Dienstag, der 22. Februar 1972

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Dienstag, 22. Feber 1972

Dem Ministerrat lag ein Bericht des Bundeskanzlers über die
Zulässigkeit der Beschränkungen der Landesregierungen bei Aus-
schreibungen auf ihr Bundesland vor. Die Länder wollen, dass
ihre Firmen nur zu Ausschreibungen zugelassen werden. Während wir
international im Rahmen der EFTA verpflichtet sind, z.b. die Schweizer
Firmen nicht zu hindern, wenn sie sich in Österreich an Ausschreibungen
beteiligen, geht es den Ländern darum, Firmen, die in anderen
Bundesländern den Sitz haben, ganz einfach auszuschliessen. Wir
haben in der Vorbesprechung schon beschlossen, den Bericht
zurückzustellen, um die Verfassungsmässigkeit zu untersuchen. Vor
allem gibt es Ö-Norm-Bestimmungen, die zwar nur für Bundesausschrei-
bungen gelten, aber eine solche Beschränkung ausschliessen. Ich er-
wähne diesen Punkt nur deshalb, weil es nach langer, langer Zeit
wieder einmal von Seiten des Hauses auch gegen einen Ministerrats-
punkt Stellung genommen wurde. Jagoda hat mich in der Früh ange-
rufen und aufmerksam gemacht, er hätte grösste Bedenken gegen diese
Regelung. Ich beruhigte ihn, dass wir dies bereits am Vortrag
in der Vorbesprechung beschlossen haben, zurückzustellen. Ich
machte ihn aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass eine Inter-
vention zu spät käme. Wenn ich gegen irgendetwas Bedenken habe,
müsste ich dies unbedingt bereits vor der Vorbesprechung wissen.

Im Institut für Gesellschaftspolitik legte Weihs sein Berg-
bauernsonderprogramm vor. Über die Aufteilung der 300 Mill. S
kam es zu einer lebhaften Diskussion, weil Weihs dafür keine kon-
kreten Unterlagen vorgelegt hatte und erst erklärte, 50 Mill. seien
leistungsgebundener Zuschuss, 20–22.000 Bauern bekommen ca. 2.000 S,
100 Mill. seien Infrastruktur, Höfeerschliessung, Netzverstärkung,
Telefonanschlüsse ca. 10 Mill. und 150 Mill. seien Regional-
programm, welches aufgeteilt auf jedes Bundesland nach einem jetzt
schon gehandhabten Verteilungsschlüssel, dieser Verteilungsschlüssel
berechnet sich nach dem Anteil der Bergbauernschaft. Dieses Regional-
programm soll der Bauer bei der Bezirksbauernkammer oder bei der
Landesregierung, je nachdem Projekt einreichen, anschliessend daran
kommt es zur Koordinationsstelle, wo die Interessensvertretungen in
jedem Land mit dem Arbeitsamt zusammen das Projekt beurteilen, um
es dann beim Land- und Forstwirtschaftsministerium zur endgültigen


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Genehmigung weiterzureichen. Darüber hinaus meinte er, hätte er
noch 60 Mill. Reserve im Land- und Forstwirtschaftsministerium.
Hier setzten natürlich sofort die Journalisten ein und wollten
wissen, von wo er die Reserve hat und nach längerem erklärte er,
dass dies von den 150 Mill. S Regionalprogramm abzuziehen sei.
Er verwies dann gleichzeitig darauf, dass er 185 Mill. S AIK-
Kredite, d.h. Abstützung von 7,5/8 Zins auf 3 % der im Rahmen des
Grünen Planes scheinbar hat zur Verfügung stünden. Ich bemerkte,
wie Pleschiutschnig ihm darauf aufmerksam machte, dass es sich
um einen Betrag von 600 Mill. mehr handelt, doch er ging ganz
einfach dann darüber hinweg, weil er das Gefühl hatte, dass die
Journalisten schon über den Aufteilungsschlüssel und über die ver-
schiedenen Auskünfte über Dutzende Millionen sehr unsicher geworden
sind.

Es gab dann, da viele Agrarjournalistenvertreter von AIZ, ORF und
Fernsehen anwesend waren, viele Detailfragen. Er meinte auch,
dass der Zuerwerb für die Landwirtschaft von grösster Bedeutung ist
und sagte, zwei Drittel der Übernachtungen erfolgen im Bergbauerngebiet.
Ich glaube, dass diese Ziffer vollkommen falsch ist, denn wenn ich
die Städte Wien und die Landeshauptstädte wegrechne, so bleiben
schon weniger als 2/3 Übernachtungen über und die können nicht alle
nur im Bergbauerngebiet die restlichen Fremden gewohnt haben.

Interessant und entscheidend war, dass er aber auch dann auf Anfrage
sein Agrarkonzept, das wir gestern besprochen haben, auseinandersetzte
Er meinte, dass jetzt die Milch- und Molkereistruktur in Angriff
genommen wird und dass von den 296 Molkereien – im Vorjahr wurden
40 Betriebe angeblich geschlossen – immerhin die nächste Zeit auf
84 Molkereien zu reduzieren sind. Er baute da auf den Köttl-Plan,
den wir seinerzeit im Milchwirtschaftsfonds angeregt haben, auf
Im Milchwirtschaftsfonds haben wir noch als Vertreter der Arbeiter-
kammer immer wieder dafür gekämpft, dass eine Strukturbereinigung vorge-
nommen werden sollte. Ich habe damals auf Grund der guten Erfahrungen
die die Zuckerindustrie mit einer computermässigen Durchrechnung
gehabt haben, auf eine solche Regelung auch auf dem Milchsektor
gedrängt. Die Zuckerindustrie war damals in der durch die nicht
geregelten und computermässig durchgerechneten Versand des Zuckers
in Österreich im Transportausgleich schwer passiv. Nachdem der


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Computer ein Modell übernommen hat und die Zuckerindustrie dann
nach diesem Modell den Versand durchgeführt hat, sind sie nicht
nur ausgekommen mit dem Transportausgleichansatz, sondern warne sogar
aktiv. Ein solches Programm hat dann Prof. Köttl von der Boden-
kultur aufgestellt und die Landwirtschaft hat glaube ich eine ganze
Zeit lang versucht, dieses auch vertraulich, d.h. womöglich im Schub-
ladl verschwinden lassend, behandelt. Jetzt will Weihs die Käse-
und Butterproduktion in die Produktionsgebiete legen und die städt.
Konsumzentren und deren Molkereien ausschliesslich mit Frischmilch-
produktion befassen. Dies war für die Journalisten sicherlich etwas
Neues und als Gipfel des Interesses kam aber, als dann Redakteur
Stocker fragte, was eigentlich jetzt mit dem preisgeregelten Milch-
problem Zucker, Getreide im Landwirtschaftsministerium geschehe.
Während ich annahm, dass Weihs erklären würde, dass man über dieses
Problem noch weiter reden würde und in der Preiskommission der Bun-
desregierung würde das jetzt zur Sprache kommen und vor allem einmal
die Arbeitsgruppe des Ministerrates würde sich damit beschäftigen,
erklärte er, gleich, dass zwar jetzt der Leiter der Preiskommission
in Brüssel sich wegen eines Studiums der Mehrwertsteuer befindet, dass
aber nach seiner Rückkehr das Durum-Preisproblem sofort gelöst, der
Getreidepreis spätestens mit Anfang Juli bei der neuen Ernte vorliegen
würde und der Zuckerpreis im März erledigt werde. Auf die Zusatzfrage,
ob sich der Antrag geändert hatte, sagte er, ja die Vorprüfungskommis-
sion hätte zuerst den Antrag von 40 Groschen zu behandeln gehabt,
durch die Lohnerhöhungen sei es aber bei der Vorprüfung 59,88 Gro-
schen pro kg Fabrikabgabepreiserhöhung herausgekommen. Die frage,
ob dann noch durch eine Erhöhung der Spanne der Konsument mit
weiteren Preissteigerungen zu rechnen haben wird, meinte er, dies
sei in der Vergangenheit niemals der Fall gewesen.

Anschliessend traf ich Wanke und Lachs vom ÖGB, um das Problem der
Nachfolgeprodukte mit ihnen zu besprechen. Die Interessensvertretungen
haben nämlich sich nicht über die offenen Punkte geeinigt, sondern sie
sind sogar weiter auseinander als vor ungefähr 14 Tagen. Ich verein-
barte mit Lachs, dass ich versuchen würde, die Interessensvertretungen
zu mir zu bitten, um doch noch eine gemeinsame Lösung zu erzielen.
Sowohl Wanke als auch Lachs waren natürlich am meisten erschüttert,
als sie die Mitteilung von Weihs, Preispolitik erfuhren. Insbesondere


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Lachs hat angenommen, dass ich von dieser Absicht Weihs' gewusst
hätte. Er hat es mir zwar nicht wörtlich gesagt, aber auch seiner
ganzen Verwunderung konnte ich dies entnehmen. Als die Kollegen, die
bei der Pressekonferenz waren, dann dem Präsidenten der Arbeiterkammer
Hrdlitschka berichteten, hat mich er sofort angerufen und ebenfalls
seine grosse Verwunderung und Empörung über diese Vorgangsweise aus-
gedrückt. Hrdlitschka glaubt nämlich, dass darin sogar eine Verletzung
der Gastfreundschaft zu sehen ist. Weihs wusste, dass die Arbeiterkammer
ganz besonders sich gegen die Zuckerpreiserhöhung stellt, er als Prä-
sident der Arbeiterkammer hat ja sogar an die davon Betroffenen Re-
gierungsmitglieder und insbesondere Bundeskanzler umfangreiche Schrei-
ben geschickt und nun hat sich Weihs nach seiner Meinung glatt darüber
hinweggesetzt. Zöllner, wie mir meine Kollegen mitteilen, hätte eben-
falls angenommen, dass ich mit Weihs in dieser Frage voll überein-
stimme. Unsere Beamten in der Preiskommission haben nämlich im Vor-
prüfungsverfahren, sich auch nicht auf die Seite der Arbeiterkammer
gestellt, ich beruhigte Hrdlitschka und meinte, dass doch auf alle
Fälle im Institut jeder Minister die Möglichkeit haben sollte, seine
Politik zu vertreten. Natürlich unter voller Verantwortung, die den
Minister dann trifft und keinesfalls das Institut. Ich glaube, dass
Hrdlitschka nur persönlich sich beleidigt und gekränkt fühlt und
deshalb diese Verärgerung. Hrdlitschka kündigte an, dass eine ganze
scharfe Polemik, wenn morgen in den Zeitungen dieses Ergebnis stehen
wird, von der Arbeiterkammer zu erwarten ist. Hrdlitschka meinte,
auch dass die Arbeiterkammer die Regierung in jeder Beziehung unter-
stützt, sehr viel akzeptiert, was die Regierung sozusagen in Politik
oft sogar gegen Interessen der Konsumenten und Arbeiter macht und
ihre besten Mitarbeiter der Regierung zur Verfügung stellt und jetzt
eine solche Desavouierung des Präsidenten resp. der Institution der
Arbeiterkammer durch die Regierung. Ich kann mir das Vorgehen von
Weihs auch nicht erklären, weiss nur, dass er mit mir nichts gesprochen
hat, sicherlich auch nicht mit Rösch, dem dafür zuständigen und mitkompe-
tenten Minister. Während Rösch und ich immer bei irgendwelchen Preis-
problemen in ständigem Kontakt sind, hat Weihs hier vollkommen allein
gehandelt. Entweder hat er die Intervention der Arbeiterkammer nicht
bekommen oder seine Beamten haben ihm auseinandergesetzt, dass dies
nicht zu berücksichtigen sei. Ich selbst stelle auch immer wieder fest,
dass manche Beamte aus Dummheit oder weil sie sich auf den Standpunkt


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stellen, wir sind Behörde und das andere ich nur Interessens-
vertretung, unsere Politik dann schwerstens konterkarieren. Ich
selbst habe deshalb ganz besonders in der Dienstbesprechung
herausgestrichen, dass es die Aufgabe und die Kunst des Beamten
ist, die 25-jährige Tradition der Interessensvertretungen jetzt
nicht zu zerstören. Haffner z.B. aber auch teilweise Sekt.Chef Römer
lobte ich ganz besonders, weil es ihnen gelungen ist, im Zuge
der Wirtschaftskommission Papierregelung sich durch ihr Verhalten
die Anerkennung beider Parteien zu erringen. Dort war ich bemüht,
einen Ausgleich herbeizuführen und sie haben gesehen, dass dies
Erfolg gehabt hat und waren zumindestens Haffner durch stilles
Anwesendsein ebenfalls mit daran beteiligt. Ich wies ganz be-
sonders darauf hin, dass eigentlich auch in der Preiskommission
ein solche Vorgangsweise angebracht gewesen sei. Wenn nun im
Landwirtschaftsministerium sich die Beamten auf den sturen
Behördenstandpunkt gestellt haben, so haben sie damit
Weihs einen sehr sehr schlechten Dienst erwiesen.

Gen.Direktor Kahane beschwerte sich bei mir, dass ihm die Zucker-
industrie bei Versorgung mit Rohstoff vollkommen hinhaltende Ant-
worten gibt. Es läuft noch ein 4.000 t-Kontrakt bis Mai und
dann braucht er mindestens 15.000 t pro Jahr Zucker um die Kapa-
zität von 10.000 t Zitronensäure erzeugen zu können. Die Firma
hat bei 160.000 Weltproduktion eine wirkliche bedeutende Stellung.
Früher hatte sie den Rohstoff selbst am Weltmarkt gekauft, jetzt
hat sie mit Hilfe des Zuckerverbandes über die Firma Mauthner
österreichischen Zucker über eine Schweizer Firma bezogen, das
ist alles nur eine formelle rechnungsmässige Abwicklung, um
im Vormerkverkehr diesen Zucker dann wieder in die Verarbeitung
zu übernehmen und damit beim Export der Zitronensäure die fast zu
100 % erfolgt, vorher wurden nur 350 t im Inland verkauft –
den Weltmarktzuckerpreis von der österr. Zuckerindustrie zu
erhalten. Nun ist der Weltmarktzuckerpreis sehr gestiegen, im
Dezember betrug er noch 50 Pfund und ist bis jetzt auf 80 Pfund
angestiegen. Dadurch ergibt sich für die Zitronensäureproduktion
eine ungeheure Verteuerung, die kaum im Preis mehr unterzubringen
ist. Der Weltmarktpreis beträgt jetzt 660 $ für die Zitronensäure
und wenn man 240 $ für den Zuckerpreis rechnet, den eineinhalbfachen
Einsatz, wäre allein die Hälfte des Exportpreises auf den Rohstoff-
preis entfallend.



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Durch eine Kabelbrand, der längst behoben ist, wurde aber
der Bakterienbereich der Produktion gestört und die Ausbeute
liegt jetzt um 2 % niedriger als vorher. Dies ist eine weitere
grosse Verlustquelle. Das Problem der Zitronensäureproduktion ist
ungeheuer kompliziert, weshalb sich auch nur 4 und 5 Firmen in
Europa und höchstens ein Dutzend in der ganzen Welt mit dieser
Produktion beschäftigen. Die Firma Lederer, die ihre Produktion
in Pernhofen begonnen hat, hatte eine Kapazität von 3.000 t
und hat höchstens bis zu 600 t erzeugen können. Deshalb ist sie
vollkommen pleite gegangen, bis Kahane den Betrieb aufgekauft hat.
Die Aktienübernahme von 7 Mill. war, behauptet Kahane, ein Ge-
schenk an Lederer. Das Kapital von 15 Mill. war weg, 10 Mill. Rück-
lagen waren weg und sogar noch ein Defizit von 10 Mill. zu erwar-
ten für Warenschulden, die zu leisten gewesen wären. Die ÖCI,
die damals an diesem Betrieb beteiligt gewesen ist resp. Kredite
gegeben hatte, musste sogar ein Moratorium Kahane geben und kriegt
jetzt wenigstens das Geld zurück.

Kahane behauptet nun, dass Dr. Hiller vom Zuckerverband, der ihm
den Zucker über die Firma Mauthner verkauft, seit Monaten hinhält
und sagt, er bekommt einen Zucker und er müsste jetzt schon drin-
gendst abschliessen. Den letzten Abschluss hat er mit 3.– S das kg.
getätigt.

Dr. Habig von der Zuckerindustrie wollte mit mir über die weitere
Vorgangsweise beim Zuckerpreis reden. Ich erklärte ihm sofort,
dass sich jetzt eine neue Situation ergeben hat, wie er aus den
Zeitungen morgen entnehmen wird, ich selbst aber könnte nichts
mehr dazu beitragen und wollte auch gar nichts mehr damit zu tun
haben. Er appellierte zwar als Industrieminister an meine Unter-
stützung, doch erklärte ich ihm, dass die Vorgangsweise wie
man die Arbeiterkammer hier in der Preiskommission behandelt hat,
ich nicht goutiere. In meiner 25-jährigen Tätigkeit habe ich
niemals es erlebt, dass man eine Interessensvertretung wirklich
weggehen liess. Habig meinte, die Interessensvertretung hätte
aber z.B. gefragt, sie sollten ihm nachweisen, wie in den nächsten
drei Jahren die gesetzlich vorgesehenen Rückstellungen gebraucht
werden usw. Die Zuckerindustrie sah darin nichts anders als eine
Verzögerungstaktik. Selbst wenn dies zutrifft, erklärte ich Habig,


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hätte man alles machen müssen, um zu einer Lösung in formaler
Hinsicht zu kommen und dem nicht den Exodus zu ermöglichen.
IN dem letzten Punkt, den die Arbeiterkammer gefordert hat, nämlich
dass der Vertrag vorher abgeschlossen werden muss, bevor er als
Grundlage von Preisanträgen gelten kann, kann sich die Arbeiterkammer
auf die Spielregeln der Paritätischen Kommission berufen. Kurzel hätte
deshalb als Vorsitzender zumindestens versuchen müssen, eine Regelung her-
beizuführen. Es gibt für mich keine Erklärung, dass man sagt, in der
Preiskommission war es bisher nicht üblich, ein solches Verfahren nach
diesen Grundsätzen zu führen, sondern die Preiskommission hat immer
Erklärungen der Zuckerindustrie, der Brotindustrie, der Milchindustrie,
dass die einen solchen Vertrag abschliessen werden, als Grundlage genom-
men. Die Paritätische Kommission hat eine solche Vorgangsweise bis jetzt
immer abgelehnt und die Arbeiterkammer hat daher meiner Meinung nach
sehr recht gehabt. Für mich, erklärte ich ihm gleich freimütig,
was es deshalb sehr unangenehm, weil der Eindruck entstehen musste,
dass ich – um den Vertrag der Zuckeranbieter unter Dach und Fach zu
bringen – ein solches Verlangen von der Arbeiterkammer erwartet oder
vielleicht sogar initiiert hatte. Ich selbst sei an dieser Vorgangs-
weise vollkommen unschuldig und habe kein Wort und keine diesbezügliche
Forderung der Arbeiterkammer gegenüber auch inoffiziell gemacht.
Nun aber sei eine vollkommen neue Situation, weil durch diese Ver-
ärgerung es zu keiner Lösung, wahrscheinlich sondern nur zu einem
weiteren schweren Auseinandersetzung kommen wird. Habig hat dies zwar
nicht eingesehen, aber immerhin glaube ich verstanden. Da er nun schon
bei mir war, ersuchte ich ihn.über die Lieferung an Kahane zu äussern.
Er lehnte eine solche Lieferung infolge Zuckerknappheit bis zur neuen
Ernte ganz entschieden ab. Ich rief deshalb vor ihm Kahane an, teilte
ihm dies mit und vermittelte, dass sich die beiden unverzüglich zusammen-
setzen, um die Rohstoffversorgung zu klären. Kahane wird sich wundern
und er nimmt sicher an, dass ich Habig sofort zu mir gebeten habe,
um dieses Problem mit ihm zu klären und wird vielleicht erzählen,
kaum dass man Staribacher ein Problem verträgt, ist dieses nach
einigen Stunden bereits zumindestens in Angriff genommen, wenn auch
nicht gelöst. Bei der Unterzeichnung des Fremdenverkehrsabkommen
mit Bulgarien sprach ich mit Dr. Binder vom Aussenamt, dass wir
nun hoffen, dass er imstande sein wird, die Österreicher, die in
Bulgarien festgehalten sind, mit Hilfe dieses Abkommens freizubekommen.
Binder deutete an, dass das bulg. Aussenministerium erklärt hätte,


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wenn das Abkommen dann vorliegt, gäbe es grosse Möglichkeiten und
man würde dann dem Wunsche Österreichs entsprechen. Unter diesem
Gesichtspunkt habe ich immer dieses Abkommen verstanden und werde
auch dann, wenn einzelnen Ländervertreter wie z.B. Manzano annehmen,
dass wir die Kompetenz damit überschritten hätten, mich mit Recht
gegen eine solche Auffassung im Hinblick auf die Möglichkeit der
Befreiung einiger Österreicher aus Bulgarien verteidigen.

Mit Fälbl und Binder besprach ich, dass wir den sowj.-österr. Bericht,
den wir jetzt in der Kommission vorbereiten, für die Zusammenkunft mit
Patolitschew vorgelegt haben, nicht in den Ministerrat bringen, solange
nicht die Verhandlungen abgeschlossen sind. Kirchschläger hat
in der Ministerratsvorbesprechung auch nur aufmerksam gemacht, dass
wir diesen Vertrag überhaupt im Ministerrat beschliessen lassen müssen.
Dies ist ja selbstverständlich, aber erst nach Abschluss der Ver-
handlungen. Wenn das Aussenamt einige Formulierungen anders wünscht,
dann wird man im Zuge der Verhandlungen mit der SU auf diese Wünsche
eingehen. Keinesfalls aber werde ich, bevor die entsprechenden Ver-
handlungen abgeschlossen oder auch nur angelaufen sind, bereits
den Ministerrat mit einem solchen Problem beschäftigen. Dies wider-
spräche der bisherigen Gepflogenheit und würde dazu führen, dass
vielleicht jeder Minister dann seine Arbeit im Ministerrat aus-
breitet, was sicherlich auch gar nicht im Interesse de reibungslosen
Zusammenarbeit und der expeditiven Erledigung der Tagesordnung mög-
lich ist.

09_0243_01

Tagesprogramm, 22.2.1972

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09_0251_02

Tagesordnung 15. Ministerratssitzung, 22.2.1972




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    Tätigkeit: AK, ÖIAG
    GND ID: 128336552


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Lebensmittelhändler
        GND ID: 118579304


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter Außenministerium [1971]


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Salzburger Landesverkehrsdir. [1971 als Gf. und Sprecher Arbeitsgemeinschaft der Fremdenverkehrsdirektoren]


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Prof. Uni f. Bodenkultur


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                  Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                  GND ID: 118723189


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: stv. Obmann Verband d. Zuckerindustrie Österreichs


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: AK


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR HM


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                              Tätigkeit: Präs. Verb. d. öst. Zuckerindustrie


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                                Tätigkeit: Journalist


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                                  GND ID: 125942052


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                                    Tätigkeit: MR HM


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                                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                        Tätigkeit: Beamter HM


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                                          Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                          GND ID: 130620351


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                                              Tätigkeit: Unternehmer


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                                                Tätigkeit: Personalvertreter HM


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