Montag, der 7. Dezember 1970

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Die Transportunternehmer hatten neuerdings eine Demonstration in
Wien und in den anderen Landeshauptstädten. Da die Dieselpreis-
erhöhung bereits im Parlament beschlossen war, benützten sie jetzt
die Gelegenheit, um ihre wie sie es bezeichneten, flankierenden
Massnahmen der Bundesregierung zu unterbreiten. Bevor Kreisky und ich,
Kreisky hatte sich etwas verspätet, die Delegation empfingen, kam
Sektionschef Dr. Jiresch und erzählte mir, dass der Leiter der Dele-
gation, Dr. Römer, ich kenne ihn von der Milchwirtschaft her, ihm
erklärt hätte, das sei das letzte Mal, dass seine Leute so diszipli-
niert führen könne. Ich erwiderte sofort dem Präsidialchef Dr. Jiresch,
dass die Gewerkschaften dies seit Jahrzehnten tun müssten und er soll-
te halt solche Demonstrationen nicht organisieren, wenn er sie nicht
beherrschen kann. Jiresch meinte, er sei ja kein Vermittler in die-
ser Angelegenheit, er hätte nur das Bedürfnis gehabt, mir dies mit-
zuteilen. Die Delegation stand das letzte Mal unter Führung von
Sallinger und Mussil. Damals hatte die Bundesregierung der Delegation
einige Ansatzpunkte von Verhandlungsbereitschaft gezeigt und vor allem
auch konkrete Andeutungen gemacht. Da Sallinger und Mussil befürchteter
dass wir zu einer positiven Ergebnis kommen könnte, hatten sie die
Verhandlung verhältnismässig sehr rasch abgebrochen. Dies nützte
Kreisky, um der neu vorsprechenden Delegation seine Verwunderung
über dieses Verhalten mitzuteilen. Diesmal war weder Sallinger noch
Mussil, aber auch nicht der Obmann der Verkehrssektion Komm. Rat Zander
anwesend. Zander hatte mir beim Kammertag der Bundeskammer bereits
mitgeteilt, dass er in Graz an der Demonstration teilnehmen wird.
Der Syndikus Dr. Ebner trug die konkreten Punkte ihres Forderungs-
programmes vor. Die Reduzierung der Beförderungssteuer von 8 auf 3 %
würde nach ihrer Meinung einen Ausfall von 20 Mill. S bringen, wofür
allerdings nur dem Bund 6 Mill. verlustig gehen, weil 14 Mill.. die
Post und die Bahn sich ersparen und damit ihr Defizit verringern.
Betreffend des Gelegenheitsverkehrsgesetzes soll es aus dem Jahre
l963 einen Schriftwechsel Raab und Pittermann geben.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte, diesen Schriftwechsel für mich beschaffen.

In Kraftfahrlinienverkehr müssten die Sozialtarife den Transportunter-
nehmungen abgegolten werden, die ungefähr 20 – 25 Mill. betragen.
Das Güterbeförderungsgesetz müsste – wie sie sich ausgedrückt habe


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die erworbenen Rechte erhalten. Auch dann, wenn es zu einer Konzes-
sionstrennung kommt, Ich konnte sofort als Gegenargument darauf
hinweisen, dass wir monatelang über das Güterbeförderungsgesetz
derzeit verhandeln und noch immer keine Stellungnahme von Seiten
ihrer Interessensvertretung vorliegt. An der Delegation nahm auch
der Sohn des Stadtrates Sigmund teil und er betätigte sich auch
als Sprecher. Sein einziges Verlangen war allerdings, dass die
1969 eingezogenen Baumaterialtransporte im Nahverkehr in die
Beförderungssteuer wieder herausgenommen werden. Ein Tranportunter-
nehmer Cerwinek beschwerte sich, dass sie 200 bis 220 Tage im Jahr
fahren müssen u d die Reparaturen nur am Samstag und Sonntag vornehmen
könnten. Kreisky erwiderte, dass es gut ist, dass dann ein Fahrver-
bot existiert, sonst könnten sie überhaupt nie ihre Fahrzeuge reparieren
Cerwinek sagte, am Samstag, Sonntag müssten sie sich alles selbst
machen, da keine Werkstätten offen sind. Ich ersuchte ihn, auf diese
Frage nicht näher einzugehen, denn sonst kämen wir darauf, dass sie
mit Hilfe von Pfuschern ihre Autos einigermassen instandhalten.
Toder, der Vertreter der Taxileute, wies darauf hin, dass sie seit
1951 nur eine 12 %-ige Tariferhöhung erreicht hätten. Den Vorschlag
Kreiskys, die Beamten stärker zu Taxifahrten statt Dienstwagen heran-
zuziehen, wird von der Innung derzeit geprüft und es werden insbe-
sondere Erkundigungen eingeholt, wie es in der Schweiz und in Schweden
und in sonstigen Staaten geschieht. Kreisky erklärte, dass die Re-
gierung verhandlungsbereit sei und insbesondere der Handelsminister
für ihre Wünsche zuständig, entsprechende Vorschläge von ihnen er-
wartet. Ich erwiderte, dass auch das Verkehrsministerium und ganz
besonders der Finanzminister zuständig sei. Auf alle Fälle könnten
sie jederzeit mit uns sprechen.

Da mir beim Mittagessen mitgeteilt wurde, dass das FM auf dem Stand-
punkt steht, bei der Bürges Gewerbestrukturverbesserungsgesetz
dürften wir in den Fussnoten vorgesehenen Ansätze für Fremdenver-
kehrszinsenzuschuss nicht überschreiten, hatte ich Habel Wohlgemuth
und Poppinger zu mir gebeten. Poppinger teilte ich bei dieser Ge-
legenheit gleich meinen Beschluss über die Besetzung der Sektion II
mit. Er seinerseits sagte mir, dass er sein Ansuchen um die Bewerbung
der Sektionsleitung mit Wissen von Sektionschef Babel mir übermittelt
hatte. Die Bürgesgesellschaft hat eine Aufsichtsratssitzung am 2.12.
gehabt und bei dieser wurden wieder andere Zahlen genannt als dem
Ministerium bis jetzt bekanntgegeben wurden. Darüber hinaus soll
Korinek erklärt haben, dass er keine Chance sieht, alle die Fälle


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auch tatsächlich noch heuer abfertigen zu können. Die Aufteilung der Rest-
finanzierungsmitteln, die uns jetzt durch das Budgetüberschreitungsgesetz
möglich wird, wird von Wohlgemuth und seiner Abteilung in ihrem Sinne nach
wie vor vorbereitet. Man hat zwar in der Angelegenheit Schukra mit der
Bank gesprochen und die Bank hat sich bereiterklärt, der Fa. Schukra
jetzt 1 1/2 Mill. S Betriebsmittelkredit zu geben, aber wieder nicht
mit der Bundeskammer, ob die auch auf die 500.000 S Subventionzuwachs
für die Wifi verzichten würde, wenn Schukra die 500.000 S, wie die Abteilung
vorschlägt, bekommen sollte. Mir erscheint aber eine solche Ent-
scheidung von der Bundeskammer ungeheuer wertvoll. Einerseits möchte ich
testen, ob die Bundeskammer bereit ist, für einen Einzelbetrieb auf Subven-
tionen für die Wifi zu verzichten und andererseits würde ich damit dokumen-
tieren, dass ich auch hier im Einvernehmen mit der Bundeskammer vorgegangen
bin. Ich brauche zwar von der Abteilung keine schriftliche Zustim-
mung der Bundeskammer, aber ich möchte doch, dass es zumindest aktenmässig
festgehalten ist, dass mit der Bundeskammer Besprechungen stattgefunden
haben und die einer solchen Lösung zugestimmt hat. Ich selbst habe die
grössten Bedenken, wenn solchen Einzelfirmen eine direkte Subvention in
immerhin beträchtlichem Ausmass gibt. Wohlgemuth teilte mit auch mit, dass
noch zwei andere Firmen, eine Fa. Landecker und eine dritte Firma, jetzt
für solche Einzelsubventionen vorschlagen will. Ich frage mich immer,
nach welchen Gesichtspunkten werden von den 220.000 Unternehmungen gerade
drei ausgewählt und mit Einzelsubventionen bedacht. Ich bin sicher nicht
ein Anhänger vom sogenannten Gieskannenprinzip, d.h. dass man jedem im
gleichen Masse Subventionen geben sollte, aber andererseits wieder bin
ich sehr dagegen, wenn man so ohne irgendwelche Richtlinien und Kriterien
gerade eine oder die andere Firma herauspockt und gerade denen immerhin
beträchtliche Beträge von etlichen Hunderttausend Schilling zur Verfügung
stellt.

Da ich noch niemals den derzeit erkrankten Verteidigungsminister Freihsler
besucht hatte und seine Frau mir vor zwei Tagen mitgeteilt hatte, dass er
wieder im Spital liegt, so hatte ich die Absicht, ihn in Stammersdorf im
Heeresspital zu besuchen. Zu meiner grössten Verwunderung war er nicht
in diesem Spital. Leschner, der beim Posten unbedingt erfahren wollte,
ob er sich nicht doch vielleicht noch im Spital befindet, wurde angeblich
in einen Empfangsraum geführt, wo ein grosses Buch aufliegt und dort nach-
geschaut wurde, ob ein gewisser Freihsler im Spital anwesend sei. Angeblich
haben sie dann nur festgestellt, dass er vor einiger Zeit eingeliefert
wurde, aber nicht mehr ausgeliefert. Major Schaffer, der Verbindungsoffizier


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zu Kreisky rief mich dann spät abends an, und teilte mir mit, dass
er aus Interesse, damit nicht die Heeresbeamten ihn ununterbrochen be-
lästigen, nicht in Stammersdorf sondern am Rosenhügel liegt.

Tätigkeit: Syndikus Bundessektion Verkehr, HK


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    GND ID: 118761595


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      Tätigkeit: Vertr. Spediteure [26.1.1972 von JS als Unternehmer im 10. Bezirk, Sprecher der Transportunternehmen und Sohn des ÖVP-BR Albert Römer genannt, vorerst aber nicht eindeutig gefunden]


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        Tätigkeit: MR HM


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            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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              Tätigkeit: Sekretär Lütgendorfs [1972]


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                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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                  Tätigkeit: SC BKA


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                    Tätigkeit: Bundeskanzler
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                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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