Dienstag, 15. Juni 1971
Unterausschuß des Handelsausschusses betreffend die Kraft-
fahrgesetznovelle, EFTA-Vorsitzende, Dr. Fiedler, das Ministerium
hat uns die Unterlagen nicht zeitgerecht zugestellt. Bei
der letzten Sitzung, wo ich nicht anwesend sein konnte, wurde
nämlich das Ministerium ersucht, es möge die endgültige
Fassung und vor allem mal die Ausschußberichte im Einvernehmen
mit dem Parlamentsrat Hruxa erarbeiten und die Unterlagen
dann genau bezeichnete Angestellte des Klubs übermitteln.
Steinhart stand allerdings auf dem Standpunkt, daß diese
Leute schwer treffen würde und hat deshalb die Unterlagen
nur an die Klubs gesendet. Die Klubs übernehmen aber nur
zwei Tage vor Sitzungsbeginn Unterlagenmaterial, da sie
auf dem Standpunkt stehen, es könnte sich um Einladungen
oder Terminfragen handeln, die sie dann dem Abgeordneten
nicht zeitgerecht zustellen können. Deshalb ist von den
Klubs das Material nicht übernommen worden und Steinhart
hat es erst nach einiger Verzögerung dem Parlamentsrat Hruxa
übermittelt. Dieser hat es dann an die einzelnen Abgeordneten
verteilt, allerdings hat zum Beispiel Dr. Krainer von der
ÖVP aus unerklärlichen Gründen das Material überhaupt noch
nicht erhalten. Natürlich habe ich das Ministerium in Schutz
genommen, obwohl ich mich innerlich doch ein bisschen geärgert
habe, daß an solchen Einzelheiten Fiedler die Möglichkeit hat,
die positive Arbeit zu kritisieren. Man bemerkt, daß Min.Rat
Metzner nicht anwesend ist. Den Ausschußbericht bemängelte
Fiedler und das muß ich zugestehen auch zurecht, daß Steinhart
eigentlich nur erläuternde Bemerkungen abgegeben hat. Er hat
also nicht wie dies üblich ist über den Verhandlungsverlauf
ganz kurz berichtet. U.a. hätte er doch natürlich auf die
Umweltverschmutzungsfragen hinweisen müssen, daß zum Beispiel
der Ausschuß bei der ÖMV war, um sich ein genaues Bild über
die Abgasprobleme zu schaffen und so weiter. Der Unterausschuß
beschloß deshalb neuerlich eine Arbeitssitzung einzuberufen,
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wo dann endgültig die Fassungen beschlossen werden können.
Fiedler bemerkte aber, ohne daß sie wußten, daß ich es hörte
zu seinen Leuten, daß er sehr genau registriert hat, daß die
ÖVP mit allen ihren Vertretern an den Unterausschußsitzungen
teilnahm, während dem die sozialistische Seite meistens nur
mit zwei Vertretern anwesend war. Diesmal war nicht einmal
der Schriftführer Pichler bei der Sitzung. Ein umständliches
Arbeitsverfahren, zweifelsohne auch bedingt durch Min.Rat
Steinhart, ein sehr ins Detail gehender und tüftlerischer
SPÖ-Abgeordneter Hobl, der zwar die Materie gut beherrscht,
aber ununterbrochen alle Variationen durchdiskutieren will,
manche würden behaupten er hört sich gerne reden, ein um-
ständlicher Vorsitzender Dr. Fiedler, der die Materie natürlich
aus dem bisherigen Verhandlungen auch sehr gut kennt aber
gar nicht die Absicht hat, sie schneller über die Bühne zu
bringen, eine sehr uninteressierte sonstige sozialistische
Arbeitsgruppe der ich verstehen kann, daß sie diesen Sitzungen
fernbleibt, weil es ihnen natürlich genauso wie mir auf die
Nerven geht, und eine disziplinierte ÖVP-Arbeitsgruppe, die
wirklich immer vollständig erschienen ist.
Zum Ministerrat hatte nur Min.Rat Hauffe ersucht, man möge
gegen den verhältnismäßig spät auf die Tagesordnung gesetzten
Entwurf eines Weingesetzes Einspruch erheben. Das vom Handel
verlangte bestehende Drittel Verschnittes war nämlich
in diesem Weingesetz nicht mehr vorgesehen. Ich hatte aber
mit Weihs bereits vereinbart, daß wir auf alle Fälle dieses
Gesetz basieren lassen. Wenn es nämlich im Parlament zu
einer Verabschiedung dieses Gesetzes kommt und die Bestimmungen
nicht geändert werden, dann wird der Weinhandel zwar sehr
wütend sein, aber immerhin er wird sich mehr über die ÖVP
ärgern und die FPÖ als wie über uns. Sollte es dagegen im
Parlament zu einer Änderung kommen, dann werden die Bauern
natürlich auf die ÖVP noch mehr wütend sein, denn letzten
Endes werden sie sagen, daß die SPÖ ihnen eine Absatzmöglichkeit
ihrer Weine gesichert hatte. Weihs hat deshalb mit Mussil
vereinbart, es soll ein Unterausschuß eingesetzt werden, um
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über diese ganzen Fragen im Parlament sehr eingehend
debattiert werden. Ich hatte deshalb gar nicht die Absicht
und habe deshalb natürlich keinen Einspruch erhoben.
Weihs teilte bei der Sitzung noch mit, daß EWG-Experten
vom 17.–19. Mai in Wien waren und mit Befriedigung
zur Kenntnis genommen haben, daß ein solches fortschrittliches
Gesetz in Österreich nun zur Behandlung stehen. Der Missions-
chef aus Brüssel Dr. Leitner, der mir untersteht, hat ein
diesbezügliches Kabel an das Landwirtschaftsminister gerichtet.
Anmerkung Dr. Heindl:
Bitte prüfen, ob dieses Kabel noch an uns gegangen ist
und ob es an Hauffe weitergeleitet wurde.
Bei mündlichen Berichten berichtete Kreisky, daß Schleinzer
bei einer Pressekonferenz von einer Täuschung Kreiskys ge-
sprochen habe. Kreisky hätte nämlich in Wirklichkeit gar
nicht die versprochenen Gesetzesanträge in das Parlament
gebracht. Kreisky wird nun eine diesbezügliche Aufstellung
veranlassen und hat das Beispiel nur erwähnt, daß er das
Personalausschreibungsgesetz bereits fertiggestellt hab, aber
jetzt schon 4 Monate bei der Gewerkschaft zur Behandlung liegt.
Bei meinem mündlichen Bericht über die Sowjetunion bemerkte
Kreisky, daß ihm Journalisten erzählten, Mussil erzählt
überall herum, daß die Sowjets sehr milde gewesen sind
und deshalb die europäische Wirtschaftsgemeinschaftsprobleme
sehr leicht gelöst werden könnten. Kreisky vermutet, daß
in kürzester Zeit die sowjetische Regierung einen Schuß
vor den Bug geben wird, weil sie natürlich diese Auffassung
keinesfalls hat.
Firnberg berichtete, daß sie eine Delegation von Sekt.Chef
Grunner, Sekt.Chef Grünberg und MR Obermann in die Schweiz
führen wird. Die Schweiz hätte vor längerer Zeit sie bereits
eingeladen. Kreisky bemerkte dazu, man müßte sich sehr ein-
schränken, da er von der ÖVP einen harten Angriff über die
Dienstreisen erwartet.
Auch bei der Dienstbesprechung stellte Schipper fest,
daß wir von den S 500.000,–– Repräsentationsaufwendungen
bereits 253.000,–– mit heutigem Stichtag verbraucht haben.
Sektionsleiterbesprechungen sind verhältnismäßig noch
immer sehr flau. Entweder arbeiten die Stellvertreter
aber selbst auch die Sektionsleitungen, von einzelnen
Mitgliedern abgesehen, äußern sich nur sehr selten. Die
einzige Chance wird sein aktivere Leute in diese Positionen
zu bringen.
In der Gewerkschaftsfraktion berichtete Häuser über die
Preissituation und die Preisproblematik, doch es entwickelte
sich darüber keine Diskussion auch am Abend in der Sektions-
leitersitzung im Bezirk konnte ich feststellen, daß entweder
unsere Genossen bereits sich abgefunden haben mit dieser
Entwicklung, was sehr schlecht wäre, da sie normalerweise
eigentlich über dieses Problem vielmehr diskutieren müßten,
oder wir haben doch diese Frage stark überschätzt. Am aller-
schlechtesten wäre es, wenn die Disziplin unserer Genossen
dazu führt, daß sie sicher nicht mehr nach oben hin abladen,
sondern vielleicht gar nach unten hin eine Mauer bilden und
ganz einfach Angriffe, die von ihren Funktionären an sie
herangetragen werden, oder von den Mitgliedern, oder vielleicht
gar noch von den Sympathisierenden negieren. Wenn es nämlich
zu Auseinandersetzungen mit der ÖVP kommen wird, dann fürchte
ich und bin überzeugt davon, daß die Preisfrage der zentrale
Punkt sein wird. Es wird wieder die rote Katze, die glaube
ich endgültig tot ist, noch die Gleichgewichtsparole die bei
den Bundespräsidentenwahlen nicht gezogen hat, noch Macht-
mißbrauch in der Debatte sein, sondern ausschließlich die
Preisproblematik. Ich war deshalb sehr erstaunt, als in der
Fraktion Pittermann meinte, man sollte doch auf
dem Preisregelungsgesetzgebiet versuchen, die christlichen
Gewerkschafter zu überreden, daß sie vielleicht doch der
Änderung dieses Gesetzes zustimmen. Benya replizierte sofort,
daß er dies deshalb nicht machen will, weil er doch die Regierungs-
absichten doch genauer kennen will. Ich hatte aus dieser
Diskussion den Eindruck daß Benya zwar informiert, aber
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Pittermann nicht informiert ist. Zu meiner größten Ver-
wunderung erfuhr ich dann abends, daß auch Pittermann von
Kreisky über unsere Politik informiert wurde. Scheinbar
will Pittermann als der alte Mann des Parlaments hier
noch zu Vermittlungserfolgen kommen.
Tagesprogramm, 15.6.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 57. Ministerratssitzung, 15.6.1971