Montag, 5. Juli 1971
Präsident Meissner von Hofman & Maculan will in Hinkunft besseren
Kontakt der Vereinigung industrieller Bauunternehmen. Diese Organi-
sation der Industriebetriebe hat sich gebildet, um gegen die 2.500
Bauhauptgewerbebetriebe ihre Meinung besser zu akzentuieren. In der
Vereinigung sind 36 Mitglieder, die 35.000 S Mitgliedsbeitrag pro
Jahr bezahlen. Der Umsatz dieser 36 Mitglieder beträgt 8 Mia. S, das
ist 32 % des Gesamtumsatzes des Bauhauptgewerbes. 38.000 Beschäftigte
sind 25 % der Beschäftigten. und 33 % beträgt der Gerätebestand bei
diesen 36 Firmen. Nur die Fa. Mischek und Zehethofer als Industrie-
unternehmungen gehören nicht der Vereinigung an. Meißner hofft,
dass auf Grund der neuen Gewerbeordnung – in § 5 wird ja die Industrie-
mässigkeit eines Betriebes festgestellt nicht nicht mehr so wie
jetzt die Fabriksmässigkeit – die Industrieunternehmungen im Bauhaupt-
gewerbe abgetrennt werden können. Die Frage ist natürlich, ob die
Handelskammer dann nicht wieder wie jetzt auf Grund des § 36 bis
auf weiteres eine eigene Industriegruppe beim Bauhauptgewerbe wie
beim graphischen Gewerbe verhindert.
Im Institut für Gesellschaftspolitik waren Kirchschläger, Weihs und
ich bestrebt den Journalisten unsere Verhandlungsposition im Rahmen
der Europäischen Gemeinschaft zu erklären. Obwohl die erste Garnitur
anwesend war, hatten nur Graber und Rome Fragen. Dieses Thema ist schein-
bar den Journalisten nicht geläufig und deshalb interessieren sie sich
auch nicht für Details.
Ratzek , der angeblich in der Arbeiterkammer NÖ einmal gearbeitet hat
und derzeit bei der Fa. König für die Ostexporte arbeitet, wollte
mir auseinandersetzen, dass sich die Regierung resp. ich als Minister
mehr um die Kooperation der Firmen mit den Oststaaten kümmern sollte.
Er meinte, dass Fälbl, mit dem er schon einige Male geredet hatte,
viel zu arrogant ist und nur einzelne Details, die ihm von den Firmen
gesagt werden, den Oststaaten mitteilt. Ratzek hat, als ich in Bul-
garien war, sich dort auch bei mir gemeldet gehabt. Derzeit hat die
Fa. König einige grosse Bauten, wie Gemeindehäuser und so weiter in
Bulgarien laufen, wo sie Aluminium-Verkleidungen montiert. Möglich,
dass man mit Interventionen den österreichischen Firmen in den Ost-
staaten helfen kann, die Exporte dorthin leichter abzuwickeln, an-
dererseits aber haben die Firmen keine Ahnung, wie es z.B. um den
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bulgarisch-österreichischen Clearing bestellt ist. Ratzek war
zumindestens sehr erstaunt, als er erfuhr, dass dieses Aktivum be-
steht und die Bulgaren derzeit fast Zahlungsschwierigkeiten haben.
Die Idee, gegebenenfalls ganze Bautrupps nach Österreich kommen zu
lassen, um hier Aufträge zu übernehmen, scheitert bekanntlich am
Einspruch der Bauinnung aber natürlich auch der Baugewerkschaft. Da
er ein guter Bekannter von Präsident Horr ist, er liefert jetzt auch
für die nö. AK alle Aluminium-Aussenteile, schlug ich ihm vor, er
sollte mit ihm dieses Problem besprechen und uns dann Bescheid sagen.
Koppe hat Dr. Stern, den Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Hoch-
und Tiefbau Dornbirn Dr. Schrofner wegen Sprenggenehmigung im Stein-
bruch Hohenems vorgesprochen. Die Firma gehört, wie wir jetzt fest-
gestellt haben, der ÖCI, die auch bereits einen Rahmenkredit von
6,5 Mill. S der Firma gegeben hat. Die Anlagen betragen ca. 8.4 Mill. S
Da die Firma Hoch- und Tiefbau Ges.m.b.H. in Wirklichkeit eine Pleite-
Firma ist, hat die ÖCI einen Kredit zur Verfügung gestellt, der 0 bis
maximal 5 % Zinsen verbringen soll, wenn das Unternehmen aktiv gebart.
Eigentümer des Steinbruches ist aber die Firma Bücherle und Co.
Diese Firma hat verabsäumt, als die Gemeinde der Bürgermeister Amann
hat nämlich die Flächenwidmung in dieser Gegend geändert – gegen diese
Flächenwidmungsänderung Einspruch zu erheben. Dadurch kommen jetzt
40 Wohnhäuser, die in einem siedlungsmässigen Wohngebiet derzeit sich
befinden, in den Sprengbereich. Dr. Schrofner erklärte zwar, sie hätten
eine 10-Mill.-Versicherung beabsichtigt und jedweder Schaden würde
unverzüglich gedeckt werden.
Dr. Stern wird sich nun bemühen, mit der ÖCI einen Plan auszuarbeiten,
nur wie man auch dieser Schwierigkeit herauskommt, indem man ohne eine
grosse Sprengung die Betriebe mit dem Abbaumaterial beim Nachbarstein-
bruch der Fa. Hinteregger beschäftigen könnte. Beim Nachbarsteinbruch
ist bekanntlich eine riesige Steinlawine losgegangen und hat Blöcke
bis zu acht Meter Durchmesser. Diese Blöcke müssen allerdings am Ort
erst zerkleinert werden und dann hunderte Meter weiter erst gesprengt.
Dadurch wird dieses Material verhältnismässig sehr teuer sein, muss
aber auf alle Fälle weggeräumt werden. Für die Sprengung am eigenen
Steinbruch hat Schrofner zwei Gutachter, nämlich Dr. Krajicek aus
Graz ein Geologe und anerkannter Fachmann sowie Ing. Bubendorfer, ein
Sprengsachverständiger, der sich in der Praxis einen Namen erworben hat,
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beauftragt, wie eine Sprengung für richtig und notwendig halten.
Der Bürgermeister Amann hat Dr. Oberhauser vom Wiener geologischen
Institut bestellt, der ebenfalls zu einem für die Firma positiven
Gutachten nach Auffassung von Schrofner gekommen ist. Der Sprengung
steht nach Meinung Dr. Schrofners nichts mehr im Wege. Ich selbst
erklärte abschliessend, dass ich nicht daran denke, einen diesbezüg-
lichen Bescheid jetzt zu erlassen. Dr. Stern wird nach Rücksprache mit
der ÖCI einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.
In der Ministerratsvorbesprechung vereinbarte ich mit Androsch,
dass Metzner resp. ein Beamter von der Gruppe Verkehr bei den
sieben Weisen im FM ebenfalls anwesend sei soll. Dadurch wird das
Haus bereits jetzt in den ganzen Verhandlungsgang über eine Reor-
ganisation der Haftpflichtversicherung für KFZ eingeschaltet.
Min.Rat Waltersdorfer von FM ist für unser Haus zuständig. Er ver-
handelt derzeit unsere Budgetansätze. Würzl hat mit ihm das Fremden-
verkehrsförderungsprogramm durchbesprochen. Seinerzeit hat Walters-
dorfer die Ansätze für 1971 in der Höhe von 135,8 Mill. S als Basis
angenommen. Auf diese 135,8 Mill. S hätte ihm Androsch gesagt, soll-
ten ca. 50 Mill. S draufgelegt werden und er hat uns dann mitgeteilt,
dass die Ausgangsbasis für 1972 180 Mill. S wären. Ich habe von
Androsch auch gehört, dass er bereits einen Akt auf 180 Mill. S
unterschrieben hat. Nun hat Waltersdorfer festgestellt, dass in
der Ausgangsbasis von 1971 Ansätze sind, die eigentlich nicht hinein
gehören. Er hat deshalb die Ausgangsbasis auf 113 Mill. S reduziert
und darauf ca. 50 Mill. draufgelegt, sodass jetzt maximalst – wie
Würzl errechnete, 165 Mill. S im Jahre 1972 für die Fremdenverkehrs-
förderung zur Verfügung stünde. Dieser Betrag würde dann in das
10-jährige Investitionsprogramm für Fremdenverkehr eingehen, der
insgesamt an Stelle der 3,,237 Mia., 2,,465 Mia. ausmachen würde. Ich
habe zuerst mit Waltersdorfer verhandelt und ihm auseinandergesetzt,
dass es doch nur an ihm liegt, wenn die 180 Mill. S Ausgangsbasis für
1972 sind und nicht 165 Mill. wie er jetzt Würzl beauftragt hat, zu
errechnen. Waltersdorfer wäre deshalb gegen diese Lösung – wie er
sich ausdrückte – weil dadurch der Fremdenverkehr doch eine grössere
Förderung erfährt als dies z.B. andere Wirtschaftszweige in meinem
Ressort erfahren. In Wirklichkeit glaube ich, ist es ihm nur darauf
angekommen, festzulegen, dass wir nicht 415 Mill. zusätzlich kriegen
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können. Letzten Endes aber war er bereit, wenn der Finanzmini-
ster ihm einen diesbezüglichen Auftrag gibt, auch diese Zahl
180 Mill. S statt 50 67 Mill. S mehr für das Jahr 1972 zu vertreten.
Ich habe deshalb Androsch auf diese Zahl neuerdings angesprochen
und er hat sofort zugestimmt und erklärt, er wird Waltersdorfer den
Auftrag geben, mit 180 Mill. unverzüglich den Akt endlich abzufer-
tigen.
Kreisky berichtete, dass bei der Budgetbesprechung die ÖVP einen
grossen Triumph glaubt errungen zu haben, da sie in 8 Tagen erst
zu unseren Vorschlägen Stellung nehmen wird. Schleinzer wollte über-
haupt Details von den Budgets bereits bekommen und steht auf dem
Standpunkt, dass dies auch möglich ist. Kreisky dagegen nahm natürlich
die bisherige Stellungnahme ein, dass erst bei Vorlage an den National-
rat Details an die einzelnen Oppositionsparteien mitgeteilt werden
könnten. Schleinzer war auch bereit zuzustimmen, dass wenn die ÖVP
den Grundsätzen des Budgets ihre Zustimmung gibt, dann im Laufe des
Jahres keinerlei Abänderungsanträge, die dieses Budget umstossen würden,
im Parlament einbringen wird. Androsch wird ihnen heute noch die
Grundsätze des Budgets und des Investitionsprogrammes übermitteln.
Ich habe den Eindruck, dass Schleinzer, Kohlmaier aber auch Koren
derzeit auf eine grosse Koalition ohne Neuwahlen hinarbeiten. Ich
bin überzeugt davon, dass sie bereit wären, die Bedingungen, die die
SPÖ stellen würde. sofort zu akzeptieren. Allerdings besteht keine
Gewähr dafür, wie lange eine solche Zusage halten würde.
Die Debatte im Parlament über den Bericht des Verfassungsausschusses,
wonach die Regierungsvorlage § 3a abgelehnt wird, wird eine Ent-
schliessung vom Klub vorbereitet, wonach diese Bestimmung durch
eine Novelle des § 3a dringend notwendig ist. Die ÖVP hat jetzt
beschlossen, den Bundesratsantrag, wonach das Mietrecht geändert
würde und die seinerzeit auf 3.– S festgelegten Mietzinse für die
Gewerbetreibenden auf 2.– gesenkt werden soll, weiters der § 7 des
Mietgesetzes mit maximalst 7-facher Höhe beschränkt werden soll
und wo drittens die Mietzinsreserven unbefristet für die Ausbesserung
der Häuser zur Verfügung stehen soll, neuerdings dem Justizausschuss
rückzuverweisen. Sie ist zwar sicherlich nicht bereit, dieses Problem
im Sinne des Bundesrates zu lösen, doch will sie derzeit keine Ablehnung
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Es liegt deshalb im Bereich der Möglichkeit, dass sie auf
Antrag des Verfassungsausschusses nämlich den § 3a abzulehnen
neuerdings dem Verfassungsausschuss wieder zur Behandlung zuweist.
In diesem Fall müsste nach meiner Meinung nach der Verfassungs-
ausschuss beauftragt werden, aus dem Preisregelungsgesetz 3a die
Worte "marktbeherrschendes Unternehmen" zu streichen.
Bereits im Institutsgespräch wurde Hrdlitschka von Journalisten
gefragt, wie er sich die Anwendung des § 3a in Hinkunft vorstellt.
Auf Beispiele, die sie verlangten, konnte Tommy Lachs und ich einige
aufzählen, wie z.B. Limonaden, Teigwaren, Flüssiggas und ich selbst
schlug auch noch Fleisch und Wurstwaren vor. Diese Aufzählung war
nicht taxativ sondern nur demonstrativ und ich habe Gott sei Dank
darauf hingewiesen, dass damit nicht alle erschöpfend aufgezählt sind
und vor allem aber, dass man vielleicht nur eine einzige Gruppe einmal
einem § 3a unterwerfen müsste und dann würden die anderen sofort
wesentlich mehr Disziplin halten. Diese Ergänzung war deshalb
so wichtig, weil – wie sich später herausstellte – ich nicht mehr
wusste, dass Fleisch und Fleischwaren eigentlich noch der Preis-
regelung unterliegen und nur sistiert sind. Es könnte deshalb
Weihs, der allerdings gar nicht die Absicht hat, so etwas zu tun,
Fleisch und Wurstwaren der Preisregelung unterwerfen.und Preise fest-
setzen.
Ich glaube, wir sollten auch in der Diskussion weniger die einzelnen
Bestimmung jetzt herausarbeiten, sondern primär darauf hinweisen,
dass die Rute im Fenster eben eine Rute sein muss, die doch gelegent-
lich das eine oder andere Mal zum Einsatz kommen müsste.
Fritz Marsch ersuchte mich, dass Koppe wieder für das Zentral-
sekretariat für die Propaganda zur Verfügung gestellt wird. Ich
stimmte dem mit umso mehr Überzeugung zu, als ich ja weiss, dass
Koppe sich nicht nur sehr einsetzt, sondern vielleicht jetzt doch
– ich habe Kreisky jetzt darauf aufmerksam gemacht – auch die
Partei mehr erkennt, wieviel er für die Partei derzeit und in der
Vergangenheit schon gearbeitet hat.
Mit Präsidialchef Schipper hatte ich intern die Bestellung Meisls
zum Stellvertreter Reiterers den davon betroffenen Ministerialräten
einzeln besprochen. Die Bundeskammer hat bekanntlicherweise vorge-
schlagen anstelle Meisls Buchta, Fälbl, Hillebrandt oder Zienert,
die rangmässig vor ihm rangieren, mit der Stellvertretung zu betrau-
en. Buchta ist derzeit noch auf Urlaub, ich werde aber, wenn er zurück-
kommt, sofort mit ihm sprechen. Zienert erklärte unverzüglich, dass
er infolge seines Leidens für diese Stelle nicht in Frage kommt
und ist mit Meisl sehr einverstanden. Fälbl erklärte sich.ebenfalls
bereit und stimmte einer Bestellung von Meisl ausdrücklich zu.
Nur Hillebrandt wies darauf hin, dass bis jetzt Schwierigkeiten ge-
habt hat bei der Vorrückung, da sich immer wieder herausgestellt
hat, dass ihm seine Vordienstzeiten oder Prüfungen, die er später
gemacht hat, nicht nach Laufbestzeit angerechnet wurden. Er selbst
zwar eine solche Entscheidung zur Kenntnis nehmen, möchte aber natür-
lich nicht freiwillig aus dem Rennen ausscheiden. Gleichzeitig musste
er aber mir gegenüber zugeben, dass er ja gar nicht zum Zuge kommen
würde, denn Fälbl ist der Ranghöhere und gleichzeitig aber um 4 Jahre
jünger, sodass er niemals Chancen hätte, diesen Posten tatsächlich
nach seinem System zu bekommen. Ich selbst setzte ihm auseinander,
dass ich die Anciennität auf die er sich jetzt beruft, nicht gelten
lasse. Mit dieser Aussprache habe ich die Verpflichtung, die ich
gegenüber der Handelskammer eingegangen bin erfüllt und es steht
einer Bestellung Meisls nichts mehr im Wege.
Zu meiner grössten Überraschung erfuhr ich zeitgerecht, dass sowohl
der Bundeskanzler, der Finanzminister zum Empfang der Siemens-Vor-
stands AG resp. des Aufsichtsrates der ausnahmsweise in Wien tagte,
kommen würden. Kreisky hat sogar eine Rede dafür vorgesehen. Ich
benützte deshalb eine gute Ausrede, gegenüber Hecke erklärte ich,
ich hätte ihm ja schon den Orden, den ich bei dieser Gelegenheit
übergeben würde, bereits übergeben, sodass ich jetzt eine andere
Verpflichtung habe und an dem Essen nicht teilnehmen kann. Androsch,
der ursprünglich meinte, ich sollte doch als der Handelsminister
daran teilnehmen, überzeugte ich, dass ich dann alle anderen Ein-
ladungen von Firmen ebenfalls akzeptieren müsste. Allein die An-
wesenheit einer Firma in Österreich oder die Aufsichtsratssitzung,
die zufällig in Österreich abgehalten wird, oder überhaupt ein
Abendessen könnte ich dann nie abschlagen, wie ich dies bis jetzt
immer konsequent gemacht habe. Ich nämlich nur bereit zu solchen
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Festveranstaltungen zu gehen, wenn es sich tatsächlich um Feste
handelt und ich dort irgendeine Funktion zu erfüllen habe. Nur die
Anwesenheit kostet ansonsten viel zu viel Zeit und ich kann keine
Selektion mehr von den Firmen vornehmen. Ich muss sagen, Androsch
anerkannte dieses Prinzip und ich werde deshalb nach wie vor nur so
vorgehen.
Tagesprogramm, 5.7.1971