Sonntag, der 13. Dezember 1970

Die Renner-Feier der Sozialistischen Partei im Konzerthaus war
wieder nicht vollkommen. Erstens hatte der Saal noch immer ver-
einzelt Lücken, da nummerierte Plätze ausgegeben wurden, natürlich
einige Ausfälle zu verzeichnen waren. Zweitens wurde nach der Fest-
rede von Waldbrunner eine zweite Festrede in Form eines Festspiels
vorgetragen. Karl Heiinz Böhm hat den Text gelesen und drei andere
Schauspieler hatten ebenfalls Textstellen vorzutragen. Zwischendurch
wurden einzelne Szenen eingestreut, sehr primitiv und gar nicht dem
hohen Niveau Karl Renners angepasst. Darüber hinaus wurden Filme
eingeschaltet, die ganz eindrucksvoll teilweise waren, allerdings
nicht synchron mit der Zeit liefen. D.h. es wurde 1921, dann wieder
1938, 1945, dann aber wieder Zwischenkriegszeiten eingeblendet oder
überschnitten, mit einem Wort ein richtiges chronologisches Kudel-
mudel. Der grossen Leistung Karl Renners wurde dieses Festspiel
wahrlich nicht gerecht. Nur rot-weiss-rote Fahnen und überhaupt
kein Parteiemblem oder rote Nelken genügen halt auch nicht, um
eine Partei als staatstragend zu bezeichnen, und darzustellen.
Ich muss allerdings zugegeben, dass ich auf der Heimfahrt einige
kleine Funktionäre traf und die erzählten mir alle, dass es sehr,
sehr schön gewesen ist.