Sonntag, 7. November 1971
Da wir am Dienstag die Regierungsbesprechung wieder in Vöslau durch-
führen, nützte ich einen Ausflug, um einen Sprung vörüberzumachen
um mich zu überzeugen, dass alles in bester Ordnung ist. Handel,
der Verwalter hat mir dies auch bestätigt. Bei dieser Gelegenheit
konnte ich feststellen, dass das Haus sehr ausgelastet ist. Ich
weiss nicht, ob vielleicht die Preise resp. die Konditionen für die
einzelnen Gewerkschaften zu günstig sind. Die Kurse wurden, wie er
sich ausdrückte, meistens überbelegt. Dadurch muss er einzelne Nachbar-
häuser zuda heranziehen, die allein für die Nächtigung 55.- S verlangen.
Ich bin deshalb jetzt noch ein bisschen stolz, dass ich mich damals
durchgesetzt hatte, dass zumindestens in jedem Raum ein Notbett in
Form einer Couch hineinkommt, denn die ursprünglich Idee, unseren
Hörern einen Einzelraum zur Verfügung zu stellen, hätte sich ja als
wesentlich kostenverteuernd ausgewirkt. Das Haus hat deshalb jetzt 135
Betten, die, wie Handel mit mitteilt, meistens vollkommen ausgebucht
sind. Dadurch ist auch eine optimale rationale Betriebsführung gewährleistet.
Hätte man wie ursprünglich geplant, nur ein Schulungsheim dort gemacht
und mit maximalst 60–70 Betten ausgestattet, wären die fixen
Kosten wesentlich höher gewesen und die Arbeiterkammer hätte eine noch
höheren Aufwand zu decken gehabt. Eine Pleite dürfte aber das von mir
abgelehnte Stüberl sein. Die Urlauber besuchen dieses fast nicht und
auch die Kursteilnehmer frequentierten es sicher nur sehr wenig.
Ich glaube überhaupt, dass die Planung des Hauses, die sehr grosszügig
gewesen ist auch viele Millionen gekostet hat, wesentlich zielführender
hätte durchgeführt werden müssen. Der Funktionsplan war nicht so eindeutig
und der Architekt war ausserstande, ihn zu erfüllen, sodass damit eine
sehr starke Belastung der Arbeiterkammer sowohl beim Bauaufwand als auch
jetzt für vereinzelte Fehlinvestitionen zu verzeichnen sind. Besonders
wenn ich die Aufwendungen für das Erholungs- und Schulungsheim der Arbeiter-
kammer mit den Aufwendungen der Lebensmittelgewerkschaft für Hartberg
vergleiche, dann kommt mir erst so richtig die Bedeutung der Planung und
der Architekten zum Bewusstsein. In beiden Fällen war der Bauherr eine
öffentliche Institution. Bei der Lebensmittelgewerkschaft aber gelang
es Blümel den Baufachmann der Pensionsversicherungsanstalt zu gewinnen.
Bei der Arbeiterkammer dagegen haben die Bauausschuss-Mitglieder ein jeder
seine eigene Meinung gehabt und der Architekt konnte sich nicht durch-
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setzen und das Endergebnis war, es wurde alles was gut und teuer war,
entsprechend sofort akzeptiert oder sogar noch verlangt. Für mich
ist dieses Kapitel ja abgeschlossen, es hat mich aber wieder in
meiner Auffassung bestärkt, dass es ausschliesslich darauf ankommt, den
richtigen Mann zu finden, wenn man ihm eine Arbeit überträgt.
hs. Notizen