Da die Sitzung erst um l/2 10 Uhr fortgesetzt wurde, nützte ich die
Gelegenheit, um mit dem Unterrichtsminister Gratz die Flugschule
in Kapfenberg zu besichtigen. Poldl erzählte mir beim Frühstück,
dass sie von ihm Geld wollen und deshalb er jetzt eine Besichtigung
vornimmt, wobei er andeutete, dass er sagen würde, der Handelsmini-
ster könnte entsprechende Mittel für den Internatsausbau dieser
Klubschule, die dem ASKÖ gehört, zur Verfügung stellen. Ich schrie
sofort auf, dass dies unmöglich sei und ich mich deshalb auch
an den Ort und Stelle begeben werde, um jedwede Angriffe abzuwehren.
Ich konnte feststellen, dass die dortige Genossen sehr rührig waren
und sehr viel geleistet haben, aber für mich keine Möglichkeit be-
stand, ihnen tatsächlich einen Vertrag zur Verfügung zu stellen.
Da sie ein Internat aus ihrer Flugschule machen wollen, so wird wohl
Poldl Gratz die entsprechenden Mittel aufzubringen haben und ich
glaube, er hat ihnen auch letzten Endes eine solche Zusage gemacht.
Da sich in der Tagung nicht mehr genug Diskussionsredner zu Wort
gemeldet hatten, hatte Pittermann es eingeführt, dass zwischendurch
immer entsprechende Minister um ihre Berichte gebeten werden. So
kam auch ich knapp vor meiner Anfahrt nach Schwechat zu der Ehre,
dem Klub über die Tätigkeit meines Ressorts zu berichten. Ich hab
dies glaube ich in sehr humorvoller Weise getan, weil ich auf dem
Standpunkt stehe, auch bei solchen Tagungen muss man durch eine
Conference etwas aufheitern. Den grössten Erfolg hatte ich ja
doch auch in diesen Kreisen, wenn z.B. wie bei Muliar dann halt in
Einzelconference einige gute Gags landen kann. U.a. sagte ich,
dass es einige Zeit noch möglich sein würde mit Schmäh die Bevölkerung
über die Aktivitäten der Regierung zu unterrichten und ich verwendete
den Ausspruch: Geld haben wir zwar keines, aber dafür Konzepte. Ausser-
dem gibt es einige wirksame Massnahmen, wie z.B. das Schulwegsicherungs-
gesetz, das insbesondere die Länder und Gemeinden belasten wird,
und deshalb von mir ins Parlament gebracht wird, damit wir dort in
aller Öffentlichkeit diskutieren, wer diese sehr notwendige Einrich-
tung finanzieren soll. Ich erläuterte auch unsere Konzepte, insbeson-
dere das Fremdenverkehrskonzept, das ich in engstem Einvernehmen mit
den Ländern durchführen wollte, und das die Zustimmung – die fraktio-
nnelle- von Seiten der Verantwortlichen gefunden hat. Zum Schluss
bedankte ich mich, dass doch so viele Genossinnen und Genossen
sich an uns wenden und wie ich glaube auch befriedigt ihre Ansuchen
erledigt werden. Soweit sie Unmögliches verlangen, erledigen wir
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das sofort, für Wunder, sagte ich, brauchen wir einige Zeit.
Betreffend die Verleihung von Kommerzialratstiteln konnte ich
ihnen mitteilen, dass sie sich ganz sinnlos an mich wenden, denn
ich hatte mein Kontingent der Handelskammer bzw. dem Freien Wirt-
schaftsverband übertragen und nur der könnte jetzt über die Handels-
kammer ein Ansuchen an mich stellen. Bevor ich die Sitzung verliess,
wendete sich Landesrat Enge an mich und sagte, er sei unglücklich,
dass wir die roten Karten für den grenzüberschreitenden Güterverkehr
nach Deutschland allein verteilen, ohne dass wir mit ihm jemals geredet
hattet. Seiner Meinung nach hätte Metzner 12 rote Karten entsprechend
den Oberösterreichern zugedacht und nun seien nur 6 oder 7 für ihn
vorhanden und er hätte deshalb mit Metzner einen entsprechenden Auftritt
gehabt, da er nicht bereit war, jetzt entsprechende Reduktionen vor-
zunehmen. Ich glaube wir müssen hier wirklich in engerem Einvernehmen
mit den zuständigen Genossen – den verantwortlichen Genossen – im
Bundesland vorgehen. Gerade beim Weggehen erzählte mir noch Skritek, dass
er die ersten Ergebnisse der Wahlkartenauszählung erhalten hat und
angeblich sei von den abgegebenen Wahlkartenstimmen 10 % für die
FPÖ, damit ist meine Theorie bestätigt und wahrscheinlich das Rest-
stimmenmandat von der SPÖ, die es ja eigentlich nie besessen hat,
sondern sich nur errechnet hat, ein solches zu bekommen, zur FPÖ
übergewandert. Ich konnte noch in Erfahrung bringen, dass Hintschig
eine Fernsehaufzeichnung in der Wahlnacht gemacht hatte, wo er
dezidiert in aller Öffentlichkeit erklärte, dass das Mandat ein-
deutig bei den Sozialisten liegt und eigentlich schon eine abge-
schlossene Sache sei. Ich verstehe nicht, wie die Beamten des
Rathauses ihm eine solche Information zuleiten konnten, oder ihn
zumindestens, wenn sie ihm diese Information nicht gegeben haben,
er sich das aus eigener Überlegung kombiniert hat, nicht aufmerksam
gemacht haben, dass eine solche Möglichkeit, dass das Mandat von der
ÖVP zur FPÖ durch die Wahlkartenstimmen gehen kann.
Wir konnten zwar zeitgerecht am Flugfeld Schwechat ankommen, doch
hatte die Maschine, die aus Zürich kam, zwei Stunden Verspätung.
Da der Botschafter von Bulgarien und der Handelsrat es sich nicht
nehmen liessen, bei der Verabschiedung anwesend zu sein, allen anderen
Herren hatte ich es indirekt wissen lassen, dass ich darauf überhaupt
keinen Wert lege und es daher direkt fast verboten habe, musste ich
oder konnte ich jetzt zwei Stunden mit ihm über die bulgarischen
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Probleme mich unterhalten. Heindl hatte zwar, wie er mir mitteilte,
versucht, dass von dieser offiziellen Verabschiedungszeremonie Ab-
stand genommen werden sollte, aber der Botschafter hat scheinbar
für das Protokoll doch mehr über als wir. Interessant war noch,
dass der Vertreter von Balkan, das ist die Fluglinie, mit der
wir fahren mussten, weil die AUA um diese Zeit kein Flugzeug hat,
erschien, und ohne dass wir ihm auch nur ein Wort erwähnten unsere
zweite Klasse – Touristklasse-Arten auf erste Klasse umtauschte.
Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ein Minister hier im Osten
mit zweiter Klasse geflogen wäre, ich persönlich stehe aber auf dem
Standpunkt, dass im Zuge der Ersparnisse, die auch von den Beamten
verlangt werden, auch für den Minister gelten sollen. Wenn die Flug-
gesellschaft den Flugschein dann entsprechend umtauscht, können wir
uns kaum dagegen wehren, obwohl ich eigentlich viel, lieber in der
zweiten Klasse gesessen wäre, um zu demonstrieren, dass diese
Regierung, insbesondere meine Ministerium auf Protokollfragen und
auch Prestigefragen überhaupt keinen Wert legt. Da wir verspätet
ankamen, dürfte die Empfangsdelegation unter Leitung von Minister
Avramov bereits den Flughafen wieder verlassen haben und auf Ab-
ruf dann entsprechend erst am Flughafen erscheinen. Deshalb musste die
Maschine – was ich sehr begrüsste – eine grössere Schleife ziehen
und ich hatte Gelegenheit Sofia und die nähere Umgebung aus der
Luft sehr schön zu beobachten. Bei unserer Ankunft war eine grosse
Empfangsdelegation anwesend, interesssanterweise aber hatte sich der
Botschafter verspätet, da er wahrscheinlich damit rechnete, dass
das Flugzeug die Verspätung kaum einholen könnte und er zu einem
späteren Zeitpunkt, der fixiert wurde, erst am Flughafen erschien.
Dem Delegationsleiter Fälbl, Heindl und mir wurde eine Residenz
das ist eine Villa zugewiesen und wie ich erfahren konnte, handelt.
es sich um das Haus eines grossen Tabakhändlers der Vorkriegszeit.
Im neuerbauten Hotel Sofia wurde ein Abendessen gegeben und ich
versuchte Kollegen Hofstetter , der dort logierte, zu erreichen.
Leider vergeblich. Das Hotel ist genau ein Jahr alt und ist mit
Speisen und Restaurantsälen ausgestattet, wie wir sie nicht einmal
in Wien zur Verfügung haben. Allerdings sagte mir der Botschafter
dass bereits jetzt in diesem phantastischen Hotel gewisse Verfalls-
erscheinungen festzustellen sind.