Montag, 14. Feber 1972
Der Vizepräsident der Erwerbsgärtner und Blumenbinder und Innungsmeister
kamen mit Frau Meham, die die WIG 1964 und die WIG 1974 organisiert
zum Valentinstag. Für die WIG 1964 haben sie 6 Mill. S Subvention be-
kommen und da wir im Prinzip auch schon für 1974 eine Subvention be-
schlossen haben, haben sie mir mitgeteilt, dass sie 15 Mill. fordern
werden und auch erwarten.Jetzt aber müssen sie schon Sträucher und son-
stige Pflanzen einführen und würden bitten, dass wir diese als Zoller-
leichterungen auf Zollvormerk nehmen könnten. Eine endgültige Befrei-
ung ist natürlich erst im WIG-Jahr möglich.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte dies von der Abteilung untersuchen und die
Abteilung mit FM besprechen.
Jour Fixe bei Sallinger und Mussil. Für die Thailänder Schule wird ein
neuer Direktor gesucht. Swoboda verlangt 17.000 S Gehalt, 15.000 S
Zulagen, 16.000.– S Diäten, insgesamt 48.000 S, also 35.000.– S netto
zu bekommen. Der Handelsdelegierte hat 40.000 S weniger 8.000 S Woh-
nung ist gleich 32.000.– S. Mussil lehnt daher eine solche Forderung
entschieden ab.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte feststellen, wer im Haus dafür zuständig ist
und ob wir eine solche Zustimmung geben resp. beabsichtigen, eine solche
zu geben.
Mussil urgiert neuerdings das Problem der Agrarfolgeprodukte, ich ver-
weise ihn auf die ablehnende Haltung Androsch's und er wird sich deshalb
mit ihm ins Einvernehmen setzen. Mussil fürchtet, dass wir in Brüssel
kaum Chancen haben, unsere Wünsche durchzubringen, trotzdem aber akzep-
tieren müssen. Sollte nämlich wider Erwarten Österreich nicht der EG
eine Lösung anbieten, dann könnten wir als einziger Staat draussen
bleiben. Er ist fest überzeugt, dass Schweiz und auch Schweden auf
Freihandelszonenbasis abschliessen werden. Wenn wir nicht auch akzep-
tieren, werden wir auf der Niveau von Finnland resp. in den COMECON
abgedrängt. setze ich ein und weise darauf hin, dass die Bericht-
erstattung äusserst negativ bis jetzt in den Zeitungen ist und es dann
der Opposition sehr schwer fallen wird, zuzustimmen im Parlament. Die
Möglichkeiten, die die Opposition in England hat, gibt es in Österreich
nicht, da bekanntlich als Verfassungsgesetz auch die grosse Opposition
zustimmen muss. Mussil wird dieses Problem in der Partei besprechen und
insbesondere versuchen, auf die Bauern einzuwirken, damit auch diese
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jetzt nicht so negative Stellungnahmen abgeben. Sallinger erzählt
von seiner Reise nach Tokio und insbesondere New York. Waldheim
möchte sehr gerne, dass Österreich der UNO ein Geschenk macht, Ich
soll dieses Problem mit Kirchschläger ebenfalls besprechen.
ANMERKUNGHEINDL: Bitte mit Aussenamt Details besprechen, was sich
eigentlich Waldheim vorstellt.
Sallinger dürfen mit unserem Amtsstellenleiter der Fremdenverkehrs-
werbung Patzak zusammengekracht sein. Patzak hat damit endgültig die
Chance verloren, von der Handelskammer als Nachfolger Langer-Hansels
in Betracht gezogen zu werden. Ich habe ihm erklärt, dass es ein Ver-
brechen war die Fremdenverkehrswerbung in ein solches Haus wie die
Fifth Avenue zu geben. Der Vertrag, den seinerzeit Mitterer abgeschlos-
sen hat, sei ein Verbrechen. Er erklärt, mir zuliebe will er mir
helfen. Ich weise zurück, dass es so etwas mir zuliebe macht, denn
ich bin an dem Vertrag unschuldig, stehe allerdings auf dem Standpunkt,
dass man irgendwie aus dem Dilemma herauskommen muss. Die 12 Jahre
werden auch vergehen und die Bundeskammer soll sich als Submieter bei
uns beteiligen.
§ 58 Reihberger und Wolf werden von mir neuerdings urgiert und neuer-
dings zugesagt. Bezüglich des Komm.Rat Wurzer von den Bürstenbindern
in Klagenfurt erklärt Sallinger und sagt er ist er mit Kostroun
vollkommen einig, dass dies unmöglich sei, ich könnte aber die Komm.Rat
Titel wieder zurück haben. Die bisherigen Richtlinien, die der Bundes-
präsident gehabt hat, haben vorgesehen von Handel, Gewerbe und Indu-
strie jetzt spricht er nur mehr von Wirtschaft. Jetzt kommen auch noch
die Wirtschaftstreuhänder und wollen Kommerzialratstitel bei ihm haben.
Bergführer Gasser, der gleichzeitig eine Bergsteigerschule hat und
Präsident von Tirol und Vizepräsident der österr. Vereinigung ist
hofft, dass wir ihm eine Subvention für eine gemeinsame Werbung geben
könnten. In 26 Bergsteigerschulen, wo die 95 % der 1.382 Bergführer
beschäftigt werden, sollten irgendeine gemeinsame Werbeaktion gestar-
tet werden. 25000 Teilnehmer waren im Vorjahr und vom Fremdenverkehr
könnte man mehr noch für diese Aktiv-Urlaubstätigkeit tun. Ich ver-
weise ihn mit Heindl an die ÖFVW, wo man sich vor allem moralisch
und durch Meldung an die Zweigstellen im Ausland mehr für sie kümmern
wird. Subventionen sind deshalb sehr schwer, denn bis jetzt waren
Bergführer Bundessache in Hinkunft wurde ja von den Ländern urgiert
dass jedes einzelne Land die Betreuung übernehmen wird. Tirol gibt
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ihnen aber jetzt schon 250.000 S Subvention und auch andere Länder,
allerdings bedeutend weniger, nur 10–15.000 S
Delegationsleiter Simakow und der Handelsrat der Russen kommen mit
Fälbl berichten. Reiterer steht im Vorzimmer und fragt, ob ich
etwas dagegen habe, wenn er auch dabei sein soll, was ich selbstver-
ständlich nicht ablehne sondern eigentlich begrüsse. Er dürfte aller-
dings Fälbl nichts davon gesagt haben, denn der hat eigentlich sehr über-
rascht getan, als Reiterer angetroffen hat. Ich verweise neuerdings auch
auf die dies schlechte Entwicklung der österr. Exporte in die SU seit
der Multilateralisierung. Simakow bestätigt, dass dies auch was Handels-
rat Karmasin schon immer gesagt hat, nur eine vorübergehende Erschei-
nung ist. Mehrlieferung von Gas muss aber zur Rückzahlung der Kredite
verwendet werden und er möchte daher auch, dass noch andere Importe aus
der SU steigen sollen. 1971 wurde ja fast für 20 Mill. $ Gas bezogen.
Die Schillingfakturierung, die ebenfalls von mir neuerdings urgiert wird,
wir-d angeblich jetzt positiv erledigt. Die sowj. Staatsbank hat mit
dem Vertreter im Ministerium nämlich Vizehandelsminister Alchimow
Besprechungen geführt. Ich verweise auch, dass die Kritiker, die
seinerzeit den Abschluss der Multilateralisierung abgelehnt haben,
jetzt scheinbar recht kriegen. Simakow versteht glaube ich meine Bedenken
und wird sich sicherlich bemühen und Patolitschew davon überzeugen,
dass sie mehr in Österreich kaufen.
Min.Rat Dr. Kadow vom Wirtschaftsministerium in Bonn arbeitet dort
die Betriebsvergleiche aus und untersucht die Werft und Flugzeugwerke,
um Staatliche Förderungen zu gründen. Zur Preisbildung haben sie noch
den Preiserhöhungsantrag Kali und für Zündhölzer untersucht. Weiters
überprüfen sie die öffentlichen Aufträge, die z.B. das Sozialministerium
für die Kriegsopferversorgung, d.h. Prothesen und Orthopädieschuster
machen. Dort stellen sie den Kostenfaktor fest, sodass auf die einzelnen
Arbeitsstunden dann sofort die entsprechende Beträge errechnet werden
welche die Orthopädieschuster bekommen. Weiters überprüfen sie, ob
Dumping bei den einzelnen Produkten vorliegt. Kadow beklagt, dass die
Wirtschaftstreuhänder, aber auch die Institute für Betriebsvergleiche
ähnlich der z.B. Prof. Heinrich bei uns macht, mehr nach betriebswirt-
schaftlichen Gesichtspunkten erstellt sind. Er meint, dass für die Wirt-
schaftsverwaltung eine eigene Grundlage geschaffen gehört und vor allen
die Prüfer hier andere Gesichtspunkte anwenden sollten. Ich kann mir
schon im Geiste vorstellen, wie die LSÖ seligen Angedenkens, die Nazis
hatten diese Leitsätze für die öffentlichen Aufträge entwickelt, fröhliche
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Urstände feiert. Damals haben diese Leitlinien die Grundlage für
die amtliche Preisregelung gegeben. Die Unternehmer sind dabei herr-
lich gefahren. Hier ist es zweckmässig neben dem Kartellamtsleiter
Günther nun auch den Leiter des Wirtschaftsministeriums, der auf
der Gegenseite eigentlich agiert, kennenzulernen. Mehr Erfahrungen
können uns sicherlich helfen. Seine perfekten Auffassungen, die er
wahrscheinlich präsentiert wird, könnten und sollten wird gar nicht
bei uns in Angriff nehmen, um sie zu verwirklichen.
Lachs erzählt beim Mittagessen, dass er mir Mussil Besprechungen
geführt hat wegen administrativer Preisbestimmung. Mussil meint,
dort wo der Wettbewerbs nicht existiert, wie z.B. bei Kartellen und
marktbeherrschenden Unternehmungen müsste man tatsächlich etwas
tun. Im Zuge der Mehrwertsteuereinführung glaubt er, dass damit
das Eis gebrochen wäre. Ich teile diese Auffassung eigentlich nicht,
denn Mussil wird nur immer wieder versuchen, auf den Termin
blickend über die Schwierigkeiten hinwegzukommen. Konkrete Zusagen
werden kaum zu erreichen sein, wir werden ja sehen, ob diese Beirats-
studie, die mit diesem Gespräch von Lachs freigemacht werden sollte,
tatsächlich erscheinen wird. Ich glaube eher nein, es wird
zwei verschiedene Varianten geben, wenn sich die Präsidenten dazu
entschliessen können, was ich auch als unwahrscheinlich halte.
In der interministeriellen Sitzung über Integration berichtet
Reiterer über das Ergebnis der Arbeitsgruppensitzung. Der Bericht,
der Freitag schon sehr unvollständig bei mir war, ist auch hier
eigentlich sehr oberflächlich und eher negativer, als die Verhandlungen
gelaufen sind. So meint er, dass bei der einfachen Überwachung
für die sensiblen Produkte die EWG in Hinkunft auch sofort die Schutz-
klauseln angewendet haben will, ohne mit uns eine Konsultation
abzuführen. Hier springt Marquet sofort mit seinem scharfen Verstand
ein und meint, bei den Schutzklauseln müsste doch auf alle Fälle
eine Gefahr für das Produkt vorliegen und man müsste uns doch konsul-
tieren resp. es kann nicht aus der einfachen Überwachung
sofort ein Schluss der Präferenz erfolgen. Reiterer schwenkt sofort
um und bestätigt diese Meinung. Dr. Ertl von der Handelskammer
hat sich obwohl die Verhandlungen französisch geführt werden, umfang-
reiche Aufzeichnungen gemacht und ergänzt einige Male die Aus-
führungen Reiterers. Reiterer referiert aus dem Kopf, was auf mich
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keinen positiven Eindruck macht. In einem solchen Fall hätte er müssen
dieselbe Reihenfolge und vor allem einmal dieselben Aussagen machen wie er
mir gegenüber am Freitag ausgeführt hat. Dies war aber nicht der Fall.
Bei den Agrarfolgeprodukten will Strasser von der Landwirtschaftskammer
eine endgültige Stellungnahme der Regierung haben, damit er sich einrich-
tet, wie in Hinkunft die Präsidentenkonferenz zu den Integrationsverhandlungen
stehen soll. Er meint, der point of no return wird bald erreicht sein.
Ich korrigiere, dass der point of no return bereits überschritten ist.
In der Abschöpfungsfrage werden wir auch mit dem Gewerkschaftsbund
und der Arbeiterkammer zu einer Lösung kommen. strittig ist nur wirklich
das Teigwarenproblem und in der Datumsfrage ist das eine rein österrei-
chische Angelegenheit. Die EG, wie Ertl selbst erklärt, wird nichts dagegen
haben, wenn wir die Erstattung bis zum Weltmarktpreis durchführen.
Eine Tiefererstattung würden sie ablehnen, die kommt aber für uns sowieso
nicht infrage. Die Erstattungsfrage nimmt nicht nur die AK und der ÖGB
sondern auch der FM eine sehr negative Haltung sein.Da er auch dafür aus-
schliesslich zuständig ist, müssen sie sich mit dem Finanzminister ins Ein-
vernehmen setzen. Wie immer wartet er aber auf konkrete Unterlagen, die man
ihm seit Monaten versprochen . Einleitend hatte ich die interministeriel-
le Kommission darauf aufmerksam gemacht, dass in Hinkunft eine bessere Be-
richterstattung des Handelsministeriums über die Verhandlungen erfolgen
wird, sodass nicht über die Massenmedien und Zeitungen so negative Be-
richte von den Reportern der ausschliesslich den Redaktionen zur Verfügung
stehen. Der Vorschlag wurde ohne Diskussion zur Kenntnis genommen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte, wenn Du in Brüssel bist, alles genau organi-
sieren und auf Ministerweisung abstellen, wenn es Widerstände geben sollte.
Während der so wichtigen Integrationssitzung wird mir im Tagesprogramm
Berg- und Hilfsgewerbe wegen Isolier-Kongress in Brüssel, Gewerbeordnung
und Umweltschutz angekündigt. Tatsächlich erscheint dann ein Mann und hofft
eine Subvention zu bekommen. Ich erkläre sofort, dass wir dafür kein Geld
haben, er wird wahrscheinlich sowieso von anderen Stellen Wifis usw.
unterstützt. Dann ist er selbstverständlich auch mit einer moralischen
Unterstützung einverstanden. Er wollte überhaupt nur dem Ministerium
Bericht erstatten. Da ein Referent ausgefallen ist und vielleicht sogar ein
anderer Referent von Österreich für diesen Kongress gewonnen werden könne.
Über Gewerbeordnung und Umweltschutz stand überhaupt nichts zur Debatte.
Wahrscheinlich hat sich der Mann unter falschen Vorspiegelungen in mein
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Tagesprogramm eingeschlichen. In Hinkunft aber muss man glaube ich
trachten, solche Leute wirklich gleich an die Sektionen resp. Abtei-
lungen weiterzugeben. Ich weiss, dass es sehr schwer ist, dass manche
Leute nicht bereit sind, zu erklären, warum sie mit dem Minister sprechen
wollen. Es ist auch sicherlich besser, ich spreche mit einem mehr als
einen weniger, der dann beleidigt ist, wenn er sich nicht auf die Sektionen
oder Beamten abschieben lässt. In so einem Fall aber bitte auf alle Fälle
ins Parlament zur Aussprache schicken.
In der Arbeitsgemeinschaft der Minister über Preisfragen hat Kreisky
unseren Entwurf über das Preispapier bereits in der Hand. Er ist sehr
positiv zu solch einer Arbeit eingestellt, macht nur einige kritische
Bemerkungen. Erst möchte er, dass wir uns nicht Wirtschaftskommission
nennen, denn es soll einen Parteivorstandsbeschluss geben, der uns dies
eigentlich sogar verbietet. Er möchte vor allem einmal in dem Papier
keine Analyse der zukünftigen Entwicklung, denn es haben sich sowohl
die Schweden zu optimistisch und die BRD zu pessimistisch so geirrt.
Es sollten höchsten OECD-Empfehlungen zitieren Forderung mit der Ab-
stimmung der Landeshauptleute betr. die Budgetgebarung wird von Kreisky
das nächste Mal in der Landeshauptleutebesprechung angeschnitten. Androsch
dagegen meint, dies müsste ja bereits jetzt beim Finanzausgleich wieder
relevieren. Auf alle Fälle soll es aus dem Papier heraus. Er möchte die-
ses Papier dann als Grundlage für die Arbeitsgruppe der Minister an
den Ministerrat nehmen. Er war glaube ich sehr befriedigt von mir zu
hören, dass dies auch unsere Absicht war und dass insbesondere das Redak-
tionskomitee jetzt eine endgültige Fassung ausarbeiten wird.
Kreisky will auch wissen, wie wir die Preisbeobachtung der Arbeiterkammer
einschalten könnten. Ihm schwebt eine Preisinformationsstelle vor.
Indem ich ihm erklärt habe, dass wenn die grosse Kompetenz kommt, ich
ja überhaupt keinen Apparat haben werde, stehe ich bereits mit dem
ÖGB-Präsidenten und der Arbeiterkammer Fühlung aufgenommen, damit
diese wieder meine aktivere Preisbeobachtung durchführen. Kreisky meint,
dass auch das Statistische Zentralamt entsprechende Unterlagen für die
Indexberechnung besitzt. Häuser und auch ich erklären, dass dies voll-
kommen unzulänglich ist. Wir kommen zum Schluss überein, dass diese
Preisinformationsstelle drei Quellen haben könnte: 1. die jetzt dem
BM f. Inneres zugehenden Mitteilungen der Landespreisbehörden. 2. das
Statistische Zentralamt, soweit es die Erhebungen für den Grosshandels-
index und den Lebenshaltungskostenindex macht und 3. die Institutionen
hier besonders AK, ÖGB, aber vielleicht auch die Handelskammer.
Rösch hat in der Preisauszeichnungspflicht jetzt ein Schwerpunkt-
programm ähnlich wie ich es für die Verkehrserziehung vorgeschlagen
habe, in Angriff genommen. Er hat Wien jetzt ersucht, es soll sektoren-
weise z.B. die Preisauszeichnung geprüft und dann ihm sofort gemeldet
werden. Primär kämen jetzt einmal die Geschäftsstrassen in Frage. Die
Idee halte ich für sehr gut. Ich berichte dann noch über die Erhöhung
bei PKW und dass ich jetzt auch, wenigstens bei Volkswagen einen Teil-
erfolg erzielen könnte.
Kreisky weist insbesondere auch auf seine Verhandlungen mit den Haupt-
städten bezüglich der EG hin. Das Interimsabkommen meinte er hätten wir
eine Möglichkeit verpasst durch Zollsenkungen einen gewissen Druck
auf das Preisniveau auszuüben. Androsch meint, dass nur in Verbindung
mit der Mehrwertsteuer eine solche Zollermässigung, die ihm viel Geld
kostet, sinnvoll ist. Ich – und Kreisky teilt diese Auffassung – bin
de Meinung, dass das Globalabkommen jetzt aber das Interimsabkommen
endgültig ablösen wird. Da ursprünglich geplant war, dass er nur
Vier-Augen-Gespräche führt, jetzt sich aber herausstellt, dass z.B.
die Engländer eine ganz grosse Sitzung mit ihm machen werden,
schlage ich ihm vor, Reiterer doch mitzunehmen. Er hat prinzipiell
nichts dagegen einzuwenden, wird – wenn das Programm endgültig fest-
steht – sich dann entscheiden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich selbst will dies Reiterer nicht mitteilen,
denn zum Schluss überlegt es sich Kreisky noch einmal, was ich aber
kaum glaube, bitte deshalb Reiterer deinerseits verständigen.
Weihs berichtet, dass nun für die österreichischen Weine am 10.II. im
Bundesrat der BRD unser Vorschlag hundertprozentig durchgegangen ist
und damit sei ein weiterer Forderungspunkt der Agrarier bei den
EG-Verhandlungen erfüllt.
Nach der Sitzung sprach ich mit Rösch, ob es nicht zielführend wäre,
doch eine oder die andere Kraft der Preisregelung jetzt bereits in
mein Ministerium zu transferieren. Rösch bittet davon Abstand zu neh-
men, solange nicht das grosse Kompetenzgesetz im Parlament be-
handelt wird. Seine Leute waren ja gegen diese Lösung und sowohl Singer,
mit dem ich natürlich vorher geredet hätte, als auch die anderen Damen
und Herren sich sehr glücklich, dass sie zu uns herüberkommen. Im jetzige
Zeitpunkt wäre also eine Transferierung äusserst ungünstig und von ihm
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kaum mit friedlichen Mitteln durchzusetzen. Wir einigen uns, dass
ich daher Abstand nehme, bis das Problem im grossen Kompetenzgesetz im
Parlament behandelt wird.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtet Rösch, dass ein Journalist
von der deutschen Zeitschrift Stern behauptet, dass die Jewish Agency
den Geheimdienst Sochnut bei den Russland-Auswanderern sofort einsetzt.
Sie wollten mit diesen Auswanderern Kontaktgespräche aufnehmen und
sofort hat irgendein Mann erklärt, sie sollten keine wie immer gear-
teten Auskünfte geben. Ebenso wurde Fotografieren verboten. Stern
steht auf dem Standpunkt, er hätte hier öffentliches Interesse, um
Informationen über diese Aktion zu geben. Rösch meint, hier gibt
es eine gewisse Intimgrenze, niemand könnte verpflichtet werden, sich
fotografieren zu lassen oder gar Auskünfte zu geben. Im Jänner sind über
3.000 ausgewandert und an einem Tag sollen 5.000 in der österreichischen
Botschaft in Moskau um Visa angesucht haben.
30.000 Geldkreuz-Granaten in Gross-Mittel müssen nun, da sie sich
in einem Wasserschutzgebiet befinden. saniert werden. Die einzige
Lösung ist, sie in Beton einzugiessen. Dies kostet ca. 10 Mill. S.
Nach 50 Jahren nimmt man auf Grund der jetzigen Erfahrungen an, dass
das Gelbkreuz seine Wirkung vollkommen verloren hat.
Ausser den Arbeitsgruppen Wirtschaftsgesetze am 21. und der Arb.Gr.
Pressefragen am 28.II. will Kreisky auch noch mit mir und einigen an-
deren Ministern über das Fernheizwerk Pinkafeld, über die Graz-Köflacher
Bergbau und über die Wolfsegg-Traunthaler Kohlenrevier reden. Dies
seien auch Länderwünsche. Kery und Sima hätten sich auch besorgt an ihn
gewendet, da über Vorgriffe bei den Strassenbau die westlichen Bundes-
länder bevorzugt werden. Ich glaube, hier handelt es sich um das von
ihm angekündigte Grossprojekt der Arlberg-Untertunnelung. Ich hoffe und
bin auch überzeugt, dass diese Kommissionen, die jetzt für die Probleme
eingesetzt werden, nur vorübergehender Art sind. Wenn dies nämlich
nicht der Fall ist, dann kommen wir in genau dasselbe Dilemma, das Klaus
gehabt hat, der am Ende seiner Regierungsperiode Dutzende Kommissionen
eingesetzt hat, die allerdings nur wenig erreicht haben. Mit einer" Kommis-
sionitis" ist einem nicht geholfen.
Frau Minister Leodolter habe ich zu meinem Konsumentenforum eingeladen
und sie war darüber sehr erfreut. Ich glaube auch, dass man mit ihr
wirklich bei entsprechender Vorbesprechung eine zielführende Abgrenzung
betreffend die Warenkennzeichnung erreichen kann. Man soll sie auf gar
keinen Fall überfahren, damit sie dann nicht bei ihrer Bürokratie ent-
sprechende Schwierigkeiten hat. Ich glaube aber, durch eine kurze Informa-
tion, wie sie sich bereit erklären, in einem kleinen Komitee die end-
gültige Abgrenzung jetzt zu finden. Sie stimmte deshalb auch meiner Idee
zu, dass einen Unterausschuss aus dem Konsumentenforum für diese
Frage im Kennzeichnungsausschuss einsetzen.
Kirchschläger bespreche ich neuerdings das DDR-Problem. Kirchschläger
hat, ohne dass er ihnen schriftlich mitteilte, den DDR-Vertretung das Visa-
Recht gegeben. Damit haben sie das von ihnen geforderte de facto nicht
aber de jure. Eine wirklich gültige Regelung des Vorschlages sieht
Kirchschläger erst, wenn die UNO daran geht, die DDR anzuerkennen.
In diesem Fall würde noch rechtzeitig auch unsererseits noch alles unter-
nommen werden, um unsere Verhältnisse zur DDR zu legalisieren. Kirchschlä-
ger hat dagegen nichts einzuwenden, ja er wünscht es sogar, dass wir
die DDR wissen lassen, dass durch unsere Intervention das Aussenamt
jetzt bereit war, ihnen diesen Wunsch der Visa-Erteilung zu erfüllen.
Bekanntlich hat vor etlichen Monaten Sallinger eine diesbezügliche Zu-
sage gemacht, die allerdings dann von Kirchschläger nicht akzeptiert wurde
und deshalb wahrscheinlich auch eine gewisse Verstimmung bei der DDR
herrscht.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte dies als unseren Erfolg Ray mitteilen.
Bei der Premiere von Krambambuli erkläre ich den Bankenvertretern, dass
ich nun endgültig ihr Konzept über die Entwicklung der beabsichtigten
Filmförderung endlich erwarte. In einem anschliessenden Gespräch, das
Antel wünscht, dass ich mit den Kuriervertreter Hayek führe, kommt
auch die Filmförderung zur Sprache. Ich erkläre ihm genau unser System,
dass sich wesentlich vom Kulturfilmsystem des Sinowatz unterscheidet. Hayek
meint, es wird dann eigentlich zwei Abteilungen in diesem Gesetz geben.
Ich erkläre, dass noch gar nicht feststeht, ob nicht zwei Gesetze
kommen könnten und sollten. Mein Ziel ist es ausschliesslich von den
ca. 10 Filmen, die jetzt gedreht werden, im Idealfall eine doppelte
Anzahl, d.h. 14 Filme in Österreich herstellen zu lassen. In der besten
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Zeit wurden 20 Filme gedreht. 14 Filme, so bestätigte mit Antel aber
auch Muliar, der bei dieser Aussprache anwesend ist, da seien die Ate-
liers vollkommen ausgelastet. Das Wien-Film-Atelier am Rosenhügel wird
ja nach 2 Jahren frei, wenn das Fernsehen auf den Küniglberg übersiedelt
und, ohne dass ich es dort ausspreche, ist meine Absicht, dass zu diesem
Zeitpunkt spätestens die Filmförderung schon stehen muss, damit wir
die Wien-Film-Rosenhügel auslasten können.
Ich erzähle auch dort mit Stolz, dass Jungbluth imstande war, den Opern-
ball mit 400.000 S aktiv abzuschliessen. Bis jetzt hat er immer nur ein
Passivum gehabt. Jungbluth erzählt mir, dass die Frau, die bis jetzt
den Opernball arrangiert hat, eine Gräfin Schönfeldt, eine sehr eigenwil-
lige Dame sei. Er hätte Almdudler, Klein, versprochen, dass er eine Loge
haben könne und sie habe glatt erklärt, es sei keine mehr vorhanden.
Jungblut erzählt, dass er heuer mit 23 % am Sekt beteiligt war, im
nächsten Jahr aber wird er die ganze Sektbestellung überhaupt nur mehr
selbst organisieren und übernehmen. 850.– S die Flasche kann man sich
vorstellen, dass er wirklich als geschäftstüchtiger Manager hier ver-
standen hat, sich Einnahmequellen zu erschliessen. Muliar ergänzt,
dass er bei einem früheren Opernball einmal von einem Kellner mindestens
10 Flaschen für seine Freunde usw. bekommen hat. ohne auch nur einen
Groschen bezahlen zu müssen. Hier herrschen Zustände, die wahrlich nur
Jungbluth wird ändern können.
Ähnliche Verhältnisse, wenn auch sicherlich nicht so schlimm, herrschen
bei uns in der österreichischen Fremdenverkehrswerbung. Luczensky er-
klärt mir, wie er bei dem Mietvertrag ebenfalls hereingelegt wurde.
Die AUA hätte mit dem Amerika-Lokal eine gute Lösung für sich, aber eine
sehr sehr schlechte für uns gefunden. Ich erklärte Luczensky sofort,
dass noch keine endgültige Entscheidung gefallen ist, da ich nur mehr
bereit bin in Hinkunft aber auch schon für die Vergangenheit auf
schriftliche Anfragen und schriftliche Erklärungen schriftlich zu
antworten. Mündliche Zusagen, die Langer-Hansel gegeben hat, halte
ich für als nicht bindend. Ich weiss, dass es oft eine Verkettung von
Umständen gibt, die dann den Eindruck entstehen lassen, hier sei mit
unredlichen Mitteln vorgegangen worden. Wenn dies, wie ich hoffe, bei
uns in der ÖFVW nicht der Fall ist, muss doch oft der Eindruck ent-
stehen. Hier wäre es notwendig, einen wirklich tüchtige Mann als Nach-
folger für Langer-Hansel zu finden. Luczensky hat mir erklärt, er wird
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sich umsehen, er hätte einige, die auch die Länder eventuell
akzeptieren würden. Ich glaube, nachdem Patzak jetzt endgültig aus-
scheidet, wäre es endgültig Zeit, wenn wir einen guten Mann präsen-
tieren könnten.
Tagesprogramm, 14.2.1972
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)