Sonntag, der 1. August 1971 bis Mittwoch, der 4. August 1971

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Sonntag, 1. August l97l bis Mittwoch, 4. August 1971

In den 6-Uhr-Nachrichten erfuhren wir in der Schweiz den Tod von
Staatssekretär Wondrack. Meine Frau war so wie ich tief erschüttert,
hatten wir doch erst am Dienstag mit ihr gemeinsam bei einem
Empfang von Frühbauer für den IDF-Kongress gesprochen und uns unter-
halten. Wondrack hat in der letzten Zeit – da beide Schneiderinnen
sind – mit meiner Frau guten Kontakt gehabt. Einmal hat sie ihr
sogar erzählt, dass man alles erreichen kann, man sollte nur zuwarten
können, manches allerdings käme zu spät. Ihre Berufung in die Bundes-
regierung war zweifelsohne der Gipfelpunkt ihres Lebens. Andererseits
aber hat sie Frau Veselsky – wie meine Frau mir mitteilte – einmal
gesagt, sie würde nie mehr als Staatssekretär in die Regierung gehen,
weil sie da nur ihren guten Ruf verlieren könnte und bei Häuser keine
Entwicklungsmöglichkeit hat. Sicher ist das Problem der Staatssekre-
täre, nur sehr schwer zu lösen. Auf der einen Seite sollen sie den
Minister vertreten, können von ihm auch entsprechende Arbeiten
übertragen bekommen, können aber natürlich im Ministerium kaum
auf die Bürokratie wirklich einwirken. Die Bürokraten erkennen sofort,
dass die Entscheidung beim Minister liegt und richten sich nicht nur
nach dessen Wünschen, sondern erwarten eben nur von dort eine ent-
sprechende Weisung.

Das Malta-Projekt hatte ich mir eigentlich anders vorgestellt. Ich
hatte, als ich dieses Projekt das erste Mal vom Schreibtisch aus beur-
teilen sollte, angenommen, dass es möglich sein würde, mit Hilfe von
Seilbahnen eine Gletscherregion auch für den Sommerskisport
erschliessen zu können. Ähnlich wie ich dies bei unserer Fahrt durch
die Schweiz am Stilfser Joch feststellen konnte. Ich hatte diese
Route gewählt, damit ich mich davon überzeugen könnte, ob selbst im
Juli ein Skibetrieb dort aufrechterhalten wird. Ich wurde nicht ent-
täuscht, sondern das Gebiet war von Touristen aber auch von zahlreiche
Skifahrer überlaufen. Eine solche Möglichkeit gibt es nun im Maltatal
nicht. Der Gletscher liegt viel zu sehr von der aufzuschliessenden
Strasse entfernt. Eine Seilbahnlösung käme daher irrsinnig teuer
und müsste er durch eine Strassenaufschliessung in ein Seitenteil
z.B. in Gössbach überhaupt erst ermöglicht werden. Richtig ist,
dass die Draukraftwerke jetzt für das Haupttal eine 6 m breite
Strasse projektieren und auch schon im Ausbau begriffen sind, damit sie
ihre ganzen Baustelleneinrichtungen und dann insbesondere aber die
Betonierungsfabriken auf die Höhe transportieren können. Diese Strasse


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wird dann für den Fremdenverkehr und für das Maltatal zur Verfügung
stehen. Ich hatte angenommen, dass die Direktion bereits entsprechende
Pläne für den Fremdenverkehrsausbau angelegt hat. Ich konnte mich
aus einzelnen Bemerkungen von Gen.Dir. Werner, z.B. auf der Osner-Brücke
Hütte davon überzeugen, dass dies nicht der Fall ist. Man hat keinerlei
konkrete Studien ausgearbeitet. Wenn ich dieses Ressort wirklich über-
nehmen sollte, werde ich von jedem Kraftwerksprojekt, das mir dann
zur Entscheidung vorgelegt wird, eine diesbezügliche Fremdenverkehrs-
studie verlangen.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, diese Idee bereits jetzt im Hause prüfen
lassen.

Bei den Überlegungen betreffend die Fremdenverkehrsattraktion, bzw.
Ausbau einer Talsperre für den Fremdenverkehr darf allerdings nicht
der letztere die dominierende Rolle spielen, denn vom Standpunkt des
Fremdenverkehrs würde wahrscheinlich eine Errichtung einer Talsperre
im Maltatal abzulehnen sein. Obwohl mir die Techniker immer wieder
einreden wollten, dass dieser Bach und dieser Bach und dieser Wasser-
fall und jener Wasserfall doch auch nachher noch zumindestens in
beschränktem Ausmass Wasser führen würden und damit die Landschaft
nicht total zerstört wird, bin ich überzeugt und habe dies auch zum
Ausdruck gebracht, dass es sich hier nur mehr im Rinnsale handeln wird.
Wenn nämlich das Waaser genauso energiewirtschaftlich nutzlos wie
derzeit über die Hänge herunterstürzen würde, dann wäre es schade,
4 Milliarden Schillinge in dieser Projekt zu investieren. In der
Interessenabwägung zwischen Energiewirtschaft und Fremdenverkehr
muss man bereits bei der Projektierung genau wissen, welche Einzel-
massnahmen gesetzt werden müssen und gesetzt werden dürfen. Ich glaube,
dass dies derzeit keinesfalls der Fall ist. Ein Gesichtspunkt, der
– wenn ich die Energiewirtschaft tatsächlich bekommen sollte – von mir
als neue Erkenntnis in diesem Zweig dann so schnell wie möglich einge-
baut werden muss. Die Energiewirtschafter werden damit nicht sehr
einverstanden sein.

Ich habe mit Ing. Hautzenberg von der ÖDK mich über dieses Problem
unterhalten.

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Tagesordnung 63. Ministerratssitzung, 27.7.1971

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Nachtrag TO 63. Ministerratssitzung, 27.7.1971


Tätigkeit: ÖDK


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Ehefrau von Ernst Eugen Veselsky [1971]


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. Sozialministerium bis 1971
      GND ID: 12929456X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ÖDK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
              GND ID: 12053536X


              Einträge mit Erwähnung: