Donnerstag, der 11. November 1971

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Donnerstag, 11. November 1971

Der Vizepräsident des Patentamtes, der ein Techniker sein muss,
ist neu zu besetzen. Ausser den Vorschlägen des Präsidenten wollte
sich jetzt Dipl.Ing. Mikotzky bei mir in Erinnerung rufen und hat sich
vorgestellt und ersucht, dass er in die Bewerbung einbezogen wird.
Ich selbst wollte und konnte ihm gar nicht Zusagen machen, da ich
beabsichtige, den Vorschlag des Präsidenten zu akzeptieren. Aus
diesem Grund habe ich ihn auf den normalen Dienstweg verwiesen, dort
sollte über den Präsidenten ein diesbezügliches Ansuchen wie es
für die Beamten gehört, auf dem Dienstweg vorlegen. Interessant ist,
dass sich erst so spät und vor allem unter Umgehung des Dienstweges
sich jemand gemeldet hat. Man müsste doch annehmen, nachdem eine solche
Ausschreibung von mir ja nicht erfolgte, und doch schon seit Monaten bekannt
ist, dass der Vizepräsident heuer in Pension geht, dass sich früher
die Leute überlegen, ob und wie sie sich um den Posten bewerben.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Vielleicht wäre es sogar möglich gewesen, einen
uns nahestehenden Mann für diesen Posten zu gewinnen, wenn wir früher
gewusst hätten, wer dafür aller in Frage käme. Das nächste Mal sollten
wir dies auch längerfristig vorbereiten.

Die Vertreter des Taxigewerbes mit Komm.Rat Toder und Sekr. Nussbaumer
wollten von mir die Zusicherung, dass keine neue Konzessionen mehr
ausgegeben werden. Auf Grund der neuen Bedarfsprüfung 1969+70 wurde
festgestellt, so behaupten zumindestens die Taxigewerbler, dass 2.300
Konzessionen genügend sind, da der Bedarf, wie sie sich ausdrückten, immer
geringer wird. Trotzdem wurden in der letzten Zeit über 300 Konzessionen ge-
nehmigt. Ich erklärte mich ausserstande, ausser nach dem Gesetz vorzuge-
hen, d.h. in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob eine Konzession wenn die
Berufung zu mir heraufkommt, genehmigt werden kann oder abgelehnt wird.
Einen generellen Taxistopp habe ich ganz entschieden abgelehnt. Nußbaumer
sagte, dass Senatsrat Schopf von der MA 70 ihm erklärt hätte, dass 100
jetzt bei ihm liegen, die die gesetzlichen Voraussetzungen, nämlich 5-jäh-
rige Fahrpraxis erfüllen. Ausserdem werden von diesen 100 bereits 60 über
ein halbes Jahr bei ihm anhängig und könnten deshalb als Devolutionen
bereits im Ministerium landen, wenn die entsprechenden Konzessionsansucher
dies verlangen würden. 1938 hätte Wien 2.800 Taxi-Konzessionen besessen


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und wären damals ein notleidendes Gewerbe gewesen. Da der Verwaltungs-
gerichtshof von uns in einem Urteil verlangt hat, dass wir jährlich
Bedarfsprüfungen vorzunehmen haben und die Vertreter des Taxigewerbes
allerdings jetzt erst ein solches Ansuchen an das Ministerium gerichtet
haben, sagte ich ihnen nur zu, dass dieser Akt so schnell wie möglich
erledigt wird und damit die Taxler eine neue Bedarfsprüfung von der
Gemeinde bekommen würden. Wenn man aber bedenkt, dass 1938 2.800 und
jetzt 2.600 Konzessionen existieren, von denen allerdings 1.400 Funk-
Taxis sind, so glaube ich, dass trotzdem von einer Überschwemmung des
Wiener Platzes mit Taxis nicht geredet werden kann.

Bei der Festsitzung des Burgenländischen Landtages kam ich beim Mittag-
essen neben den ungarischen Botschafter Kurtan zum Sitzen. Vorher hatte
ich ihm aber bereits erklärt, warum ich jetzt nach Ungarn fahre, ich
möchte ausdrücklich festhalten, dass ich nicht allein die technische
Woche eröffnen möchte, sondern mit den ungarischen Spitzen über den
neuen Handelsvertrag sprechen. Ich wies darauf hin, dass insbesondere
die Angriffe der Bundeshandelskammer immer stärker werden, dass ich
die Flanke gegenüber dem Osten aufreisse. Da die Ungarn und alle Ost-
staaten grösstes Interesse daran haben müssen, dass wir einen Handels-
vertrag so schnell zustandebringen, wo die Liberalisierung mit dem Osten
weiter vorwärtsgetrieben wird, sollten wir auch mit Ungarn – ähnlich
wie mit Polen – einen Handelsvertrag auf dieser Basis abschliessen. Ich
bin überzeugt, Kurtan wird dies nach Budapest melden.

Mit dem csl. Botschafter hatte ich auch eine kurze Aussprache und wies
darauf hin, dass es doch zielführend wäre, die offenen Frage zu be-
reinigen. Botschafter bemerkte, dass es momentan ein bisschen schwierig
sei, er aber überzeugt ist, dass in Prag auch mit der Zeit es möglich
sein wird, unsere Wünsche über einen neuen Handelsvertrag zu einem
positiven Ende zu führen.

In der Fraktion bei den Lebensmittelarbeitern und auch im Zentral-
vorstand berichtete ich über die Preisentwicklung. Zu meiner grössten
Verwunderung wird es weder von der KP noch von der ÖVP-Fraktion, d.h.
den christlichen Gewerkschaftern dazu benützt, um wenigstens eine
Diskussion darüber abzuführen. Für mich vollkommen unerklärlich herrscht
noch – zumindestens bei den Funktionären unserer Organisation – keine
sehr ungute Stimmung. Ich frage mich immer, ob das die Ruhe vor dem
Sturm ist.



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Die Mineralölfirmen, ergänzt durch deren Sekretär Messinger und Dr. Zajicek
kamen zur Schlussitzung des Benzinpreises. Bauer wollte unbedingt, dass
ich ihnen ein entsprechendes Angebot mache. Da ich aber nicht die Absicht
hatte, mein Angebot ihnen zu stellen, sondern von ihnen die ganzen Wochen
hindurch verlangt hatte, sie sollten mit ein vernünftiges Angebot machen,
das ich dann bei den anderen Organisationen, Interessenvertretungen,
Kraftfahrverbänden usw. versuchen würde, durchzusetzen, wartete ich, bis
er sich dann endlich dazu entschloss, die 20 Groschen Preiserhöhung für
Normalbenzin und 20 Groschen Preiserhöhung für Super sowie 10 Groschen
für Heizöl Extra Leicht vorzuschlagen. Sie wollten wahrscheinlich von mir
den Vorschlag hören, damit sie dann insbesondere die internationalen
Ölgesellschaften ihren Mutterhäusern melden könnten, dass der Handels-
minister ihnen einen solchen Vorschlag gemacht hat. Begründet wurde
diese Forderung damit, dass sie erklärten, sie könnten doch nicht jetzt
über Nacht von ihren Preisforderungen, die kalkulatorisch begründet
waren, abgehen. Ich sicherte ihnen zu, dass ich ihre Kalkulationen nicht
als unseriös bezeichnen werde, sondern ausschliesslich als von ihrem be-
triebswirtschaftlichen Standpunkt richtige Unterlagen betrachte. Die Preis-
behörde muss halt nur andere Gesichtspunkte bei der Erstellung der Preise
auch gelten lassen. Betreffend die Forderung 10 Groschen Heizölpreiserhöhung
konnte und wollte ich ihnen keine bindende bescheidmässige Zustimmung geben
Ich erklärte deshalb, ich würde eine Verwendungszusage abgeben, dass mit
1.4.1972, d.h. also mit der neuen Heizperiode und bei Inkraftsetzen einer
Entschwefelungsanlage, die dann geruchsfreies Heizöl, Extra Leicht, pro-
duzieren kann, einen diesbezüglichen Preisbescheid – wenn sie es noch
wünschen – von mir befürwortet wird. Das Hauptproblem für die Ölfirmen
stellt aber die Forderung der Tankstellen dar. Mussil hat Vormittag
mit allen eine Aussprache gehabt, er wollte ja zuerst am Abend zu der
Sitzung kommen, hat sich's aber dann scheinbar überlegt, und dort erklärt,
dass die Mineralölfirmen nicht imstande sind, wenn sie tatsächlich das
Angebot mit 20,20 machen noch die Tankstellenforderung von 10 Groschen er-
füllen können. Mussil soll erklärt haben, dass wenn nun die Ölfirmen nicht
einmal ihre Kosten, die sie nachweisen ganz abgedeckt erhalten, kaum imstande
sind, jetzt alle die Tankstellenforderung auch zu erfüllen. Die Ölfirmen
haben sich nämlich nur bereit erklärt, eine individuelle Spannenregelung
vorzunehmen. Ich selbst mischte mich weder in der Vergangenheit, noch
werde ich in der Zukunft dies tun in die Aufteilung der Spanne ein, son-
dern überliess es der Handelskammer, mir entsprechende Vorschläge für die


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bescheidmässige Erledigung zu machen. Wenn die Handelskammer einen
Raffinerieabgabepreis wünscht, dann soll sie einen diesbezüglichen
Antrag in der Preisbehörde stellen. Zajicek, der von Mussil aus
seiner jetzigen Funktion als Syndikus der Handelssektion wieder
für die Spezialaufgabe mit der Preisregelung, -durchführung und
-vereinbarung betraut wurde, erklärte mir, dass er es schwer haben
wird, einen Akkord herzustellen. Er wünschte vor allem, dass ich die
Tankstellenbesitzer oder -pächter empfange, was ich für die übernächste
Woche auch zusagte. Anschliessend ersuchte ich dann die Vertreter der
Interessenorganisationen, Landwirtschaftskammer und Arbeiterkammer
waren bei einer Sitzung im Haus und warteten draussen, bis sie
gerufen wurden. Die Landwirtschaftskammer, Ing. Altmann, ist aller-
dings weggegangen, weil es so lange gedauert hat, hat aber Koll.
Hruby von der Arbeiterkammer beauftragt, zu erklären, dass er derzeit
ohne dem Präsidenten zu berichten, keine wie immer geartete Stellung-
nahme abgeben könnte. Ich bin überzeugt, die Landwirtschaftskammer wird
auch diesem Kompromiss nicht zustimmen, sondern wahrscheinlich dagegen
stimmen. Auch die Arbeiterkammer, Dr. Zöllner und Hruby, behielten
sich vor, ihrem Präsidium zu berichten und haben noch immer und ich
habe dies erwartet, gegen diese Preiserhöhung noch ebenfalls Bedenken
angemeldet. Dadurch konnten die Ölfirmen sehen, dass es gar nicht so ein-
fach ist, auch diesen vernünftigen Kompromiss durchzubringen. Wir verein-
barten, dass – obwohl die Presse und der Rundfunk draussen lauerten –
keine konkreten Zahlen verlautbaren, damit ich noch die Kraftfahr-
verbände informieren, die Ölfirmen wollten auch noch die nichtan-
wesenden Firmen und der Bundeshandelskammer Bericht erstatten. Der
Vertreter der Presse meinte dann, ob ich ihm nicht doch sagen könnte,
wieweit meine Taktik aufgegangen ist und um jeden Groschen gekämpft wurde.
Dies konnte ich ohne die Ziffer zu sagen, mit ruhigem Gewissen bejahen.

Kreisky hatte bereits während und vor der Sitzung grosses Interesse
für den Abschluss gezeigt. Ich konnte ihm deshalb beim Empfang für
die Nationalräte und Bundesräte im Rathaus endgültig berichten. Er
war glaube ich sehr erfreut, und meinte nur, meine Taktik sei halt,
dass sie sich zuerst hinauflizitieren auf 60 Groschen, damit ich
nachher wenn sie einen Bruchteil dessen bekommen, als besonders gut
dastehe. Ich widersprach ihm nicht sehr heftig, aber machte doch
darauf aufmerksam, dass man eben durch wochenlange und monatelange
Verhandlungen versuchen muss, Kompromisse zu erzielen, die für alle
tragbar sind. Ich habe ihm nicht gesagt, wieviel Zeit dafür aufgeht


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und wie man hier eben von allem Anfang an, wissen muss, wie man
und wo man entsprechende Erfolge erzielen kann. Ich wies nur
darauf hin, dass wenn ich die gesamte Preisregelung kompetenzmässig
haben werde, dann als der Watschenmann von allen immer wieder ange-
griffen werde. Ich glaube, ich muss hier vorbeugend und vorbauend
diese Position beziehen, denn ich bin wirklich innerlich überzeugt,
dass die Arbeiten mir zwar auf diesem Sektor Spass machen wird, sie
wird nur sehr anstrengend und sehr zeitraubend sein und auf lange Sicht
gesehen, natürlich trotzdem keine Lorbeeren für mich bringen.

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Tagesprogramm, 11.11.1971


Tätigkeit: Leiter Referat Marktpolitik LWK


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Senatsrat, Wien, Leiter MA 70, Rechtliche Verkehrsangelegenheiten


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: [Patentamt?; 1971 Interessent für Bewerbung als dessen techn. VP; Name in dieser Schreibung nicht zu finden]


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: AK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Bundeskanzler
            GND ID: 118566512


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: vielleicht auch ident mit Nußbaum, Josef, verkehrspol. Abt. BHK?]


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: AK


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: ung. Botschafter


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GD ÖMV


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: BHK, Gremium für den Brennstoffhandel 1971


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                        GND ID: 102318379X


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Sekr. Fachverb. Erdölind.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: KR, Fachverband Beförderungsgewerbe mit PKW (Taxigewerbe)


                            Einträge mit Erwähnung: