Donnerstag, der 6. August 1970

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Die Mineralölfirmen beabsichtigten, die Preise für Heizöl zu
erhöhen, ohne die Paritätische Kommission zu befassen. Ich musste
ihnen deshalb in einem Schreiben mitteilen, dass ich in diesem Falle
unverzüglich die Preisregelung wieder einführen würde. Diese Briefe
musste, da sie noch eine Besprechung hatten, dringend zugestellt
werden. Die Kanzleileitung machte Schwierigkeiten, weil sie dies
anscheinend als nicht so dringend empfand und deshalb die Kollegin
Wiesinger mit dem Kanzleileiter einen Krach bekommen hat. Ich bin
allerdings überzeugt, dass sie sich sicher durchsetzen wird. Ich
glaube, mit der Methode die Unternehmer auf die Vereinbarungen mit
der Bundeskammer bezüglich der Paritätischen Kommission zu verweisen,
müsste es gelingen, eine gewisse Stärkung dieser Institution zu
erreichen. Ich bin neugierig, ob Klose seine Zusagen wahrmachen wird,
dass er sich bemühen wird, wenn schon vom Standpunkt der Handelskammer
eine Verschärfung des § 3 a) nicht zugestimmt werden kann, er darauf
drängen wird, dass andere Wege gefunden werden in der Grundsatzabteilung
die zu einem befriedigenderen Ergebnis führen. Sicher ist, dass die
Hauptschwierigkeit derzeit darin besteht, dass teilweise Firmen über-
haupt nicht kommen oder die Firmen einen sehr starken Druck ausüben,
dass man ihren Preisanforderungen Rechnung trägt. So musste ich
Zöllner im Laufe des Tages davon überzeugen, dass die Besprechung der
Präsidenten, die den Bierpreis jetzt erhöht haben, zielführend ist,
weil nur so die Paritätische Kommission weiterarbeiten konnte. Zöllner
hatte mir vorgeschlagen gestern abends beim Russenempfang, wir sollten
den Flaschenbierpreis überhaupt nicht erhöhen sondern nur bei dem
Fassbierpreis ein 14-monatige Preisfreigabe vorschlagen. Dieser Vor-
schlag war für mich klar, dass ihn die Unternehmerseite niemals akzep-
tieren würde. Deshalb musste eine Besprechung der Präsidenten unter
Anwesenheit Zöllners vorgenommen werden, wo Benya und letzten Endes
auch Hrdlitschka einer Erhöhung des Bierpreises zustimmten und sich
nur dafür einsetzten, dass dies nicht mit 15. August sondern eben
erst mit 1. Oktober in Kraft treten sollte. Zöllner ärgerte sich
darüber sehr und wollte mir weissmachen, dass dies ein Verrat an den
Interessen der Arbeiterschaft und den Konsumenten sei. Er glaubt
allen Ernstes mit seiner sturen Politik – bis hierher und nicht weiter -
könnte man in der Wirtschaftspolitik und in der Zusammenarbeit mit


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der Gegenseite zu einer befriedigenden Lösung kommen. Ich erklärte
ihm – ich glaube zum hundertsten Mal – dass es zweckmässiger eben
ist, wenn der Unterausschuss bereits entsprechende Beschlüsse fasst,
denn in der Oberinstanz kann es nur in Wirklichkeit zu einer besseren
Lösung für die Unternehmerseite kommen. Er erklärte, dies würde er
nie tun, er hat dieses Politik von mir, die ich ja jahrzehntelang
praktizierte ebenfalls nie geteilt, seiner Meinung nach könnte er
nur so viel zustimmen, als sein Gewissen es ihm zulässt. Meine

Frage, wo da der Vorteil für die Konsumenten liegt, wenn wie er behauptet
es möglich gewesen wäre, z.B. den Flaschenbierpreis von S 2.39 Abgabe-
preis von den Brauereien auf S 2.50 im Unterausschuss vielleicht festzu-
setzen und dann in der Präsidentebesprechung S 2.57 herausgekommen ist
– wo da der Vorteile für die Konsumenten liegt, sagte er, sicherlich
keiner, aber er hätte dies eben nicht beschlossen und das müssen eben
die Präsidenten verantworten. Für Benya stellt sich das Problem aller-
dings wesentlich anders dar. Es muss unter allen Umständen die ÖVP-
-Fraktion in der PK, das ist Sallinger, Mussil und Lehner von der Landwirt-
schaftskammer und Brandstätter, bei der Stange halten, denn ein Ab-
springen würde nicht nur seinem Ansehen schaden, sondern letzten Endes
auch sicherlich die Möglichkeiten einer Radikalisierung auf beiden
Seiten Tür und Tor öffnen. Da die Brauereien erklärte hätten, sie
würden auf alle Fälle den Bierpreis, wenn er so lange hinausgezögert
wird, erhöhen, musste eben Benya nachgehen und hat versucht, einen
späteren Termin nach Ende der Hitzezeit zu erreichen. Sicherlich ist
der Zeitpunkt vor den Wahlen – vor dem 4. Oktober – nicht sehr glücük-
lich, die Kollegin Frank, die bei deser Dieskussion auch anwesend
war, hat allerdings sofort eine gute propagandistische Schlagzeile
gefunden, die Arbeitnehmerseite, d.h. die Sozialisten arbeiten
mit offenen Karten, sie haben also auch vor den Wahlen der Erhöhung
zugestimmt, wenn es unbedingt nötig it und nicht wie die ÖVP-Regierung
alles auf die Zeit nach den Wahlen verschoben. Ich muss sagen, sie
hat einiges vom Koppe Fritzl gelernt und das ist sehr erfreulich.

Der Bundespräsident hat mich angerufen aus seinem Urlaub und mir
mitgeteilt, dass er bereit wäre, bei der Messe-Eröffnung in Wien
einige Passagen in seine Rede zu übernehmen, die gegebenenfalls ich
nicht sagen wollte. Ich erklärte ihm, dass ich ja frei sprechen würde
und deshalb eigentlich sein Angebot dankend ablehne, wenn über die
wirtschaftliche Entwicklung wie er mir selbst sagte, hat der Handels-
minister immer darüber gesprochen, gäbe es eigentlich keine Punkte,


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die ich nicht auch sagte müsst oder könnte. Zum Glück
teilte er mir mit, dass er dasselbe Angebot auch an
Hrdlitschka von der Arbeitnehmerseite gerichtet hat und
ich konnte deshalb sofort sagen, dass ich dafür sehr dank-
bar wäre, denn über Arbeitnehmerseite könnte ich natür-
lich überhaupt nichts sagen. Wenn ich aber zur Auffassung komme,
dass die eiene oder andere Frage doch unbevdingt er sagen sollte,
so würde ich ihm dies noch mitteilen. Bei dieser Ge-
legenheit berichtete ich ihm über die Verhandlungen mit Sowjet-
russland und er war darüber sehr erfreut und fragte, ob durch
die APA er mitteilen könne. dass ich ihm vom Verlauf der Ver-
handlungen berichtet hatte. Ich stimmte dem selbstverständlich
sofort zu, aus diesen Äusserungen entnehme ich, dass er grössten
Wert darauf legt, doch mehr informiert zu werden, und ich werde
mir erlauben, wirklich in den nächsten Monaten, wenn sich gelegent
liche Anlässe ergeben, bei ihm vorzusprechen und ihn stärker
in die Politik einzubauen. Er ersuchte mich zum Schluss auch
noch, an Minister Patolitschew, den er kennengelernt hatte,
einen herzlichen Gruss auszurichten und ich hatte dies dann
auch tatsächlich bei meiner Fahrt auf den Flughafen getan und
bemerkt, dass Patolitschew darüber sehr erfreut war und ebenfalls
herzliche Grüsse dem Bundespräsidenten übermittelte, die ich
telefonisch versuchte sofort bei meiner Rückkehr mitzuteilen.

In der Fremdenverkehrwerbung hatte ich eine Aussprache mit dem
Geschäftsführer Min.Rat Langer-Hansel und einem jugen Team
von vier Leuten. Langer-Hansel zeiht diese Leute heran um
wie er rrichtig sagt, eine neue Arbeitsgruppe zu installieren.
In dieser Beziehung, glaube ich, war er sehr grosszügig und wahr-
scheinlich auch sehr erfolgreich, denn ich glaube auch dass
diese jungen Leute nicht nur mit Elan, sondern auch mit neuen
Ideen an die Probleme herangehen. Allerdings und dafür habe ich
Verständnis, versucht Langer-Hansel in der Organisationsform
die er jetzt ausfbauen will, die alten und ausgedienten, aber
irgendwie sozial Bedürftigen Fälle irgendwie im Organisations-
apparate zu erhalten. Dagegen wäre soweit
soziale Bedürftigkeit vorliegtm nichts einzuwenden, ich werde
mich aber dann ganz entschieden gegen die Methode wenden, in
der Organisationsform, das hierarchische nach Seniorität, d.h.
nach Alter und nach Anwesenheit in der Fremdenverkehrswerbung
aufgebaute System fortzusetzen. Ich erkenne die Herren in

der Fremdenverkehrswerbung nicht . Ich hatte nur glaube ich


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ein ungeheures Glück, denn bei der ersten Gruppe, die wir besprachen,
z.B. Werbung tippte ich auf das Problem Presse und sagte,Prof.
Stradal, den ich ja vom Kurier her mit seinen Artikeln kenne,
sehr schätze, war aber überzeugt, dass er wahrscheinlich nur einen
Teil seiner Arbeitskraft im Interesse des Fremdenverkehrswerbung
einsetzt. Ich fragte deshalb, wer macht eigentlich die Arbeit der
Presse und wurde von den jüngeren Leuten auf einen gewissen Dr. Boehr
hingewiesen. Poehr dürfte tatsächlich der Arbeitsmann in der Presse-
abteilung sein, im Organisationsschema allerdings rangiert er ganz
ganz unten und wenn wir nicht 70 Angestellten hätten, sondern doppelt
so viel, würde er wahrscheinlich noch tiefer unten aufscheinen. An
Hand dieses Beispiels erklärte ich, dass es eben nicht so sein
dürfte, sondern dass es dringend notwendig sei, eine neue Organisa-
tionsform mir vorzulegen. wo die Veranwortung delegiert wird und
die Verantwortlichen nur – klar und deutlich – nur die sein sein
könnten, die auch die Arbeit leisten. Die Länder und insbesondere
die Landesverkehrsreferenten hatten bis jetzt immer nur gegen die
Fremdenverkehrswerbung Stellung genommen, weil der zentrale Apparat
nach ihrer Meinung überbesetzt ist. Es sind ja tatsächlich 70 Leute in
der Zentrale und nur 96 in den Aussenstellen in der Schweiz und in
anderen Ländern ist dies umgekehrt, d.h. es sind in der Zentrale
überhaupt nur einige Personen und dafür umso mehr Leute in den
Landesstellen. Wir können zwar, erklärte ich den jüngeren Leuten,
die Landesstellen nicht derzeit wesen6lich ausbreiten, wir müssen
aber, um die Angriffe der Länder und der Landesverkehrsreferenten
zu entgegnen, die Stellen in der Zentrale wesentlich reduzieren.
Ich selbst sagte, ungefähr auf die Hälfte. Die jüngeren Leute ant-
worteten mir und das hat mir sehr imponiert, Dr. Schuster meinte
es wäre aber unmöglich, dass sie diese Aufgabe übernehmen könnten,
das zeigt mir, dass er Mut hat und eben ganz einfach mir zu erkennen
gibt, was er imstande ist und was er nicht imstande ist. Ich war
aber über diese Bemerkung deshalb sehr erfreut, weil ich ihm sofort
sagen konnte, ich erwarte ja nicht, dass sie jetzt als die Totengräber
der Verkehrswerbung aufscheinen müssten, sondern dass das Reduzieren
der Beschäftigten, die nichts zu tun haben oder deren Tätigkeit nicht
notwendig ist, vom Geschäftsführer und von mir durchzuführen und zu
verantworten sind. Sie müssten nur eben jetzt erklären,
dass von mir und vom Geschäftsführer verlangt wird, eine entsprechende
Reduktionnder Zentrale und dass deshalb von den Kollegen selbst ent-


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sprechende Vorschläge gemacht werden müssen, welche Organisations-
form in Zukunft die richtige ist, die eben auch dann auch lange
Sicht gesehen, eine Reduzierung des Beschäftigtenstandes mit sich
bringt.

Eine Aussprache mit Sallinger hatte kein beonsderes konkretes Er-
gebnis ausser, dassich ihm den Brief vom Deutschen Aussenhandels-
minister zeigte, der verlangt, dass in Zukunft die österr. Regierung
mit der DDR eine diesbezügliche Vereinbarung für das Jahr 1971 und
die folgenden schliessen sollte. Da Sallinger jetzt nach Ost-Berlin
fährt, um dort eine Aussenhandelsstelle zu errichten, habe ich ihm
den Brief gezeigt und gleichezititg darauf aufmerksam gemacht, dass
ich von ihm erwarte, dass er mit den deutschen Stellen dahingehend
verhandelt, dass – wenn die österr. Bundesregierung einen solche
Vertrag nicht abschliesst und dies sei eher unwahrscheinlich – doch
dann auf Handelskammer-basis eine weitere Vereinbarung notwendig wäre,
um die Kammerabkommen dann auch für das Jahr 1971 und die folgenden Jahre
fortzusetzen. Ich beabsichtige abzuwarten, was die Besprechungen Sallin-
gers
mit den Ostdeutschen ergebn, bevor ich den Brief gemeinsam mit
Kirchschläger dahingehend beantworten werde, dass wir nicht bereit sind,
eine diesbezügliche staatliche Vereinbarung zu schliessen.

NR Hellwagner von dem Ranshofener Alu-Werk hatte mich ersucht, ich
möchte unbedingt den Generaldirektor von der SAKOG, und ihn empfangen.
Ich kam dieser Aufforderung natürlich unverzüglich nach und Direktor
Heller erzählte mir, wie dringend sie eine Erhöhung der Bergbauför-
derungshilfe benötigen. Sie hatten jetzt 1 Mio S zugewiesen bekommen,
rechneten mit 8 Mio, da sie für 25 Mio S Investitio en tätigen wollen.
Ich konnte nur in Anwesenheit von Min.Rat Gasser darauf hinweisen,
dass die OB alles genau prüft, dass aber die finanziellen Mittel
derzeit eine Erhöhung nicht möglich machen. Er fragte, ob er damit
rechnen könnte, zu einem späteren Zeitpunkt mehr Mittel zu bekommen.
Diese Möglichkeit wäre nach meiner Meinung nach nur gegeben, wenn
eine wesentliche Aufstockung des Bergbauförderungsbetrag von 40 auf
65 Mio S erfolgen würde. Die derzeitigen Mitteln müssen ausschliesslich
der GKB vorbehalten bleiben und als er bezweifelte, dass es diesen
Bergwerken so schlecht ginge, konnte ich nur darauf hinweisen, dass
sie ja bekanntlicherweise 12,5 Mio S bereits der Bergarbeiterversicherung
schulden. Und dass, wenn ich die 16,6 Mio S plus 8 Mio der GKB nicht
schon überwiesen hätte, sie nicht einmal imstande gewesen wäre, die


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Urlaubsremuneration für die Arbeiter auszubezahlen. Hellwanger
meinte, man sollte eben die Mittel perzentuell gleichmässiger ver-
teilen und dann unabhängig von der finaziellen Situation den Berg-
werken auch tatsächlich ausschütten. Dieser Argumentation konnte
ich mich nicht anschliessen, sondern sagte, im Gegenteil, ich könnte
mir sehr gut vorstellen, wenn er der Obmann der Gewerkschaft nicht
im Schärdinger Kreis wäre sondern in Leoben, dann würde er wahrschein-
lich eine solche Argumentation nicht vorbringen, sondern selbstverständ-
lich verlangen, dass diese Mittel vorerst dem notleidenden Bergbau
zur Verfügung gestellt werden müssen.

Tätigkeit: Leiter Wirtsch.pol. Abt. HK


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    Tätigkeit: Präs. LWK


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM, Leiter OB


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        Tätigkeit: SAKOG


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          Tätigkeit: ÖFVW


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            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
              GND ID: 119083906


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: AK, ÖIAG
                GND ID: 128336552


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                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GS Präs.konf. LWK AR Verbund
                    GND ID: 12906288X


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                      Tätigkeit: AK


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                        Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                          Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                            Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                              GND ID: 136291708


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                                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                GND ID: 118723189


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                                  Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                                    Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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