Freitag, 5. Feber 1971
Im Handelsausschuss wurde das UWG-Gesetz-Novelle verhandelt. Mussil
hatte noch einige Änderungswünsche, die – wie er sagte - nur stilisti-
scher Natur waren, mir bereits am Vortag gegeben und der ÖVP-Klub
überreichte mir knapp vor Sitzungsbeginn in der Fraktionsbesprechung
diese neuen Formulierungen. Es wurde sowohl von Auracher als auch von
Christian, dem Vertreter der Bundeshandelskammer, der die Wünsche
an Auracher von der Arbeiterkammer herangetragen hat, übersehen, dass
sie bei der Angleichung der Strafen eine Herabsetzung der Gerichtsstrafe
von derzeit 25.000 auf 15.000 S von ihnen vorgeschlagen wurde. Auch
vor der Ausschussitzung, wo ich Mussil auf diesen Tatbestand aufmerk-
sam machte und Christian bei ihm stand, wurde dies noch bestritten. Nach
seiner Auffassung war gar nichts anders geschehen als dass im Unlauteren
Wettbewerbsgesetz aber auch im Zugabe-Gesetz und im Gesetz, welches
den Verkehr mit Schuhpasten und sonstigen Putzmitteln regeln, war nichts
anderes als die Strafe – die Verwaltungsstrafe – allerdings hier von
1.000 resp. 5.000 auf 15.000 zu erhöhen. Da aber die ÖVP-Seite ein
Gesetzeswerk vom Jahre 1959 herausgegeben von Schönherr hatte, ich
aber Gott sei Dank die Ausgabe im Österreichischen Recht, das nach
1963 auf den letzten Stand gebracht wurde, hatte tatsächlich eine
bessere und letztlich gültige Ausgabe. Dabei muss man wissen, dass ich
bevor ich ins Parlament gefahren war, diese Ausgabe mit Ach und Krach
mir verschafft hatte. Überhaupt glaube ich, dass es nicht zu fassen
ist, dass an einer solchen Kleinigkeit in Wirklichkeit eine so bedeutende
Änderung Platz gegriffen hätte. Hier ist zu erklären, dass die ÖVP den
Handelskammerstandpunkt natürlich ungesehen übernommen hätte und die
Handelskammer eigentlich die Herabsetzung der Strafe gar nicht beab-
sichtigt, denn die Aufgabe des UWG-Gesetzes sollte ja sein, die unred-
lichen Firmen von einem Unlauteren Wettbewerb wegzubringen. Hier sind
die Strafausmasse im Interesse der Handelskammer recht hoch zu halten.
Deshalb wurde auch 1963 – wie ich dann feststellen konnte – die Gerichts-
strafe von 15.000 auf 25.000 S erhöht. Es wäre ganz ein schöner lächer-
licher Beschluss gewesen, wenn man jetzt gleichzeitig wieder die Ge-
richtsstrafe von 25.000 auf 15.000 S reduziert hätte. Daß die Ver-
waltungsstrafen auf 15.000 angehoben wurden, war ja die einzige und
ausschliessliche Absicht der Bundeskammer. Bevor wir in die Sitzung
eingehen, hatte noch Fiedler eine grosse Attacke gegen mich gestartet,
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aber auch gegen den Vertreter der FPÖ im Unterausschuss für die Novel-
le des Kraftfahrgesetzes. Nach seiner Auffassung hat das Ministerium
oder ich selbst die Presse über die beabsichtigte Untersuchung des
Bleigehaltes von Benzin einseitig informiert, denn es wurde z.B. vom
Kurier eine schwere Attacke gegen die bisherige Behauptung des ÖVP-
Pressedienstes gestartet, wonach der Bleigehalt bei uns nur 0,4 Gramm
pro Liter ist. Meisl dagegen hat angeblich wieder in einem Presse-
gespräch darauf hingewiesen, dass er verlangt hat die Bezeichnung der
Dienstfahrzeuge müsste ins Gesetz aufgenommen werden. Dies war aber
wirklich nicht der Fall, ich war die ganze Zeit beim Unterausschuss an-
wesend. Bezüglich der Benzin-Attacke allerdings konnte ich darauf hinwei-
sen, dass es das Recht des Ministers ist, eine sachliche Darstellung
über die Unterlagen, die ich dem Unterausschuss unterbreitet habe,
auch der Presse mitzuteilen. Was die Presse dann geschrieben hat, ist
ihre Angelegenheit und dafür kann ich nicht verantwortlich gemacht
werden. Ich habe dies so ausgedrückt, dass ich über die Attacke Fiedlers
nur verwundert sein kann. Auf dem Programm des Handelsausschusses
stand auch das Abkommen über die Ursprungsbezeichnungen mit Griechen-
land. Min.Rat Hauffe vom Ministerium war auch prompt anwesend, gleich-
zeitig standen aber auch die Initiativanträge Mussils über den H-Führer-
schein und den Initiativantrag der ÖVP-Abgeordneten über die Beseiti-
gung von Gefahrenstellen auf den Bundesstrassen am Programm des Handels-
ausschusses. Zu meiner grössten Verwunderung war aber kein einziger
Ministerialvertreter von der Verkehrssektion anwesend. Ich glaube,
dass es sich hier um einen organisatorischen Fehler in unserem Mini-
sterium handelt. Entweder ist das Ministerium nicht zeitgerecht ver-
ständigt worden oder es hat Ottahal vergessen, Min.Rat Metzner davon
zu benachrichtigen. Ich glaube, hier werden wir neue organisatorische
Vorbereitungen treffen müssen.
Mit Direktor Dr. Matthes von der VÖEST hatte ich eine Besprechung wegen
der Kokssituation. Ich habe ihn zwar nicht zu der Mittagsrunde ge-
beten, doch er tauchte dort auf, um mir insbesondere mitzuteilen,
dass die Alpine jetzt ihre seinerzeitige Vereinbarung über Lieferung
von Koks der VÖEST an Donawitz stornieren will. Sie behauptet – die
Alpine – dass sie gegen das Preisregelungsgesetz verstösst, wenn sie
den vereinbarten Kokspreis von 781.- auf 1.037 S, der jetzt zur Ver-
rechnung gelangt, einhält. Die Alpine bezieht allerdings seit 1. Jänner
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Koks auf Grund der neuen Vereinbarung und bezahlt ihn bis dato auch.
Ich werde mich bemühen, unverzüglich – so wie ich dies auch für den
Giessereikoks gemacht habe – für diese Werkslieferung zwischen Linz
und Donawitz einen höheren Preis festzulegen. Immerhin handelt es
sich um 200.000 t Koks, die 20.000 t Option noch erhöhen könnten. Da
die Alpine gleichzeitig Erz an die VÖEST liefert, würde die VÖEST auch
ihre Verträge dann wahrscheinlich auf diesem Sektor versuchen zu umgehen
denn es nicht bald zu einer Lösung zwischen Alpine und VÖEST auf dem
Koks-Erz-Preis-Sektor kommen würde.
Einen Pressecocktail, den Konsul Burda im Pressehaus gab, war nach
Meinung von Koppe unbedingt von mir zu besuchen. Ich stellte mich deshalb
wirklich um 16.30 Uhr wie vorgesehen im Pressehaus ein. Zu meiner gröss-
ten Verwunderung waren dort schon verhältnismässig viele Leute anwesend
und in weiterer Folge kam auch ziemlich viel ÖVP-Prominenz. Neben Alt-
Bundeskanzler Gorbach war auch Finanzminister a.D. und derzeitige Klub-
obmann Koren sowie der Präsidentschaftskandidat der ÖVP, Waldheim, anwesend.
Von sozialistischer Seite war ausser BAWAG-Vertretung – die das Pressehaus
noch zu 51 % besitzt, nur noch Bürgermeister a.D. Marek anwesend. Ein
interessantes Detail aus der Ansprache von Konsul Burda: Er bedankte
sich bei Falk, den er als den Besitzer vom Pressehaus bezeichnete. Schein-
bar hat Dichand und Falk nur 49 % zwar, aber führen dort nicht nur das
grosse Wort sondern scheinbar auch de facto die Geschäfte.
Der Sekretär der Gastgewerbe-Gewerkschaft, Prenner, der auch eine Zeitlang
bei uns in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft Sekretär war und noch
immer Obmann des Betriebsrates der Fa. Gerstner ist, wollte mit dem Direktor
und den Betriebsräten der Firma zu mir kommen. Die Fa. Gerstner wurde vor
einiger Zeit an die Fa. Goldix Wien verkauft. Die Fa. Goldix ist eine
grosse Textilfirma in der BRD und fungiert dort als Muttergesellschaft
d. Fa. Böcker, deren Inhaber und Geschäftsführer gleichzeitig Dr. Krug
ist. Die Fa. Gerstner war nun von der Fa. Goldix in Wien aufgekauft worden
da die Gerstner Ges.m.b.H., Inhaber war grösstenteils Pruscha, jetzt aus
ihrem Lokal, verdrängt wird. Die Fa. Goldix hat das Groh-Haus bereits
aufgekauft und will nun in dieses Groh-Haus auch dann die Fa. Gerstner
mit einem Kaffee installieren. Da das Haus aber erst in zwei Jahren fertig
sein wird, sucht man nun ein Ausweichlokal zu finden. Diese Entscheidung
ist aber erst an dem Tag gefallen, an dem Direktor Prawdzik bei mir
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vorsprach. Zuerst wollte die Firma Goldix den Betrieb tatsächlich
stillegen. Erst als sich der Betriebsrat und die ehemalige Besitzerin
Frau Gerstner, die nur mehr einen Mini-Anteil dessen hat, an die Öffent-
lichkeit wendete, kam man auch in der BRD darauf, welchen good will man
eigentlich mit der Firma gekauft hatte. Vor allem gelang es auch Prenner
den Besitzern jetzt klarzumachen, dass wenn sich die 80 Beschäftigen ver-
laufen, dann kaum mehr so bald eine wirklich neue Produktionsgarnitur
von Arbeitskräften gefunden werden könnte. Ich hatte von der Vorsprache
anschliessend sofort Slavik informiert und dieser versprach, dass er ihnen
gegebenenfalls mit einem billigen Kredit entgegenkommen würde. Voraus-
setzung ist allerdings, dass die Firma selbst einen entsprechenden Antrag
stellt, d.h. entsprechende Räumlichkeiten findet. Für die Produktionsstätte
wird es hier keinerlei Schwierigkeiten geben, denn es gibt entweder bei
Tivoli oder bei Schmidt leere Produktionsräume von seiten der dortigen
derzeit nicht ausgelasteten Besitzern. Was notwendig ist, man muss nur
versuchen, in der Kärntner Strasse oder in der Nähe eine Verkaufslokal
zu finden.
Bei den Jahresversammlungen kann es einem passieren, dass man auf Ge-
sichter stösst, die man nicht nur in der Partei sondern irgendwo schon
im wirtschaftlichen Leben getroffen hat und die einem auch als irgendwie
bekannt vorkommen. Wenn man nun die betreffenden Personen nicht ein-
stufen kann, wo sie hingehören, dann werden sie sicher dafür kaum ein
Verständnis haben und gegebenenfalls sogar beleidigt sein. Im konkreten
Fall war der Betreffende Gott sei Dank 25-jähriges Mitglied der SPÖ
und ich überreichte ihm dann die Auszeichnung mit dem Dekret und ich
konnte ihn dann natürlich sofort entsprechend klassifizieren und mich
erinnern, dass es sich um einen Manager von der Stadthalle handelte.
Wie oft wird mir dies aber nicht gelingen und wie oft habe ich schon
hier sicherlich Personen enttäuscht, denn ich bin überzeugt davon, die
meisten von ihnen glauben, dass man sie eigentlich selbstverständlich
erkennt, besonders dann wenn man mit ihnen einige Worte wechselt.
Bei der Heimfahrt mit Koppe machte er mich noch im letzten Moment darauf
aufmerksam, dass ich ja am Sonntag die IFABO 1971 eröffnen würde. Ich
war bass erstaunt, denn mich hatte niemand weder in Tagesprogramm noch
im Wochenprogramm auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht. Hier müssen
wir unbedingt andere organisatorische Vorkehrungen treffen, dass sie etwas
nicht passieren kann.
Tagesprogramm, 5.2.1971