Samstag, der 23. Oktober 1971

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Samstag, 23. Oktober 1971

Die Fa. Haberkorn hat die Genehmigung erhalten, im Geschäftsverkehr
das Staatswappen zu führen. Zu diesem Zweck hat der Firmeninhaber
Dkfm. Haberkorn seine Belegschaft, die in ganz Österreich zerstreut ist,
nach Wien gebracht. Wie er bei seiner Einleitung mitteilte, hat er
1964 ihnen bereits einen Betriebsausflug versprochen und er hat
es deshalb jetzt kombiniert mit der Staatswappenverleihung. Die Firma
hat in 6 Städten Vertretungen. Seinerzeit hat diese Firma sich mit
einer Seilproduktion 1933 beschäftigt, derzeit besteht aber die Stärke
darin, dass sie als technische Handelsfirma ganz gross im Geschäft
ist. Bei einem Eigenkapital von ca. 5 Mio. machen sie 200 Mill. Umsatz.
Haberkorn selbst hat eine eigene Finanzierungsmethode entwickelt.
Ausser der Abfertigungsrücklage, die er steuerfrei bilden kann und
kapitalstärkend für ihn wirkt – die Abfertigung würde derzeit für
alle Angestellten 6 Mill. S betragen – wirft er auch noch Prämien
für die Leistungen aus. Bevor er am Jahresende – wenn er nicht ent-
sprechende Investitionen tätigen konnte oder getätigt hat – dem
Finanzminister den Gewinn abzuführen hätte, wirft er lieber Prämien
für seine Angestellten aus. Diese Prämien richten sich nach den
Leistungen der einzelnen Abteilungen. Von der Prämien verlangt er
aber, dass der Betreffende sie in Wertpapieren steuerbegünstigt anlegt.
Dadurch verschafft er ihm auf 15 Jahre Vermögen, wie er sich ausdrückt,
für sich aber verlangt er, dass diese Wertpapiere bei einer Bank de-
poniert werden, die er bestimmt. Diese Bank gibt ihm auf Grund der
Depots seiner Angestellten dann noch eine zusätzlichen Kredit,
weil er die Depots verpfändet. Im Durchschnitt wirft Haberkorn dafür
1 Mill. S im Jahr aus. Bei ca. 18 Mio. S Lohn- und Gehaltssumme ein
doch beträchtlicher Teil. Sein Vorteil aber, den ich ihm sofort auf den
Kopf zusagte, ist, dass der Finanzminister sich an dieser Prämie mit
70 % beteiligt. Von der 1 Mill. kriegt der Finanzminister weniger Steu-
ern für 700.000 S und Haberkorn hat einen Gewinnabgang von max.
300.000 S. Haberkorn hat auch errechnet, dass 50.000 S pro Beschäf-
tigen im Jahr Steuer geleistet werden, wenn er seine Umsatzsteuer,
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Vermögenssteuer, Gewerbesteuer usw.
umrechnet. Er meint, es müsste deshalb unbedingt eine Einkommens-
und insbesondere Lohnsteuerreform erfolgen. Bei der Einkommens-
höchstgrenze könnte er sich vorstellen, dass noch die Steuerprogres-
sion erhöht wird, für die mittleren Einkommen insbesondere seiner
höheren Angestellten müsste eine entsprechende Progressionsmilderung


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erfolgen. Er meinte, dass Koren den grössten Fehler gemacht hat,
dies nicht unter der ÖVP-Regierung in Angriff genommen zu haben.
Da er gleichzeitig in Wolfurt jetzt bauen wird, konnte ich umso
leichter ihn verweisen, dass der Bund z.B. dort 1 Mia. S
für eine Güterbahnhofanlage aufbringen muss, dass gleichzeitig
jetzt auch die Autobahn in Bregenz, dem Sitz seiner Firma, in
Angriff genommen werden muss und dass damit eben Milliardenbe-
träge nur durch die Steuerleistung aller finanziert werden können.
Nach starkem Stimmenverlust der ÖVP in Vorarlberg erklärt er damit,
dass dort – wie er sich ausdrückt – die Schwarzen derartig präpotent
gewesen sind, dass sie sich überhaupt nicht mehr um die Fragen und
Probleme der Leute gekümmert haben. Ich glaube dies zwar nicht,
aber sicherlich ist es so, dass sie einige Fehlentscheidungen,
siehe z.B. Autobahn in Bregenz – getroffen haben und dann halt
an dieser Fehlentscheidung festgehalten haben. Es ist ihnen halt
in kleinerem Massstab einige Mal ein Fussach passiert.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte, Vorkehrung zu treffen, dass es uns nicht
bei den Steinbrüchen ebenfalls ähnlich ergeht.

Dkfm. Haberkorn teilte mir auch mit, dass er bei den Kooperations-
verträgen mit dem Osten Provision bezahlen muss. Er hat mit
Jugoslawien einen 10 Mill. Umsatz gehabt, wovon er 2 % Provision
auf Schweizer oder deutsche Konten überweisen muss. Sein tech-
nisches Büro hatte seinerzeit einen grossen Auftrag in Planung
und Ausarbeitung, der letzten Endes um 20 % teurer an eine deutsche
Firma vergeben wurde, die die Ausführung nach seinen Plänen durch-
führte. Er verlangte deshalb von der jug. Vertretung 80.000 S
Planungsspesen, die ihm anstandslos bezahlt wurden, damit er nicht
wegen des Nichterhaltens des Auftrages an höheren Stellen inter-
veniert, da dieser Auftrag zu überhöhten Preisen an die BRD
vergeben wurde.

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Tagesprogramm, 23.10.1971


Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Fa. Haberkorn, Bregenz [1971 als F. Haberkorn zu finden, aber vorerst kein Vorname; der Gründer Leopold Haberkorn von 1932 vmtl. nicht mehr gemeint, sondern eher der Sohn?]


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      Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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