Freitag, der 23. Oktober 1970

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Bei der Berichtterstattung bei Bundespräsidenten über Schweiz und
Bulgarien benützte ich die Gelegenheit, um Personalwünsche zu

besprechen. Der Bundespräsident stimmte meinem Vorschlag zu, dass ich
den besten Mann für diesen Posten, den ich nur wüsste, auch wenn
er nicht aus dem eigenen Haus kommt. Erst im Jänner ergibt sich durch
Ordnungen und Umschichtungen entsprechende Möglichkeit.

Dr. Robert Thyll–Dürr , Geschäftsführer der Vereinigten Färbereien
in Reutte, kam, nachdem er sich über die Aussichten der Textilindustrie
und den EWG-Verhandlungen orientiert hatte, in Wirklichkeit aber mit
dem Hauptthema erst zum Schluss heraus. Ein Patenkind von ihm hatte
Unterlagen, die ihm zugänglich waren, dazu benützt, um gegen ihn vor-
zugehen. Er hat damit die Südostreuhand, deren Besitzer Dr. Fetzer
ist, beauftragt. Die hat deshalb sich mit Mayer-Gunthof zerstritten,
weil er die Inkompetenz folgender Konstruktion aufzeigte. Dr. Fetzer,
Hauptgeschäftsführer der Industriellenvereinigung und gleichzeitig
Vorstandsmitglied der Firma Seidenschill. Auf Grund dieser Unterlagen hat
Seidenschill dann Geschäftsbeziehungen zu den Vereinigten Färbereien
abgebrochen. Thyll sei deshalb aus der Industriellenvereinigung aus-
getreten und der einzige Erfolg war, dass heute Fetzer bei Seiden-
schill
nicht mehr Vorstandsmitglied ist sondern im Aufsichtsrat sitzt.
Er versprach mir, streng vertraulich weiteres Material über diesen
Fall zu geben. Dr. Thyll dürfte ein reicher Mann sein, der gleichzeitig
Vizepräsident der Vereinigten Färberereien und Druckereien Trust AG
Chur in der Schweiz ist. Dies ist ein Familienbesitz, der zu 96 %
der Familie gehört und 60 % davon hat wieder Dr. Thyll. Dieser Famili-
engesellschaft gehört auch die Hitiag zu 99 %. Mit der Zeit werden
immer mehr Beschwerden über Dr. Fetzer mir bekannt, der als ausgespro-
chener Geschäftsmacher in der Branche gilt.

Der albanische Botschafter Tona und der albanische Handelsrat
Ramai kamen, mir ihren Antrittbesuch, den ich monatelange hinausge-
schoben hatte, zu machen. Ich erwiderte zwar schon, dass ich den
Herrn Botschafter bereits bei der Grazer Messe kennengelernt hatte,
was er mit Verwunderung zur Kenntnis nahm, dass ich ihn dort er-
kannt hatte. In Wirklichkeit tippte ich nur, dass er sicher bei
einer Messe schon gewesen sein wird, und da die Grazer Messe bereits


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zweimal stattgefunden hat, war ich überzeugt, dass ich mich nicht
irren würde. Der Handelsvertrag wird derzeit nur alle Jahre wieder
abgeschlossen und verlängert, deshalb streben sie einen längerfristigen
Vertrag an, was wir ihnen dann bereits zugesagt haben. Ebenso wurde
Von meinem Vorgänger bereits der albanische Handelsminister eingeladen,
und ich selbst wiederholte deshalb auf seine Anfrage, ob diese aufrecht
bleibt nur die Zustimmung. Die einzige Lieferung, die von Albanien
in grösserem Ausmass kommt, sind Kelim, das sind Teppiche, die sie
gar nicht genug liefern können.

Bei der Dankeskundgebung in Schwechat bei der ÖMV für die zeitgerechte
Fertigstellung der dritten Destillieranlage, benützte Bauer die An-
sprache, um alle Wünsche, die die ÖMV an die Bundesregierung hatte
wieder in aller Öffentlichkeit darzulegen,. insbesondere geht es
der ÖMV darum, dass die petrochemischen Aktivitäten der ÖSW und der
ÖMV entsprechend auf Vorschläge der ÖMV durchgeführt werden. Die ÖMV
will ihre Höchst-Verbindungen unter gar keinen Umständen aufgeben.
Bauer sprach von der Methodik, die in der ÖMV herrscht, dass dort
ein entsprechender Betriebsgeist besteht und dass der Vorstand eigent-
lich dadurch auszeichnet, dass er immer was anderes macht als die
Aktionäre wollen, die er als Fremdkörper fast bezeichnete. Er verglich
die Haltungsweise mit der österreichisch-ungarischen kaiserlichen
Auszeichnungsmethode des Maria-Theresia-Ordens, wo eben hohe Offiziere
für entgegen den Befehl durchgeführt Massnahmen wenn sie erfol-
greich ware, diese Auszeichnung erhielten. Er kam z.B. auf die 300 Mill
Schilling Milchpreisstützung, die die ÖMV einmal zahlen musste,
auf das jahrelange Verbot, einen eigenen Fabrikapparat aufzubauen
und viele andere Fragen zur sprechen. er auch das Pipelinegesetz
forderte und vor allem seinen Standpunkt der ÖMV darlegte, hatte ich
Gelegenheit, bei meiner Antwort auf dieses Problem speziell einzu-
gehen. Ich dachte natürlich nicht daran, auf den Streitpunkt inner-
halb der ÖIAG betreffend der Petrochemie mich einzumischen, an Hand
des Pipelinegesetzes konnte ich doch den Anwesenden den Eindruck,
geben, dass die ÖMV ein nicht so schwacher Betrieb ist, der nicht Wünsche
durchsetzt, wenn sie berechtigt sind, sondern dass auch andere grosse
Organisationen, wie z.B. Gen. Direktor Riesinger von den Stadtwerken
und Gen. Dir. Gruber von der NEWAG auf dem Standpunkt stehen, sie
müssten sich auch gegen die ÖMV entsprechend absichern.



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Da der Bundeskanzler mich ersucht hatte, dass ich auch für ihn den
Dank der Arbeiterschaft übermitteln sollte, hatte ich dies natürlich an
die Spitze gestellt, umso mehr als meine Einladung, die Veselsky angenommen
hat, von diesem dann zurückgezogen wurde. Ich nehme, dass ihm Kreisky
gesagt hat, er sollte lieber nicht zu dieser Feier gehen. Bei der an-
schliessenden Pressekonferenz, konnte ich auf die Massnahmen hinweisen,
die bereits von dieser Regierung ergriffen wurden, damit die Versorgung
im Winter mit. Brennstoffen sichergestellt ist. Da die ÖVP eine richtigehende
Kampagne begonnen hatte, dass die Bevölkerung im Winter heuer stark
frieren wird, konnte ich doch mit aller Vorsicht aber dennoch darauf
hinweisen, dass dies als nicht berechtigt betrachtet werden muss. Ich wies
auf das Erbe, das wir übernommen hatten, hin und schilderte die entspre-
chenden Aktionen, die wir gesetzt hatten. Erstens die Vergrösserung der
Importe von russischem Rohöl um 200.000 t. Zweitens die Bemühungen, die
Koksmengen zusätzlich zu importieren und der Erfolg von 150.000 t .
Drittens die zollfreie Einfuhr von 800.000 t Heizöl schwer und 50.000 t
Heizöl leicht. Viertens die Regelung bei den Bundesbahnen für eine bessere
Verschubmöglichkeit und Transportmöglichkeit durch Heranziehung des
Ostbahnhofes. Fünftes die Beschaffung von zusätzlichen roten Karten, um
aus Deutschland Heizöl holen zu können für die westlichen Bundesländer.
Sechstens die Einflussnahme auf die ÖMV, die westlichen Bundesländer vor
Einbruch des Winters mit grösseren Heizölmengen zu beliefern, als dies im
Verteilungsplan vorgesehen war. Siebentens die Errichtung der Gasleitung
durch die Lobau, achtens die Regelung mit dem technischen Überwachungsv-
erein, die erste Destillationsanlage nicht jetzt, obwohl sie schon vier
Jahre in Betrieb ist sondern erst im nächsten Frühjahr zu überprüfen. und
neuntens die Versorgung der Händler mit anderen Kohlen und festen Brenn-
stoffen, damit entsprechende Mengen eingelagert werden können, wo Koks
nicht vorhanden ist. Ich hoffe, dass die Zeitungen diese beruhigenden
Mitteilungen bringen werden. Ich hatte aber vielmehr auf die Tatsachen
gehofft und die auch mitgeteilt, dass heute bereits die Händler Angst
haben, dass sie im Winter nicht den notwendigen Absatz ihrer Brennstoffe
teilweise auch von Koks haben werden, da jetzt eine so starke Einlagerung
von den Konsumenten erfolgte. Beim Essen kam ich mit einem Herr Schewy
von der ÖMV zu sprechen, der mir mitteilte, dass sie bezüglich Bleizusatz
im Benzin entsprechende Vorbereitungen getroffen hätten. Da ich über die
importfreien Benzinmengen mit dem ÖMV-Vorstand noch reden wollte, brach
ich nach dem Essen sofort die Besprechungen mit den Zeitungsleuten und


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der ÖMV ab und ersuchte um eine Vorstandsbesprechung, die auch sofort
durchgeführt wurde. Bei dieser Gelegenheit konnte ich Einvernehmen her
stellen, dass wir 150.000 t Benzin für die westlichen Bundesländer zollfrei
noch in diesem Jahr importieren lassen, obwohl die ÖMV behauptet, dass
sie jetzt durch die dritte Destillationsanlage irrsinnige Mengen von Benzin
automatisch anfallen. Ich verlangte deshalb als Gegenleistung ein entspre-
chendes Entgegenkommen bei den Bleizusätzen im Benzin. Die ÖMV erklärte
sich bereit, hier Massnahmen ohne Preiserhöhung zu treffen. Nach der Mit-
teilung des Vorstandes könnten die Bleizusätze 0,8 % nach ÖNorm betragen,
die ÖMV gibt aber derzeit 0,6 % nur dazu. Da der Chefchemiker nicht anwe-
send war, schlug ich vor, dass wir am Samstag eine diesbezügliche Besprechung
bei mir im Ministerium durchführen sollten. Min. Rat Mayer von der OB,
der bei der Besprechung anwesend war, übernahm es, die entsprechenden
Stellen im Hause und ausserhalb des Hauses zu verständigen. Bei der
Verabschiedung sagte dann noch die Vorstandsdirektorin Ottillinger, die der
ÖVP angehört, dass sie doch ein bisschen dagegen protestieren müsse, dass
als das Erbe auch die Ölkrise der ÖVP bezeichnet wird, für die niemand
etwas dafür kann. Im Haus hatte ich sofort den Sekt. Chef Habel und den
Referenten für die Verbleiung des Benzins vom technischen Standpunkt zu
mir gebeten. Bei der Gelegenheit konnte ich feststellen, obwohl man mir
dies bis jetzt nicht gesagt hat, dass die Anfrage von Melter doch wesentlich
günstiger bei der nächsten Nationalratssitzung über dieses Problem beant-
wortet werden kann. Die ÖNorm sieht vor, um den Superbenzin mit 98 Oktan
ROZ liefern zu können, dass eine Verbleiung von 0,85 Gramm pro Liter
möglich wäre. Diese Oktananzahl kann aber bereits mit 0,6 Gramm pro Liter
wie ihn die ÖMV derzeit produziert, erreicht werden. Für Schweden wurde
jetzt eine neue Verordnung erlassen, die 0,7 Gramm pro Liter vorsieht
und erst im Rahmen der EWG soll die Bundesrepublik Deutschland am 31.12.71
0,4 Gramm pro Liter bei 95 Oktanzahl produzieren. Die Auskunft, dass sich
also überhaupt nichts machen könnte, die man mir vor einer Woche gegegeben
hat, stellte sich als falsch heraus, denn selbstverständlich könnte ich
ohne dass die Industrie geschädigt wird, oder die KFZ stärker klopfen,
die schwedische Anordnung jederzeit auch für Österreich erlassen. Aller-
dings bin ich nicht für die ÖNorm zuständig, sondern nur für die Möglich-
keiten, aus den Auspuffgasen gewisse Beschränkungen aufzulegen., so wie
dies bei der 3. KFZ-Durchführungs-VO für das Kohlemonoxyd vorgesehen ist.
Ich ersuchte deshalb die Herren des Hauses unverzügliche Vorbereitungen
zu treffen, dass wir halt über die Auspuffgasregelung die Bleizusätze regeln.



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Die Koordination im Hause zwischen einzelnen Abteilungen und
Sektionen, die ein Problem betreffen, ist nach wie vor schreck-
lich schlecht.

Die Aussprache mit SM, die schon einige Mal wegen Sallinger und
auch wegen mir verschoben werden musste, konnte endlich starten.
Bei dieser Gelegenheit erwiderte Mussil meinen Vorschlag, Arbeits-
kreise zu errichten, mit der Gegenfrage, ob ich beabsichtige, die
Branchenkommissionen neu zu intallieren, die die Bundeskammer ja
immer abgelehnt hatte. Er stiess sich scheinbar an der Bezeichnung
Arbeitskreis. Er schlug vor, wir sollten diese Arbeit eben nur mit
den Bundeskammervertretern in Angriff nehmen, da ich nichts dagegen
hatte, dass die Referenten des Hauses sich mit den Bundeskammer-
referenten eng liieren, sondern dies sogar anstrebte, konnte ich
hier eine diesbezüglidhe Zusage leicht machen. Ich könnte mir vor-
stellen, dass wir die jungen Leute, die diese Arbeit übernehmen,
Industriereferent für Maschinenbau, für Elektrotechnik usw. bezeichnen.
Ich übergab ihm das Material, welches wir aus der Schweiz erhalten
hatten, die mit 15 Arbeitskreisen sich auf die EWG vorbereiteten.
Er erwiderte sofort, dass eine solche Vorbereitung dringend not-
wendig sei und schlug vor, den Wirtschaftsbeirat im Einvernehmen
mit dem Handelsministerium einzuschalten, um die seinerzeitigen
Studien auf den neuesten Stand zu bringen und unverzügliches Material
auch für Österreich zu erarbeiten. Die von ihm gewünschte Osthandels-
besprechung wird in der nächsten Zeit, nachdem ich sie im eigenen
Haus vorbereitete, erfolgen. Betreffend die Gewerbeordnung stellte
er fest, dass alles derzeit gut läuft. Sein Angebot, von den Aussen-
handelsförderungsgebühren 3 Mill. S dem Staate zusätzlich zur Verfü-
gung zu stellen, lehnte ich als zu gering ab und erwarte von ihm
einen höheren Vorschlag. Er wird diesbezüglich mit Dr- Reiger und
Dr. Gleihsner noch sprechen und mir im Laufe der nächsten Woche
entsprechende Vorschläge erstatten. Bei der Fremdenverkehrswerbung
will die Bundeskammer wissen, wen ich dort als Geschäftsführer ein-
setzen möchte. Ich erwiderte, dass dies derzeit nicht beabsichtigt
sei, sondern nur die Organe bestellt werden müssten, damit eine
odnungsgemässe Geschäftsführung möglich ist. Ich werde ihm dies-
bezügliche Vorschläge noch unterbreiten und schlug ihm vor, er
sollte mir die Ideen für diese Organbestellung von Seiten der Bundes-
kammer schnellstens übermitteln. Seiner Information nach sollte
jetzt in der Verstaatlichten Industrie eine neue Sozialpolitische


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spezifische Offensive gestartet werden. Die Metallarbeiter hätten die
Forderung erhoben, dort einen Sozialfonds neuerdings zu schaffen und
ein Ratioalisierungsschutzabkommen ähnlich dem des Handels und der
Angestelltengewerkschaft für die Handelsangestellten und für die Indu-
strieangestellten auch für die Metallarbeiter verlangt. Zu diesem Problem
äusserte ich mich überhaupt nicht, da sie Angelegenheit der Metallarbeiter
ist und ich sie auch als solche betrachte. Der Vorschlag zur Entfinanziertung
der Investitionen der Investkredit AG heranzuziehen wird von ihm
doch noch einmal überlegt. Die 300 Mill. S, die die Nationalbank über
kurzfristige 3 Monatswechsel der Investitionskredit AG für 5 Jahre zur
Verfügung stellen sollte, müsste doch auch im Interesse der Industrie ge-
legen sein, versuchte ich ihm auseinanderzusetzen. In Wirklichkeit stellte
sich heraus, dass er im Prinzip von dieser Idee auch positiv eingenommen
ist, aber Schwierigkeiten mit den Bankenvertretern erwartet, da diese
300 Mill. S ja nur der Investkredit zur Verfügung gestellt werden. Er
wird deshalb erst mit der Sektion Banken entsprechende Fühlungnahme
aufnehmen. Die EFTA-Dekalage von 40 % Zollermässigungsstop für Süsswaren
möchte er gerne ähnlich der Zuckerregelung umgewandelt haben. Ich habe ihm
zugesagt, dass wir dies im Hause prüfen werden. Sein Vorschlag, in den Rich-
tlinien der Gewerbestrukturverbesserung die Ersatzinvestitionen nicht mehr
zu verbieten, konnte ich nicht akzeptieren und ich glaube er hat auch ein-
gesehen, dass dies eine unbillige Forderung wäre. Erstens haben wird-
dann für die wirklichen Gewerbestrukturverbesserungen keine Mittel mehr
und zweitens, wenn wie er behauptet, jedwede Investition für kleinere
Leute heute nicht subventioniert durch einen Zinszuschuss werden kann,
dann stimmt das nicht. In den Richtlinien ist ausdrücklich vorgesehen,
dass Investitionen, die Produktivitätssteigerungen verursachen oder bringen
würden, auf alle Fälle förderungswürdig sind. Nur die reinen Ersatzinve-
stitionen sind ausgeschlossen. Wir einigten uns, dass ich überprüfen werde,
ich z.B. die Richtlinien so interpretiert werden können, dass jede Inve-
stition, die eine spürbare Rationalisierung mit sich bringt, förderungs-
würdig ist. Ich glaube, dass ich dies ohne weiteres machen kann.
Da man mich bei der Sitzung sofort als bravo, Herr Handelsminister, begrüss-
te, d.h. auf das Tchibo-Inserat anspielte, nützte ich die Gelegenheit,
um festzustellen, dass ich eigentlich hier nur etwas vollzogen hatte,
was ja bereits Mitterer eingeleitet hat. Ich sagte ihnen, strengst ver-
traulich, dass ich die Mitteilung hätte, und dies nicht vom Haus und
nicht von Tchibo, ohne natürlich meinen Informanten, das ist der Kaffee-
verband, zu nennen, dass bereits Mitterer angeblich in Hamburg Tchibo


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zugesagt hatte, er könnte diese Verkaufswerbung auch bei uns prakti-
zieren, dies sei angeblich die Voraussetzung gewesen, dass Tchibo
überhaupt nach Österreich gekommen ist. Sallinger und Mussil erklärten,
dass sie von dieser Absicht resp. Besprechung nichts wüssten. Sie
kamen dann selbstverständlich auch auf die Sprache des Habel-Nachfolger
und sie wollten mir einreden, dass ich unbedingt jemanden von Haus
nehmen müsste. Auch hier erklärte ich freimütig, dass ich die Mitterer-
Politik
fortsetzen werden, der sich ja bereits um die Einberufung von
Jagoda bemüht hatte und dann nur durch einen Brief von Drimmel daran
gehindert wurde, der ihm aufklärte, dass Jagoda zwar ein Fachmann sei
deshalb wollte ihn ja auch Mitterer einberufen, dann aber als Sozialist
eben davon Abstand nehmen musste. Betreffend meinen Wunsch, bei den
Vorstandsitzungen der Bundeskammer teilzunehmen, erklärte man mir,
dass dies wirklich nicht möglich sei. Nicht einmal die ÖVP-Minister
hätten jeweils die Bundeskammer offiziell in diesem Sinne betreten,
im Gegenteil, sie haben scheinbar als Ausfluss ihrer ministeriellen
Würde und Macht immer den Handelskammerpräsident, wenn er zu vereidigen
war, in ihr Büro gebeten. Zum Schluss wollte sie mir noch folgendes
Geschäft anbieten: dass ich zu jeder Vorstandssitzung eingeladen
werde und sie werden sogar die Flagge noch hissen, wenn ich in der
Regierung endlich Einspruch erheben würde, gegen Gesetze, die die
Wirtschaft z.B. schwer belastet wie die sozialpolitischen Vor-
schläge, die Häuser erstattet. Ich erklärte ihnen die Umwandlung in
der Politik auf diesem Sektor und erwiderte, dass ich entsprechende
Vorkehrungen für eine zweckmässige Einflussnahme bereits geschaffen
hatte. Die bisherigen sinnlosen Akten-Anlegen von Erwiderungen gegen
Vorschläge des Sozialministeriums habe ich nun in eine kooperative
Besprechung umgewandelt. Ich konnte ihnen z.B. mitteilten, dass ich
Min.Rat Hauffe ersucht hatte, entweder später nach Berlin zu fliegen,
er erklärte mir ja bekanntlicherweise, er will überhaupt hier bleiben
und die Besprechungen mit dem Sozialministerium über das Lebensmittel-
gesetz unverzüglich aufzunehmen. Zu diesem Zwecke wird jetzt sogar
am Nationalfeiertag – Montag – zwischen den Vertretern des Sozial-
ministeriums und dem Vertretern des Handelsministeriums Verhandlungen
geführt werden. Auf diese Weise erklärte ich, könnte man die Interessen
der Wirtschaft viel besser wahrnehmen als in langen Episteln, die zu
gar nichts anderem führen, als dass diese Vorschläge und aktenmässige
Gutachten nur schubladiert werden. Ich strich bei dieser Gelegenheit das
sehr anständige Verhalten von Hauffe in diesem Punkt, dass er sofort
auf die Dienstreise verzichtete, heraus, und kann bei einer Gelegenheit


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dann im Haus erklären, wie wir uns bemüht haben, auf wirksamere
Weise die Interessen der Wirtschaft zu vertreten.
Bei dieser Gelegenheit wollte Mussil auch gleichzeitig darauf hinweisen,
dass seiner Meinung nach die Ministerverantwortlichkeit wesentlich mehr
verlangt, als derzeit die Regierungsmitglieder bereit sind, zu tun.
Nach Auffassung der ÖVP führt Kreisky allein die gesamten Regierungsge-
schäfte und jeder Minister verstösse eigentlich gegen die Verfassung, weil
er sich viel zu sehr vom Bundeskanzler beeinflussen lässt. Diesen Vor-
wurf konnte ich als absolut unbegründet mit einem lächelnden Gesicht
zurückweisen und verwies nur darauf, dass diese Bundesregierung halt nicht
die Schwierigkeiten hat, die Klaus mit seinen Regierungskollegen bezüglich
Kompetenz und Regierungspolitik ausstehen musste.

Die Fa. Stuzzi feierte im Schwechaterhof ihr 24-jähriges Bestandjubiläum.
Wie man mir versicherte, war der erste Minister, der diese Firma
überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Bevor noch die Festveranstaltung
eigentlich richtig begann, es war ein Essen vorgesehen und ein lustiges
Programm, musste ich bereits meine Festrede halten, da ich zum Empfang
Präsident Sallingers für den Staatspräsident Bongo gehen musste. Bei der
Festansprache passierte es mir glaube ich, dass ich statt Firma Stuzzi
immer Firma Struzzi sagte. Dies ist sehr peinlich und in Zukunft werde
ich vielmehr auf die Namen achten müssen. Ich strich aber bei meiner
Festansprache insbesondere die Tüchtigkeit des Ingenieurs Stuzzi heraus.
Für mich war wirklich ein Phänomen schon seit langer Zeit. Dieser Ingenieur
hatte von Kapsch kommend 1945 in seiner Wohnung begonnen, Bauteile für
Radio zu fertigen. Er hatte überhaupt kein Geld und finanzierte seine
Arbeit folgendermassen: Durch seine Verbindung von Kapsch – er war
dort ein bekannter Techniker – konnte er von den Lieferfirmen für Vor-
materialien einen 90-tägigen Kredit bekommen. Da er sich vorgenommen hatte,
in 60 Tagen die Fertigung abzuschliessen, konnte er seinen Abnehmer den
üblichen 30-tägigen Zahlungskredit geben. Dadurch – so erzählte er mir,
war er imstande, die Finanzierung seiner eigenen Produktion zu machen.
Angeblich hat er die ganze Erweiterung und den Ausbau seiner Firma immer-
hin auf 150 Beschäftigte allein, ohne finanzielle Hilfe einer Bank oder
einer anderen Stelle gefunden. Ich stellte bei der Festansprache fest,
dass sich hier ein Unternehmer – und es gibt noch Unternehmer in Österreich
behauptete ich, auch gegen eine internationale Konkurrenz wie sie gerade am
Radiosektor der Fall ist, behaupten konnte.



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Beim Empfang von Präsident Sallinger für den Staatspräsidenten
Bongo wurde von diesem der Wunsch geäussert, er möge noch Ärzte-
bedarf oder Ärzteeinrichtungen und Autotranporteinrichtungen stu-
dieren.. In Wirklichkeit wollte er gar nichts anderes, als bei
dieser Gelegenheit, diesen Ärztebedarf und Lastautos geschenkt be-
kommen. Ich war deshalb nicht sehr einverstanden, als ihm Salliner
und ich vorschlugen, wir würden ein diesbezügliches Programm mit
seinem Generalkonsul Zwerenz noch besprechen. Er schlug vor, er
würde von seiner grossen Equipe, die mit ihm waren, zwei Ärzte
zurücklassen und auch Ingenieure, die die entsprechenden Besich-
tigungen vornehmen konnten. Ich habe zwar vollstes Verständnis
dafür, dass er wenn er jetzt nach Gabon zurückkommt, einen Erfolg
seiner Reise aufweisen muss, aber gar kein Verständnis dafür, dass
er mit der grossen Delegation riesige Ausgaben tätigt, z.B. hat
seine Frau bei Faschingbauer neun Modelle gekauft, die wahrscheinlich
zumindestens einen halben Lastwagen gekostet haben.

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Tagesprogramm, 23.10.1970

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


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