Mittwoch, der 21. Juli 1971

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Mittwoch, 21. Juli 1971

Der Personalvertreter Engelmayer kam mit dem Wunsch, dass wir
die Baufirma MET veranlassen sollten, für die kassierte Badezimmerichtung unserer Angehörigen auch die Lieferung jetzt unver-
züglich vorzunehmen. Das Bautenministerium wurde bereits von der
Personalvertretung ersucht, dass die Bundesgebäudeverwaltung, welche
dieses Wohnhaus in der Maroltingergasse baut, entsprechend einschrei-
tet. Heindl wird beim Sekretär von Moser intervenieren.

Bei dieser Gelegenheit besprach ich mit Engelmayer die Bestellung
von Min.Rat Meisl zum Sektionsleiterstellvertreter. Engelmayer
versicherte mir neuerdings, dass sie nichts gegen Meisl hätten,
sondern nur eben gegen eine Bestellung eines Steilvertreters, da andere
Kollegen das auch jetzt werden wollen in anderen Sektionen und
andererseits viele, die nicht drangekommen sind, verärgert sind.
Ich wies ihm nach, dass ich mit allen vier, die überhaupt in Frage kä-
men, gesprochen habe und dass auch durch seine Intervention ja
Mussil mich diesbezüglich ersucht hatte, er gab sofort zu, dass
er mit Mussil Kontakt genommen hat und Mussil hat das bekannt-
licherweise seinerzeit bestritten. Zusammenfassend gab er zu,
dass für die Sektion I, wo Reiterer so viel abwesend ist, ein
Stellvertreter zu bestellen ist.

Die Kupferbergbauleute von Mitterberg, Vorstandsdirektor Wohl,
kam mit Sektionschef Franc, um für eine höhere Bergbauförderung
zu plädieren. Der Kupferpreis ist von 700 Sterling die Tonne auf
447 gefallen und deshalb ist natürlich die gesamte finanzielle Si-
tuation von Mitterberg heute sehr schlecht. Sie haben im Feber einen
10-Mill.-Betriebsmittelkredit aufgenommen von der CA, von dem sie
6 Mio. verbraucht haben. Ausserdem schulden sie heute, da sie zwei
Monate die Rechnungen nicht bezahlt haben, den Lieferanten ca.
4 Mill. S. Sie bekommen zwar die gesamten 9.797.000 S, die für
Buntmetall im Budget vorgesehen sind, würden aber noch zusätzlich
5 Mill. S darüber hinaus brauchen und ersuchen, dass das Finanz-
ministerium vielleicht doch einen Budgetüberschreitungsantrag stellt.

Anschliessend fragt mich Franc, ob nicht eine Möglichkeit besteht,
für Fleischmann, der bei ihm in der ÖIAG arbeitet, ihn in der OB
unterzubringen. Gen.Direktor Geist wird zwar die Technik von
Franc übernehmen, wenn Franc im Herbst in Pension geht, doch ist


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es nicht bereit, auch die Leute zu übernehmen. Im Sekretariat von Geist
arbeiten derzeit Mieling, ein guter Mann, der allerdings sehr krank
ist, Knoll, ein Handelspolitiker, mit dem man überhaupt nichts anfangen
kann und Zimmermann, der die Koordination durchzuführen hätte, aber
auch – wie Franc sich ausdrückt - nichts weiterbringt. Da die meisten
ÖIAG-Leute heute gar keinen Dienstposten mehr in den Sektionen, sei es
in der Sektion V oder IV des BKA – haben, ist es sehr schwer, sie
irgendwo unterzubringen. Voraussetzung wäre, dass die Dienstposten frei
sind und dann will natürlich jeder nur die tüchtigen Leute von der ÖIAG
resp. von der Sektion IV übernehmen. In der verstaatlichten Industrie
dürfte sowohl in der Holding ÖIAG oder ÖIAG seinerzeit resp. der
Sektion, die im Verkehrsministerium derzeit im BKA aufgebaut wurde,
ein riesiger Personalüberstand gewesen sein.

Geist hat gestern versprochen, dass er mit Franc, nachdem er auf Urlaub
geht, die Frage von Mandl – Munitionsfabrik – besprechen wird. In der
Präsidialsitzung, die sie gestern hatten, wurde dieses Problem aber
überhaupt nicht berührt. Franc wird sich trotzdem jetzt noch einmal
mit Böhler ins Einvernehmen setzen, ob nicht die Enzesfelder jetzt
doch diesen Betrieb kaufen könnte. An der Enzesfelder sind 60 % Steyrer und
40 % Böhler beteiligt. Geist hat ja gestern mir erklärt, nachdem die
Forderung von 100 Mill. auf 60 bis max. 70 reduziert wurde, könnte
eine Möglichkeit der Übernahme bestehen. Die Übernahme von den Vereinigten
Metallwerken Berndorf kommt deshalb nicht in Frage, weil Wimberger, der
Generaldirektor dieses einige Male schon abgelehnt hat, aber vor allem
weil hier keine finanziellen Mitteln freigemacht werden können. Die
Vereinigten Metallwerke wollen von der ÖIAG 600 Mill. S Kredit, 3 Jahre
tilgungsfrei und vor allem zinsenfrei, um die Elektrolyse errichten zu
können.

Blecha von der IFES wurde von den Bulgaren eingeladen, er sollte nach
Sofia kommen, damit sie mit ihm die Marketingfragen besprechen. Die
Bulgaren wurden von uns seit Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass
sie in Österreich mehr Verkaufspolitik betreiben müssten. Zu diesem Zweck
laden sie nun die IFES ein, ein Verkaufsprogramm und die Verkaufspolitik-
strategie zu besprechen. Blecha kam, um sich über den Bulgarienvertrag
und über die Situation zu informieren.



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In der anschliessenden Diskussion über die Propaganda für die Wahlen
ergab sich die Erkenntnis für Koppe, dass eigentlich das Material,
welches er erwartet hatte, dass in Blechas Schreibtisch liegt, noch
gar nicht existiert. Blecha hat mit Heinz Brantl und Kreisky die Slogans
besprochen. Sein bester Slogan: "SPÖ, weil's nichts Besseres gibt"
entspricht zwar der österreichischen Mentalität, insbesondere der der
Wiener, hat aber nicht die Zustimmung von Kreisky gefunden. Ich selbst
bin auch sehr skeptisch gegen diesen Slogan, weil er doch sehr in
die Negativpropaganda hineinragt. Ich glaube, dass man wahrscheinlich
den Slogan: "SPÖ für klare Verhältnisse und SPÖ für ein modernes Öster-
reich und seine Menschen" noch verbessern wird und insbesondere der
letztere ist schon sehr abgedroschen. Die Schwierigkeit für Propagan-
disten liegt ja darin, dass man zuerst viel Geld aufwendet, um einen
Slogan für eine Partei oder für einen Zeitabschnitt einer Partei
zu finden, und nach einiger Zeit aber sehr bald wieder den Slogan
ändern muss, weil sich dann die Kabarettisten bald eines solchen
Slogans annehmen und schlechter wirkt als etwas über seine Zeit hinaus
zuziehen. Vollkommen falsch wäre es, noch immer von Kreisky und seinem
Team zu sprechen. Die Abwandlung in eine dynamische Regierung Kreisky
ist deshalb sehr gut. Ausserdem war der Slogan: "Lasst Kreisky und sein
Team arbeiten", darauf ausgerichtet, dass in der Zwischenwahl man noch
nicht auf gewisse Erfolge hinweisen konnte. Jetzt wäre eine Weiter-
verwendung des Slogans sehr gefährlich, weil dann automatisch man sich
fragt, ja warum arbeitet sein Team nach 1 1/2 Jahren noch immer nicht.
Was mich wirklich interessieren würde, ist, ob Blecha alle seine
Behauptungen und Erkenntnisse auf Grund von soliden Erhebungen auf-
stellt oder ob er nicht auch teilweise ins Blaue hinein auf Grund von
rein spekulativen Überlegungen spricht. Ich leite diese Vermutung daher
ab, dass ich ihm sagte, das sei sein Geschäft und nicht meines. Er
meinte darauf, nein, ich hätte ein ganz gutes Gefühl und die Erfolge
sprechen ja auch dafür, dass er grössten Wert auf meine Meinung,
d.h. in dem Fall mehr auf Koppes Meinung Wert legt. Seinen guten
Slogan: "SPÖ weil's nichts besseres gibt", baut er glaube ich aus der
Benotung, die die Parteien bekommen auf. In Meinungsumfragen, die von
+5 bis -5 Noten gegeben werden und die SPÖ im Feber 1970 +2 gehabt
hat und hat jetzt noch immerhin +1,5. Die FPÖ hat damals im Feber 0,7
gehabt und jetzt ist sie auf -0,3 abgesunken. Ein bisschen Erhebung dürfte
bei seinen Aussagen doch dabei sein.



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Da Koppe erkennen musste, dass eigentlich für die Referenten
kein Material vorbereitet ist, habe ich Tommy Lachs, Otto Zöllner,
Herbert Krämer und Dr. Czerny für die Sozialpolitik sowie
Dr. Gehart für die Ministerienleistungen auf wirtschaftlichen Gebiet,
versucht Material für die Referenten zusammenzustellen. Ich glaube,
dass es dringend notwendig ist, dass die Tatsachen und Facts, so
vor allem aber Ziffern den Referenten unverzüglich in Loseblatt-
Form gegeben werden. Ich halte es für vollkommen sinnlos, wenn
man nur die Gesetze aufzählt, die bereits von der soz. Regierung
durchgesetzt werden konnten. Er meinte mit Recht, in Wirklichkeit
müsste eine gute Berichterstattung aus dem Parlament nicht nur so
Gogs und irgendwelche Stimmungsbilder aus dem Hohen Haus bringen,
sondern eine Analyse jedes beschlossenen Gesetzes. Dadurch würden
die Hauptpunkte der Bevölkerung nähergebracht werden. Da dies aber
nicht geschieht, glaube ich sollten wir das Gesetz in seinem Ruf-
titel aufzählen, dann aber 1 oder 2 wichtige Bestimmungen heraus-
nehmen und in Schlagworten erläutern.

Nach meiner vierstündigen Diskussion am Telefon, wo ununterbrochen
angerufen wurde und die Telefonzentrale sogar sagte, es sind ununter-
brochen Anmeldungen gewesen, die gar nicht mehr vermittelt werden
konnten, musste ich feststellen, dass ein solches Material wirklich
von Bedeutung wäre. Ich selbst bin zwar über die Wirtschaftsfragen
einigermassen informiert, kann mir aber vorstellen, wie es anderen in
Wirtschaftsfragen geht, wenn ich im Spezialfragen bei Sozialpolitik
angesprochen werde. Ich kenne zwar die wichtigsten Daten und auch
die wichtigsten Beträge, doch weiss ich z.B. über die Fragen der
Witwenpension viel zu wenig. Eine wichtige Frage ist, ob bei
diesen Telefonanrufen man kurz angebunden sein soll, damit mehr
Leute mit einem sprechen können. Ich selbst neige eher dazu, auf
alle Fälle den Anrufen ausdiskutieren zu lassen, weil ansonsten der
Eindruck entsteht, man will ihn abschneiden. Die, die nicht mehr
drankommen, müssen halt zur Kenntnis nehmen, dass ein grosses Inter-
esse an diesen Telefonauskünften besteht. Ich selbst habe dem Veran-
stalter, Ing. Dorn, vorgeworfen, dass er viel zu wenig auf mich in diese
Frage zurückgegriffen hat, da ich etliche Monate zurückliegend den
letzten Telefondienst geleistet habe. Er selbst meint, er hätte die
Minister schonen wollen, was ein ausgesprochener Blödsinn ist,
und deshalb nur Abgeordnete eingesetzt. Wie mir aber einige Anrufer


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mitteilten, hätten einige Abgeordnete zugesagt, etwas in Fragen
zu erledigen und letzten Endes sich überhaupt nicht mehr gerührt.
Da die Anrufer aber die aktiveren Staatsbürger sind, glaube ich,
müsste man diese Telefondienste wesentlich mehr ausbauen. Zum Schluss
wollte Dorn noch eine Zusammenfassung, die ich ihm auch lieferte,
damit er Kreisky berichten kann. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass Kreisky überhaupt imstande ist, alle diese Informationen, die
er von jedermann bekommen will, auch nur geistig zu verarbeiten.

Durch die Geschäftseinteilung fühlt sich Min.Rat Zienert sehr benach-
teiligt. Ihm wurde die Entwicklungshilfe, die ein Sekt.Rat Hubacek
bei ihm gemacht hat, weggenommen und der Abteilung 4 Willenpart
gegeben. Zum Glück fiel mir ein, dass ein neuer Slogan für die Ent-
wicklungshilfe existiert, nämlich "not aid but trade", d.h nicht
Geschenke sondern Handel, und deshalb der Min.Rat Willenpart,
der im GATT die entsprechenden Handelsbesprechungen zu führen hat,
dafür zuständig ist. Ich selbst legte sofort fest, dass dies eine
moderne Entwicklungshilfe sei und die UNCTAD mit einer 30 %-igen
Zollsenkung für die Entwicklungsländer jetzt auch in Österreich
sich durchgesetzt hat, sodass eben klar ist, dass Willenpart, der
entsprechende Abteilungsleiter für die Entwicklungshilfe rein sachlich
sei. Ich habe also nicht aus personellen Gründen ihm die Arbeit weg-
genommen, sondern aus rein sachlichen Überlegungen und werde dies
auch bei der nächsten Sektionsleitersitzung mitteilen.

Ich glaube wirklich, dass wir in Hinkunft, wenn Geschäftsordnungsände-
rungen vorgenommen werden, die letzten Endes natürlich in der personel-
len Zusammensetzung des Ministeriums ihre Ursache haben, dass wir
doch versuchen müssen, sachliche Ausreden zumindestens zu finden.
Wenn dies nämlich nicht der Fall ist, fühlen sich die Beamten zurück-
gesetzt und persönlich beleidigt und es kann dadurch nur ein ver-
dammt schlechtes Klima entstehen.

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Tagesprogramm, 21.7.1971


Tätigkeit: GD Hirtenberger Patronenfabrik


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      Tätigkeit: Dir. Vereinigte Metallwerke Ranshofen-Berndorf AG


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          Tätigkeit: SPÖ-Wahlkampfmanager, Journalist


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sekt.Rat HM [1971 zunächst für Entwicklungshilfe zuständig, MA von Zienert]


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: AK


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 129507873


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: AK


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                    Tätigkeit: Handelsabt. ÖIAG [1971; offenbar SPÖ; soll ev. ins HM wechseln, vielleicht dort später zu finden?; vmtl. auch am 21.7.1971 gemeint?]


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                      Tätigkeit: Beamter HM


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                        Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR HM, Vorstand ÖIAG


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                              Tätigkeit: AR ÖIAG; evtl. Falschidentifikation [Mai 1971 bereits ÖIAG?; auch am 21.7. gemeint?]


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                                Tätigkeit: ÖIAG, SPÖ-NR-Abg.


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                                  Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                    GND ID: 102318379X


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                                      Tätigkeit: Statistiker AK


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                                        Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                          Tätigkeit: Bautenminister


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                                            Tätigkeit: ÖIAG, Mitarbeiter im Sekretariat von Franz Geist [1971]


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                                              Tätigkeit: [1971 als junger Mitarbeiter Kreiskys genannt; Ing.; lt. weiterem Text offenbar früher beim Rundfunk; erneut am, 21.7.1971, wieder eine Telefonaktion; ev. ident mit späterem Dorn, B?]


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                                                Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                                                  Tätigkeit: Personalvertreter HM, Christgewerkschafter, ÖVP-Politiker


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                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                    GND ID: 118566512


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                                                      Tätigkeit: MR HM


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                                                        Tätigkeit: Gf., Dir. Kupferbergbau Mitterberg


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