Mittwoch, 27. Juli 1971
Die allgemeinen Reisebedingungen, die der Fachverband d. Reisebüros
herausgegeben hat, sind sehr unbefriedigend. Die Arbeiterkammer
und der Verein für Konsumenteninformation sind deshalb bestrebt,
eine Schlichtungsstelle einvernehmlich zwischen der Bundeskammer
und ihren Organisationen zu errichten. Dr. Schimka, der Sekretär
des Verbandes, hat aber keinerlei Vollmachten. Insgesamt vertritt
er 1000 Betriebe, von denen aber höchstens ein Dutzend wirkliche
Reisebüros sind im Sinne d. westeuropäischen Ansicht. Alles
andere sind Rundfahrtorganisatoren usw. Von den Reisebüros werden des-
halb 10 % der Urlaub erfasst resp. betreut. Der Urteil in der
BRD, dass ein Reisebüro dafür haftet, dass auch wenn er ruhige Lage
anbietet, dort kein entsprechender Lärm z.B. durch eine Musik-
band sein darf, hat natürlich auch die österreichischen Reisebüros
schockiert. Ich halte es wirklich auch für unmöglich, dass bei
einer Provision von 5 – 10 % dann das Reisebüro Haftungen über-
nehmen müsste, die mittlere, aber selbst grössere Büros an den
Rand des Ruins bringen können. Deshalb will Dr. Auracher von der
Arbeiterkammer einen Vertrag mit den Reisebüros aushandeln, wonach
die Rechte und die Pflichten vollkommen klar und eindeutig definiert
werden.
Dr. Schimka teilte mir mit, dass die im neuen Gewerbeordnungsentwurf
vorgesehene Haftpflichtversicherung von mindestens 300.000 S, die
wir eingebaut haben, wenn der Lokalbedarf fällt, von den Reise-
bürovertretungen abgelehnt wird. Sie könnten sich maximalst vorstel-
len, dass für die neu hinzukommenden, also nicht einmal für die
jetzt schon bestehenden eine Kaution verlangt wird. Da die vielen
kleinen Reisebüros im Fachverband die erdrückende Mehrheit haben,
hat sich auch in Österreich so wie in der BRD ein Verband der
Reisebüros gegründet, der nur die grösseren Reisebüros umfasst.
Mit diesen hat Koppe bereits Vorbesprechungen geführt und die
wären auch bereit, neue und bessere Reisebedingungen zuzugestehen. In
den jetzigen ist z.B. höhere Gewalt so umschrieben, dass es sich
immer um unvorhergesehene Umstände oder unvorhergesehene Ereignisse
handeln sollte. Zuerst scheint es für dieses neue Wort "unvorherge-
sehene" Ereignisse und Umstände nur um einen sprachlich neuen
Ausdruck zu handeln. In Wirklichkeit sagen aber die Juristen,
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dass es ein grosser Unterschied ist, ob von "unvorhersehbaren"
Ereignissen und Umständen gesprochen wird bei höherer Gewalt
oder von "unvorhergesehenen". Die derzeitige Definition von
"unvorhergesehenen" Ereignissen ist noch weniger verpflichtend
für ein Reisebüro als "unvorhersehbar". Dr. Schimka wird nun
mit seinen Funktionären, insbesondere mit dem Vorstand des
Fachverbandes Dr. Hueber von Innsbruck reden, um sich Ermäch-
tigungen für Verhandlungen geben zu lassen.
Hofrat Dr. Baumgartner, der Fremdenverkehrsreferent der oö.
Landesregierung, hat sich für das Bad Leonfelden sehr einge-
setzt. Er hat deshalb gehofft, wenn er mit dem Kurdirektor
und Kurarzt Dr. Schwarz sowie mit dem grössten Gastwirt Pammer
hier erscheint, werde ich bereit sein, ihr Grossprojekt mehr zu
fördern als wir dies bis jetzt getan haben. Die Gemeinde ist
gegen dieses Projekt, weil das Bürgermeister ein katholisches
Projekthaus der Begegnung schaffen will. Die Gemeinde, die an
der tschechischen Grenze, 30 km von Linz entfernt liegt, glaubt
nun, dass damit insbesondere die deutschen Gäste, welche Pro-
testanten öder überhaupt konfessionslos sind in dieses katho-
lische Zentrum kaum gehen würden. Damit hätten sie aber die
Möglichkeit verpasst, selbst ein solches Kultur- und Kongress-
zentrum zu schaffen. Für 400.000 S haben sie bereits die Grund-
stücke gekauft, das Projekt soll 7,2 Mill. S kosten. Die Spar-
kasse und die Raiffeisenkasse hat ihnen je 1,2 Mill. S Kredit
zu 8 %, 15-jährige Laufzeit gegeben. Damit können sie natürlich
dieses Projekt nicht finanzieren. Die Landesregierung hat des-
halb 4,250.000 S als Zuschüsse bereitgestellt. 1 Mill. davon
soll das Gemeindereferat, 2,5 Mill. das Wirtschaftsreferat, davon
1 Mill. aus ordentlichen, 15 Mill. aus dem ao. Budget und 750.000
S das Gewerbereferat geben. Man sieht, wie die Landesregierungen
hier imstande sind, doch grosse Beträge als Subventionen frei
zu machen. Die Restfinanzierung von 1,3 Mill. sollte womöglich
durch einen Zuschuss des Handelsministeriums gegeben werden.
Da wir noch nie solche Zuschüsse gegeben haben, hat selbst
Sekt.Rat Würzl, der ansonsten allen solchen Projekten sehr
positiv gegenübersteht erklärt, dass Zuschüsse noch nie ge-
geben wurden und daher auch in diesem Fall nicht gegeben werden
können. Baumgartner meinte, er hätte das zweite Projekt, nämlich
in Oberösterreich noch Weyer, bekanntlich die gesamte Gemeinde,
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das heisst die einzelnen Mitglieder und Teile von der Hotel
gezeichnet haben, man müsste auch dort, wo das Land bis jetzt
500.000 S gegeben hat, vom Handelsministerium 600.000 S erbitten.
Beide Fälle mussten wir ablehnen. Als einzigen Ausweg sieht Würzl,
dass man versucht, das kulturelle Zentrum vom Unterrichtsministerium
durch Subventionen entsprechend finanziell unterstützt. Würzl wird
sich mit dem Unterrichtsministerium ins Einvernehmen setzen und
dann die Gemeinde verständigen. Würzl meinte, dass man gegebenenfalls
für eine Fremdenverkehrsaktion die Zinsenzuschüsse aus der Haus-
aktion vergrössern könnte. Er meinte, dass man statt 3 % 4 % machen
sollte. Ich konnte mich vor den Herren nicht so deutlich dagegen
aussprechen, habe aber auch hier sofort Bedenken angemeldet und
auf die differenzierte Zinsgebarung bei der Bürges seinerzeit
für die Silo-Aktion Müller hingewiesen, die letzten Endes nur
Unwillen ausgelöst hat. Ich glaube, es wird notwendig sein. Würzl
davon zu überzeugen, dass man auch ganz kalt nein sagen muss
und nicht unbedingt laschieren sollte, nur weil einige bedeutende
Funktionäre einer Gemeinde und des Landes bei uns vorsprechen.
Bei der Ministerratsvorbesprechung, habe ich auf Wunsch Koppes
darauf hingewiesen, dass nun das Propagandamaterial so weit fertig
ist und den Referenten und Vertrauenspersonen zur Verfügung gestellt
wird. Da nun im August für die Journalisten eine Saure-Gurken-Zeit
ist, meint Koppe, dass es zielführend ist, dass die einzelnen
Minister ihre Namen dafür hergeben, um einige Probleme der Presse
durch Aussendungen mitzuteilen. Mit diesem Plan habe ich vollstes
Verständnis gefunden, nur wollten die Genossinnen und Genossen
die Unterlagen womöglich vorher sehen. Da eine endgültige Fassung
noch nicht vorliegt, habe ich sie ihnen unverzüglich nach Fertig-
werden versprochen.
Dr. Fischer vom Klub hat bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen,
dass einige Fragen noch zu beantworten sind und es wurde festgehal-
ten, dass wir in der Frage der Leistungen für die einzelnen Länder
so schnell wie möglich die Antworten fertigstellen sollten, ebenso
müsste so bald wie möglich die zukünftige Arbeit der einzelnen
Ministerien fertiggestellt sein, obwohl Kreisky nur bis 20. August
die Unterlagen erwarten.
ANMERKUNG FÜR KOPPE UND HEINDL: Bitte darauf drängen, dass so
schnell wie möglich insbesondere bevor ich noch auf Urlaub gehe,
die entsprechenden Unterlagen fertig sind.
Gratz teilte mit, dass er nun endgültig von Veselsky Bescheid wissen
muss, ob er eine entsprechende Elektronische Datenverarbeitung für
die Schülerbeihilfen-Zuschüsse kriegen kann. Wenn er nämlich auf
keine EDV umsteigt, dann bräuchte er nicht 40 Dienstposten, die
ihm zugesichert und schon im Dienstpostenplan 1972 eingebaut sind,
sondern 80. Da Veselsky sich in Amerika befindet, wird nach seiner
Rückkehr unverzüglich dieses Problem entschieden werden müssen.
Pittermann teilte mit, dass die Frist für den Einspruch der in den
letzten Tagen beschlossenen Gesetze, die gegen die Stimmen der
Sozialisten von der ÖVP und FPÖ ca. 800 Mill. S Einnahmenentfall
bringen, am 9.9. abläuft. Wenn daher der Bundesrat Einspruch dagegen
erheben sollte, müsste bis zum 26.8. Einberufung erfolgen. Da
zu diesem Zeitpunkt Kreisky schon hier sein wird und vor allem aber
das Parteipräsidium sich mit dieser eminent politischen Frage wird
beschäftigen müssen, konnte keine Entscheidung gefällt werden. Bei
dieser Gelegenheit fragte mich Kirchschläger wer eigentlich der Ver-
treter für den Parteiobmann Kreisky ist. Ich sagte wir sind keine
Führerpartei und deshalb ist eine kollektive Führung durch das
Präsidium gegeben. Fact erklärte ich ihm aber bedeutet dies, daß
er überhaupt keinen Stellvertreter hat, denn einzel nominierter
Stellvertreter würde gegebenenfalls wirkliche Entscheidungen treffen.
Ein kollektiver Stellvertreter für wie das gesamte Präsidium kann
natürlich in Wirklichkeit gar nichts machen.
Kirchschläger gab ich eine Information über die EMBARGO-Waren. Ich
halte den Zustand für ganz unmöglich, daß wir heute noch amerikanischen
Botschaftern die Listen aushändigen, wo wir Exporte in die Oststaaten
und welche Exporte wir hin getätigt haben. Angeblich geht es auf eine
vertragliche Verpflichtung zurück, die vom Aussenamt abgeschlossen
wurde. Kirchschläger wird die ganze Angelegenheit untersuchen und
mit mir dann besprechen. Ich selbst habe Peschke bereits mitgeteilt,
daß man, ausgelöst durch das Ansuchen der AEG, in Hinkunft großzügige
Exportgenehmigungen ausstellen wird.
Kirchschläger ersuchte, daß, wenn wir entsprechende offizielle Be-
suche mit ausländischen Handelsministern und Wirtschaftsministern
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vereinbaren, die österreichischen Botschafter zu verständigen.
Konkreter Anlaß war die Antwort an Brugger, wo wir uns gefreut
haben, daß er kommt, und Bielka davon nicht verständigt wurde.
Ich erklärte, daß wir dies sowieso, wenn das konkrete Programm
vorgelegen wäre, getan hätte, ich bin allerdings nicht über-
zeugt, ob wir dies auch tatsächlich so gehandhabt hätten.
ANMERKUNG FÜR HEINDL:
In Hinkunft dafür sorgen, daß bei Besuchen die Botschaften tat-
sächlich von uns verständigt werden.
Im Ministerrat wurde die Tagesordnung ohne Diskussion angenommen.
Nur bei den Punkten wo es sich um kulturelle Zusammenarbeit zwischen
der Republik Österreich und Rumänien, wie bei der Aufnahme von 40
Vertragsbediensteten für das Schülerbeihilfengesetz, hatte der
Finanzminister verlangt, daß angemerkt wird, daß Mehrkosten aus
vorhandenen Krediten des Budgets gedeckt werden müssen und keiner-
lei Budgetüberschreitungen akzeptiert werden könnten. Das lustige
dabei war, daß bei Punkt 17 der Unterrichtsminister den Antrag
stellte, für die 40 Vertragsbediensteten und gleichzeitig dann
Gratz als Vertreter des Finanzministeriums diesen Vorbehalt eben-
falls anmerkten mußte.
In mündlichen Berichten gab ich eine kurze Mitteilung über die
Ministerratssitzung der europäischen Gemeinschaft von gestern Abend.
Kirchschläger hatte mich darauf aufmerksam gemacht, daß es ziel-
führend sein könnte, um zu beweisen wie schnell die österreichische
Bundesregierung reagiert, d.h. daß sie zumindestens einen Bericht
zur Kenntnis nimmt. Er gab einen ganz kurzen Bericht der insbesondere
aber dann in Kommuniqué seinen Niederschlag finden sollte. Frühbauer
berichtete über seinen Besuch beim Verkehrsminister in Polen und
teilte mit, daß er auf Ersuchen der verstaatlichten Industrie auch
über Kooperationsabkommen mit dem polnischen Schwerindustrieminister
gesprochen hat. Ich glaube, daß wirklich nur bei einer guten Team-
arbeit es möglich ist, daß ein jeder Minister oft über seine Kompe-
tenz hinausgreift und der andere Minister dann nicht beleidigt ist.
Ich bin neugierig, wenn es nicht mehr zu einer monochromen soz.
Regierung kommen sollte, wie dann die Kompetenzabgrenzung zwischen
den einzelnen Ressorts funktionieren soll und funktionieren wird.
Von der Tagesordnung habe ich den Antrag, daß der Kongreß der brit.
Reisebüros im nächsten Jahr in Wien abgehalten wird, zurückge-
zogen. Nach unserer Information ist nämlich eine solche Beschluß-
fassung im Ministerrat gar nicht notwendig. Vor allem aber habe
ich Frühbauer auseinandergesetzt, daß es unmöglich ist, wenn der
Finanzminister nicht hier ist, einen solchen Ministerratsvortrag
beschließen lassen. Ich glaube nämlich, daß das Geheimnis unserer
Erfolge in der Bundesregierung darin liegt, daß einer den anderen
nicht hineinlegt, oder daß zweitens, wenn wirklich einer seine
Kompetenz überschreitet, der andere darauf nur positiv reagiert.
Bei der Dienstbesprechung regt Reiterer an, ob wir ein Kommuniqué
zur Schlusskommuniqué der EWG-Ministerratstagung machen sollten.
Gleichzeitig hat er aber berechtigte Bedenken, ob man aus den An-
deutungen, die uns Botschafter Leitner mitgeteilt hat, überhaupt
etwas sagen soll. Langsam beginnt unsere Öffentlichkeitsarbeit auch
ihn zu beeindrucken, aber andrerseits will er natürlich noch immer
von seinem prinzipiellen Geheimniskrämerstandpunkt nicht abweichen.
Da ich bereits offiziell im Ministerrat und damit über das Minister-
ratskommuniqué etwas verlautbart habe, kann ich auf eine hausinterne
resp. Handelsministeriumsmitteilung leicht verzichten. Reiterer frägt
an, ob er beim Diplomatenseminar in Kleßheim teilnehmen kann, was
ich mit Freude bewillige. Sekt.Chef Römer hat ein Schreiben von
einem Herrn Opelka, der einen Johann-Strauß-Film in Österreich drehen
will. Er meint, man könnte den Mann vielleicht unterstützen, da er
an Örtlichkeiten filmen will, die der Bundesgebäudeverwaltung unter-
stehen oder anderen Dienststellen und dort wurde bis jetzt immer
solche Filmansuchen abgelehnt. Angeblich will die Bundesgebäudeverwaltung
und andere Dienststellen dabei ein Geschäft machen. Ich erkläre so-
fort, daß man hier Filmförderung betreiben kann, aber nicht nur wenn
man einen Brief jetzt an die Stellen schreibt, sondern wenn unsere
Abteilung sich in einzelnen dafür einsetzt, daß dafür tatsächlich
die notwendigen Genehmigungen unverzüglich der Filmgesellschaft
erteilt werden. Ich bin neugierig ob sie in dieser Frage initiativ
werden und welchen Erfolg sie dabei verzeichnen können.
Über die letzte Entwicklung auf dem Brauereisektor ist Blümel
der Zentralsekretär der Gewerkschaft, der gleichzeitig durch
meine schrittweise Ähnlichkeit endlich in allen Verhandlungs-
komitees sitzt, gar nicht zufrieden. Brauer haben bekanntlicher-
weise keine einheitliche Linie gefunden und deshalb haben die
einzelnen Betriebsräte jetzt nach ihrer Stärke entsprechende
Vereinbarungen getroffen. Das erste Mal seit dem ich in der
Gewerkschaft tätig bin, und dies ist jetzt schon über ein Jahrzehnt,
daß es uns in einer so starken Gruppe noch nicht gelungen ist,
seine einheitliche Auffassung durchzusetzen und damit die Lohn-
bewegungen in der Hand zu behalten. Es wird jetzt bei den nächsten
Vertragsverhandlungen, die sicherlich im Oktober nach den Wahlen
stattfinden werden, schwierig sein, die Entwicklung wieder in
den Griff zu bekommen. Wichtig ist, daß fast in allen anderen
Wirtschaftszweigen und Gewerkschaften die Kollektivvertragslöhne
eine unbedeutende Rolle spielen und die Istlöhne von den Betriebs-
räten meistens selbstständig ausgehandelt werden. Nur bei uns
in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft hat es dies bis jetzt in
sehr beschränktem Umfang gegeben. In den starken gut organisierten
Gruppen war dies überhaupt nicht der Fall. Ich habe diese Entwicklung
heraufkommen sehen und bereits seit Jahren versucht, innerhalb unserer
eigenen Organisationen eine sogenannte neue Lohnpolitik zu kreieren.
Ausgangspunkt wäre ein Basislohn gewesen, auf den dann sich die
entsprechenden Zuschläge in Fabriken durch die Betriebsräte aus-
gehandelt und aufgebaut hätten wir dann noch Richtlinien für solche
Zuschläge jedenfalls vereinbaren können. Leider wurde dieses Konzept
von den eigenen Leuten nicht erkannt, resp. sie haben es nicht akzept-
iert und ich bin deshalb nie gut durchgedrungen. Jetzt sagen die
Brauer selbst, daß sie dies bereuen, weil die zentrale Lohnpolitik
auch scheinbar nicht mehr möglich ist. Hier wurde leider eine
Gelegenheit verpaßt.
Im Bezirkspräsidium und im Bezirksvorstand besprachen wir die
Kandidatenaufstellung. Wien wird in Hinkunft nur mehr eine Liste
zu erstellen haben und es wird daher ausschließlich von den Be-
schlüssen im Wiener Vorstand abhängen, wer auf eine wählbare Stelle
kommt. Bisher war es so, daß die einzelnen Wahlkreise doch ent-
sprechende Vorschläge nach Rücksprache mit dem Wiener Präsidium ge-
macht haben und damit die Wählbarkeit eindeutig fixiert war und
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den einzelnen Wahlkreisen. Bezüglich der Nachrückung wird
sich nichts ändern, da auch bis jetzt aus der Verbandswahl-
liste entsprechende Vorschläge, wenn ein Mandatar sein Mandat
zurücklegen mußte oder gestorben ist. In diesem Falle
haben niemals die Wahlkreise selbst bestimmt, wer nachrücken
kann. Der Wiener Sekretär Nittel hat nun die schwierige Auf-
gabe alle Wünsche der Bezirke auf einen Nenner zu bringen.
Leider will er dabei den dritten Bezirk um ein Vorschlags-
mandat kürzen. Wir haben bis jetzt fünf Vorschläge zu erstatten
gehabt, zwei der vierte Bezirk, eines der erste Bezirk. Am
vierten Bezirksvorschlagsrecht und am ersten Bezirksvorschlags-
recht wird sich nichts ändern, nur im dritten Bezirk will er
statt fünf nur vier haben. Gleichzeitig will er aber, daß vom
Freien Wirtschaftsverband Sallaberger auf eine Zählliste kommt.
Der Freie Wirtschaftsverband hat den Mühlbacher als Nachfolger
Kostroun auf eine wählbare Stelle verlangt, was auch sicherlich
erfüllt wird werden unter gleichzeitig vier Zählkandidaten.
Von den Bezirksaufstellungen gefordert. Sallaberger ist nun
wortwörtlich in dem Schreiben an den Bezirksorganisation ent-
halten. Da nun Sallaberger bei uns an der 5. Stelle war, glaube
ich ist es taktisch richtig, auf dieses Verlangen einzugehen
und zu erklären, daß der 3. Bezirk unter allen Umständen fünf
Kandidaten weiter will und an 5. Stelle eben Sallaberger wie
bisher genannt wird. Da es nun die verschiedensten Vorschläge
über die Reihung und auch über die Personen gegeben hat, mußte
ich doch versuchen, im Bezirksvorstand eine einvernehmliche Auf-
fassung zu erreichen. Wieder erwarten ist mir dies viel besser
geglückt, als ich am Anfang befürchtet habe. In der Nominierung
ist allerdings noch gar nichts erreicht. Durch die neue Wahlordnung
wonach die Wiener die endgültige Liste und eine einzige Liste zu
erstellen haben, wird es die zentrale Leitung leichter haben, auf
eine gerechtere Verteilung der Mandate zu schauen. Gleichzeitig
aber wird es letzten Endes darauf ankommen, daß wirklich die tüchtigen
Personen in den Nationalrat kommen. Wenn die Partei den Fehler macht
und nur die Bezirksinteressen jetzt neuerdings berücksichtigt, dann
wird sie früher oder später eine Verbesserung der Abgeordneten kaum
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erreichen können. Es kann durch reine Zufälligkeiten einzelner
Bezirke stark überdotiert gewesen sein. Dies trifft zum Bei-
spiel für den 2. Bezirk zu, der einmal drei Mandatare gehabt
hat, nämlich den Abgeordneten Uhlir, der gleichzeitig geschfd.
Klubobmann war, die Abg. Stella Klein-Löw und der Abg. Skritek.
In der laufenden Legislaturperiode hat die Leopoldstadt nur
mehr einen einzigen Abgeordneten, nämlich Skritek gehabt. Wichtig
ist allerdings, daß dafür der Obmann des Bezirkes, der Nachfolger
von Skritek sein wird, Schranz bereits jetzt im Bundesrat sitzt.
Ich glaube, daß eine gerechte Verteilung zwischen Landtagsmandaten,
Bundesräten und Nationalrat notwendig wäre. Allerdings kann dies
traditionell gewachsen, große Ungerechtigkeiten bereits jetzt be-
inhalten und Nittel ist nicht zu beneiden, hier ein besseres
System und eine gerechtere Verteilung zu erzielen.
Tagesprogramm, 27.7.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)