Montag, 8. November 1971
Die internationale Tagung Transport und Produktivität veranstaltet
vom ÖPZ war eigentlich schlecht besucht. Der Kongress-Saal der
Bundeskammer am Hohen Markt war maximal zu einem Viertel belegt. Da
über die Planung in den Betrieben, d.h. über das betriebliche
Transportwesen von Schweizer und deutschen Dozenten referiert wurde,
nützte ich die Gelegenheit, um auch die prinzipielle Einstellung
zur Planung neuerdings zur Sprache zu bringen. Unter Betonung, dass
wir selbstverständlich an dem gemischten System und der freien Wirt-
schaft in Österreich festhalten wollen, wies ich doch darauf hin, dass
Planung heute unter anderen Gesichtspunkten von der Handelskammer und
von den Unternehmern betrachtet wird als dies noch vor etlichen
Jahren der Fall war. Da Sallinger vor mir gesprochen hatte und darauf
hinwies, dass wir unsere Meinungen immer abstimmen und uns gegenseitig
ergänzen, konnte ich nicht umhin, darauf hinzuweisen, ohne dass ich die
Handelskammer nannte, dass doch vor Jahrzehnten Planung sehr suspekt war.
Die Hausfrau plant, welcher Mann wäre sonst imstande mit einer solchen
Frau zusammenzuleben, der Betrieb plant, das habe ich erklärt, des
kennen die Damen und Herren ja auch ihrer Tätigkeit, nur wenn der
Staat planende Elemente versucht, dass hiess es, es sei Bolschewismus.
Ich wies dann auch noch ganz besonders bei meiner Einleitung darauf hin,
dass für die Betriebe wichtig ist, dass der Staat die überbetrieblichen
Verkehrsprobleme in Angriff nimmt und besser löst als in der Vergangen-
heit. Die Notwendigkeit des Ausbaues z.B. der B 17, die bekanntlich
durch unsere Industriezentren in der Steiermark geht, ohne dass wirk-
lich eine befriedigende Strasse zur Verfügung steht oder die zu erwar-
tende Bedeutung des Donauverkehrs nach Vollendung des Rhein-Main-Donau-
Kanals usw.
Interessant war, dass vom Haus überhaupt niemand für diese Tagung sich
interessierte. Metzner wurde im letzten Moment verständigt, dass ich
daran teilnehme und deshalb hat er mich begleitet.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wir haben drei Ehreneinladungen bekommen, die
Teilnahme selbst kostet 1.200.– S, die weder die Sektion II, Verkehrsab-
teilung noch die Sektion III, Branchenreferat, oder sonstige betriebs-
wirtsch. Stelle nützte, In Hinkunft bitte doch zumindestens die Karten
verteilen, vielleicht wird ein oder der andere Kollege Interesse daran
haben.
Dr. Veith und Dr. Soche vom ÖAMTC sowie Ing. Hobl hatten mit mir die
zweite offizielle Benzinpreisbesprechung. Veith erklärte, dass er un-
fähig sei, die Preise zu überprüfen, da er nicht beurteilen könne,
ob die Frachtraten oder die Bleiherabsetzung oder der Tankstellenhalter-
wunsch von 10 Groschen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen oder
nicht. Sehr zum Unterschied von den Versicherungsüberprüfungen wollte
er sich deutlich von der Verantwortung für die Preisanträge schrauben.
Als ich ihm auseinandersetzte, dass es sich hier nicht darum handelt,
die Details der Kalkulation genau zu überprüfen, sondern eben einen
Akkord, d.h. eine Übereinstimmung von den einzelnen Wünschen zu er-
reichen, war er bereit, über die Probleme weiter mit mir zu diskutieren
und zu verhandeln. Hobl schlug für Super auf Grund dieser Anmerkung
15 Groschen und für Normalbenzin 20 Groschen vor, der Dieselpreis
sollte nicht erhöht werden. Auf meinen Hinweis, dass wir eine Differen-
zierung nur sehr schwer vorschlagen sollten, um den Ölgesellschaften
eine grössere Chance zu geben, sich mit den Tankstellenhaltern dann
ebenfalls um einen Groschenbetrag, der gleichmässig wäre zu einigen,
akzeptierte dann Veith, dass man halt 20 Groschen einheitlich als
eine entsprechendes Angebot der Ölwirtschaft machen könnte. Von seiten
der Ölgesellschaften kamen dann Gen.Direktor Bauer, Feichtiger und
Kreutler von der ÖMV sowie von der BP Dkfm. Hirnigel und von der ESSO
Direktor Kendler dazu. Vom Hause waren Elsinger, Neuhold und Koppe
anwesend. Bauer erklärte unumwunden, dass er eigentlich erwartet
hätte, dass sie nur mit mir sprechen würden und die Kraftfahrver-
bände eigentlich nicht anwesend sein würden, denn sie wollten mir
die Sorgen der Ölindustrie mitteilen. Bauer hat scheinbar noch immer
die Angst, dass die internationalen Gesellschaften, wenn sie vom ÖAMTC
hart attackiert werden, sofort umfallen würden. Vor allem dürfte er
scheinbar fürchten, dass der ARBÖ mit seinen konzentrischen Angriffen
diese Firmen sofort ins Eck jagen würde. Die Kraftfahrverbände waren
zu Tod froh, dass sie die Gelegenheit nützen konnte, um zu erklären,
dann würden sie selbstverständlich ohne beleidigt zu sein, die Sitzung
verlassen. Wir einigten uns dann aber noch, dass über die technische
Frage das Handelsministerium einige Fachleute der Kraftfahrver-
bände und der Ölgesellschaften einladen wird, um z.B. festzustellen, ob
tatsächlich die Herabsetzung des Bleigehaltes durch den Platformer
oder ob überhaupt eine weitere Herabsetzung des Bleigehaltes zielführend
ist oder nicht, untersucht werden soll. Ausserdem würde in dem gemein-
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samen Kommuniqué zum Ausdruck kommen, dass eine Verpolitisierung des
Benzinpreises von niemandem gewünscht wird. Bauer meinte, es wäre ein
Wahn, aber er möchte gerne die Pläne des Handelsministers kennenlernen,
damit die Ölgesellschaften diese unterstützen können. In Wirklichkeit
wollte er scheinbar nur haben, dass wir uns doch bezüglich der Höhe
festlegen, damit im Preisverfahren dann ohne weiteres die Wünsche
der Ölgesellschaften nicht zu gestehen könnte, akzeptiert werden.
Ausserdem hatten sie glaube ich grosse Sorge, dass der 1.1.1972 bei
der Preiserhöhung nicht mehr erfüllt werden kann. Nur hinsichtlich
dieses Datums machte ich ihnen konkrete Zugeständnisse. Ich bin nämlich
auch übersetzt , dass man mit der Herabsetzung des Bleigehaltes 1.1.1972
gleichzeitig die Benzinpreiserhöhung machen soll, um eine Verbindung
zwischen beiden: Herabsetzung Blei Hinaufsetzung des Preises für die
Konsumenten d.h. für die AUTOFAHRER DEUTLICH UND ERTRÄGLICHER ZU
machen. Im Prinzip erklärte ich noch, dass die Kraftfahrverbände einen
Bruttozuschlag, d.h. einen alles dann abgeltende Preiserhöhung sich
vorstellen und in der ersten Phase 10 Groschen als richtig empfunden
hätten. Von den 20 Groschen, die sie mir zugestanden haben, habe ich
noch keine Erwähnung getan, um weiteren Verhandlungsspielraum den
Ölgesellschaften zu geben. Dieselöl könnte unter gar keinen Umständen
erhöht werden und auch die Idee von Hirnigel, eventuell den Finanz-
minister zu veranlassen, die Mineralölsteuer zurückzuführen, habe ich
entschieden abgelehnt, da sie vollkommen aussichtslos ist. Der
Finanzminister hat sich nur bereit erklärt, keine weitere Mineralöl-
steuererhöhung durchzuführen, wie mich z.B. deswegen Bautenminister
Moser schon gewinnen wollte. Für Super- und Normalbenzin soll ein
gleicher absoluter Betrag gefunden werden, dadurch erklärte ich, würde
ihr Verlangen, Normalbenzin höher zu erhöhen, ja doch zumindest im
perzentuellen Ausmass Rechnung getragen werden. Der neuerlichen
Forderung, Ofenheizöl zu erhöhen, bin ich ausgewichen und habe keine
Zusagen gemacht. Ebenso der Forderung des Herrn Kendler von ESSO, der
unbedingt eine Anerkennung des Importnutzens von 5 % verlangte. Be-
treffend der Tankstellen schlugen die Firmen vor, man müsste eine varia-
ble Lösung anstreben und sie selbst seien unmittelbar zu einem Ab-
schluss, der auch die Tankstellen befriedigt bereit. Bauer meinte,
wenn die Gewerbefreiheit, er hat den Satz geprägt: Sir, geben sie Ge-
werbefreiheit, durchgeführt ist, dann wird es den Tankstellen überhaupt
sehr gut gehen. Derzeit haben sie nach Aussage Bauers bis zu 85 Groschen,
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nach Aussage des Ing. Hobl sogar bis zu 1.– S Provision. Die
Spanne für Pächter betrüge 22 Groschen pro Liter behauptet Dr.
Veith. Kendler wies darauf hin, dass das Gremium noch niemals Kal-
kulationen, die die Ölgesellschaften verlangt haben, vorlegen
konnte, weil nämlich die Ölgesellschaften die Verhältnisse sehr
gut kenne, da sie ja selbst Tankstellen betreiben. Betreffend
das Tankstellenkonzept, das ich verlangt habe, versicherte Bauer,
dass heuer am Jahresende weniger Tankstellen existieren werden als
am Jahresbeginn. Ich forderte, da die Ölgesellschaften jetzt eine
Schnellentschluss wünschten, dass sie mir unverzüglich in der
nächsten Zeit ein Angebot machen, auf welches ich mich dann stützen
kann, um mit den Interessensvertretungen aber auch mit den Kraft-
fahrverbänden mich zu einigen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte der ÖMV indirekt wissen lassen, dass die-
ses Angebot nicht höher als 20 Groschen sein darf, da ansonsten eine
weitere Verzögerung zu erwarten ist und damit der Termin 1.1.1972 in
Frage gestellt wird. Falls sich grosse Schwierigkeiten ergeben, bin
ich bereit, noch im Laufe dieser Woche mit Bauer und einigen Herren
darüber zu verhandeln. Allerdings müssten dies von den internationa-
len Gesellschaften schon die Generaldirektoren sein und nicht die
Herren der zweiten Garnitur.
Der Sparkassenverband hat ausserdem an Fremdenverkehr ein umfassendes
Elaborat über die Vereinfachung der Gewerbeförderung ausgearbeitet.
Für den Fremdenverkehr hat er bereits vor längerer Zeit eine Studie
vorgelegt. Dr. Haiden von der Zentralsparkasse, der im Sparkassen-
verband in diesem Punkt sehr aktiv mitgearbeitet hat, wollte nun
wissen, wie es weitergeht. Fritz Gehart hat mit ihm bereits Fühlung
gehabt und ich persönlich habe nur bestätigt, dass wir grosses Inter-
esse daran haben, wenn diese Arbeit dann in unserem Haus auch fortge-
setzt wird, d.h. in der Praxis dann die entsprechenden Vorschläge,
die zielführend in unser Konzept hineinpassen, durchgeführt werden.
Bei der Fremdenverkehrsstudie ist dies allerdings versandet, denn
ich habe nichts mehr davon gehört und Gehart wusste auch nicht, ob
im Hause sich irgendwer mit diesem Problem beschäftigt hat. Ich
wies nur sowohl Haiden als auch Gehart ganz besonders darauf hin,
dass es sich hier meistens um Kompetenzen des Finanzministeriums
handelt und deshalb zumindestens das Büro des Finanzministers ein-
gehend bereits jetzt hätte informiert werden müssen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte Vorkehrung treffen, dass in Hinkunft Gehart
und unser Haus überhaupt mehr auf die Kompetenzabgrenzung – indirekt
zumindestens – achten, Mindesterfordernis ist, dass das Büro des FM,
womöglich Vranitzky, von all diesen Vorhaben verständigt wird. Im Grun-
de genommen komme ich immer mehr darauf, dass Androsch resp. Vranitzky
ja an und für sich ja gar nichts dagegen haben, wenn wir uns mit die-
sen Problemen beschäftigen. Nur wenn er nachher über seine Bürokratie
erfährt, dass in die Kompetenzen des FM eingegriffen wird, dann rea-
giert er natürlich negativ.
Bei der Verkehrssicherheitskonferenz, die diesmal im Handelsministerium
stattfand, führte ich persönlich den Vorsitz. Wir hatten uns vor einiger
Zeit auf ein neues System des Schwerpunktprogrammes der Verkehrssicher-
heit geeinigt. Bis jetzt wurde ein Thema durch zwei Monate hindurch
gleichmässig behandelt, d.h. die Exekutivorgane oder die Öffentlich-
keit hatte nicht einmal mehr zur Kenntnis genommen, wenn ein
neues Thema von der Verkehrssicherheitskonferenz vorgeschlagen wurde.
In Hinkunft wollen wir deshalb eine Woche nur ganz intensivst dieses
Problem in der Öffentlichkeit darlegen und die Exekutivorgane eben
anweisen, dass sie in dieser Zeit diesem Problem z.B. Überholen oder
gutes Licht, entsprechendes Augenmerk zuwenden. Zu meiner grössten
Verwunderung meldete sich dann ein Min.Rat Dr. Nester von unserem
eigenen Haus zur Debatte und war ausgesprochen negativ. Unterstützt
wurde er noch durch Einflüsterung seines Abteilungsleiters, wie ich
nachher erfuhr von Min.Rat Dr. Klob, den ich auch das erste Mal sah.
Diesen kanzelte er auch ab, indem er erklärte, was er ihm geflüstert
hätte, sei nicht so wichtig. Da Nester vorher, das muss allerdings
schon mindestens 10 Jahre her sein, für diese Verkehrssicherheitskon-
ferenzen resp. für die Schwerpunktprogramm zuständig war, dürfte er
sich persönlich auf den Schlips getreten gefühlt haben, dass man jetzt
eine Änderung vorgenommen hat. Kammerhofer versicherte mir und auch
Metzner verstätigte mir dies, dass er bei allen Sitzungen im Haus an-
wesend war und sich niemals dagegen so ausgesprochen hat wie jetzt.
Ich versuchte die Situation zu retten, indem ich erkläre, es sei selbst-
verständlich, dass jeder Beamte hier seine Meinung kundtun könne und
soll, ich selbst wünsche Kritik, in Wirklichkeit aber wies darauf
natürlich hin, dass es notwendig wäre, doch im eigenen Haus die ent-
sprechenden Meinungen zu koordinieren. Min.Rat Luputschek vom
Innenministerium wies dann insbesondere dem Dr. Nester seine
Kritik zurück, da sowieso niemand daran denkt, die bisherigen Er-
fahrungen zu missachten.
Die italienischen Journalisten stellten hauptsächlich allgemeine
Informationsfragen und erst zum Schluss, als wir kaum mehr Zeit
hatten, zu meinem Glück, wollten sie wissen, was wir in Rom besprechen
werden. Da ich ja nicht die Absicht habe, irgendwelche Probleme –
ausser die EWG-Verhandlungen – auf Tapet zu bringen, war es sehr gut,
dass diese Fragen erst zu Ende ihres Besuches kamen. Ich habe ihnen
gleich bei Beginn, wir hatten sogar eine Viertelstunde früher begonnen,
erklärt, dass ich um 5 Uhr im Ministerrat sein muss. Mein Anbot, dass
Min.Rat Meisl, der anwesend war, zur Verfügung stehen würde, haben sie
nicht angenommen, da sie scheinbar selbst auch froh waren, wieder
wegzukommen.
Bei der Ministerratsvorbesprechung hat Kirchschläger mich gefragt,
ob ich nicht die Intervention der Amerikaner bei der EWG und letzten
Endes auch in Österreich gegen eine Regelung mit den Neutralen zur
Sprache bringen möchte. Ich setzte Kirchschläger auseinander, dass
ich es nicht für zielführend halte, wenn ich materielle Fragen, sei es
bei der Ministerratsvorbesprechung oder gar im Ministerrat diskutieren,
wo wir nicht ausgesprochen durch einen mündlichen d.h. in dem Fall ja
schriftlichen Bericht und durch die Tradition dazu verpflichtet sind.
Ich selbst halte es für sehr gefährlich, wenn wir Probleme, die uns
beide betreffen, im Ministerrat oder in der Vorbesprechung diskutieren,
weil sich sonst wirklich noch eine materielle Diskussion anschliesst
und vielleicht Kreisky oder jemand anderer eine eigene Linie vertritt,
die wir dann nur entweder im auszureden haben, oder vielleicht gar
akzeptieren müssen, obwohl es nicht in unser Konzept passt. Kirch-
schläger schloss sich meiner Meinung an. Umso mehr waren wir dann
erstaunt und vielleicht war dies wirklich eine Fügung, als Kreisky
selbst anfing, dass die US-Intervention nicht hingenommen werden darf,
sondern eben wir auf alle Fälle reagieren müssen. Bei dieser Gelegenheit
konnte ich feststellen, dass Kirchschläger wieder wesentlich besser
informiert war als ich. Kirchschläger hatte das Telegramm von Leitner
über die Intervention von US-Botschafter in Brüssel Schaetzel Malfatti
zur Hand, der Bericht ist mir zumindestens niemals gezeigt worden.
Ausserdem wies Kirchschläger daraufhin, dass in Österreich
Geber im Aussenamt vorgesprochen hat und dort von Fischer empfangen
wurde. Ich behauptete auch, dass ich es wusste, dass auch Geber mit
uns nur mit einem subalternen Beamten gesprochen hat. Richtig ist,
dass er mit mir, resp. ich davon nichts erfahren habe. Kirchschläger
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erklärte dann auch Kreisky, dass bezüglich der Verschiebung eines
Mandates jetzt die EFTA-Mitglieder, die beitreten, selbst schuld
sind. U.a. hat Norwegen erklärt, es könne sich zu dem Mandatsentwurf
noch nicht äussern, weil sie keine Zeit hatten, ihn zu studieren und
sie wollen nicht, dass aus der Konsultation nur eine Information wird.
Gratz erklärte, dass bis zum 17. November alle Anträge eingebracht
werden können, damit sie am 24. als Gesetzentwürfe den Ausschüssen zu-
geleitet werden können. Der letzte Termin um noch entsprechend heuer
im Nationalrat einen Beschluss zu erreichen, ist der 2. Dezember.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Bitte zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegte Gesetz-
entwürfe können nicht mehr mit einer Verabschiedung im heurigen Jahr rechnen. Bitte
deshalb das
Haus in Einzelbesprechungen neuerdings darauf auf-
merksam machen.
Broda wird das gesamte Strafgesetz und Häuser das Lebensmittelgesetz ver-
suchen noch heuer dem Parlament zuzuleiten und vielleicht wenn möglich
die Verhandlungen darüber aufnehmen. Anschliessend an den Ministerrat
habe ich Rösch über die Benzinfrage informiert und Kreisky ebenfalls
dahingehend einen Bericht gegeben, dass ich ihm sagte, 20 Groschen
würden es mindestens werden und höchstens wird nur die Hälfte der
50-Groschen-Forderung, d.h. 25 Groschen erfüllen.
Während der Ministerratsvorbesprechung wurde mir der Akt über den
Bericht von der EFTA-Tagung vorgelegt. Ich las ihn mir durch, er
hat keinerlei Probleme beinhaltet und ich frage mich nur, warum
wir den unbedingt noch heute beschliessen mussten. Dr. Michitsch
wartete draussen und als ich zum Ministerrat rüberging, fragte ich
ihn, ob er die notwendige Anzahl von Berichten mitgebracht hat. Da
dies der Fall war, habe ich dann tatsächlich im Ministerrat in der
mündlichen Berichtserstattung den Wunsch des Hauses untergebracht.
Warum ist mir bis jetzt nicht klar. Dies hätte nächste genauso noch ge-
schehen können. Scheinbar will man in nebensächlichen Fragen, wie z.B.
Berichterstattung an den Ministerrat für ganz kalten Kaffee eine
ungeheure Aktivität zeigen. Viel wichtiger wäre es, wenn man mir
vom Haus die notwendigen zukünftigen Fragen besser präpariert zur
Verfügung stellen würde, wie dies beim Aussenministerium immer
wieder der Fall ist, wie ich neidvoll immer wieder feststellen kann.
Mit Frühbauer konnte ich klären, dass er nicht beabsichtigt, die
Fünf-Tage-Woche der Postgewerkschaft zu erfüllen. Kreisky hat ihn
einige Male schon gefragt und darauf hingewiesen, dass er ebenfalls
die Fünftagewoche ablehnt, Kreisky hat, da er das moderne Österreich
versprochen hat, sich scheinbar, den Attacken der Presse gebeugt und
will erst dann, wenn die Zustellung von Zeitungen und wichtigen Post-
stücken an Samstagen möglich ist, diese Idee nahetreten. Frühbauer
nun wird erklären, dass er noch entsprechende Vorarbeiten leisten muss
und derzeit die Verwaltung noch nicht bereit und fähig wäre, eine
Fünftagewoche einzuführen. Die Forderung der Gewerkschaft kann
deshalb noch nicht als ein positiver Beschluss der Regierung aufgefasst
werden. Kreisky wollte mich sogar davon überzeugen, dass dies beim
besten Willen nicht geht. Ich selbst hatte sofort erklärt, dass dies
ja nicht mein Problem sei, denn letzten Endes würde ressortmässig ich
natürlich eine solche Fünftagewoche sehr schwer gegenüber Handel und
Gewerbe. d.h. der Bundeskammer vertreten können Ich habe unter diesen
Umständen eine sehr gute Position bei den Anfragen im Nationalrat.
Wie allerdings Frühbauer aus diesem Dilemma herauskommen wird,
nachdem sich die Gewerkschaft schon so gefährlich präjudiziert hat und
er selbst durch die Umfrage mehr oder minder in der Öffentlichkeit
die Meinung entstand, die Bundesregierung wird einen positiven Beschluss
zu diesem Fünf-Tage-Wunsch aussprechen, ist eine andere Frage. Für mich
war es eine heilsame Lehre, dass man hier wesentlich anders vorgehen
muss, um nicht in ein Dilemma hineinzukommen, das sich in den nächsten
Wochen klar und deutlich zeigen wird.
Tagesprogramm, 8.11.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 2. Ministerratssitzung, 8.11.1971
08_1321_03