Donnerstag, der 29. Juli 1971

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Donnerstag, 29. Juli 1971

Die Anfragebeantwortungen für Abgeordnete wird bei uns im Haus
viel zu formell in Angriff genommen. Die Präsidialabteilung G
versucht also, die Sektionen aufzufordern, entsprechende Mit-
teilungen ihm zukommen zu lassen, damit er die endgültige Anfrage-
beantwortung zusammenstellt. Die Sektionen machen es sich nun
teilweise aus Unwissenheit, wie sie dieses Problem angehen, teil-
weise sicherlich auch, weil sie sich nicht besonders anstrengen
wollen, sehr einfach. Z.B. ist jetzt gegen Ende der Legislaturperiode
ein ganzer Wust von Anfragen der Abgeordneten an das Handelsministerium
oder an die Bundesregierung gerichtet worden. U.a. soll festgestellt
werden, was für die einzelnen Gruppen – Jugendliche, Studenten, weibl.
Arbeiter, Angestellte, ältere Personen usw. – geschieht. Anderer-
seits will jedes Bundesland wissen, was für seine Bevölkerung ge-
macht wurde. Natürlich ist Österreich ein Bundesstaat und die Ak-
tionen resp. Verwaltung der österr. Bundesregierung erstrecken sich
auf das gesamte Bundesgebiet. Trotzdem kann man natürlich mit
einiger Phantasie feststellen, dass doch für Bundesländer auch etwas
automatisch dadurch geschieht. Von Seiten der Bergbehörde wurde
erklärt, es gäbe keine Leistungen für die Bundesländer. Als ich
darauf aufmerksam machte, dass doch die Bergbauförderung besonders
für das Bundesland Oberösterreich WTK, und des Bundeslandes Steier-
mark der GKB, des Bundeslandes Salzburg für die Mitterberger, be-
sondere Bedeutung hat, wurde dies sofort zugegeben. Ebenso wurde z.B.
erklärt, dass die Bürges-Aktion, die besonders für die kleinen Be-
triebe von Bedeutung ist, nicht nach Ländern aufgegliedert werden
kann. Ich habe mich mit der Bürges-Aktion, Frau Kutnik, die in
Wirklichkeit den ganzen Laden dort schupft, ins Einvernehmen gesetzt
und natürlich hat sie eine länderweise Aufgliederung. Im Haus hat
man es nur nicht gewusst. Auch unsere Subventionen, hat mich
Sekt. Rat Marhold aufmerksam gemacht, können ohne weiteres sofort
auf jedes einzelne Bundesland aufgegliedert werden. Die Industrie-
sektion war ausserstande – und hat natürlich auch nur eine Leer-
meldung gemacht – eine länderweise Aufgliederung zu geben. Mein
Hinweis, dass das Projekt Landegger eine grosse Zellulosefabrik
an der Donau in NÖ zu errichten, doch für NÖ von grösster Bedeu-
tung ist, wurde dann ebenfalls erklärt, dass eine solche Aufgliederung
auf einzelne Untersuchungen und Projekte doch möglich sei. Ich er-
klärte den Abteilungsleitern, resp. den Sektionsleitern, dass es


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gar nicht anders geht, dass wenn eine Anfrage kommt, man
halt mit wenig materiellen Inhalt doch versuchen muss, eine
grössere Antwort zu geben. Am besten ist der Vergleich mit
den Zuckerbäckern, wo man oft mit wenig Rohstoff durch recht viel
Schlagen und Luft hinzufügen recht viel Schaum macht. Gehart meinte,
nachdem wir mittags wieder beisammen waren und ich ihn fragte, ob
er nun den Eindruck hat, dass die Sektionen besser spuren werden,
dass beim Hinausgehen sie alle überzeugt waren, dass ich die
Anfragebeantwortung am besten selbst machen sollte.

In der Fremdenverkehrswerbung hat Langer-Hansel jetzt einen Per-
sonalvorschlag, der auch die Zustimmung der Ländervertreter gefun-
den hat. Dadurch wird zwar das Budget in der Fremdenverkehrswerbung
um ca. 1/2 Million pro Jahr belastet werden. Langer-Hansel hofft,
dass er damit aber endlich Ruhe ins Haus bekommt und dass vor allem
ihm die besseren Kräfte nicht davonlaufen. Mir erscheint es primär
am wichtigsten, dass mit dem Betriebsrat und den Ländervertretern
eine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Ich hätte nicht gegen
die Ländervertreter in dieser Frage entscheiden wollen. Die
Ländervertreter gehen zwar von ihren eigenen Schemata aus, dort
haben die Anfangsbezüge keinen Anreiz, tüchtige Kräfte einzu-
stellen. Deshalb helfen sie sich ja auch in den einzelnen Fremden-
verkehrsverbänden resp. Fremdenverkehrsstellen in den Ländern,
indem sie meistens für tüchtige Kräfte doch Sondervereinbarungen
treffen. Wir haben nun in der kurzen Zeit, wo ich die Verantwortung
für die Fremdenverkehrswerbung als Obmann trage, doch die Pensions-
problematik und die Lohnproblematik gelöst. Mit Recht hat nun die
Gewerkschaft bei mir protestiert, dass im Gegensatz zu anderen
öffentlich-rechtlichen Institutionen diese ÖFVW, die bei den Privat-
angestellten organisiert werden sollte, nur ganz wenige Gewerk-
schaftsmitglieder hat. Ich glaube, als Erfolg dieser Aktionen
müsste es gelingen, die Beschäftigten in grösserer Anzahl zu
organisieren.

Durch einen reinen Zufall konnte ich eine Entscheidung verhindern,
die meiner Meinung nach wirklich nicht sehr sinnvoll gewesen ist.
Langer-Hansel hat grosse Schwierigkeiten, die Hotelbuchliste,
wo 2.700 Hotels angegeben sind und die Preise vor allem, zeitge-
recht in den Druck zu bringen. Diese 200.000 Exemplare, die immer-


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hin 470.000 S kosten, würden nun nach seiner Auffassung in zwei
Etappen gedruckt werden. Die eine würde noch die alten Preise be-
inhalten, die für 1972 bereits als überholt betrachtet werden
müssen, da sie bereits heuer höher sind, als sie in dieser
Hotelbuchliste aufscheinen. Langer-Hansel wollte dann in späterer
Folge, wenn die neueren Erhebungen vorliegen, eine Neuauflage
machen und dann erst die für 1972 gültigen Preise eindrucken.
Ich habe mich gegen eine solche Vorgangsweise ganz entschieden
ausgesprochen, weil sie meiner Meinung nach eine bewusste Irre-
führung, die nur durch Terminmangel bedingt ist, dem Gast sich
darstellen muss. Nach Rücksprache mit Dr. Scheiner, dem Handels-
kammervertreter, ergab, dass dieser erklärt, bis Ende August
könnten die Preise, die für 1972 gelten, geliefert werden. Er
selbst wird neuerdings die Länder darauf aufmerksam machen, dass
der Ende-August-Termin unbedingt zur Meldung eingehalten werden
muss. Ich schlug deshalb Langer-Hansel vor, er sollte sich jetzt
sofort bemühen, die ersten Meldungen gleich zu bekommen und die
Druckerei könnte dann die notwendigen Satzarbeiten gleich be-
ginnen. Natürlich ist es unzulänglich, dass die Hotelpreisliste
womöglich Mitte des Jahres 1972 erst herauskommt. Andererseits
aber wieder hat es keinen Sinn, wenn eine Hotelpreisliste ohne
die gültigen Preise sondern mit längst überholten Preisen ins
Ausland geht.

Bei der 1.000. Sitzung des Exportfonds hatte ich Gelegenheit, den
Direktor und gleichzeitigen Geschäftsführer Gabrisch kennen zu
lernen. Dieser Mann hat mit immerhin nur 7 Beschäftigten doch
eine wesentliche Arbeit zu Exportsteigerung geleistet. 1950 wurde
der Exportfonds mit 5.000 Stammkapital als Ges.m.b.H. und das
derzeitige Stammkapital beträgt immerhin 23 Mill. S. Im Zuge der
flankierenden Massnahmen wird eine weiter Bundeszuschuss zum
Stammkapital von 20 Mill. S erwartet. Die Handelskammer hat 100
Mill. S Darlehen bereits jetzt dem Fonds gegeben, wozu noch 10
Mill. Rücklagen von der Handelskammer-Darlehen kommen. Ausserdem
will die Handelskammer jetzt sogar, bevor der Bund seine 20 Mill. S
Stammkapital einschiesst, einen Treugutvertrag mit einer zinsfreien
zur Verfügung stellen von weiteren 20 Mill. S machen. Aus ERP-Darle-
hen stehen 166 Mill. S zur Verfügung, wozu jährlich 5 Mill. S kom-
men und die Überschüsse aus dem Fonds von plus 3 Mill. stehen


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ebenfalls der Exportförderung zur Verfügung. Dadurch kann ein
Volumen von 650 Mill. S im Jahre 1970 aufgebracht werden, das
insgesamt dann mit dem Eigenanteil ein Exportvolumen von doch
1 Milliarden Schilling ergibt. Zum Unterschied vom Ausfuhrför-
derungsgesetz, welches doch primär für die Grossbetriebe in Frage
kommt, ist der Exportfonds für die Kleinst- und Kleinbetriebe
bis maximal 500 Beschäftigte zuständig. Dr. Zöllner von der Ar-
beiterkammer ist das älteste Beiratsmitglied und konnte mir
einige Gags erzählen, die ich dann bei meiner Rede ganz gut
verwenden konnte.

Die Geschäftsabwicklung der 1.000. Sitzung, die sicherlich so verlau-
fen ist wie die anderen auch, zeigte mir ganz deutlich, dass natür-
lich die Geschäftsführung und insbesondere Dr. Gabrisch nicht nur
der Motor ist sondern auch sehr autark die Geschäfte führt und
der Beirat sicherlich nur gelegentlich Bemerkungen machen kann.
Trotzdem glaube ich, ist es sehr zielführend, dass ein solcher
Beirat existiert, weil die Arbeiterkammer z.B. doch einiges über
die Firmen und ganz besonders auch über die Exportbemühungen er-
fahren konnte.

Bei dem anschliessenden Empfang hatte ich Gelegenheit, mit Bot-
schafter Marquet zu reden. Marquet hat furchtbar unangenehm -
wie er sich ausdrückte – mir mitteilen müssen, dass der Akt des
Ministerrates über die Embargo-Bestimmungen, die ja immerhin
14 Jahre zurückliegt, im Aussenamt nicht mehr aufzufinden ist.
Reiterer hat den Akt von ihm verlangt und er ist in einer furcht-
baren Verlegenheit. Reiterer dürfte über Peschke die Embargo-Frage
jetzt endlich aufgegriffen haben und will sich nun in der Vorgangs-
weise wo wir den Amerikanern die Unterlagen geben, abdecken. Ich
habe Marquet darauf aufmerksam gemacht, dass Kirchschläger von mir in
dieser Frage bereits informiert wurde und wir uns nach dem Urlaub
doch den Kopf zerbrechen sollten wie wir in Hinkunft als neutraler
Staat vorgehen. Sicherlich haben seinerzeit, als die Embargo-Be-
stimmungen beschlossen wurden, unsere Abhängigkeit und unsere
Hilfe durch den Marshallplan einen gewissen Einfluss auf das Ver-
halten der Bundesregierung gehabt. In der jetzigen Phase kann
ich mir aber nicht mehr vorstellen, dass wir dieses System – wie
wir es jetzt gehabt haben – weiterhin aufrecht erhalten.

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Tagesprogramm, 29.7.1971

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
    GND ID: 118723189


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Dir. u. Gf. Österreichischer Exportfonds


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Mitarbeiterin BÜRGES [so nicht zu finden]


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR HM
          GND ID: 1035518031


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Obmann Sektion FV BHK


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: AK


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: IV


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR; Falschschreibung?


                  Einträge mit Erwähnung:
                    GND ID: 136291708


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Papierindustrieller


                        Einträge mit Erwähnung: