Mittwoch, der 15. Juli 1970

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Botschafter Eiselsberg aus Tokio, wird nach seinem Urlaub wieder
dorthin zurückkehren,teilte mir mit, dass auf seine Initiative die
Japaner in Wien eine wirtschaftliche Zentralstelle für die sechs
osteuropäischen Staaten errichtet hat. Ich glaube, wir sollten dieses
System, wenn es gelingt , auf alle asiatischen Staaten ausdehnen,
soweit sie überhaupt in Europa Fuss zu fassen versuchen. Seiner Mei-
nung nach sei Österreich in Japan sehr gut bekannt, aber Japan in
Österreich noch viel zu wenig. Gröger, den ich neben Meisel zu dieser
Sitzung gebeten hatte, bestätigte, dass wir in Japan noch grosse
Chancen hätten, insbesondere bestätigte er meine Meinung, dass im
nächsten Jahr damit zu rechnen ist, dass die Japaner auch Investitionen
in Österreich in grösserem Umfang tätigen werden. Nach Eiselsbergs
Meinung müsste in Südkorea viel stärker von uns bearbeitet werden,
die 30 Mio $, die die Kontrollbank derzeit garantiert, insbesondere
für die Errichtung des 25 Mio $-Projektes des Schiffsblech-Werkes
VÖEST und des 20 Mio $-Projektes ELIN Beteiligung an einem Kraftwerk
von denen 50,% die asiatische Entwicklungsbank bezahlt, sei ein be-
scheidener Anfang. Der Export Koreas explodiere fast, 68 wurden 500
Mio 1969 670 Mio und 1970 900 Mio $ als Exportrichtlinie erarbeitet.
Nord-Korea mit 14 Mio Bevölkerung sei bereits von den Japanern sei-
nerzeit hoch industrialisiert worden, Südkorea dagegen mit 32 Mill.
befinde sich erst auf dem Weg zu einer Industrialisierung, da ja in
den vergangenen Jahrzehnten sie ausschliesslich landwirtschaftliche
Produktionsgebiete gewesen sind.

Bei der grossen Heizölsitzung, wo über 70 Personen erschienen waren,
kam es ja mir primär darauf an, zu dokumentieren, dass das Handels-
ministerium alle Informationen weitergibt und keinesfalls, wie das
in der Tiroler Tageszeitung gestanden ist, der Bevölkerung nur Sand
in die Augen streut, wie das im vergangenen Jahr, so die Tiroler Tages-
zeitung, der Fall gewesen ist. Ausser dem Hinweis einiger Länder-
vertreter des Handels mit mineralischen oder festen Brennstoffen
wonach sie für ihr Bundesland mehr Kontingente oder mehr Zuteilung
von seiten der ÖMV wünschen, kam keinerlei positiver Aspekt zutage.
Dieses Raunzen und gleichzeitige hinter dem Landeshauptmann Verstecken,
der erwartete, dass bessere und zweckmässigere Versorgung für ihr
Bundesland Platz greifen wird , o der dass sie hoffen, dem Landes-


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hauptmann eine bessere Nachricht bringen zu können, veranlasste mich
zu der voreiligen Behauptung, ja bitte, wir werden alles tun und
lassen sie den Landeshauptmann recht herzlich grüssen. Ich hoffe, dass
dies nicht in die falsche Kehle von einer der Landeshauptleute kommt,
ich muss mich wahrscheinlich in dieser Sache noch viel mehr im Zügel
halten. Konkret werden wir nur die berechtigten Forderungen, 1. dass
die Bundesbahn versuchen sollte, entsprechenden Schnellbahnumlauf zu
garantieren, 2. dass sie versuchen sollte, aus Westen die Importe
womöglich über Klessheim zu leiten und nicht über den jetzt gesperr-
ten Salzburger Bahnhof, 3. die beim FM anhängigen Zollermässigungen
für Importe so schnell wie möglich abzuwickeln, erfüllen.

Das Interimsabkommen mit der EWG steht bei der nächsten Ministersitzung
an. Deshalb verlangt Leitner, man müsste auf höchster Stelle interve-
nieren, um Frankreich und Niederlande zu einer positiven Stellungnahme
zu veranlassen. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass der Aussen-
minister und ich nicht nach Paris und Den Haag fahren müssen, sondern dass
es genügt, wenn wir die Botschafter beide zu uns bitten. Der französische
Botschafter Leduc hatte sofort begriffen, um was es geht und auch den
Standpunkt seiner Regierung neuerdings dokumentiert. Sie fragt bezüglich
der Prozedut, ob Österreich den Artikel XXIV oder XXV des
GATT anmelden will. Der Artikel XXV – Ausnahmegenehmigung – kommt des-
halb nicht in Frage, weil dafür ein Waver von 2/3 Mehrheit notwendig
wäre, den wir nie bekommen. Der Artikel XXIV ist nach Meinung von Frankreich
nur möglich, wenn Österreich sich entschliesst, zu erklären, dass es
eine Zollunion anstrebt. Eine Freihandelszone würde Frankreich unter
allen Umständen als Ziel ablehnen. Inhaltlich müsste klargestellt
werden, was mit der weiteren Harmonisierung mit den Land- und forst-
wirtschaftlichen Produkten usw. geschehen müsste. Und was den Zeitpunkt
betrifft, wäre es notwendig festzuhalten, ob das Interimsankommen sofort
in Kraft treten sollte oder erst wenn mit den Erweiterungsverhandlungen
der anderen Staaten eine edngütltige Lösung gefunden wird. Unser Argument,
dass Österreich jetzt doch nur eine 30 %-ige Zollsenkung wünscht und
dies gegebenenfalls noch in Raten geschehe, wodurch keinerlei Wettbe-
werbsverzerrungen oder Verkehrsverlagerungen eintreten, wurde vom
Franzosen nicht akzeptiert, da er erklärt, wenn Österreich ein solches
Arrangement mit der EWG jetzt abschliesst, und es zu einem Miss-
erfolg führt, wenn die Beitrittsstaaten nicht endgültig mit der EWG
zurandekommen, dann würde Österreich ein Sonderarrangement haben, bei


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der EFTA noch Mitglied sein und andererseits für die EWG bereits
eine Lösung präjudiziell für alle anderen zukünftigen Verhandlungen
bestehen würde. Der Hinweis, dass derösterr. Export in die EWG von
50 auf 40 % zurückgegangen ist und dies doch eine Folge der Diskrimi-
nierung sei, wurde vom Franzosen beantwortet, das stimme, aber in
den letzten drei Jahren hätte sich doch die Exportziffer acuh der per-
zentruelle Anteil stabilisiert. Der Hinweis, dass Österreich durch
die Zollsenkungen in einem Verhältnis von 1 : 2,5 zu ungunsten Österreichs
mit der EWG abschneiden würde, wurde bestätigt aber andererseits er-
klärt, dies würde sich im Rahmen der Kennedy-Runde doch immer wieder
verkleinern. Leduc erklärte nur, dass selbstveständlich, wenn die
Beitrittsstaaten Grossbritannien, Dänemark, Island und Norwegen positiv
abschliessen, dass zu dem gleichen Zeitpunkt auch Österreich und die
anderen neutralen Staaten und EFTA-Mitglieder ein Arragement haben
müssen, weil ansonsten Zollmauern neuerdings aufgerichtet werden, die
jetzt zwischen Staaten niedergerissen sind. Unser Hinweis, dass wir
mit dem Interimsabkommen gegebenenfalls eine automatische Auflösungs-
kalusel aufbauen könnten, wenn es nicht zu weiteren Schritten kommt,
wenn also.nicht das Interimsabkommen in die Erweiterungsverhandlungen
eingebaut werden können oder wenn es zum Scheitern dieser Verhand-
lungen kommt, nicht der zweite und dritte Schritt von Österreich ge-
macht wird, wurde von dem Franzosen nicht akzeptiert, weil
er – wie ich glaube mit Recht – darauf hingewiesen hat, niemand könnte
doch dann neuerlich Zollerhöhungen durchführen. Es würde zwar die
automatische Auflösungsklausel wirksam werden, aber man üwrde dann
natürlich wieder Ausnahmen für diesen besonderen Fall mit der EWG
finden müssen. Der Hinweis, dass wir mit den neutralen Staaten, Schweiz
insbesondere, konform vorgehen wollten, fand grösste Verwunderung
bei Leduc, da er auf dem Standpunkt steht, dass die Schweizer derzeit
bereits so grosse Schwierigkeiten haben oder sie zumindestens zu er-
kennen geben, dass er kaum glaubt, dass es mit der Schweiz zu einem
Arragement kommen kann. Seiner Meinung nach behaupten die Schweizer,
dass sie die Land- und Forstwirtschaftlichen Regelungen keinefalls
akzeptieren können, da sie ihre Neutralitäts-Landwirtschaftspolitik
autonom unbedingt fortsetzen wollen. Die Währungswünsche der EWG könnten
seiner Meinung nach deshalb nicht von den Schweizern akzeptiert werden,
weil sie immer wieder darauf hinweisen, dass ihre Banken ein besonderes
Statut haben. Die Freizügigkeit des Arbeitsmarktes könnte nicht ge-
währleistet werden, weil sie – die Schweizer wieder – immer wieder da-
rauf hinweisen, dass sie ein Fremdarbeiterproblem haben, das sie


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autonom lösen können und viertens gedenken sie auch nicht die
Mehrwertsteuer einzuführen, da sie den Kantonen eine solche nicht
aufzwingen können. Aus diesen vier Gründen glaubt Leduc, würde
es äusserst schwer sein, mit der Schweiz zu verhandeln, mit Österreich
dagegen sehr einfach, weil solche Vorbehalte unsererseits noch nie-
mals gemacht wurden.

Der Niederländische Botschaftsrat Bourell war nicht imstände, etliche
Detaildiskussionen zu führen, sondern sagte nur, er würde unseren
Wunsch seiner Regierung sosofrt mitteilen.

Vier junge, wie ich sie bezeichnete – zornige Männer – Büroorganisation
Habenicht, Noever, Scholz und Laszlo – kamen, um mich für die IFABO
1971 einzuladen, was ich ihnen sofort zusagte. Mitterer hatte seiner-
zeit ebenfalls ein Geleitwort und eine Eröffnungsansprache zugesagt,
aber dann durch den Krach, den diese jungen Leute mit dem Gremium
des Büromaschinen- und Bürofachhandels bekommen hatten, zurückgezogen.
Katzinger, der Gremialvorsteher hatte scheinbar seinen politischen Ein-
fluss geltend gemacht, dass man versucht hatte, diese Fachmesse zu
sabotieren. Min.Rat Wagner, den ich zu der Sitzung bat, erzählte
mir anschliessend die Story. Ich ersuchte ihn und auch die jungen Leute
forderte ich auf, alles daran zu setzen, um mit dem Gremium zu einer
positiven Lösung in dieser Frage zu kommen, da ich auf dem Standpunkt
stehe, meine Funktion ist es, doch wo Widerstände und Gegensätze auf-
tauchen, diese zu beseitigen und zu glätten. Die IFABO-Leute teilten uns
mit, dass sowohl in der CSSR in Prag und ebenfalls auch in Zagreb.
entsprechende Fachstellen sich errichten, die warscheinlich versuchen
werden, auf den Westen überzugreifen. Ihrer Meinung nach war es höchste
Zeit, dass Österreich und insbesonder Wien hier eine Barriere aufrich-
ten um diesen westeuropäischen Markt und insbesondere Österreich nicht
zu verlieren und ganz im Gegenteil sogar auf den Osteuropa-Markt
übergreifen.

Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


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    Tätigkeit: MR HM


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      GND ID: 119453290


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        Tätigkeit: "Spiritus rector" IFABO-Gründung


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          Tätigkeit: frz. Botsch. bis 1973


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            Tätigkeit: MR HM [1971 zuständig für das Messwesen; gemeinsam mit Pellech genannt; evtl. Falschidentifikation]


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              Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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