Mittwoch, der 22. Juli 1970

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Der österr. Gesandte in Teheran, Seiffertitz, der auf Urlaub
in Wien war, berichtete mit, dass die Iraner grösstes Interesse
daran hätten, dass wir Österreicher persisches Öl kaufen. Ausserdem
sollten gemeinsame Betriebsgründungen, Joint advanger, in grösserem
Umfange versucht werden. Die ÖMV hat sich jetzt an einem europäi-
schen Konsortium mit 5 % beteiligt, die in Iran Ölbohrungen durch-
führen.werden. Ich verwies ihn auf die ÖMV, insbesondere Gen.Dir.
Bauer, mit der sowieso eine Besprechung vorgesehen hatte, und
Feichtinger. Da ich wusste, dass Österreich versucht, derzeit
300.000 t Rohöl zusätzlich zu importieren. Betreffend Management-
schulung erklärte mir der Botschafter, dass vor einigen Monaten
er mit dem Rektor der Technischen Hochschule, Amin, diesbezügliche
Besprechungen geführt hatte und Amin sehr einverstanden war, dass
eine Managementschulung in ISFAHAN geschaffen werden sollte. In
Teheran wird derzeit überhaupt nichts mehr zusätzlich gebaut oder
errichtet, da mit 3 Mio Einwohnern diese Stadt bereits ein Sperr-
gebiet ist und im Umkreis von 150 km überhaupt nichts errichtet
werden darf. Deshalb wird auch eine zweite Fachschule, die erste
besteht in Teheran und wird von Direktor Müller, einem Österreicher,
geleitet, in Asfahal errichtet werden. Die Russen selbst errichten
in Isfahan ein Stahlwerk und werden dort auch eine Werkschule auf-
bauen. Besitzer dieser Schulen ist die kaiserliche Wohlfahrtsorgani-
sation. Teheran ist derzeit ein Diskussion im Gange, ob Iran eine
Pipeline in die Türkei bis SKENDERUM bauen sollen oder ob nicht der
Hafen wesentlich ausgebaut werden sollte, um die grossen japani-
schen Öltanker mit 600.000 BRT laden zu können. Das internationale
Ölkonsortium hat sich für Frachtschiffe entschieden und da Iran
einen grossen Export nach Japan hat, ist anzunehmen, dass sich daher
auch der Staat für einen Ausbau des Seehafens und der Frachtschiffe
entscheidet. Die Lage ist nach Meinung des Botschafters sehr stabil
Österreich hat ja in dieses Land den grössten Exportanteil vom
Nahen Osten, und wird in der nächsten Zukunft auch so bleiben.
Die von den westlichen Staaten immer wieder verlangte Garantie
gegen Verstaatlichung wurde nur den Amerikanern und der Bundes-
republik Deutschland vor längerer Zeit vertraglich gegeben, wird
derzeit aber keinem anderen Staat mehr ausgestellt. Unter anderem


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verlangt die Niederlande eine solche Regelung.

Frau Generaldirektor Bühn von der Austria Versicherung war wegen
eines ERP-Kredites gekommen. Sie selbst auf dem Karltheater-Grund,
den sie mit 7 Mio S erworben hat, ein Hotel bauen. Direktor Krebs von
der Hoteltreuhand AG hat ihr empfohlen und gesagt, dass nur der Mini-
ster dafür sorgen könnte, dass sie für die 80 Mio S Kosten, die sie
hat, ca. 30 Mio von ERP in Dreijahresraten a 10 Mio kriegen könnte.
Seinerzeit hat sie nämlich Hotel Prinz Eugen mit 60 % ERP-Anteil
bauen können. Ich erklärte ihr sofort, dass dies vollkommen unmöglich
ist, denn zur Errichtung Prinz Eugens mit 60 % ERP-Anteil war es nur
gekommen, weil zu diesem Zeitpunkt keiner ERP-Mittel wollte und des-
halb leicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Erster Versuch war,
mir die Entscheidung vorzulegen, ob sie ein Geschäfts- oder Warenhaus
daraus bauen sollte, welches einen höheren Profit für die Gesellschaft
abwirft als ein Hotel mit 400 Betten. In der weiteren Diskussion aller-
dings war sie bereit mir zuzugestehen, dass sie sowieso nur ein Hotel
bauen kann, da sie die notwendigen Baupläne bereits eingereicht hat
und auch schon genehmigt. Für den Bau zeigte ich das grösste Interessse
denn bekanntlicherweise fehlen in Wien mindestens 2 moderne Hotels
und Österreich und Wien inbesondere in an einem solchen Hotelbau sehr
interessiert. Sie selbst konnte mir auch mitteilen, dass Hilton und
ITT immer wieder zu ihr kommen, um sie um Geld für entsprechende Hotel-
bauten zu bitten. Die Austria-Versicherung führt eine eigene Hotel-
betriebs AG, die von Komm.Rat Scheiner geführt wird und derzeit über
1.000 Betten bereits hat. Vor Jahren hat die CA ihren Hotelbetrieb
abgestossen, da sie jährlich 2 Mio S Verlust gehabt hat. Sie, die
Austria-Versicherung, hat nun über die Hotelbetriebs AG sowohl Hübner,
Schönbrunn, als auch Kummer und ein Hotel in Graz und Zell am See
zu einem Hotelring zusammengefasst mit zentralem Reservierungssystem
wie es in den USA üblich ist und durch den Neubau von Prinz Eugen
bereits über 1.000 Betten und gebahrt aktiv.

Nachmittag kam Bürgermeister Achhamer von Telfs und ersuchte ebenfalls
um einen entsprechenden ERP-Kredit in der Höhe von 6 Mio S, da sie
ein Schwimmbad mit 20 Mill. bauen müssen. Als sozialistische Gemeinde
sind sie für 7.000 Bewohner verpflichtet, ein zweckmässiges Bad auch
im Interesse des Fremdenverkehrs zu errichten. Wallnöfer hat gesagt,
in seiner Gemeinde Mirming, die nur 1.000 Personen umfasst, hat er


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ein entsprechendes Bad bereits hingebaut. Das Jahresbudget der Gemeinde
beträgt 20 Mill. S und das Schwimmbad allein wird auch 20 Mill. S
kosten. Da die Mittel im Fremdenverkehrsteil des ERP mit 150 Mio S
beschränkt sind und 300 Mill. Ansuchen vorliegen, ersuchte ich beide
unverzüglichst einzureichen, wobei ich allerdings natürlich den Telfsern
den Vorrang geben würde . Denn die Austria Versicherung wird das
Hotel unter allem Umständen auch dann bauen, wenn sie keinen ERP-Kredit
oder nur einen geringen Anteil der gewünschten 30 Mio bekommt.

ANMERKUNG für Heindl: Bitte, dieses Problem mit den soz. Vertretern
im ERP besprechen.

Gröger ersuchte, dass ich den Präsidenten der Firma ARCAIR, Steppart,
empfange. Die Firma selbst will sich in Österreich mit Graphitelek-
troden-Erzeugung niederlassen und 90 % ihrer Produkte zumindestens
exportieren. Er war von der Botschaft falsch informiert worden, denn
er sucht nicht in Ostösterreich eine Betriebsstätte sondern in ganz
Europa sieht er sich um und wird gegebenenfalls im Westen Österreichs
ansiedeln. Die Firma ist aber ein kleines Unternehmen, das ca. 3 Mio
$ Umsatz und 80 Angestellte in Ohio. Diese Unterlagen konnte mir Mayer-
hofer
von der Wiener Betriebsansiedlungsgesellschaft geben, im Hause
wussten wir über die Firma übehaupt nichts. Der Präsident selbst teilte
uns dann mit, dass er 8 – 10.000 m3 Grund sucht. Die Vertreter NÖ waren
nur sehr unzulänglich informiert und nicht bereit. konkretes Material
zur Verfügung zu stellen. Das von der Handelskammer zur Verfügung ge-
stellte Material ist veraltet und unbrauchbar. Deshalb hat Gröger
die Niederösterreicher ersucht, sie sollten ihm endlich ein besseres
Material geben und ausserdem mehr zusammenarbeiten. Da sie dies bis
jetzt nicht gemacht haben, wird Gröger einen Brief an die nö. Landes-
regierung schicken.

Dr. Ottel von der ÖCI, der Bank die eigentlich bei Altmann den grössten
Schuldenanteil hat, war gekommen, um mir zu erklären, warum die Bank
den gerichtlichen Ausgleich beantragt hat. Die Erklärung war absolut
unbefriedigend, denn es ist richtig, dass vom Grundkapital 40 Mio
mit 30.6.1969 nur mehr 12 Mio Eigenkapital vorhaden waren, weil Ver-
lust und Verlustvortrag von 28 Mio S und bei allen Konstruktionen,
die man durchführt bereits eine Überschuldung von 8 Mio S mit 31.12.69
festgestellt werden musste, sodass der gerichtliche Ausgleich berechtigt
war.



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Unbefriedigend ist aber dennoch diese Erklärung. Die Bank hat
immerhin 240 Mio S Kredit an diese Firma gegeben, bei einem derzei-
tigen Umsatz von 120 Mio S und einen Monatsverlust von 1 Mio 3
ist daher kaum anzunehmen, dass sie einen Grossteil dieses Geldes
wieder herauskriegen wird. Ottel behauptete auch, dass die Firmen-
leistung, also nicht Generaldirektor Benedikt, der mit 40 % u d
nicht wie angenommen wird mit 25 % an der Firma beteiligt ist,
sondern auch Dkfm. Saller und der Betriebsdirektor Erlmann bereits
vor Monaten auf die Liquidation hingewiesen wurde. Eine Rücksprache
mit Saller hat ergeben, dass dies nicht stimmt, sondern dass er erst
vor acht Wochen das erste Mal direktt von der Bank erfahren hat, um
was es hier bei dem Betrieb geht. Es ist für mich und insbesondere
für Androsch auch gar keine Frage, dass hier noch Hintermänner –
Androsch vermutet den ehemaligen Generaldirektor von der ÖCI, Weninger,
an dieser Sache beteiligt und deshalb keine wirklich offene Aussprache
auch im Finanzministerium geführt wird. Laut Mitteilung von Ottel
hätte er mit einem Schweizer Konzern Schiesser Verhandlungen geführt,
die unmittelbar vor dem Abschluss gestanden wären, Schiesser hätte
für das Grundkapital 40 Mio S auch wirklich 40 Mio S bezahlen wollen,
währenddem die Aktionäre 60 Mio gefordert hätte. Die Bank wäre nach
Mitteilung Ottels bereit gewesen, die 20 Mio in irgendeiner Weise
zuzuschiessen oder zu überbrücken, im letzten Moment hätte sich
Schiesser aber überlegt und vom Kauf Abstand genommen. Nach Mit-
teilung Ottels verhandelt er ununterbrochen mit Interessenten
und glaubt, dass er auch tatsächlich, wenn der Betrieb durch
die Liquidation sich gesundgeschrumpft hat, dann verkaufen wird
können. Der Betrieb in Zwettl wurde bereits an ERG verkauft.

Tätigkeit: MR HM


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      GND ID: 118764136


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        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
        GND ID: 102318379X


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          Tätigkeit: GD ÖMV


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            Tätigkeit: Wr. Betriebsansiedlungsgesellschaft, Schwager Staribachers


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              Tätigkeit: Finanzminister
              GND ID: 118503049


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                Tätigkeit: ÖMV
                GND ID: 132912112


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