Min.Rat Kinscher hat mir den Zeitplan über die Aussendung an den Bei-
rat betreffend die Prüfungsordnungen und der Stellung des Berufs-
bildes und der Verhältniszahl betr. Lehrlingsausbildung mitgeteilt.
Danach können wir nicht vor dem Jahre 1971 rechnen, dass die Prüfungs-
ordnungen auf Grund des Berufsausbildungsgesetzes erlassen werden
können. Ich glaube, dass Sekt.Chef Jagoda sich auch dieses Problems
annehmen muss, da wir sonst sicherlich neuerdings im Nationalrat eine
Anfrage bekommen werden, warum dies so lange dauert. Derzeit wurden
zwar 60 Entwürfe ausgeschickt, aber ich bin überzeugt davon, dass
der Beirat viel zu langsam arbeitet. Ich glaube es wird auch zielführend
sein, mit dem Vertreter der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes,
Neuwirth und Mrkwitschka, noch einmal über dieses Problem zu sprechen.
Die OB hat mich zu einer Sitzung geladen, wo über die Wünsche der Novel-
lierung des Berggesetzes verhandelt werden sollte. Bei dieser Sitzung
wurden von der Bergbehörde sämtliche Professoren der Montanistischen
Hochschule in Leoben sowie eigentlich alle Bergbauunternehmungen
und Interessensvertretungen, d. h. lauter Konterredner gegen eine Berg-
gesetznovelle aufgeboten. Wanke zwar noch als Gegenpol dazu. Min. Rat
Hanisch, der die Umweltsfragen bei uns bearbeitet, eingeladen. Trotzdem
war der Trend der Diskussion eindeutig gegen jedwede Novelle des Berg-
gesetzes gerichtet. Einzelne Vertreter wie z.B. der von der RAG oder
der Direktor der geologischen Anstalt in Wien oder Dr. Denk vom Fachver-
band der Bergwerke, wendeten sich eindeutig gegen jedwede Novelle
und griff insbesondere auch die 6 Punkte an, die ich im Ministerrat
für eine Novelle des Berggesetzes als Grundlage festgelegt hatte.
Nach Auffassung dieser Herren war es emotionell bedingt, dass es
zu diesen Vorschläge gekommen ist. Ich trat insbesondere Dr. Denk
ganz entschieden entgegen und erklärte, dass ich überhaupt keinerlei
Unterstützungen bis jetzt von Seiten der Bergwerksvertretungen gehabt
habe. Man erklärt nur überall unter der Hand und niemals öffentlich,
dass dies alles ein Blödsinn und ein Verbrechen ist, aber hat sich
bis jetzt noch niemals dagegen öffentlich ausgesprochen. Als Gegenpart
gegen die Montanistische Hochschule, die sich natürlich auch ausschliess-
lich von der Bergbauseite mit diesen Problemen beschäftigt, erklärt
ist, dass es nur möglich wäre, wenn eine Hochschule für den Fremden-
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verkehr existiere oder wenn zumindesten einige Lehrkanzeln so stark
besetzt wären, wie derzeit die Montanistische Hochschule für die
Bergbauseite. Interessanterweise habe auch die offiziellen Ver-
treter der Bundeskammer z.B. darauf verzichtet, dass sie in Berg-
verfahren eingeschaltet werden sollen. Ich glaube, dass wir in Hinkunft
auch bezüglich der Sitzungen viel vorsichtiger sein müssen, damit
wir nicht in eine Abwehrfront gezwungen werden. Da Dr. Denk aber
anerkannte, dass diese Sitzung von einer grossen Loyalität und
Objektivität zeigt, natürlich von seinem Standpunkt, nützte ich gleich
diese Aussage um darauf hinzuweisen, dass mir eben dieses Problem
so wichtig erscheint, dass ich alle Universitätsprofessoren, d.h. in
dem Fall die Montanistischen Hochschulprofessoren gebeten habe, ihre
Stellungnahme mir mitzuteilen. Gott sei Dank habe ich bei meiner
Einleitung nicht eine eindeutige Bergbau-Pro- oder Bergbaukontra-Stellung
bezogen sondern wie ich es ja bis jetzt immer getan habe, darauf
hingewiesen, dass wir einen Interessensausgleich als Ministerium zwischen
allen Stellen finden müssen. Ich erklärte auch bei der Einleitung be-
reits, warum ich auf dem Standpunkt stehe, dass es in Kitzbühel unzweck-
mässig ist, einen Bergbau in dem geplanten Umfange zu betreiben. Ich
bin gespannt, wie das Protokoll von dieser Sitzung ausschauen wird.
Im Institut für Gesellschaftspolitik hatte wir die letzte Sitzung
mit den Journalisten. Dabei kamen selbstverständlich auch Ressorts-
fragen zur Sprache. Einleitend hatte nur Wanke und insbesondere auch
Koppe darauf hingewiesen, wie wir im Institut z.B. die Expertisen als E
Entscheidungshilfen für die Politiker wissenschaftlich untersucht hat-
ten und untersuchen wollen, wie wir überhaupt im Institut eine Wissen-
schaftsrichtung aufbauen wollen, die natürlich auch für den Praktiker
und Politiker, ob er nun in einer Kammer oder anderen Dienststelle
oder gar im Ministerium sitzt, benützen kann. Aus den Ausführungen
mussten die Journalisten entnehmen, dass wir uns ganz systematisch
auf unsere Tätigkeit im Ministerium vorbereitet haben. In Wirk-
lichkeit aber war dies alles ein reinen Zufall, denn als wir das
Institut gegründet haben, hat niemand daran gedacht, dass wir tat-
sächlich einmal als Team in eine Ministeriumsführung kommen würden.
Wenn man uns wohlgesinnt ist, kann man daraus ablesen, dass wir wirk-
lich alles entsprechend vorgekehrt haben, ob das allerdings die Presse
machen wird, ist eine zweite Sache. Der vorgelegte Tätigkeitsbericht
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wurde von den Anwesenden erst einmal gelesen und es hat sich daher
noch keine intensive Diskussion darüber ergeben. Der Wunsch vom Ver-
treter der Volksstimme, dass wir in Zukunft die Unterlagen früher zur
Verfügung stellen, d.h. aussenden, wurde von Koppe richtig pariert,
indem er erklärte, da wir immer brandneue Unterlagen und Probleme
bei unseren Sitzungen aufwerfen , ist ein vorhergehendes Aussenden
nicht möglich. Als Sekretär des Journalistischen Beirat hat Koppe
glaube ich sehr richtig erkannt, dass wir damit uns einen Strick um
den Hals gelegt hätten. Ich erwiderte, dass ja immer die Möglichkeit
besteht, bei der nächsten Sitzung dann eventuell noch offene Probleme,
die sich auf Grund des Studiums der Unterlagen ergeben, neuerdings zur
Sprache zu bringen. Da Koren gleichzeitig eine ÖVP-Pressekonferenz
einberufen hatte, wurde die Sitzung mit einem Teilbesuch begonnen,
es hatten allerdings nach der ÖVP-Pressekonferenz kommenden Redakteure
die Möglichkeit, entsprechende Frage zu stellen. Weiss vom Fernsehen
wollte insbesondere wissen, ob ich die Meinung Korens, der sich schein-
bar sehr pessimistisch über die wirtschaftliche Entwicklung im Jahre 197[?]
geäussert hatte, teilte. Da ich vom Grund auf immer optimistische Prog-
nosen gegeben habe und diese Prognosen auch in den vergangenen Jahren
grösstenteils immer gestimmt haben, hatte ich natürlich sofort eine
gegenteilige Meinung als Koren. Ich gab wohl zu, dass wir im Jahre
1971 eine gewisse Abschwächung auf Grund der vorliegenden Daten er-
warten können, dass aber keinerlei wirkliche weitgehende Rezessionen
in Österreich zu erwarten sind. Sollte es aber wider Erwarten zu einem
wirklich grösseren Rückschlag kommen, dann hat ja die Österr. Bundes-
regierung ein Konjunkturausgleichsbudget vorgelegt und vom Nationalrat
beschlossen bekommen, um die notwendigen Korrekturen von der Aus-
gabenseite der öffentlichen Hand durchzuführen. Auf die Anfrage,
ob dann die entsprechenden Kapitalmarktmittel bereitstehen, erwiderte
ich sofort, dass ich das als selbstverständlich bezeichnen kann. Aller-
dings müssten diese 3,2 Mia S ja nicht ausschliesslich aus dem inlän-
dischen Kapitelmarkt aufgebracht werden.
Im Bundesrat kamen die Wirtschafts- und Marktordnungsgesetze zur Debatte
und Beschlussfassung und Ossi Weihs kam für die MOG obwohl eigentlich
vorgesehen war, dass ich allein gegebenenfalls die gesamten Minister
vertreten würde. Sowohl Broda als auch Rösch hatten keine Zeit
und ich hatte versprochen, dass ich den ersten 8 Punkte, Marktordnungs-
und Wirtschaftsgesetze auf alle Fälle drüben bleibe. Nun hat die Debatte
keine neuen Gesichtspunkte ergeben, Weihs allerdings hat auf einige
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Angriffe des Bundesrat Scheiner, der OÖ Bauernbunddirektors, geant-
wortet. Ich selbst habe auch auf schwere Angriffe, dass die Bundesre-
gierung Preistreiberei betreibt und sich im übrigen gar nicht um die
Preisentwicklung besonders schert, geantwortet. Ich wies auf die preis-
dämpfenden Massnahmen hin, dass immerhin die prognostizierten 5 % Preis-
steigerungen wahrscheinlich auf 4,5 bis 4,6 % wird im Jahresdurchschnitt
gedrückt werden können, insbesondere auf die Bemühungen hin, einen Akkord
mit der Bundeskammer und den anderen Interessensvertretungen hin, über die
weitere Preispolitik herzustellen.
Da bis vor Weihnachten die notwendigen Akte über die Subventionen erledigt
werden müssen, hat Marhold jetzt mit der Fremdeuverkehrsabteilung und
der Gewerbsförderungsabteilung konkrete Besprechungen über die beabsich-
tigten Projekte geführt und die Akten vorbereitet, resp. vidiert. Die Idee
die ich bereits vor Monaten den Herren gesagt habe, dass ich nämlich
nur konkrete Projekte subventionieren will, kann nicht restlos durchge-
zogen werden, weil die Abteilungen nicht imstande waren, von den Subven-
tionsempfängern solche Projekte zu bekommen oder sich auch gar nicht schein-
bar bemüht haben, ihnen auseinanderzusetzen, dass die Voraussetzung von Subven
tionen eben sehr konkrete Projekte sind. Beim Fremdenverkehr funktioniert
dies besser als beim Gewerbe-Sektor. Um das Geld nicht verfallen zu lassen,
werde ich deshalb ausnahmsweise heuer noch einmal von meinem Grundsatz abwei-
chen und vereinzelte allgemeine Subventionen ausschütten, ohne dass kon-
krete Projekte damit eigentlich subventioniert werden. Auch hier wird sich
Sekt.Chef Jagoda dieses System noch einmal im Einzelnen überlegen müssen,
um entsprechende Vorschläge zu erstatten. Die Abteilungen selbst dürften
in das bisherige Geleise so eingefahren sein, dass sie nur sehr sehr schwer
auf eine neue Richtung gebracht werden können. Sekt.Rat Marhold von der
Budgetabteilung hat sofort diese neue Richtung aufgenommen, ich glaube, oder
hoffe zumindestens, dass er von der Zweckmässigkeit des neuen Systems
überzeugt ist. Vielleicht aber ist auch unser neues System gar nicht
so zielführend, dann hätte ich allerdings erwartet, dass die Abteilung oder
irgendjemand vom Ministerbüro oder vom Haus vor allem mir gesagt hätte,
man sollte doch eine bessere oder andere Überlegung in Fragen der Subven-
tion anstellen. solange derzeit der reine Zufall oder die Aktivität von
irgendeinem Manager in einem Verein ausschlaggebend ist, ob er eine
Subvention bekommt oder nicht, halte ich dieses System für vollkommen
überholt und veraltet.
Tagesprogramm, 21.12.1970