Montag, der 14. Dezember 1970

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Da die Tiroler Zeitung über den Angriff von Landesrat Basseti
berichteten, rief ich ihn unverzüglich in Innsbruck an.
Basseti gab zu, dass er zu spät informiert wurde und deshalb eine
falsche Darstellung über die Zusammensetzung des Verhandlungskomitees
mit dem Handelsministerium gegeben hatte. Er wird, so versichert
er mir, mir volle Genugtuung leisten. Ich bin neugierig, wie er
dies zustandebringen will. In Wirklichkeit glaube ich will er gar
nichts anderes als irgendwo halt sagen, die Zusammensetzung ist
ohne das Mitwirken des Handelsministeriums zustandgekommen. Kein
Mensch wird dies dann noch irgendwie registrieren. Min.Rat Poppinger,
der bei der Fremdenverkehrstagung anwesend war, wurde von mir aufgefor-
dert dazu Stellung zu nehmen, dass er über die falsche Information
von Basseti nicht sofort erwidert hat. Poppinger selbst brachte mir
dann einen Bericht, aus dem hervorging, dass er sich sowieso mit
Leib und Seele für das Handelsministerium eingesetzt hat. Die
Information, die wir haben, sagt allerdings, dass er nur sehr lenden-
lahm dort agiert hat. Ich glaube, es wird zielführend sein, eine
Weisung – und hier gebrauche ich das erste Mal das Wort Weisung –
an die Abteilungen des Hauses ergehen zu lassen, dass sie unverzüglich
bei irgendwelchen Angriffen auf das Handelsministerium, sei es bei Vor-
trägen oder bei Tagungen, sofort sich mit dem Ministerbüro ins
Einvernehmen zu setzen hatten,um entsprechendes Material zu bekom-
men, das sie dort noch erwidern können.

Beim Zollausschuss wurde das EFTA-Abgabengesetz und des BG über
zollrechtliche Massnahmen gegenüber Staaten, die dem GATT nicht
angehören und auf die GATT-Bestimmungen angewendet werden sollten,
ohne Debatte akzeptiert, weil eben bis Jahresende diese neuen
Bestimmu gen in Kraft treten müssen. Österreich hat aber noch eine
Konvention über den Zollwert von Waren 1955 eingegangen, die 1956
in Kraft traten. Diese Konvention wurde nun nicht dem National-
rat zur Genehmigung vorgelegt, da man annahm, dass das Wertzoll-
gesetz 1955 vom NR ja beschlossen und grösstenteils ja diese
Konventionsbestimmungen beinhaltet. Nun stellt sich heraus, dass


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es doch notwendig ist, diese Konvention noch heuer durch den
Nationalrat genehmigen zu lassen. Androsch teilte mir mit, dass
er grosse Schwierigkeiten gehabt hat, insbesondere Pittermann
davon zu überzeugen, dass diese Punkte noch auf die Tagesordnung
gesetzt werden, weil kein Präsidium des NR darüber entschieden hat.
Erst durch 3 Stunden lange Verhandlungen und Telefonate ist diese
im Interesse Österreichs gelegene Regelung dann doch gelungen. Ebenso
musste natürlich dann das Wertzollgesetz 1955 der internationalen
Konvention angepasst werden und gleichzeitig natürlich einige
formelle auf Grund der Datenverarbeitung notwendige Korrekturen
durchgeführt. Die ÖVP im Ausschuss fragte, warum man das alles jetzt
machen müsste, stimmte aber letzten Endes dann doch zu. In diesem
Fall wir mit unserem EFTA-Gesetz wenigstens zeitgerecht noch über
die Bühne gekommen.

Androsch hatte ich eine längere Diskussion. ob es zielführender ist,
die gesamten Bergbauförderungsmittel auszuschöpfen. Bei Kohle würde
uns auf Grund der Berichte und Überprüfungen des Komitees – ein
solches Komitee besteht aus Vertretern des FM, des BKA und des HM,
ein Betrag von 1,2 Mill. S verfallen und bei Metallen würde uns ein
Betrag von 1,5 Mill. S verfallen. Ich persönlich stehe auf dem
Standpunkt, es wäre zielführender, diese 1,2 Mill. für die Kohle
der Wolfsegg-Traunthaler zukommen zu lassen und die 1,5 Mill. S
der BBU – Bleiberger Bergwerksunion für ihre neue Zinkanlage zur
Verfügung zu stellen. Die BBU hat sonst heuer überhaupt nichts
aus der Bergbauförderungssubvention zu erwarten, da sie aktiv
abschliessen wird. Andererseits wird sie im Jahre 1971 ein Defi-
zit von – wie mir der Direktor Zitzelhofer mitgeteilt hat – von
14 Mill. S haben, da die neue Bleiverzinkungsanlage ca. 70 Mill. S
betragen wird. Auch die Wolfsegg-Traunthaler Kohlenförderungsgesell-
schaft würde, wenn die 1,2 Mill. S verfallen, heuer wesentlich defizi-
tärer gebaren als erwartet. Durch die Schwemmsandeinbrüche hat
sie grössere Verluste erlitten. Rechnungsmässig hat allerdings
die Kommission nur 4 Mill. S errechnet, dass die WTK bekommen sollte.
Ich versicherte allen Bergbauunternehmungen, dass ich die Konstruk-
tion des Bergbauförderungsgesetzes und insbesondere die Richtlinien
nach denen die Kommission heute vorgeht als nicht zielführend be-
trachte. Hier werden nur die Defizite von Bergbauen abgedeckt, u.zw.
nur teilweise abgedeckt, Wenn man nun die Förderung ausschliesslich
nach diesen Gesichtspunkten ausrichtet, so muss jeder Betrieb darauf


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verzichten, sich besonders anzustrengen, weil er dadurch, wenn er
einmal in einer Defizitsituation drinnen ist die entsprechenden
Zuschüsse erst bekommt. Wir werden für das Jahr 1971 Überlegungen
anstellen müssen, ob wir nicht zielführendere Richtlinien erstellen
sollten. Androsch steht noch auf dem Standpunkt, dass es nicht
zielführend ist, wenn man automatisch alle im Budget vorgesehenen Mitteln
ausschöpft. Sein Vertreter, Min.Rat Waltersdorfer, hat zwar unsere
Herren informiert, dass der Finanzminister einverstanden ist, dass wir
die Bergbauförderungsmitteln restlos ausschöpft, er selbst hatte
allerdings vor der Sitzung und vor der Besprechung mit den Unternehmungen
mitgeteilt, dass er eigentlich einen gegenteiligen Standpunkt vertritt.
Ich habe deshalb, obwohl mir die Anweisung so glaube ich zumindestens –
allein zusteht, diese zurückgestellt und den Bergbauunternehmungen nur
die einvernehmlich festgelegten Ziffern und Subventionen mitgeteilt.
Insbesondere Direktor Zeiniger von der WTK und Schützelhofer von
der BBU reagierten sofort auf folgende Art: Sie hätten jetzt sowieso
eine Diskussion und Verhandlungen über die Löhne der Metall- und
Bergarbeiter und sie würden halt sofort aus dieser Lohnverhandlung aus-
steigen, da sie keine Möglichkeit sähen, hier noch irgendwelche Zuge-
ständnisse machen zu können. Ich bin überzeugt davon, Androsch und ich
selbst werden dadurch von der Gewerkschaft unter einen entsprechenden
Druck gestellt werden. Ich habe deshalb Hannes auf diese Entwicklung
besonders aufmerksam gemacht und ihn ersucht, er sollte sich doch
noch einmal seine Stellungnahme überlegen. Ich selbst bin eigentlich
entschlossen, den Bergbauen, sowohl der BBU als auch der WTK, die
1,5 resp. 1,2 Mill. S mit Jahresende anzuweisen.

Der Arbeitsausschuss der ÖFVW hatte seine Routinesitzung und ich selbst
war zeitweise zumindestens anwesend. Heindl, aber auch ich hatten total
vergessen, dass wir diesen Arbeitsausschuss in das Parlament eingeladen
hatten. Zum Glück entdeckte ich es dann um 1/2 2 Uhr und habe mich dann
mit Entschuldigung dann zur Sitzung begeben, die natürlich schon begon-
nen hatte. Interessanterweise ist es niemandem aufgefallen, dort bei
dieser Arbeitsausschussitzung zu fragen, sollen wir nicht fragen, ob der
Minister nicht irgendwo im Hause ist und ihn fragen, ob er nicht zu
unserer Sitzung kommen Will. Die Sitzung selbst beschäftigte sich mit eine
Menge Routinefragen, die alle sehr kostspielig waren, wie z.B. wie man
das Lokal in der Fifth Avenue in New York erhält, oder wie man die


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Personalprobleme in der Zentrale, resp. in den Aussenstellen im konkreten
Einzelfall löst. Im Prinzipiellen wollte bei seinem Bericht Langer-Hansel
wieder darauf zurückkommen, dass er doch jetzt entsprechende Verkaufs-
Werbung im nächsten Jahr betreiben müsste und jetzt deshalb Grundsatz-
beschlüsse bräuchte oder entsprechende Massnahmen setzen müsste, die
im Gegensatz zu den Beschlüssen der 75. Arbeitsausschussitzung standen.
Bei dieser 75. Arbeitsausschussitzung wurde das Konzept auch vom
Arbeitsausschuss, das sich weitgehend auf die seinerzeitigen Punkte,
die ich vorgeschlagen hatte, aufbaut, einstimmig genehmigt.. Langer--
Hansel
will nun immer wieder eine Korrektur in der praktischen Arbeit
dieses Konzept durchführen. Ich brauchte mich in diesem Fall aber
nicht besonders zu exponieren, alle Vertreter im Arbeisausschuss waren
der Meinung, er sollte nach dem Konzept vorgehen und nicht neuerlich
Ideen und Verwässerung in dieses Konzept mit Gewalt einbauen.

Um 4 Uhr wurde die Parlamentssitzung unterbrochen, da um 5 Uhr in der
Hofburg die staatliche Renner-Feier angesetzt war. Mir ist es vollkommen
unerklärlich, warum man um 4 Uhr die Sitzung unterbricht, wenn man
10 Minuten hinübergeht und in der Hofburg dann die Renner-Feier zu absol-
vieren. Die Nationalräte waren dort auch um 1/2 5 Uhr oder knapp
danach schon versammelt. Die Renner-Feier, die nur aus der Rede Kreiskys
bestand und der 5. Symphonie von Beethoven war um 18.05 Uhr bereits
zu Ende und um 19.00 Uhr war erst wieder die Fortsetzung des National-
rates vorgesehen. Hier war zweifelsohne mindestens 1 Stunde Zeitver-
schwendung. Da das Kapitel Äusseres gegen 8 Uhr zu Ende gehen sollte,
man wolle unbedingt noch das Kapitel Handel beginnen, hat der Aussen-
minister noch nach Auffassung vieler Abgeordneter über Gebühr lang
aber doch sehr konzentriert geantwortet. Zu meiner grössten Verwunderung
meldete sich dann Karasek noch einmal und verlange, dass das Minister
auf jede Frage antworten müsste. Er beschwerte sich insbesondere, dass
der Unterrichtsminister bei seinem Budgetkapitel die Abgeordneten nur
darauf vertröstet hatte, schriftlich ihre Anfragen zu beantworten. In
der SPÖ-Fraktion fand sich niemand, der sofort darauf reagiert hätte,
nur Peter brüllte hinaus, dass dies eine Vereinbarung des Präsidiums
gewesen ist und der Unterrichtsminister sogar ersucht wurde, er sollte
sich kurz fassen. Kirchschläger selbst erwiderte ebenfalls, dass ihm
die Mitteilung zugegangen ist, er sprach sogar von einer Weisung, dass
er sich sehr kurz fassen sollte. Koren hatte nämlich im Präsidium dem
zugestimmt. Bekanntlicherweise wollen ja die Abgeordneten der Bundes-
länder, insbesondere Freitag auf alle Fälle mit der Budgetdebatte und


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den sonstigen noch zu beschliessenden Gesetzen noch zu Ende kommen.
Wenn die ÖVP ihre Mitglieder des Klubs aber so wenig in der Hand hat,
dass die Minister dann wegen Nichtbeantwortung der einen oder anderen
Frage vom Redner in einer zweiten Wortmeldung angeschossen werden,
dann ist dies vollkommen unmöglich. Ich werde daher, wenn mein Kapitel
morgen zur Sprache kommen wird, auf jede Anfrage konkret eingehen,
allerdings nur sehr kurz und sehr schnell reden.

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Tagesprogramm, 14.12.1970


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., ab 1979 GS Europarat
          GND ID: 129202827


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            Tätigkeit: Dir. BBU


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              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


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                Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                  Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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                    GND ID: 136291708


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                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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                        Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
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