17., 18. u. 19. September 1971
Das zweite Wochenende Wahlreise-Veranstaltung unterscheidet
sich nicht wesentlich von der vorhergehenden. Freitag um 14.00
Uhr Eröffnung einer Halle der Produktion für Fischer-Ski in
Ried. Fischer produziert derzeit 750.000 und will in fünf Jahren
bereits auf 1 Mio. Paar Schi kommen. Als Endstufe stellt er
sich vor 1,5 Mio. Paar Schi pro Jahr. Fischer ist der größte
Produktionsbetrieb in der Welt. Da er nur einen einzigen Artikel
erzeugt, hat er sich sehr rasch rationalisiert und spezialisiert.
Trotzdem würde ich unruhig schlafen, wenn ich keine zweite Pro-
duktionsmöglichkeit hätte. Witterungsbedingt oder vielleicht
durch Änderung der Freizeitbeschäftigung Schifahren entfallen
sollte, oder nur zurückgehen sollte, müßte es eine Katastrophe
für den Betrieb aber auch für Ried sein. Derzeit beschäftigt
er immerhin 1500 Arbeiter und Angestellte, will im Endausbau fast
3000 beschäftigen. Fischer beschwerte sich auch bei mir, daß durch
die Einführung der Nettopreise die Absatzmöglichkeiten in Deutschland
und in anderen Ländern zurückgehen könnten. An Hand der Erfahrung
die mein Sohn Andreas beim Einkauf von Superglass, d.i. der teuerste
Fischer-Schi, gemacht hat, mußte allerdings zugeben, daß die soge-
nannte fachliche Beratung, auf die er sich bezog, nur sehr gering
ist. Bruttopreissystem wurde bis jetzt immer damit verteidigt, daß
der Konsument dann eine entsprechende fachliche Beratung und den
preiswertesten Schi empfohlen bekommt. In Wirklichkeit hat der
Händler natürlich nur ein einziges Interesse, den teuersten Schi
zu verkaufen. Produktion und die Entwicklung ist wirklich einem
Industriebetrieb würdig. Die Entwicklungsabteilung hat heute mit
den größten Rechenzentren, den Universitäten und technischen
Hochschulen Verbindung und berechnet mit Computers die Idealform
und die Idealzusammensetzung des Materials für die Spezialschis.
Als Laie kann man sich gar nicht vorstellen, wie Entwicklungsar-
beit in einem Schi wirklich drinnen steckt. Die 10%ige Import-
abgabe hat den amerikan. Export von Fischer bis jetzt noch
nicht belastet, da vor der Einführung noch der größte Teil für
die Wintersaison 71/72 ausgeliefert war. Größere Schwierigkeiten
bereitet der Firma der ständige Verfall des Dollars. Da ich an
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dem Festessen am Abend, es war glaube ich ganz Ried eingeladen,
nicht mehr teilnehmen konnte, ersuchte ich den Betriebsratsob-
mann, er möge mich insbesondere bei der Belegschaft entschuldigen.
Salzburg hat die Gewerkschaftsfraktion eine Sitzung, wo ich über
Preise referierte. Der Arbeiterkammersaal war bummvoll. In diesem
Kreis macht das Referieren wirklich Spaß. Ich greife überall das
heiße Eisen der Preisentwicklung an, weil ich hoffe, damit unseren
Leuten einige Argumente in die Hand zu geben.
Der Freier Wirtschaftsverband von Hallein hat Gewerbetreibende
zu einer Diskussion eingeladen. Zu meiner größten Verwunderung
war auch dort der Saal voll. LH-Stv. Steinocher fuhr ich an nach
dieser Veranstaltung und er ersuchte mich, wir sollten doch min-
destens 15 Mio. für die Mitterberger aus der Bergbauförderung zur
Verfügung stellen. Ich verwies darauf, daß ich einen solchen Budget-
posten derzeit gar nicht zur Verfügung habe und vielleicht Androsch
vielleicht im zweiten Budgetüberschreitungsgesetz nach genauer
Überprüfung bereit wäre, für die Mitterberger und auch für den
Kohlenbergbau einen größeren Betrag noch zur Verfügung zu stellen.
Ich referierte über die Gewerbepolitik der Bundesregierung insbe-
sondere in meinem Ministerium. Anschließend in der Diskussion
meinte ein Gewerbetreibender, da ich doch Aufsicht über die Han-
delskammer hätte, ich sollte mich gegen die Angriffe, die jetzt
gerade in der letzten Zeit in Verbindung mit der Belangsendung
der SPÖ gemacht wurden, wehren. Die Salzburger Handelskammer hat
mein Antwortschreiben vollkommen wiedergegeben und natürlich nur
vorher festgestellt, daß ich mich nicht von diesen Belangsendung
distanziert habe und damit eigentlich den Handel nicht in Schutz
genommen habe. Vielleicht bin ich weniger empfindlich als wie diese
Genossen oder sie stehen auf dem Standpunkt, daß ein Minister nicht
so von der Interessensvertretung angegriffen werden soll, die seiner
Aufsicht unterstehen.
Der Landessekretär Tieber hat sich vorgestellt, ich sollte von
8–9.00 vor Eröffnung der Innsbrucker Messe vor der Markthalle
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eine Passantendiskussion durchführen. Ich war natürlich sofort
damit einverstanden. Nur die Wiener Zentrale, der Wahlkampfleiter
Strache meinte, daß dies eine starke Anforderung sei. Am Anfang
lief diese Diskussion sehr zäh, doch im Laufe der Zeit bildete
sich eine größere Gruppe und manche Frauen und auch einzelne Männer
ließen sich zu Fragen und Diskussionen herbei. Tieber sagte, daß
dies das erste Mal ist, daß solche Passantendiskussionen in Inns-
bruck stattfinden. Da auch BM. Frühbauer in Innsbruck schlief,
hat er sich ebenfalls zu dieser Passantendiskussion zur Verfügung
gestellt. Ebenso der LH-Stv. Salcher und die Nationalräte.
Die Standler von dem Markt kamen, um sich bei mir zu beschweren,
daß sie unter der ÖVP-Regierung Standzeit wesentlicher verkürzt
bekommen haben. Sie wünschen, daß sie von Donnerstag bis Samstag
mittags wenigstens an diesen drei Tagen ihre Stände aufstellen
dürften.
Anmerkung für HEINDL
Bitte feststellen wer dies ändern könnte und wenn irgendwie
möglich, den Leuten entgegenkommen.
deshalb den Fremdenverkehr in den Mittelpunkt meiner Ausführungen
zustellen. Knapp bevor ich fuhr, viel mir noch eine neue Broschüre
des Wirtschaftsbundes "Tourist made in Austria" in die Hände. Dar-
in wird unter Führung des Wirtschaftsbundabgeordneten von Tirol,
Westreicher, des Fremdenverkehrsprogramm arg kritisiert. Ich wollte
auf diese Kritik eingehen und war sehr besorgt, ob ich einen richtigen
Aufhänger finden würde. Bei der Begrüßung hat aber Landesrat Bassetti
der Präsident der Innsbrucker Kammer mich hart attackiert wegen der
unzulänglichen Fremdenverkehrsförderung. Er meinte, es müßten doch
zumindestens im Jahr um 20–25 % mehr Ausgaben für die Fremden-
verkehrsförderung in den Budgets ihren Niederschlag finden. Er
kritisierte die Aktionen und bemängelte insbesondere, daß zu wenig
Mittel zur Verfügung gestellt werden. Eigentlich hatte ich erwartet,
daß Wallnöfer vielleicht einen Angriff auf die Bundesregierung
starten würde. Der war aber verhältnismäßig zahm. In meiner Rede
konnte ich deshalb Bassetti im wahrsten Sinne des Wortes nieder-
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setzen, aber sehr elegant, ohne daß er beleidigt sein konnte.
Ohne daß ich die Budgetziffern verriet erklärte ich ihm, daß er zwar
20–25 % mehr Ansätze verlangt hätte und ich ihm heute schon ver-
sichern könnte, es würde ein Mehrfaches von den 20–25 % sein.
Da doch etliche Genossen im Saal verstreut saßen kamen dann viele
zu mir und erklärten, daß selbst die Schwarzen sich gewundert hätten,
daß Bassetti in so unqualifizierter und vor allem in so ungeschickter
Art mich angegriffen hat. Insbesondere strich ich natürlich unsere
föderalistische Auffassung betreffend der Fremdenverkehrspolitik
heraus und dies fand die Zustimmung auch von Wallnöfer. In der
Broschüre wird nun die Höchstbettenanzahl für Privatzimmervermietung
mit acht vorgeschlagen. In Tirol aber sind derzeit 10 Betten die
Höchstgrenze. Ich erklärte deshalb, unter lautem Gelächter, ich
würde mich niemals gegen die Roten stellen, auch dann wenn der
Abg. Westreicher in der Broschüre vorschlägt, es sollten nur acht
Betten als Höchstgrenze zugelassen werden.
Nach der Messe fuhr ich mit LH-Stv. Salcher zu einer Versammlung
nach Wattens. Salcher selbst ist überzeugt, daß wir haushoch ge-
winnen werden. Überhaupt rechnet er, daß wir 94 Mandate erreichen
würden. Da ein herrliches Wetter in Tirol herrschte, war die Ver-
sammlung für Wattens verhältnismäßig sehr schlecht besucht.
Die nächste war in Steinach/Brenner. Der Sekretär des Fremden-
verkehrsverbandes der gleichzeitig auch der Lokalobmann ist.
Schublatter haben mich dort empfangen und auch während der Ver-
sammlung haben sie eine Einlage für mich gegeben. Steinach hat
ein großes Erholungszentrumprojekt und wünscht eine Unterstützung.
Auf der Fahrt nach Telfs trafen wir auch noch Vertreter der Ge-
meinde Mutters. Auch dort wird ein Hallenbad projektiert,
von dem 5 Mio. finanziert sind und 5 Mio. müßten noch Geld aufge-
trieben werden. Ebenso sollte in Nassrai ein Hallenbad gebaut
werden. Keinen einzigen Fall habe ich Zusagen gemacht. Ich habe,
obwohl Wahlen sind, mich sehr zurückhaltend gezeigt und immer
wieder erklärt, gerade weil Wahlen sind, möchte ich keine Ver-
sprechungen machen, sondern ich werde nur veranlassen, daß dies
genau geprüft wird. Ich habe ihnen zugesagt, daß sie entweder
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nach Wien kommen können, und mit Sekt.Rat Würzl, oder daß Würzl
einmal nach Tirol kommt, und mit ihnen die ganze Angelegenheit
durchbesprechen wird. In Steinach ist es unser Lokal-
obmann Hörtnagel Herbert, 6150, Siegreith 20, Mutters, Bürger-
meisterhaus Franz .
Anmerkung für Heindl
Bitte Entsprechendes veranlassen.
Telfs ist neben Pfaffenhofen der zweite rote Stützpunkt im
schwarzen Meer des oberen Inntales, war das Diskussionsgespräch
der jungen Generation auch nicht mehr besonders besucht. Der
Bürgermeister berichtete, daß er mit einer soz. Regierung die
besten Erfahrungen gemacht hat. Insbesondere wies er darauf hin,
daß im Handelsministerium alles sehr schnell und zu seinen Gunsten
entschieden wurde. Da ich nicht wußte, ob nicht doch noch ein
Gegner im Lokal war, erwiderte ich sofort, daß dies nicht nach
parteipolitischen Gesichtspunkten entschieden wurde, sondern
eben die Gemeinde die entsprechenden zweckmäßigen Vorbereitungs-
arbeiten geleistet hat. Immer wieder kommen Kinder mit Geschenken
und vor allem Blumen. Sicherlich waren in diesen Orten noch nie-
mals Minister. Ich weiß nur nicht, welchen Weg man einschlagen
soll, um in diesen Orten irgendwelche Bürgerveranstaltungen zu
machen, wo eben keine nur Parteigenossen zu diesen Veranstaltungen
kommen.
Sonntag, 19. September 1971
unwahrscheinlichen Einmütigkeit. Kreisky berichtete über
seine Wahlreise, zuerst aber hielt er ein Statement, um
die Behauptung, daß zwischen ihm und Benya Differenzen be-
stehen, zu widerlegen. Kreisky erklärte, daß fast täglich mit
Benya Kontakt besteht und er alle Fragen im engsten Einver-
nehmen mit ihm bespricht und entschieden werden. Kreisky
strich auch besonders hervor, daß in der Regierung noch
Vizekanzler Häuser ein idealer Vertreter der Gewerkschaft
ist, der manchmal ganz hart seine Meinung vertritt. Außerdem
gibt es dann noch zwei führende Gewerkschafter, wie Kreisky
sich ausdrückte. Ich glaube, daß Kreisky natürlich größtes
Interesse daran hat, in der Gewerkschaftsfraktion seine enge
Zusammenarbeit zu dokumentieren. Betreffend der Differenzen
zwischen Gewerkschaftsbundpräsident Benya und dem Amtsminister
wegen einer ev. Lohnsteuersenkung hat Kreisky dahingehend aus-
gelegt, daß dies eben Auffassungsdifferenzen seien und er würde
sich dann bemühen, die entsprechenden Vermittlungsvorschläge zu
erstatten. Kreisky erklärte auch, daß dies das Ziel wäre, die
absolute Mehrheit zu bekommen, um unser Programm verwirklichen
zu können. Sollte aber dies nicht der Fall sein, dann würde man
eine Koalition suchen müssen. Das Fernsehen am Abend, daß
Kreisky vor den Gewerkschaften eine eindeutige Differenz für
die kleine Koalition gelegt hätte. Der Empfang bei Kardinal
König hat mich Häuser auf diese Frage angesprochen und erklärt,
er hätte dies aus dem Referat nicht so eindeutig entnommen.
Auch die anderen Kollegen bestätigten dies. Es ist die Frage
aufgetaucht, ob nun der Rundfunk diese Meldung absichtlich und
aus dem Material herauslesend gebracht hat, oder ob Kreisky
ev. eine solche Berichterstattung wünschte. Wenn wir nicht die
absolute Mehrheit bekommen, wird es sicherlich in dieser Frage
noch harte Diskussionen innerhalb unserer Führungsgremien geben.
Derzeit liegen aber die Meinungsforscher eindeutig auf einer
absoluten Mehrheit der SPÖ. Die starke Differenz zwischen IFES-
Blecha und auf der anderen Seite die Meinungsforschungsgruppe
von Kienzl, die der ÖGB sich aufgebaut hat, ist bei den Freiheit-
lichen, während bei Blecha doch immer die Freiheitlichen mit
4 % gleichbleiben, hat Kienzl bereits eine Steigerung von 2 %,
nämlich von 7 auf 9 %. Die Frage ob die FPÖ mehr Stimmen als
1970 bekommen soll um mitregieren zu können, antworten 16 %
der Nichtengagierten, d.h. die Unentschlossenen mit 44 % ja.
Kienzls Meinungsforschung hat allerdings einen Bayas , da er
nur 10 % Bauern erfaßt. Dieser Bayers kann auch durch Gewichtung
nicht ausgeglichen werden. Beide Institute haben jetzt festge-
stellt, daß die vorzeitigen Wahlen keinerlei Einfluß mehr haben.
Während noch unmittelbar nach der Verlautbarung die Kienzl-
Umfrage feststellten, daß 4 % Verlust damit verbunden war, hat
IFES 14 Tage später bereits erhoben, daß nur mehr 2 % Verluste
zu verzeichnen waren und derzeit sind diese Verluste schon auf-
geholt. Kienzl hat die SPÖ gegenüber Jänner mit 43 % 3 % dazuge-
wonnen, im Februar 70 mit 44 % 2 % dazugewonnen, sodaß jetzt
eine 46%ige eindeutige SPÖ-Entscheidung vorliegt. Die Nichtenga-
gierten waren noch niemals so tief als jetzt. Sie betragen, wie
schon erwähnt 16 %.
Die nächste Umfrage von Blecha ergab, daß die VP-Wähler zu 98 %
und die SP-Wähler nur zu 95 % wählen gehen. Dies bedeutet, daß
wir noch viel Anstrengung aufwenden müssen, um unsere Wähler zur
Wahlurne zu bringen. Andererseits haben die unentschlossenen
Wähler mit 10 % nämlich wählen gehen, bereits erklärt, daß sie
mit 2 % ihre Stimmen auf alle Fälle den Sozialisten geben. Da-
durch wird sich die 56 % von Blecha erhobenen SPÖ-Wähler auf 48 %
jetzt schon erhöhen. Da noch ein sehr großer Teil der unent-
schlossenen Wähler erst am Wahltag sich entscheiden, tatsächlich
zu wählen, kann man also mit gutem Gewissen eine 50%ige SPÖ-
Mehrheit vorausrechnen.
Die wichtigsten Fragen gibt es noch immer als erstes Vollbeschäfti-
gung, dann sofort die Preise, drittens Spital, 4.) Steuerreform
5.) Hausstandsgründung und in weiterer Folge auch die Industriepolitik
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die die Leute als wichtige Punkte angeben. Die Preisfrage ist
aber für uns äußerst ungünstig, wenn noch früher die Meinung
vorherrschte, daß die Bundesregierung sehr viel tut, hat sich
jetzt das Blatt zu unseren Ungunsten gewendet. Die Qualifikation
gut, recht oder schlecht versagt, antworteten 67 % mit versagt.
Immer ist aber die Meinung, daß die SPÖ eher diese Frage lösen
kann als die Volkspartei. Positiv wird auch zugegeben, daß
eine Erhöhung des Lebensstandards trotzdem zu erreichen war.
Mit der Bundesheerfrage sind wir sehr schlecht weggekommen. 10 %
beantworteten nur mit gut, die Lösung und 35 % versagt. Besonders
die Jugendlichen und die SPÖ-Wähler sind eher negativ zu dem
Ergebnis eingestellt. In Wien ist es überhaupt katastrophal.
Nur 4 % beantworteten diese Frage mit gut, während 58 % versagt
beantworteten.
Nach der Regierungsform befragt meinten 20 % die SPÖ soll alleine
regieren, 25 % die SPÖ mit der ÖVP eine große Koalition, 25 %
die VP mit der SPÖ eine große Koalition und nur 5 % entschieden
sich für SP und FPÖ und 3 % waren für eine Konzentrationsregierung.
Interessant waren 42 % davon Freiheitliche die eine Konzentrations-
regierung wünschen. Ich weiß allerdings nicht, ob die Freiheitlichen
nicht zu wenig repräsentativ von Blecha vertreten sind.
Hauptproblem sehe ich darin, daß die Freiheitlichen in seiner Er-
hebung immer glatteismäßig gleichbleiben, während bei Kienzl be-
reits ein deutlicher Trend, 2 % mehr, festgestellt wird.
Die christl. Gewerkschaften haben den ganzen Tag verhandelt, um
eine Lösung des Vizepräsidentenproblems zu erreichen. Altenburger
wollte unter allen Umständen noch einmal kandidieren und dann nach
2 Jahren, dann ist er 70 an Wedenig die Vizepräsidentenstelle
abtreten. Nun wird der Vizepräsident aber am Kongreß gewählt und
es ergibt sich für die Christlichen dann die Notwendigkeit, auf
2 Jahre auf einen gewählten Vizepräsidenten zu verzichten, Wedenig
würde, wenn Altenburger tatsächlich nicht sein Mandat zurücklegt
nur ins Präsidium kooptiert werden können. Spätabends vor dem
Empfang von Kardinal König haben sie sich dann doch für die
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Lösung, daß Altenburger nochmals kandidiert, entschlossen.
Die christl. Gewerkschafter sind über die Nominierung der drei
unabhängigen ÖVP-Kandidaten erschüttert. Bei der Beschlußfassung
über die Aufstellung dieser drei Unabhängigen waren auch die
ÖAABler gegen Bauer und Kohlmaier haben sich dagegen ausgesprochen.
Die Besprechungen mit Amerikanern ergab, daß
äußerst gut geführt wird. Der Platz allerdings ist denkbar un-
günstig. Erhebungen haben ergeben, daß ein Umsiedeln in das
Rockefeller Center absolut notwendig ist. Die Mehrkosten die
dadurch entstehen würden, werden durch einen Prestigegewinn
mehr als wettgemacht. Da ich nicht nach Amerika fahren kann,
habe ich ersucht man sollte mir über Patzak eine entsprechende
Information geben, auch von amerik. Seite wurde mir bestätigt,
was wir bereits wußten. Patzak ist wirklich wahrscheinlich unser
bester Mann in der ÖFVW! Die Nachfolge von Langer-Hansel ist
damit eigentlich schon bestimmt.
Bei den bisherigen Versammlungen und Diskussionen konnte ich
die Tätigkeit der österr. Bundesregierung für die Wirtschaft
glaube ich ganz gut verkaufen. Insbesondere ist die Schilling-
Fakturierung und jetzt des Finanzministers und der Nationalbank
für die Exporteure gut angekommen. Die Nationalbank hat ur-
sprünglich beabsichtigt und auch durchgeführt 75 % der Fremd-
währungskredite, die in Schilling aufgenommen werden, hier
ohne Verzinsung stillzulegen. Da für diese kurzfristigen, von
2–3 Monaten laufenden Gelder macht 1/5 Fremdwährungskredit im
Ausland bezahlt werden muß und in Österreich am Geldmarkt nur
mit 4 % angelegt werden konnte, hat eine 75 % Sperre noch einen
wesentlich höheren Zinssatz als Belastung für den Exporteur er-
geben. Fraken haben ihre gesamten Auslandspositionen von ca. 2,5
Md. Schilling nach Österreich zurückgenommen. Dadurch entstand
natürlich eine weitere Geldflüssigkeit. Die Aufwertungsverluste
gehen bei der Nationalbank derzeit auf 1,5 Md. Schilling. Die
Nationalbank hat 18,5 Md. Dollardevisen liegen. Insgesamt beträgt
mit 6,5 % veranlagte Devisenpositionen 30 Md. Schilling. Aus
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diesem Veranlagungsgewinn konnte die Nationalbank 1971 noch
1,3 Md. S. Gewinn erwirtschaften, wovon 53 % laut Gesetz an
den Bund abgeführt werden mußten. Heuer wird eine solche Ge-
winnabfuhr nicht mehr zu erwarten sein.
Die Idee die Urlaubsverpflichtungen des Bundes aus Anleihen
den Exporteuren zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre
Dollarforderungen dagegen kompensieren können, stammt von
Dr. Haschek von der Kontrollbank. Dadurch kann der Industrie
den Exporteuren 1–1,5 Md. S pro Jahr zur Verfügung gestellt
werden. Ich bin neugierig, was der Rechnungshof, wenn er dies
in 2 oder 3 Jahren prüft, dann dazu sagen wird. Wahrscheinlich
wird er daran Kritik üben, daß die Abwertungs- resp. Aufwertungs-
verluste vom Staat auf diese Art übernommen wurden.
Bei einer Pressekonferenz, die ich in Innsbruck hielt, und vo
eine sehr große Anzahl von Journalisten erschienen
waren, wollte ich LH Wallnöfer ebenfalls dafür gewinnen. Gratz
ist es damals gelungen den LH. Krainer zu dieser Pressekonferenz
zu bringen. Ich war dann sehr froh, daß er nicht mitgekommen ist,
weil wir leider nur 1 Std. für dieses Pressegespräch Zeit hatten.
Er hätte dann als der Mann, der auch nach mir die Presse gehabt
hätte, sicherlich dies zu seinen Gunsten ausschließlich nützen
können. Ich glaube aber, daß es in Hinkunft zielführender sein
wird, für die Presse mehr Zeit bei der Messeeröffnung zu erübrigen,
weil es gelingen müßte Landeshauptleute oder zumindestens einen
bedeutenden Politiker dafür zu gewinnen.
Anmerkung für KOPPE
Bitte versuch dies für Gratz vorzubereiten, aber auf nötige Zeit
achten.
Tagesprogramm, 17.9.1971