Donnerstag, 10. Feber 1972
Beim Abschiedsbesuch des Handelsrates Karmasin und der Vorstellung des
neuen Handelsrates Wassiljew erklärt mir Karmasin, dass die SU Ver-
ständnis dafür haben wird, die Aufträge in Hinkunft an österreichische
Firmen mehr den österreichischen Gegebenheiten anzupassen. Insbeson-
dere habe ich seinerzeit wegen der Auftragslage bei Voith ersucht,
man hätte doch können Papiermaschinen oder ähnliche Aufträge der Firma
geben. Karmasin hat damals zugesagt, er wird alles Mögliche unternehmen
um in Hinkunft einen besseren Export von Österreich zu ermöglichen.
Bei der Multilateralisierung ist nämlich der Export zurückgegangen
und Karmasin meint, dass dies nur eine Verrechnungsfrage ist. Da die
österreichischen Exporte langfristige Investitionsgüter betreffen,
kann es dazu kommen, dass vorübergehend ein Importüberschuss der SU zu
verzeichnen ist. Bezüglich Mehrlieferung von Gas hat er noch keine
konkreten Mitteilungen, versichert aber neuerdings, dass Österreich
mit einer grösseren Menge rechnen könne.
Präsident Harmer, Vorsitzender das Fachverbandes Nahrungsmittelindustrie
und Dr. Christian von der Handelskammer sowie der neue tüchtige Sekre-
tär Dr. Smolka des Verbandes haben grosse Sorgen wegen der Lebensmit-
telkennzeichnung. In der vorhergehenden Legislaturperiode hatten sie
mit der FPÖ eine fixe Vereinbarung, dass das Lebensmittelgesetz auf Grund
einer Initiative der ÖVP – der Entwurf geht auf Dozent Barfuss zurück –
jetzt keine Chance mehr hat, durchzukommen. Sie sind sich vollkommen dar-
über klar, dass jetzt die Regierungsvorlage mit einfacher Mehrheit
beschlossen werden kann. Auch Leodolter wird jetzt als zuständige Ge-
sundheitsministerin die Regierungsvorlage entsprechend durchdrücken.
Die Handelskammer will nun retten, was noch zu retten ist, Sie meint
dass die Lebensmittelkennzeichnung unbedingt beim Handelsminister
verbleiben sollte. Sie sind auch jetzt bereit die FAO- und WHO-Norm
zu übernehmen und bitten nur, dass man auch der Verordnungsebene bleibt.
Wenn nämlich die Kennzeichnung der Lebensmittel im Gesetz geregelt
wird, dann wird zwar den Wünschend es Verfassungsdienstes Rechnung
getragen, aber natürlich wird es dann sehr unbeweglich, obwohl
die Forderung der Handelskammer richtig ist, schockiere ich die
Vertreter, indem ich erkläre, die ÖVP hätte ja Gelegenheit gehabt,
über diese Probleme bei der Schaffung des Gesundheitsministeriums
im kleinen Kompetenzgesetz alle diese Wünsche ernsthaft zu besprechen.
In Wirklichkeit aber hat die ÖVP nur verhindert, dass das Gesetz
zwei Monate nicht früher geschaffen werden konnte, ohne dass sie
hätte wirklich sinnvolle Ergänzungsvorschläge und damit auch die
Zustimmung zu geben. Wenn die Handelskammer sich nicht durchsetzen
kann, dann muss sie jetzt damit rechnen, dass die Regierung und ganz
besonders ich jetzt dem Oppositionswunsch entsprechen, alles Recht
der Frau Gesundheitsminister zu übertragen. Wenn die ÖVP in ihrer
Oppositionsrolle glaubt, dass sie der Regierung Schwierigkeiten machen
kann, indem sie z.B. die EWG-Verhandlungen durch Parteizentralen-
Besprechungen torpediert, oder das Kundmachungsgesetz jetzt nicht im
Kundmachungsgesetz, das eine Verfassungsbestimmung enthält, nicht
zustimmen will oder den Überstundenzuschlag steuerfrei stellt und dann
sofort die 50 %-ige Überstundenregelung bekommt, dann zeigt dies,
dass die Regierung eben unverzüglich auch unvernünftige Vorschläge
entsprechend Massnahmen setzt, die die Wirtschaft natürlich dann
als hart empfinden muss und auch soll. Die Handelskammer bittet
zum Schluss nur, dass ich einen Unterausschuss für die Kennzeichnung
der Lebensmittel im Rahmen des Konsumentenbeirates einsetzen soll.
Ich fordere sie auch, einen diesbezüglichen Antrag bei der nächsten
Tagung des Konsumentenforums zu stellen und man wird sehen, ob es dort
zu einem einstimmigen Beschluss kommt, einen solchen Unterausschuss
zu errichten. Koppe hat nämlich in der Zwischenzeit mit Leodolter
ja gesprochen und festgestellt, dass eine gewisse Neigung dort be-
steht, dieses Problem wirklich im Rahmen des Konsumentenbeirates zu
besprechen.
Das Gremium für Landesproduktenhandel spricht bei Weihs und mir vor,
um eine Erhöhung der Getreidehandelsspanne zu erreichen. 1963 hat
Gröger eine Untersuchung des Landesproduktenhandels durchgeführt und
damals eine Lohntangente von 44 % festgestellt, seit dieser Zeit
sind die Kollektivvertragslöhne um 115 % gestiegen. Damals wurden
allerdings nur 3 Unternehmen untersucht und festgestellt, dass die
Handelsspanne 17,72 S sein müsste, derzeit ist sie aber erst 15,05 S
Das Gremium hat nun 1969 die Firma Lexa ersucht, 10 Unternehmungen,
von denen 6 der Landesproduktenhandel und 4 reine Grosshändler sind,
zu untersuchen. Bei einer insgesamten Getreideablieferung von
935.000 t sind 58.000 t von diesen 10 Betrieben erfasst worden. Weihs
ersucht, es möge nun das seinerzeitige Gröger-Gutachten von Landes-
produktenhandel adaptiert werden und ihm übermittelt. werden. Der
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Vorsteher Mayer, der sich in den Details nicht sehr gut auskennt,
bietet ihm das Lexa-Gutachten ebenfalls an. Weihs geht aber darauf nicht
ein, sondern meint nur, so sollen nur die Unterlagen entsprechend der
Preiskommission wie er sie wünscht, d.h. das adaptierte Gröger-Gutachten
einreichen. Dr. Rief werde ich wegen Unterstützung direkt angesprochen
und antworte, dass ich selbstverständlich die Intentionen der Handels-
kammer stabile Preise zu erhalten, unterstützen werde. Ich möchte dies
aber ergänzt wissen durch die Tatsache, dass gewisse Preiskorrektur
Notwendigkeiten natürlich davon ausgenommen sein sollen. Zum Schluss
weise ich noch darauf hin, dass man mir immer wieder versichert, dass
der Landesproduktenhandel jetzt im Landwirtschaftsministerium bei
den AIA-Krediten wesentlich besser behandelt wird als vorher. Das wird
von dem Gremium einhellig bestätigt. Ich will mit dieser Erklärung näm-
lich vorbeugen, wenn Weihs zwar ihren Wünschen entgegenkommt, er doch
darauf hinweisen kann, dass sie heute wesentlich besser behandelt
werden, als dies zur ÖVP-Zeit der Fall gewesen ist. Da Pleschiutschnig
und Haiden , der Pressereferent, anwesend sind, habe ich angenommen, dass
die dies wesentlich nützen werden und ihre Agrarpolitik zumindestens durch
Zustimmung von der Unternehmerseite der Handelskammervertreter propagan-
distisch in Hinkunft besser ausgeschlachtet wird.
Mit Zöllner und Kienzl bespreche ich den Vorschlag für die Wirtschafts-
kommission der Partei am nächsten Tag. Kienzl hat ein Papier über die
Preispolitik ausgearbeitet. Dies wäre durch Koppe zu ergänzen. Zöllner
weist nur in einer Besprechung dann mit Hrdlitschka darauf hin, dass
eine wesentlich härtere Preispolitik von der Arbeiterkammer nun betrieben
wird. Hrdlitschka lehnt eine Erhöhung des Zuckerpreises und des Bier-
preises ganz kategorisch ab.
Bei de Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter berichtet der Sekretär
dass man von Unternehmerseite erklärt hätte, dass sich die Arbeiterkammer
entschieden gegen eine Zuckerpreiserhöhung ausspricht und meint, die
Unternehmer hätten halt nicht so hohe Lohnzugeständnisse machen
sollen. Dies empört natürlich die Vertreter der Zuckerindustrie in der
Vorstandssitzung. Zum Glück hat mich Zöllner darauf aufmerksam gemacht,
dass es in Wirklichkeit um ein anderes Problem geht. Die Zuckerindustrie
will nicht den Vertrag vorher unterschreiben. bevor sie nicht den
Zuckerpreis bekommen hat. In der PK wird aber kein wie immer gearteter
Antrag der Industrie behandelt, der nicht einen abgeschlossenen Lohn-
vertrag als Grundlage hat. Deshalb ersucht mich Zöllner auch, dass
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ich mit Weihs über dieses Problem spreche, was ich in der Partei-
vorstandssitzung dann auch getan habe. Der Vorsitzende der Preis-
kommission wäre nämlich bereit, eine Anerkennung der Kostenpost,
ohne dass der Vertrag abgeschlossen ist, zu akzeptieren. Unsere Zucker-
vertreter im Vorstand fürchten nun, dass es zu keinem Abschluss des
Vertrages kommt, solange nicht der Zuckerpreis endgültig genehmigt
ist. Da wir keinerlei Zusagen der Zuckerindustrie oder der Brauindustrie
gemacht haben, spielt die ablehnende Haltung der Arbeiterkammer für uns
keine bedeutende Rolle. Natürlich würde es wesentlich leichter
sein, die Löhne in Kraft zu setzen, wenn eine Preiserhöhung kommt. Ich
werde aber in dieser Frage keinesfalls initiativ werden. Wenn die Ar-
beiterkammer nach wie vor eine solche sture ablehnende Haltung einnimmt,
kann es mir nur recht sein. Ich warne nur Zöllner, dass er sich nicht
allzu sehr exponiert, denn ich bin überzeugt davon, dass die Präsidenten
doch früher oder später einer Preiserhöhung zustimmen werden.
Während meiner Abwesenheit in der Bundesparteivorstandssitzung wird
das Problem Slavik eingehend diskutiert. Ich komme nur mehr zum Ende
der Diskussion zu recht, wo Veselsky die interessante Mitteilung macht,
dass er Unterlagen hat, dass im Profil Fetzer beteiligt ist. Bis
jetzt hat man nur geglaubt, dass die Erste österreichische Sparkasse,
d.h. eigentlich nur die Girozentrale daran finanziell beteiligt ist.
Die Behauptung, dass auch die Arbeiterbank am Profil, zumindestens
aber an Trend einen Kredit gegeben hat, wird von Klenner ganz entschieden
zurückgewiesen. Bronner, der Herausgeber wollte nur seinerzeit einen Kredit
haben, aber es ist niemals zu einem Kreditvertrag gekommen. Kreisky
fragt sofort dazwischen, woher er denn diese Behauptung her hätte und
Veselsky meint nur, er könne sie ihm dann zeigen und begründen. Ich
glaube, dass man so wirklich nicht Politik machen kann. Veselsky hat
eine wesentliche Inforation erst im Parteivorstand ausgespielt, um sich
dort interessant zu machen und nicht vorher seinen Chef informiert. Bei
aller Toleranz würde ich eine solche Vorgangsweise auch von meinen Mit-
arbeitern nicht akzeptieren. Ich bin auch überzeugt, dass sie sich niemals
so verhalten würden. Im politischen Bericht von Kreisky wird von ihm heraus-
gestrichen, dass Schleinzer ein permanentes Reden mit ihm möchte. Am
liebsten wäre ihm ein Koalitionsausschuss. Kreisky führt das auf den
Vorwurf gegen Schleinzer, dass er kontaktarm ist, zurück. Ausserdem unter-
stützt die ÖVP nur den als Obmann, der imstande wäre, sie so bald wie
möglich in die Regierung zurückzubringen. Erst war dies Withalm und jetzt
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hoffen sie, dass Schleinzer doch dies zustande bringt. Wenn sich
nun herausstellt, dass Schleinzer auch auf diesem Sektor versagt,
dann wird er in Kürze wieder abgewählt werden. Die sei der Grund,
warum Schleinzer jetzt in den nächsten Parteitag nicht mit einer
Wahl belasten will. Der Bürgermeister von Linz, Hillinger, ist in der
Diskussion dann darauf zu sprechen gekommen, dass seinerzeit Kreisky
erklärt hätte, es käme für die Stahlwirtschaft nur die B-17-Lösung
in Frage. Kreisky repliziert, dass er mit Benya, Sekanina und dem BRO
der verstaatlichten Betriebe eine Sitzung gehabt hat, wo man die grosse
Lösung, d.h. auch die Einbeziehung von der VÖEST beschlossen hätten.
International wird die Konzentration ebenfalls überall durchgeführt.
Der Hoesch-Konzern in der BRD hat sich mit Niederland verbündet. 61.000
Arbeiter haben dort 42 Mrd. Umsatz gemacht. Bei uns in Österreich würden
alle Stahlwerke incl. Simmering-Graz-Pauker, die mit 71.000 Arbeitern
nur 24 Mrd. Umsatz machen. Sebastian meint dann insbesondere, dass er
dem Bericht nicht zustimmen könnte, damit nicht er dann bei einer Still-
legung von Fohnsdorf, da Kreisky die Sanierung des Kohlenproblemes
verlangt hat, ausgehängt wird, dass er dem jetzt ohne Erklärungen zu-
gestimmt hat. Sebastian meint, wir hätten seinerzeit erklärt, es würde
ein Energiekonzept erstellt und es fehlt bis jetzt. Ich repliziere,
dass wir einen Kohlenbericht derzeit in Arbeit haben und der OECD
jetzt einen Energiebericht übermittelt haben. Die Vorwürfe, dass wir
nur Importenergie in Hinkunft beziehen wollen, erkläre ich, dass wir
doch auf eine billige Energiebasis für unsere Industrie dringen müssen
und man die Stillegung von Fohnsdorf, die ja 2 1/2 Jahre dauern wird,
eben so bald wir möglich beschliessen muss. Kreisky meint dazu, es wird
sicher niemand Sebastian als den Stilleger in die Öffentlichkeit bringen,
aber doch eine entsprechende Sanierung des gesamten Aichfeld-Murboden-Ge-
bietes in Angriff nehmen. Zu diesem Zweck wird ja der Landesregierung
und damit auch Sebastian im März ein Elaborat von der Planungsgesell-
schaft vorgelegt werden. Da der Wiener Vorstand in seinem Slavik-State-
ment ausschliesslich die politische Seite herausgearbeitet hat, anderer-
seits Salcher und Gratz mit anderen Kollegen eine Formulierung gefunden
haben, die sich primär auf die Untersuchung des Falles Slavik und damit
auf seine Erklärung, dass er den Rechnungshof ersuchen wird, alle
Grundstückstransaktionen zu untersuchen, ergibt sich dann eine längere
Diskussion, wie die endgültige Formulierung der Erklärung sein soll.
Waldbrunner meint nur, er gibt zu bedenken, dass man doch mehr den poli-
tischen Charakter der Aktion herausstreichen sollte. Da Waldbrunner im
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Wiener Vorstand scheinbar schon diesen Gesichtspunkt durchgesetzt hat,
versucht er dies jetzt auch im Parteivorstand. Er legt dies sehr ge-
schickt an, gibt nur wie er richtig sagt, bescheidene Ratschläge
aber es wird dann doch natürlich von Kreisky auf diese Anregung einge-
gangen.
Der VW-Vertreter Schneider-Manns Au teilt uns mit, dass unsere Inter-
vention in Wolfsburg Erfolg gehabt hat und er nicht die Preise um
7 %, sondern nur um 4,9 % ähnlich der Preiserhöhung in der BRD mit 4,8 %
vornehmen kann und darf. Dazu allerdings muss er 4.000 Autos mehr im-
portieren und damit heuer eine Summe von 40.000 Autos verkaufen. Wenn
er dies nicht erreicht, so wird auf seine Kosten der Preis um 2 %
rückwirkend erhöht. Ich erkläre, dass wir zwar mit Bedauern diese
Preiserhöhung zur Kenntnis nehmen müssen, dass es aber doch durch unsere
Interventionen einen gewissen Erfolg ist, dass nicht die um 2 % höhere
Preisforderung vom Vorjahr jetzt neuerdings endgültig dem Konsumenten
überwälzt wird. Da die Preiserhöhung mit 15.2. erfolgt, wird es
wahrscheinlich trotzdem innerhalb der Öffentlichkeit zu einer gewissen
Unruhe kommen. Die anderen Firmen haben auch bereits Preiserhöhungen
angekündigt oder schon durchgeführt. Unser Preisreferat, Abteilung 25,
Schleifer, würde von mir beauftragt, entsprechende Untersuchungen und
Besprechungen mit den einzelnen Firmen zu führen. Hönel erklärt nun,
dass er grosse Schwierigkeiten hat, weil Schleifer ihn immer nur kri-
tisiert und immer darauf hinweist, dass das Ministerbüro oder ich selbst
nur negativ über die Abteilung sprechen. Richtig ist, dass sie keinerlei
Initiative bis jetzt entwickelt haben, zumindest ist uns diese Initia-
tive nicht bekannt geworden.
Die Besprechung mit unserer Budgetabteilung, Düringer und Sekt.Rat Marhold,
ergibt, dass wir die Projekte, wie sie Wanke derzeit mit den einzelnen
Abteilungen resp. aussenstehenden Instituten vereinbart hat, ruhig anlaufen
lassen können. Marhold hat bis jetzt alles gestoppt, weil er auf dem
Standpunkt stand, es müsste zuerst vom Minister entschieden werden, ob
sein Konzept akzeptiert wird. Da wir von der Industrieförderung 20 Mio
sowie von allen anderen Förderungsausgaben 15 % sperren müssen, werden
nur 17 Mill. vorübergehend zur Verfügung stehen. Erst möchte nun Marhold
genau wissen, wieviel ich dafür wirklich für die Industrieförderung,
insbesondere für die Patentverwertungsgesellschaft ausgeben will. Da
ich selbst noch keinen Überblick habe und vor allem die Handelskammer
sich noch nicht dezidiert erklärt hat, welchen Betrag sie zur Ver-
fügung stellt, kann ich auch hier keine endgültige Entscheidung treffen.
Sicher ist eines, dass es sich nicht annähernd um den ganzen Betrag
handeln kann. Wir werden deshalb alle anderen Finanzierungsprojekte, die
einigermassen etwas mit Industriepolitik zu tun haben, aus dieser
Budgetpost finanzieren. Darüber hinaus müssen wir aber rechnen, dass
im Zuge der Aichfeld-Murboden-Betriebsgesellschaft entsprechende Sub-
ventionen vom Handelsministerium erwartet werden. Im Vorjahr hat
allerdings das Finanzministerium, da ja das Land und die Gemeinden nicht
mitmachen wollten, es abgelehnt, eine reine Bundesgesellschaft zu gründen.
wenn die sture Haltung der Steirer so bleibt, dann werden wir auch
heuer kaum Mittel dafür aufwenden müssen. Androsch möchte nämlich unter
allen Umständen nur eine gemeinsame Gesellschaft gründen. Das Kapital
für diese Gesellschaft müsste wahrscheinlich ja sowieso nur das Finanz-
ministerium zur Verfügung stellen. Uns würde es dann nur obliegen,
die Gesellschaft zu finanzieren. Ähnlich wie wir dies auch bei Fulpmes
schon getan haben und auch heuer noch mit einem grösseren Betrag tun wer-
den. Die Begründung, warum wir diese einzelnen Gesellschaften unterstütze,
liegt darin, dass wir dies als Modellfälle bezeichnen und damit ein Prä-
judiz für andere Gesellschaften vermeiden wollen. Mit Marhold und Dürin-
ger wird neuerdings festgelegt, dass keine andere Abteilung, auch nicht
Thun-Hohenstein, selbständig über Gelder verfügen können. Marhold muss
auch verhindern, dass Thun-Hohenstein insbesondere Zusagen macht, dass
vorbehaltlich der budgetären Deckung irgendwelche Subventionen oder
Projekte finanziert werden. Die Ministerialbürokratie ist glaube ich
nur deshalb so erpicht immer das Geld selbst auszugehen, weil sie darin
eine Stärkung ihres Prestiges sehen. Hier eine Reorganisation durchzu-
setzen ist äusserst schwierig. Wir werden aber davon nicht anlassen.
Marhold berichtet, dass Min.Rat Kar, das ist der für uns zuständige
Referent im Finanzministerium, scheinbar ein guter Freund von Marhold, ihm
mitteilt, er erwartet, dass ich auch heuer wieder einen entsprechenden
neuen Vorschlag für eine finanzielle Belastung mit Androsch vereinbaren
werde. Es ist richtig, dass wir im vorigen Jahr Fremdenverkehrsfinanzie-
rung mit Androsch vereinbart haben, ohne dass er mit seinen Beamten
Rücksprache genommen hat. Auch für heuer müssen wir uns eine Sonderaktion
einfallen lassen. Nur so können wir für eine Ausweitung unseres Budgets
sorgen, ohne dass wir uns dem Vorwurf aussetzen, automatisch nur immer
die Budgetposten hinaufzusetzen, wie dies andere Ministerien leider tun.
Die Gefahr bei einer solchen Budgetpolitik besteht allerdings darin,
dass man dann immer wieder neue Aktionen gebiert, die dann entsprechende
nachlaufende Jahre schwer belasten. Ich muss deshalb vor mir selbst eine
solche Aktion verantworten können. Nur dann kann ich sie auch Androsch
entsprechend verkaufen. Ich weiss, welche kritische Bemerkungen er
heute gelegentlich macht, weil dort nur immer den Wünschen der Profes-
soren Rechnung tragend, erklärt wird, das und das und das müsste auch
noch vom Finanzminister finanziert werden. Unsere Taktik nur ein einziges
Schwerpunktprogramm in einer Sparte zu starten, ist hier wesentlich
besser angekommen. Ein konkretes Projekt für 1973 und die Folgejahre
kenne ich allerdings bis jetzt noch nicht.
ANMERKUNG AN ALLE: Wer hat einen guten Vorschlag.
Tagesprogramm, 10.2.1972