, manchmal sogar 2 Jahre einzuhalten. Ich weiss, erklärte ich,
dass man mich vielleicht jetzt als weichen Bruder bezeichnen wird,
aber ich bin wirklich der Auffassung, dass hier eingelenkt werden
müsste. Benya meint, dass er an dem Fortbestand der PK nur bedingt
interessiert sei. Er hätte schon einmal erlebt, dass insbesondere
Hrdlitschka, aber auch andere zuerst ganz hart sprechen, aber dann
wenn es zur Auflösung wirklich käme, man Benya ersucht, er möge
einlenken. Kreisky meint nur, natürlich hätte auch er Interesse,
die PK zu erhalten aber er möchte dabei nicht jetzt übrig
bleiben.
Da wir in der Frage der Preispolitik in Wirklichkeit nicht wissen,
wie wir dieser Entwicklung Einhalt bieten können, ergibt sich die
Tatsache, dass wir jetzt auch wie ein Ertrinkender herumschlagen.
Brandstätter und Mussil sehen als politische Funktionäre primär
natürlich die politische Möglichkeit der Opposition auch in
diesem Punkt zu helfen und attackieren sehr geschickt, Kreisky
ärgert sich natürlich masslos, dass er von ihnen immer wieder aufgefor-
dert wird, Preiserhöhungen zu genehmigen, dann gleichzeitig aber im
Parlament attackiert wird. Trotzdem glaube ich, dass wenn es dazu
kommt dass die PK aufgelassen wird, wir dann die gesamt Verantwortung
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für die weitere Entwicklung auf diesem Sektor ausschliesslch
auch vom politischen Standpunkt tragen müssen.
Kreisky hat mir mitgeteilt, dass eine TV-Diskussion mit Dalma
vereinbaren wollte, wonach Kreisky, Androsch und ich mit Schleinzer,
Koren und Peter über die Preisentwicklung diskutieren sollten.
Dalma hat ihm nun mitgeteilt, dass er bereits mit Benya gesprochen
hat und dieser bereit wäre, an dieser Diskussion ebenfalls teilzuneh-
men. Dadurch meint Kreisky, müsste ich leider aus der Diskussionsrunde
ausscheiden. Ich habe nicht einmal gewusst, dass Kreisky mich vorgeschla-
gen hat, denn er hat weder mir noch irgendwer von seinem Büro mich
davon verständigt. Ich erkläre aber, dass ich dies vollkommen verstehe
und bringe bei dieser Gelegenheit unter vier Augen gleich den Wunsch
der Anstellung Wankes zur Sprache. Kreisky ist damit vollkommen
einverstanden. Wenn sich keine Personalrechtlichen Schwierigkeiten
ergeben. Dies kann ich ihm versichern, ist mit Zeleny und der Gewerk-
schaft bis in die Details abgesprochen und geht in Ordnung.
Die Aussprache der Regierungsmitglieder mit den soz. LH oder den
ersten Stv. also eine fraktionelle Besprechung findet zum ersten
Mal statt und geht auf eine Anregung – wie ich dabei erfahre –
von LH-Stv. Salcher, Tirol, aus. Kreisky berichtet natürlich sofort
von dem Zwischenfall in der PK, weiters über die Infrastruktur-
massnahmen für Aichfeld-Murboden, wobei er darauf hinweist, dass
jetzt für die Grenzlandgebiete dieselbe Aktion der Infrastruktur-
verbesserung gestartet werden soll. Die verstaatlichten Direktoren
von gestern abends und die Betriebsräte vor längerer haben beschlossen,
dass die grosse Stahllösung kommen sollen. Die Korneuburger Werft
wird jetzt an Linz verkauft, damit auch hier eine Konzentration
erfolgt. Die Ländervertreter nehmen dies ohne Diskussion zur
Kenntnis. Die Problematik ORF-Beteiligung der Länder an Kapital-
erhöhung wird besprochen und einstimmig für gut befunden. Trotzdem
wird es über die Sendezeiten Auseinandersetzungen mit Bacher
geben. Bacher will ja eine Erhöhung auch der Werbezeit um 50 %,
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was ihm ungefähr 1,3 Mia. Mehreinnahmen bringen würde. Dadurch aller-
dings werden die Zeitungen einen Grossteil ihres Annoncengeschäftes
verlieren, da die Public-Relations-Budgets ja in Wirklichkeit nicht
um diesen Betrag erhöht werden, sondern eben wo anders eingespart
werden muss.
Die Landesgesundheitsreferenten stehen auf dem Standpunkt, dass die
Versorgungsmedizin bei Leodolter konzentriert werden sollte. Häuser
meint nur, man soll nicht vergessen, dass jetzt die Krankenkassen
schon wesentliche Aufwendungen durchführen, u.a. untersuchen sie
180.000 Jugendliche pro Jahr, ohne dass sie dafür vom Staat eine
besondere Entschädigung bekommen.
Bei dem Finanzausgleich wünschte Demuth eine dezidierte Mitteilung
und Erklärung. Da die Finanzreferenten der von der ÖVP geführten Länder
natürlich unsere Genossen nicht informieren. Androsch meint, es hätte
nur eine Eröffnungssitzung gegeben und er würde nur hoffen, dass die
Länder dafür Verständnis haben, dass er in Hinkunft mit den Gemeinden
direkt verhandelt und nicht wie dies bis jetzt war, dass die Länder
sich als die Schutzherren der Gemeinden ausgegeben haben und dadurch
eben z.B. in den Grossgemeinden dann insbesondere von den schwarzen
Ländern die Bürgermeister die meisten sozialistisch sind, schlecht
behandelt werden. Sima spricht sich sofort gegen eine solche Methode
aus und meint, dass der interkommunale Ausgleich unbedingt bleiben
müsse, dazu diene die von Androsch bekämpfte oder besser gesagt kritisier-
te Landesumlage für die Gemeinden. Auf der anderen Seite hätte sie
ja auch die Bedarfszuweisungen bekommen und man solle es den Ländern
überlassen, wie sie in jedem Einzelfall die Gemeinden beschützen, aber
gleichzeitig natürlich auch mit ihnen in einem Finanzausgleich ein-
treten. Slavik vermittelt und meint, es dürfe nicht zu einer Front-
stellung Länder gegen Androsch kommen, sondern er müsste unbedingt,
bevor es zu einer solchen kommt, eine fraktionelle Besprechung.
Salcher meint zur Preisentwicklung, vielleicht sollten wir uns
wirklich überlegen, die Mehrwertsteuer jetzt zu machen. Ihm erschiene
der Zeitpunkt 1976 für richtiger, da die Prozentziffern, die man
bis jetzt als Erhöhung gehört hat, nach seiner Meinung viel zu tief
angesetzt sind.
Für das Berggesetz schlägt er vor, dass das Uran nicht mehr als bergfreies,
sondern als bundeseigenes Mineral behandelt werden soll. Ebenso meint er,
dass man Magnesit als grundeigenes Mineral ist in ein bergfreies verwandeln
sollte. Glück muss der Mensch haben, ich habe gerade vorher die Information
über das Problem Magnesit bekommen und kann daher diese beiden Forderungen
bis ins Detail beantworten. Uran haben wir ja selbst die Absicht, als bundes-
eigenes Mineral zu erklären und bei Magnesit ersuchte ich, nachdem jetzt
differenten Auffassungen zwischen den Handelskammern und den Professoren-
gutachten Leoben existieren, mir ihren Vorschlag unverzüglich telefonisch zu
erstatten. Dies gilt ganz besonders für die Steirer.
Weihs wird wegen der Vergabe der landwirtschaftlichen Subventionen und den
Nichteinschalten von unseren Genossen ganz hart attackiert. Kreisky selbst
spricht von einer Konfliktsituation zwischen ihm und Weihs. Letzten Endes
wird vereinbart, dass Weihs, wenn es nicht anders geht, eine gesetzliche
Regelung sofort einleiten soll und das Versprechen, dass Kreisky bei der
Erstellung der Grünen Planes der FPÖ gegeben hat, nämlich eine Kommission
mit 7:1:1:1 einzusetzen, erfüllen zu können. Weihs hat immer behauptet,
dass z.B. In Tirol es ohne weiteres möglich sein wird, ein gewähltes Mit-
glied der Landwirtschaftskammer von der Arbeitsbauernbundseite in diese
Kommission zu bringen. Salcher erklärt nun, dass die Tiroler gar keinen
in der Landwirtschaftskammer haben.
Es wird vereinbart, dass jedes Schreiben an einen Landeshauptmann, soferne
ihn die SPÖ nicht stellt, auch eine Durchschrift an den LH-Stv. abzugeben
hat. Bei Ministerbesuchen in den Ländern soll man versuchen, eine offizielle
Einladung der schwarzen Landeshauptleute zu erhalten, damit man dort eine
Chance hat, auch mit dem LH-Stv. in Kontakt zu kommen und mehr in Erscheinung
zu treten. Besonders sollen die Parteisekretariate verständigt werden.
Spät abends ruft mich Reiterer von Brüssel an und gibt mir einen umfang-
reichen Bericht über die Verhandlungen des Tages. Es ist das erste Mal
dass dies so umfangreich und vor allem einmal so systematisch erfolgt.
Wegen meines Besuches erklärte ich Leitner ausdrücklich, dass ich mit
jedem Termin einverstanden bin, dass aber unbedingt die Journalisten eben-
falls an diesem Termin in Brüssel sein müssen. Bei dieser Gelegenheit erfahre
ich, dass Klaus Emmerich bereits wieder eine entsprechende Information
erhalten hat, von der Reiterer hofft, dass er nicht jetzt wieder anders
darstellt, als er sie ihm gegeben hat. Wir können sicherlich nicht verhindern,
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dass die Mission mit den Journalisten in Kontakt tritt, deshalb
aber auch diese zögernde Zustimmung zu unserem neuen Presseinformations-
system.
Tagesprogramm, 8.3.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)