Freitag, der 11. Februar 1972

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Freitag, 11. Feber 1972

Komm.Rat Hinteregger, der den Skilift Reidl am Annaberg betreibt, kam,
weil er 2,4 Mill. S Schulden zu bezahlen hat und derzeit keine Einnahmen.
Richtig ist, dass die Skilifte heuer besonders schlecht ausgelastet sind,
obwohl im November und Anfang Dezember ein gutes Geschäft war. Hinteregger
ist aber ein typischer Fall, der aus seinen sonstigen Einkommen diese
Finanzierungslücke leicht überbrücken kann. Bei dieser Gelegenheit er-
klärte ich ihm auch, dass sein Vorgehen bei der Preiserhöhung für Ford-
Autos auf die Dauer von uns nicht akzeptiert werden könnte. Er meinte
zwar, im Durchschnitt sei nur 3,8 % erhöht worden, da die M-Serie, wo er
allein im Service-Stern 610 verkauft hätte und 33 Mill. Umsatz hat, Null-
Erhöhung zu verzeichnet hat. Die anderen Ford-Wagen aber, mit 2.260 Stück
und 152 Mill. hätten bis maximal 6,4 % für den Escort betragen.

Die Abteilung 25, die die Preiserhöhung für Autos kontrollieren soll,
hat nun versucht, Erhebungen bei den einzelnen Firmen zu starten. Ich
habe Samstag vormittags am Eis Min.Rat Storek getroffen, der mit erklärt
hat, es hätte sich Sekt.Rat Hönel sowieso an ihn gewendet, Er würde jetzt
alle diesbezüglichen Erhebungen führen. Bei dieser Gelegenheit erfuhr,
ich, dass seinerzeit die technische Kraftfahrabteilung die gesamte Kompe-
tenz in unserem Haus für Kraftfahrfragen, Preiserhöhungen, Einfuhren, tech-
nische Beratungen usw. gehabt hat. Ich weiss nicht, ob es zielführend ist,
eine solche Regelung wieder herbeizuführen. Auf alle Fälle aber müsste man
das Wissen dieser Leute für die Industriepolitik, d.h. die Sektion III,
nützen.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diesbezügliche Vorschläge mit den Beteiligten
besprechen.

Ich glaube, dass es wesentlich zielführender wäre, wenn wir die Importeure
von dritter Seite stark beschiessen lassen, damit sie unter diesem Druck
bereit wären, mit uns bessere zu kooperieren. Die Importeurgruppe
in der Handelskammer, d.h. die Vertretung dieser Importeure unter Vorsitz
von Breier ist sehr unwirksam tätig derzeit. Der Vizevorsitzende Basch
ist gleichzeitig VP des ÖAMTC. Die Vertreter von General Motors, Ford,
Chrysler, Renault und Citroen sind überhaupt Werksvertreter und Angestellte
der Mutter-Werke. Nur Volvo und Peugeot sind österreichische selbstständige
Vertreter. Wenn es nicht gelingt, die Importeurgruppe durch Vermittlung


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des Handelsministeriums von Angriffen zu schützen, dann werden
die überhaupt natürlich sich immer gegen unsere Intentionen stellen.
Meiner Auffassung nach müsste es aber möglich sein, die Importeure
davon zu überzeugen, dass sie so wie es das VW-Werk heute macht
bei ihren Mutterwerken erklären, dass sie durch die spezifischen öster-
reichischen Verhältnisse verpflichtet sind, eine vorsichtigere Preis-
politik zu betreiben. Ich gebe mich keiner Illusion hin, dass die
VW-Vertretung in Österreich – Direktor Schneider-Manns Au – natürlich
auch die VW-Interessen Deutschlands bei uns hie zu vertreten hat.
Doch glaube ich ihm, wenn er mir erklärt, dass unter ständigem Hinweis
auf die Härte unserer Verhandlung und die Angriffe, denen er sonst
ausgesetzt ist, doch einige Erleichterungen erzielen kann.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Hier müssten wir einen Propagandafeldzugsplan
erarbeiten.

Die Sitzung des Wiener Ausschusses und des Gemeinderatsklubs sollte
sich mit dem Entwicklungsprogramm der Stadt Wien beschäftigen. Na-
türlich wurde zuerst lang und breit von Probst und Slavik über die
Anwürfe der ÖVP berichtet, sowie diskutiert. Ich wollte mich zu
Wort melden um zu erklären, dass die jetzige Diskussion und die In-
formation zu spät ist. Ein anderer Diskussionsredner hat das aber
bereits vor mir erklärt, sodass ich mir meine Wortmeldung ersparen
konnte. Slavik bestritt aber, dass dieser Vorwurf berechtigt wäre.
Er und die Wiener Organisation hätten erkennen müssen und hatten
wahrscheinlich auch erkannt, dass der Gegner dieser Angriff starten
wird. An Stelle des zögernden und nur immer unter dem Druck der In-
formation der anderen Seite nachgebenden Mitteilung für unsere Ver-
trauensmänner und der Gegenstellungnahmen hat es den Eindruck als ob
wir wirklich etwas zu verbergen hätten. Genau dasselbe spielt sich
jetzt wieder bei der Prüfung mit dem Rechnungshof ab. Der Rechnungshof
hat angeblich, so behauptet Kandutsch, die Absicht, die Grundstückstrans-
aktionen der Gemeinde genau zu prüfen. Die ÖVP behauptet nun, Slavik
hätte die Aufforderung an den Rechnungshof, eine genaue Prüfung vorzu-
nehmen, nur deshalb jetzt gestellt, um von den anderen Tatbeständen
abzulenken. Hätte Slavik aber z.B., als der Rechnungshof überhaupt er-
klärt hat, dass er jetzt Einschau bei der Gemeinde Wien nimmt, sofort
gesagt, dass die und die Punkte von den Gegnern immer wieder angegrif-
fen werden und dass er daher diese Punkte genau kontrolliert haben will


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dann wäre es besser in der Öffentlichkeit angekommen. Überhaupt
versagt in meinen Augen das Informationszentrum der Gemeinde Wien
vollkommen. Entweder hat Slavik die Kommunaljournalisten, die primär
gegen die Gemeinde Wien schreiben überhaupt nur in dieses Informa-
tionszentrum genommen, damit er lästige Kritiker wegbringt, oder diese
Leute wollen jetzt oder können nicht ihre Aktivitäten im Interesse
der Gemeinde Wien einsetzen. Vielleicht ist es aber auch so, dass
gerade diese Kommunalpolitiker aus der bürgerlichen Presse jetzt von
ihren Nachfolgern als bestochene Subjekte bezeichnet werden und ihre
Informationsmöglichkeit oder ihr Einfluss auf die Schreibweise ihrer
Nachfolger nur einen negative Auswirkung hat. Vielleicht war es aber
auch wirklich die Taktik der ÖVP und insbesondere der bürgerlichen
Seite Slavik bereits jetzt so arg zu attackieren, dass es unmöglich
sein wird, das Image bis zu den nächsten Gemeinderatswahlen zu ver-
bessern. Selbst wenn sich seine Unschuld herausstellt, wird es kaum
möglich sein, mit dem Itgliedseffekt, der dann eventuell zu erwarten
ist, den Negativ-Effekt wettzumachen.

Bei dem beabsichtigten Mittagessen im Palais Schwarzenberg war über-
haupt niemand anwesend bei meiner pünktlichen Ankunft, als Zimmermann
von der ÖIAG. In weiterer Folge kamen dann erst verspätet die Ratio-
und Waagner-Biro-Leute. Der Wirtschafts- und Finanzminister in einer
Person und der Verkehrs- und Industrieminister noch mit einem dritten
Mann, dessen Funktion ich nicht genau erfuhr, waren eingeladen worden.
Sie hatten mit Waagner-Biro ein Geschäft auf Plastik-Silos abgeschlossen,
die man verschiedentlich transportieren kann. Ratio selbst will vor al-
lem ein grosses Fremdenverkehrsprojekt für Togo ausarbeiten. Die Togoer
erwarten, dass sie eine entsprechende Entwicklungshilfe von uns be-
kommen könne. Gesandter Müller vom Aussenamt hat die Verhandlungen ge-
leitet. Vom Finanzministerium war Dr. Staringer anwesend. Das Handels-
ministerium war nicht vertreten und ich betrachte dies sogar als
eine positive Seite. Ich selbst habe daher laos nur den Ministern alles
Gute gewünscht und mich ein bisschen mit ihnen unterhalten und habe
dann darauf verzichtet, an dem Mittagessen teilzunehmen.Wenn ich gewusst
hätte, dass die Firma Ration dies auf seinem so tiefen Niveau macht,
hätte ich mich überhaupt nicht dazu bereit erklärt. Nicht dass ich
nicht mit der Firma Ratio und Waagner-Biro gerne verhandle, aber
ich glaube, es ist unzweckmässig, wenn ich mich von solchen Leuten
zu einem Mittagessen einladen lasse. Wo kann ich dann abgrenzen, wenn


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mich andere Firmen zu einem Mittagessen einladen. Eine Erklärung
zu den österreichischen Teilnehmern, warum ich überhaupt gekommen
war, habe ich dahingehend abgegeben, dass die Minister aus dem schwarzen
Erdteil sehr empfindlich sind wegen ihres Prestiges und ich wollte
ihnen die Gelegenheit geben, dass sie mit mir doch über ihre Probleme
sprechen können. Lieber wäre mir allerdings gewesen, sie wären zu mir
ins Büro gekommen.

Anmerkung für Heindl: In Hinkunft bitte womöglich ins Ministerium
vereinbaren.

Bei der wirtschaftspolitischen Kommission der Soz. Partei nahm erstmals
Androsch teil und hat gleich ein Referat über die nächsten Arbeiten
gehalten. Meiner Auffassung nach wird der Inflationsdruck 1972 weiter
andauern. Er erwähnte die Vereinbarungen mit den Kreditinstituten und
der intaionalen Banken, obwohl mir die Nationalbankgenossen erklärt
haben, daß die 1%ige Mindestreserve, 1,8 Md. stillegen, unzulänglich
sind, hat in der Diskussion niemand darauf Bezug genommen. Das
von Koppe zusammengefaßte Papier über die Stabilitätspolitik hatte er
dem finanzpolitischen Teil betreffend Einwendungen. Hätten wir dieses
Papier aber nicht vorgelegt, dann wäre die ganze Sitzung wieder ein
reines Blabla gewesen. Interessanteste Kritik lieferte Reithofer,
der meinte, wir hätten jetzt in der SPÖ Zeit eine Überinformation ge-
liefert. Klaus hätte eine überadministrative Gesetzesflut verursacht
und damit Schiffbruch erlitten. Wir würden durch die ununterbrochenen
Mitteilungen über Mehrwertsteuer, über Einkommensteuer usw. in Wirklichkeit
nur die Bevölkerung memulve machen und letzten Endes dann legt Klaus
mit seiner administrativen Gesetzes die Konsequenzen zu spüren bekommen.
Hier trifft sich Reithofer mit Benya, der ebenfalls immer größte Be-
fürchtungen hat, daß zuviele Ziffern und Detailinformationen, bevor sie
vereinbart wurden, bereits in die Öffentlichkeit dringen. Dem vorzu-
beugen habe ich strengstens beachtet, daß nur jeder 1 Exemplar von unserer
Arbeitspapier bekommt und daß er dies wirklich streng vertraulich be-
handelt. Veselsky war deshalb ein bißchen verschnupft, weil er gleich
die restlichen Exemplare mitnehmen wollte, angeblich für seine Mitarbeiter.
Es ist aber nicht bekannt, daß er so viele Mitarbeiter im Büro hat.
Ich habe eher angenommen, daß er die dann verschicken wird. Wir wollen
dieses Papier der preispolitischen Arbeitsgruppe der Bundesregierung
vorlegen und dem Unterausschuß aus Vranitzky, Kienzl, Reithofer und
Koppe werden die endgültige Fassung jetzt erarbeiten. Dieser Aussprache
zeigte sich für mich wieder, wie schwierig es ist von allgemeinen Formu-


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lierungen wie wir es in unserem Wirtschaftsprogramm gehabt haben,
und wie sie Edi März noch immer vertritt, zu den konkreten Be-
schlüssen zu finden. Androsch sagte mit recht, daß sich das 10-jähr.
Investitionsprogramm in der Grundsatzkonzeption leicht verwirklichen
hat lassen. Die Detailplanung aber ist äußerst schwierig. Die Wünsche von
Krejci über das Kartellrecht können nicht von unserem Wirtschaftskommissi-
onsausschuß behandelt werden, solange nicht Broda anwesend ist. Die
Arbeiterkammer aber, Auracher, ist ja derzeit bereits im Justizministerium
in Verhandlungen über das neue Kartellgesetz. Eine Abstimmung zwischen
den einzelnen Kollegen in der Arbeiterkammer dürfte deshalb auch nicht
mehr sehr gut funktionieren. Ich gebe allerdings zu, daß es immer große
Schwierigkeiten bei der Abstimmung des Vorgehens der Arbeiterkammer
zu den Kartellgesetzen gegeben hat. Wirlandner und Auracher waren immer
der Meinung, daß das jetzige System über die Berichte das bessere ist,
während alle Volkswirtschaftler eigentlich für die administrative Ver-
waltungsregelung eintraten. Im Kompetenzgesetz wurde aber festgelegt
und Kreiskys sein besonderer Wunsch war es, in der letzten Phase daß
dies auch dem Rechtswege bleiben sollte und Broda damit automatisch
zuständig ist. Wir werden in der nächsten Sitzung mit Broda über dieses
Problem eingehend diskutieren.

Anmerkung für WANKE:
Auch hier wäre es zweckmäßig, wenn Krejci und Auracher ein Papier vor-
legen würden.

Da Androsch früher weggehen mußte, wurde dann eigentlich während seiner
Abwesenheit beschlossen, daß wir über das Kreditwesengesetz beim nächsten
oder übernächsten Mal einen Vortrag der Arbeitsgruppe des soz. Wirtschafts-
programmes dieses Problem bearbeitet hat, berichten soll. Hier fürchten
die Genossen der Nationalbank, daß der Kreditwesensgesetzentwurf der
Kreditinstitute weitestgehend vom Finanzminister akzeptiert wird. Ich
glaube, daß es unser Ziel sein müßte, alle diese Wirtschaftsprobleme
in der Wirtschaftskommission ernstlich vorzuberaten. An Hand von Unter-
lagen dann zu versuchen, eine Diskussionsbasis zu finden, diese Dis-
kussionsbasis dann in den einzelnen Körperschaften, die soz. Fraktion
des Gewerkschaftsbundes in der Partei usw. zu besprechen und beschließen
zu lassen. Dann gibt dies eine Basis für entsprechende Gesetzesentwürfe.
Ideal wäre natürlich, wenn die Konzepte weitestgehend vielleicht im


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Wirtschafts- und Sozialbeirat beraten und letzten Endes vielleicht
sogar dort durchgesetzt werden könnte. Bei der Preisstudie allerdings
hat sich gezeigt, daß dies unmöglich sein wird. Dies hat mich veranlaßt,
nach dem sich in den letzten Tagen die Tätigkeit eines Beschlusses der
sehr soliden Preisstudie des Wirtschafts- und Sozialbeirates als
erst unwahrscheinlich herausgestellt hat, eben jetzt in der Wirtschafts-
kommission der SPÖ eine solche Studie schön langsam ausarbeiten zu
lassen. Nur wenn ich auch Grund einer solchen Unterlage im Stande bin,
wenn ich die große Kompetenz einmal in den Preisfragen haben, ich
auf ein breiteres Forum berufen zu können, kann ich damit rechnen, in
der Öffentlichkeit, insbesondere in der Parteiöffentlichkeit bestehen
zu können. Wenn ich meine bisherige Politik auf die Übereinstimmung de
Sozialpartner aufgebaut habe, so muß ich, wenn ich dies nicht mehr er-
reichen kann und bei der Preispolitik scheint dies der Fall zu sein,
dann auf ein größeres Forum innerhalb der Partei zurückgreifen zu können.
Ansonsten wird es mir so ergehen wie es jeden anderen Genossen derzeit
ergeht. Wo Kreisky dann irgendwelche Ideen hat und die er dann
verlangt, dies durchgesetzt werden soll. Ich glaube, daß dies die tiefere
Ursache des Mißverständnisses und des Auseinanhandelns von Kreisky
und Veselsky und scheinbar auch Kreisky und Weihs. Ich teile die Meinung
Koppes, daß in den nächsten Wochen und Monaten von den Preiskomitee
der Bundesregierung kaum bedeutende Initiativen und durchschlagende
Maßnahmen gesetzt werden könne. Um wenigstens die koordinierende
Funktion dann beim großen Kompetenzgesetz aber erfüllen zu können,
muß dich einen entsprechenden Beschluß von der Regierung der Gewerkschaft
und der Soz. Partei haben, daß ich z.B. wirklich die Intentionen der
Länder bei Preis- und Tariferhöhungen aber auch der städt. und staatl.
Unternehmungen wie ÖBB und so weiter, durchführen kann. Die Koordination
kann ja ausschließlich darin bestehen, mit den Verantwortlichen
entsprechende Gespräche und Übereinstimmung zu erzielen. Da ich keinen
Apparat habe, um selbst Preiserhöhungen durchführen zu können, werde
ich auch ganz sicherlich keinen Apparat aufstellen können, der dann
sogar noch eine Preisüberwachung oder sogar eine Preispolitik in Form
einer administrativen Preisbestimmung erfüllen könnte. Ich sehe die
einzige Möglichkeit darin, daß die Bevölkerung oder zumindestens ein
großer Teil der Bevölkerung sich mit mir solidarisiert, wenn sie das
Gefühl hat, daß ich genauso machtlos wie sie als Konsument machtlos den


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Preiserhöhungen gegenüberstehen. Maximum, was ich erreichen kann ist,
daß man sagt er bemüht sich, aber er erreicht auch nur ab und zu ein
bißchen etwas. Alles andere ist in meinen Augen glatte Illusion und
wenn man hier jetzt große Pläne aufstellt, sei es von Seiten der Re-
gierung oder des Gewerkschaftsbundes und der Arbeiterkammer, die sich
letzten Endes doch nicht verwirklichen lassen, dann erweckt man aber
in der Bevölkerung den Eindruck, es könnte hier wesentliches geschehen
und die Regierung oder Staribacher wollen dies nicht.

Reiterer berichtete über die Arbeitsgruppe in Brüssel. Er war sehr
als wir ihm die Presse vorlegten und dort gesagt wurde, daß der Dele-
gationsleiter ausgeführt hat, daß die Meinungen aufeinandergeprallt sind
und daß vor allem auch bei den nächsten Besprechungen kaum etwas heraus-
kommen wird. Reiterer meinte, er hätte eine solche positive Darstellung
der Presse nie gegeben. Wir sind übereingekommen, daß wir unbedingt
hier eine bessere Information der Presse vom Handelsministerium bei
Delegationen, Verhandlungen im Ausland, installieren müssen. Reiterer
wird in Hinkunft, jemanden von der Delegation beauftragen, unverzüglich
den Fernschreiber nach Wien zu benützen, um den Verhandlungsverlauf zu
charakterisieren. Bis jetzt ist es so, daß Reiterer und Leitner und
noch andere Herren der Delegation nach jeder Sitzung sich stundenlang
über eine Formulierung erst einigen müssen, bis sie dann am nächsten Tag
eine entsprechendes Kommunique nach Wien weitergeleitet haben. Dadurch
haben die Pressevertreter in Brüssel wesentlich früher den Eindruck, den
sie gehabt haben, in der österr. Presse und den Massenmedien weit ver-
breite und der kalte Kaffee, der dann aus dem Handelsministerium kommt,
hat niemand mehr interessiert und war auch vollkommen wertlos. Reiterer
selbst ist mit dieser Vorgangsweise nicht sehr einverstanden, Koppe wird
aber Vorkehrungen treffen, daß in Hinkunft tatsächlich eine bessere
Information von Brüssel aus direkt erfolgt. Koppe wird sich nämlich
zum Studium der Preissteigerung und auf Grund der Mehrwertsteuer-
einführung in Belgien nach Brüssel begeben und bei dieser Gelegenheit
gleich mit der Delegation und unserer Mission in Brüssel diesbezügliche
Verhandlungen wegen Informationen des Handelsministeriums führen. Reiterer
selbst hat überhaupt mitgeteilt, daß bei den ersten Verhandlungen be-
reits die Mitglieder der Delegation auf die Vorschläge der Brüsseler
Kommission eingehen wollte. Sowohl das Aussenamt als auch die Vertreter
der Handelskammer waren bereits nach Beginn der Verhandlungen sehr


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kompromißbereit. Reiterer selbst glaubt aber, daß die richtige Taktik
ist, noch immer auf dem Standpunkt Österreichs zu beharren, solange
nicht mit den anderen Neutralen abgesprochen hat, wie und auf welcher
Basis Zugeständnisse gemacht werden können. Ich bin mit dieser Taktik
einverstanden, gehe mich allerdings keiner Illusion hin, daß wir
dadurch in einen ungeheuren Zeitdruck kommen. Es wird uns zwar dann
niemand vorwerfen können, daß wir vorzeitig die Flinte ins Korn
geworfen haben, wohl aber durch den Zeitdruck bedingt, wir kaum Chancen
haben, wesentliche Änderungen der Vorschläge der Brüsseler Kommission
zu erreichen. Ich fürchte übrigens, daß die Norweger erst im September
endgültig nach der Volksabstimmung ihren Beitritt zur EWG bekunden und
bis dorthin die Kommission und die Verhandlungen und einen Abschluß
mit den anderen Neutralen sehr zurückhaltend sein wird.
Noch immer besteht die Gefahr für die Kommissionen für den Ministerrat,
daß, wenn Norwegen nicht beitritt, es dann mit den Begünstigung der
Freihandelszonenregelung wünschen als dies den anderen Neutralen ange-
boten wird. Deshalb wird die EWG bezüglich Aluminium und andere Pro-
dukte so lange eine sture Haltung an den Tag legen, bis endgültig fest-
steht, daß Dänemark, Norwegen, England und Irland tatsächlich beitreten.

Reiterer legte auch die Information von Zienert über die 3 Mio. S Kredit-
hilfe an die österr. Kontrollbank vor. Zienert hat einen Bericht
gebracht, der meiner Meinung nach zwar nicht den Tatsachen ganz ent-
spricht, aber letzten Endes in zwei Variationen vorsieht. Reiterer
selbst meint nun, er hätte diesen Bericht nicht in Detail studieren
können und deshalb auch nicht paraphiert. Er wollte ihn sozusagen
nicht verantworten. Seiner Meinung nach hätte sogar Wanke von ihm ver-
langt, er sollte eine diesbezügliche Paraphierung vornehmen, aber so
lange er dieses Problem nicht in die Einzelheiten studiert hat, gibt
er keine Unterschrift unter einen Akt. Ich bin zwar nicht überzeugt,
daß tatsächlich immer der Fall ist, aber sicherlich ist er hier vorsichtig
weil er von Zienert wahrscheinlich schon einige Male irgendwelche Bock-
sprünge erlebt hat. Haschek hat mir dann beim Empfang der russ. Handels-
vertretung für Karmasin erklärt, daß er einen diesbezüglichen Entwurf
Zienert bereits vorgelegt hat. Nach Auskunft von Haschek steht in dem
derzeitigen Vertrag tatsächlich drinnen, daß jedes Geschäft vom Ministerium
genehmigt werden muß. Zienert hat dies am Anfang auch behauptet, in der


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letzten Phase um der Bericht wieder abgestritten. Ich glaube, daß
die beste Lösung die ist, daß wir uns nur vorbehalten, Förderungen
von Exporten nur nach gewissen Ländern unter volkswirtschaftlichen und
handelspolitischen Gesichtspunkten zu genehmigen. Keinesfalls aber,
wie dies Zienert scheinbar wollte, das einzelne Geschäft. Diese
Funktion kann nur die Österreichische Kontrollbank erfüllen und
wir sollen sie darin weder beaufsichtigen, noch aber ihr den Rücken
stärken und eine Deckung geben für etwas, was
wir gar nicht prüfen können. Das typischste Beispiel war die VOEST-
Forderung auf 1 Mio. S wie sich dann herausstellte, als ich sie
nicht telefonisch gegeben habe, daß es auch ohne dieser Zusage ge-
gangen ist. Die Verantwortung dafür kann immer nur bei Beamten liegen,
die letzten Endes auch die Abwicklung durchzuführen haben. Gehart
allerdings einmal eingewendet, daß vom Standpunkt des Budgetrechte
aus unbedingt eine solche Kontrolle notwendig ist.

Anmerkung für WANKE
Bitte diesen Gesichtspunkt genau überprüfen lassen und schriftlich
von der Budgetabteilung festhalten, ob eine solche Kontrolle not-
wendig ist.

Bulgarische Botschafter und Handelsrat ersuchten mich in den Frem-
denverkehrsabkommen, welches in der nächsten Woche unterzeichnet
werden sollen, die Worte im Rahmen der Möglichkeiten zu unterstreichen. Da
das Außenamt diese Bestimmung verlangt hat, habe ich ja keine wie
immer geartete Zusage gemacht. Ich habe nur MR. Fälbl, den ich von
dieser Unterredung sofort verständigte, ersucht, er möge mit dem
Außenamt diese Besprechungen aufnehmen, ob wir in dieser Frage den
Bulgaren entgegenkommen können. Der Präsident des Fremdenverkehrsver-
bandes, der nächste Woche in Wien ist, möchte nämlich bei seiner Anwe-
senheit gleich diesen Vertrag unterzeichnen. Falls sich aber außen-
politische Bedenken wegen dieser Streichung ergeben sollten, müßte,
und darauf halte ich ausdrücklich fest, auf die Unterzeichnung ver-
zichtet werden. Der Außenhandelsminister Nedew hat das letzte Mal
auch geglaubt er kann, weil er unbedingt hier einen Vertrag unter-
zeichnen wollte, mich dazu bringen, Zugeständnisse zu machen, die


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man dann in späterer Folge nicht verantworten kann. Ich glaube,
daß hier das sachliche Interesse über das Prestigebedürfnis eines
Ministers, aber auch meiner Person stehen muß.

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Tagesprogramm, 11.2.1972




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD Kontrollbank
    GND ID: 170084094


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
      GND ID: 119083906


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: GS IV


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


          Einträge mit Erwähnung:
            GND ID: 119100339


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: MR HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Finanzminister
                GND ID: 118503049


                Einträge mit Erwähnung:
                  GND ID: 12254711X


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: KR, Betreiber Skilift Reidl (Annaberg, NÖ)


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: BK 1966-70, ÖVP


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Vors. Importeurgruppe HK; Falschschreibung?


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                            Tätigkeit: VW-Importeur


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                              GND ID: 13892421X


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                                Tätigkeit: Beamter HM


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                                  Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                                    Tätigkeit: Präs. Rechnungshof


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                                      Tätigkeit: MR HM


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                                        Tätigkeit: Wr. Bgm. bis 1973
                                        GND ID: 107489872


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                                            Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


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                                              Tätigkeit: Justizminister


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                                                Tätigkeit: AR ÖIAG; evtl. Falschidentifikation [Mai 1971 bereits ÖIAG?; auch am 21.7. gemeint?]


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                                                    GND ID: 125942052


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                                                      Tätigkeit: erst AK, dann GF INPADOC


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                                                        Tätigkeit: Vizevors. Importeurgruppe HK, Vizepräs. ÖAMTC


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                                                            Tätigkeit: bulgar. Außenhandelsminister


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                                                              Tätigkeit: Beamter HM


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                                                                Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                                                GND ID: 130620351


                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                  Tätigkeit: MR FM


                                                                  Einträge mit Erwähnung:


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                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                        Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                                          GND ID: 102318379X


                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                            Einträge mit Erwähnung: