Freitag, 21. Jänner 1972
Der bulg. Botschafter Popow und der Handelsrat Teofilow brachten
die Einladung zur 4. Tagung der Gemischten Kommission nach Sofia.
Der bulgarische Aussenhandelsminister Nedew, der im Vorjahr in
Wien war, wünscht, dass ich nach Sofia komme. Bei seinem Wien-Be-
such versuchte er, eine zusätzliche Kredithilfe in Höhe von 20 Mio. S
zu bekommen. Der bulg. Handel ist derzeit für uns schwer aktiv.
Die Bulgaren können fast nichts liefern. Damals wollten wir bereits
ein Kooperationsabkommen und ein Schiffahrts- und Fremdenverkehrsab-
kommen unterzeichnen. Das Kooperationsabkommen ist jetzt endlich fer-
tig geworden und könnte von mir in Sofia unterzeichnet werden. Gleich-
zeitig hat Popow mitgeteilt, dass zwischen 19. und 22. Feber der Frem-
denverkehrspräsident Todorow von seinem Rückflug bei den Schweden
in Wien Station machen wird. Die Bulgaren möchten bei dieser Gelegen-
heit das Fremdenverkehrsabkommen fertig haben. Vorher schon hat
es Schwierigkeiten gegeben, weil wir mit diesem Fremdenverkehrs-
abkommen sichern wollten, dass Österreicher, die heute als Bulgaren
heute festgehalten werden, nach Österreich auswandern könnten. Sekt.
Rat Pschorn meinte, dass Würzl sich ausserstande erklärt hat, so
schnell ein Fremdenverkehrsabkommen zu finalisieren. Die Bulgaren
warten aber auf unseren Gegenvorschlag.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte veranlassen, dass Würzl unverzüglich den
Gegenvorschlag ausarbeitet. Ausserdem mit Ottahal unsere Verpflichtung
gegenüber Todorow wegen Repräsentationen klären.
Vizedirektor Bogsch von der BIRPI in Genf war angeblich sehr erfreut,
mit mir zusammenzutreffen. In Wirklichkeit habe ich das Gefühl,
dass Thaler und Lorenz erfreut waren, dass Bogsch mir seine Bedenken
bezüglich der Weltdokumentation vortrug. Bogsch verlangte nämlich,
dass Österreich sich wesentlich stärker in die Vorarbeiten einschal-
tet, als dies bis jetzt geschehen ist. Bis Mitte März müsste seiner
Meinung nach das Material fertig sein, damit dann die Mitglieds-
staaten es zugesendet erhalten, die am 5. u. 6. April einen endgül-
tigen Beschluss fassen würden. Zu diesem Zweck müsste ein Mann frei-
gestellt werden, um ein Budget zu erstellen. Ein weiterer sollte
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die juristische Vereinbarung zwischen Österreich und den Mitglieds-
staaten ausarbeiten. Ein Dritter hätte die administrativen Arbeiten ein-
zuleiten und ein Sekretariat aufzubauen. Und viertens und letztens
müsste sogar noch ein Computerfachmann die Vorarbeiten ganztägig
leisten. Während derzeit unter Führung Lorenz ein Komitee aus dem
Aussenministerium und dem Finanzministerium die Arbeit neben ihrer sonstigen
Tätigkeit erfüllen, hofft Bogsch, dass wir jetzt eine Arbeitsgruppe
ausschliesslich mit der Vorbereitung der Weltdokumentation betrauen.
Ich habe ihnen sofort auseinandergesetzt, dass juristische Vereinba-
rungen mit dem Ausland vom Aussenministerium, Gesandter Bauer ist des-
halb Mitglied unserer Arbeitsgruppe, ausgearbeitet werden. Die Budgets
werden vom Finanzministerium erstellt und deshalb ist dieses Mini-
sterium bei unserer Arbeitsgruppe schon fest verankert. Auch über
Computer arbeitet der Mann des BKA, Dr. Simmler, in Hinkunft damit.
Ich habe diesbezügliche Zusagen von Sekt.Chef Jiresch, dem Präsidiali-
sten des BKA. BIRPI ist zu Vorbereitungsarbeiten und um uns das
mitzuteilen, ist eine Delegation mit 6 Mitgliedern erschienen. Sie
haben sich sogar eine eigene Sekretärin mitgebracht. Überbesetzung
der internationalen Ämter und vor allem dass sie gerne reisen, doku-
mentiert sich für mich durch diese Arbeitsweise. Natürlich sind
wir ausserstande, ebenfalls einen solchen Aufwand zu treiben. Bogsch hat
sogar die Absicht, in die einzelnen Länder nach Moskau und Washing-
ton, Tokio und die europäischen Staaten eine eigene Delegation zu
schicken und hat gehofft, dass wir ihm dann diese Reisekosten ver-
güten. Ich habe ihn nicht im Unklaren gelassen, dass dies unmöglich
ist, wir können maximal für unseren Aufwand und für Reisen, die unsere
Herren unbedingt tätigen müssen, einen Vorgriff auf die im Prinzip
vom Ministerrat genehmigten Budgetansätze für die Weltdokumentation
machen. Wahrscheinlich kann dies das Patentamt sicherlich nicht von
seinem Budget jetzt im Vorgriff tragen. Ich glaube, man sollte das
Patentamt mit den wettbewerbspolitischen Aufgaben entlasten.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Finanzielle und personelle Massnahmen bitte
veranlassen.
Kreisky möchte das sozialistische Internationale-Treffen in Innsbruck
zu einer grossen Arbeitstagung benützen. Von der BRD kommt Brandt,
von Italien Saragat und Luxemburg wird ebenfalls durch einen Vize-
präsidenten vertreten. Nur die Schweiz kann nicht Spitzenfunktionäre
schicken, da die Bundesräte in der Schweiz nicht einmal an den
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innerschweizerischen Wahlkämpfen und politischen Auseinander-
setzungen teilnehmen, geschweige denn ins Ausland fahren und dort
in politischer Hinsicht betätigen. Schweizer steigen, wenn sie Bundes-
räte werden, aus der Arena der politischen Auseinandersetzung.
An dieser Tagung haben die Jugoslawen, aber auch die Ungarn grosses
Interesse gezeigt. Kreisky meint nun, dass 3 Mill. Gastarbeiter
von diesen Ländern gegenseitig getauscht werden, dass 30 Mill.
Menschen Grenzübertritt jährlich durchführen und dass insbesondere
der Sprachunterricht zwischen diesen Ländern, Deutsch, Französisch,
Italienisch gefördert werden müsste. Die Anerkennung der akademi-
schen Grade sollte fortgesetzt und ausgebaut werden. Mit einem
Wort, Kreisky hofft auf eine übernationale Zusammenarbeit dieser
Staaten. Zu diesem Zweck möchte er eine Arbeitsgemeinschaft grün-
den, deren Mitglieder aber je nach dem Problem, welches zur Behand-
lung steht, ausgewechselt werden sollte. Ich deponierte, dass wir
in der Integrationsforderung , sensible Produkte usw. die Genossen
informieren sollte. Kreisky wünscht aber ausserdem das Aussenhandels-
volumen dieser 5 Länder untereinander zu bekommen, damit er auf
die Bedeutung des Aussenhandels hinweisen kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte kurzfristig feststellen, ob nicht noch be-
sondere Wünsche von unserem Haus bei dieser Gelegenheit deponiert wer-
den könnten.
Betriebsräte von der Hitiag aus Neufeld haben bei Kreisky vorgesprochen,
um ihm die Bedrohung ihrer Arbeitsplätze mitzuteilen. Ich habe ihm
zwar berichtet, dass Gen.Dir.Stv. Holzer von der CA erklärt hat,
er würde alles daran setzen, um einen Ersatzbetrieb hinzubringen.
Sollte dies nicht gelingen wird, er, wenn ich bei Treichl intervenie-
re, die Forderungen der Betriebsräte wegen der Arbeiterwohnungen
und sonstige sozialer Leistungen grösstmöglich erfüllen. Aus diesen
Äusserungen habe ich entnommen, dass die CA in Wirklichkeit heute
an ein ersatzloses Schliessen der Hitiag denkt. Kreisky möchte
nun, dass wir in der Zürcher Zeitung ankündigen, dass in Neufeld
eine Textilproduktion günstig aufgezogen werden könnte. Vor Mo-
naten bereits hat Kreisky mir die Idee einreden wollen, wir sollten
in der Zürcher Zeitung eine Annonce aufgeben, um Schweizer Unterneh-
mungen nach Österreich zu bringen. Ich versuchte Kreisky auseinander-
zusetzen, dass in dieser Inseraten-Plantage der Zürcher Zeitung
selbst ein ganzseitiges Inserat kaum entsprechende Beachtung
finden würde. Da er davon überzeugt ist, dass die Schweizer nach
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Neufeld kommen würden, wenn sie es nur wüssten, habe ich
es ihm wenigsten eingeredet, dass wir in eine Schweizerische
Textilfachzeitung gehen sollten. Ich verspreche mir zwar gar
nichts davon, doch glaube ich, muss ich endlich einmal diesen
Herzenswunsch von Kreisky erfüllen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte mit Gröger besprechen und eine Fach-
zeitung ausfindig machen und dort gegebenenfalls eine Annonce
starten.
Im Burgenland ergibt sich, wie mir der AK-Präsident Babanitz mit-
teilt, eine weitere Schwierigkeit. In Schleining soll der Antimon-
Abbau eingestellt werden. Dadurch würden 150 Arbeiter und 16 Ange-
stellte arbeitslos werden. Die BBU, der der Betrieb gehört, hätte
diesbezügliche Beschlüsse schon gefasst. Ein Vorstandsmitglied,
Dr. Maier aus Klagenfurt, soll dies entschieden haben. Von unserem
Haus habe ich wieder nichts erfahren, obwohl ich bereits in der
Sektionsleitersitzung vor langem aufmerksam gemacht habe, dass
solche Stillegungen sofort mir mitgeteilt werden sollen. Die OB
oder das Fachreferat müsste doch ebenfalls davon etwas wissen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte den Fall unverzüglichst prüfen.
ANMERKUNG FÜR Wiesinger: Schützelhofer von der BBU anrufen.
Die Burgenländer haben nächstes Jahr Landtagswahlen und wenn es zur
Schliessung mehrerer Betriebe kommt, muss ich dies auf die Landtags-
wahlen äusserst ungünstig auswirken.
In gebe mich keiner Illusion hin, dass die strukturellen Anpassungen
durch Wahlen verschoben werden können. Ich bin aber der Meinung,
dass unbedingt ich zumindestens frühzeitig davon erfahren müsste,
um gegebenenfalls Massnahmen einleiten zu können. Jetzt erfahre ich
von solchen Massnahmen meistens erst durch die Zeitungen und dann
ist es natürlich schon zu spät, dass wir noch irgendetwas zeitge-
recht machen können. Selbst wenn nur eine entsprechende Aussprache
mit Betriebsräten und Gemeindefunktionären und vor allem aber, wenn
dann doch in dem einen oder anderen Fall versucht wird, einen
anderen Betrieb dorthin zu bringen, wird sicherlich das Klima anders,
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als wenn wir überhaupt nichts machen weil wird davon nichts wissen.
Min.Rat Meisl, der an der franz.-österr. Gemischten Kommission in
Paris teilgenommen hat, berichtet, dass Wodak sowohl diese Kommission
als auch die zu gründende österr.-italienische und jug.-österr. Kommis-
sion ganz gross aufziehen möchte. Wodak will hier sich auf wirtschafts-
politischem Gebiet sich eine gewisse Stellung in seinem eigenen Hause
ausbauen. Scheinbar hat er bei den multilateralen Besprechungen, die
Marquet vollkommen beherrschen dürfte, kaum eine Chance, in Erschei-
nung zu treten. Zu diesem Zweck beginnt er jetzt von dieser grossen
Gemischten Kommission einzelne Arbeitsgruppen einzusetzen und damit
genau dasselbe Leid im Westen zu beginnen, was wir derzeit im Osten
mit den Verträgen und den ununterbrochenen Verhandlungen, aus denen
nichts herauskommt, haben. Bei dieser Kommission wurde auch mitgeteilt,
dass der Bundespräsident zwischen 21 und 24. März nach Paris reisen
wird und vom Aussenminister und vom Handelsminister begleitet sein
wird. Meisl ersucht nun, ob ich ihn - so wie nach Rom – wieder mit-
nehmen würde. Ich habe ihm sofort erklärt, dass ich keinen Augenblick
daran gezweifelt habe, dies zu tun. Bezüglich des Widerstandes, resp.
Verärgerung von Reiterer, bin ich der Meinung, dass ich Meisl mitneh-
men soll und werde, da ich ja auf dem Standpunkt stehe, dass Reiterer
mein persönlicher Vertreter ist und wo ich hinfahre, brauche ich
nicht den Sektionschef mitzunehmen. Ich werde unsere Begleitung
mit dem Aussenminister noch besprechen müssen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte klären, wen der Aussenminister beabsichtigt
mitzunehmen.
Tagesprogramm, 21.1.1972
hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)