Dienstag, der 14. Juli 1970

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Der jug. Botschafter Vosnjak hatte eine Vorsprache und
drei Punkte.: Der Aussenhandelsminister Pablewics möchte zur
Wiener Messe zu einem Gegenbesuch kommen, bevor der Gemischte
Ausschuss wieder tagt. Zweitens der Warenaustausch entwickelt
sich für Jugoslawien sehr ungünstig. Betrug der Export 45 Mio $
gegen einen Import von 90 Mio $ im Jahre 1969. In den ersten
drei Monaten ist der Export 10 Mio $ und der Import 25 Mio $,
d.h. wenn dieser Trend weitergeht, wird Jugoslawien beim Export
stagnieren, aber fast um 100 Mio $ Importe hereinnehmen. Meine
Erwiderung, dass unsere landwirtschaftliche Produktion derzeit so
stark ist, dass z.B. nicht einmal mehr Mais importiert werden kann,
wurde mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Der Hinweis, dass wir
insbesondere mit Invisibles, d.h. durch den Fremdenverkehr den
Jugoslawen grosse Erleichterungen verschaffen, wurde dahingehend
erwidert, dass auch Jugoslawien einen starken Fremdenverkehr nach
Österreich aufzuweisen hat, insbesondere auch Ausflüge und im
Winter Skifahrer. Derzeit sollten nach Berechnungen der jug. Natio-
nalbank ca. 9 Mio $ nach Österreich geflossen sein.
Reiterer wies darauf hin, dass zu dieser schlechten Warenaustausch-
situation auch dazu beiträgt, dass seit dem 1. Oktober 1969 kein
Handelsrat mehr in der Botschaft sei. Slatkovics, der vorige Han-
delsrat, sei – wie der Botschaftermitteilt – nach Indien zu einer jug.
Firma gegangen , weil er dort um 100 % mehr verdient als im Staats-
dienst. Für die konkreten Geschäften sei ja auch die jug. Handels.
kammer zuständig und er bestätigt neuerdings, dass unser Aussenhan-
delsstellenleiter in Belgrad, Herr Draschitz, sehr tüchtig sei.
Trotzdem war er für diesen verstekcten Angriff Reiterers sehr
dankbar,weil er dies jetzt nach Jugoslawien melden könnte und er
selbst immer versucht, so schnell wie möglich einen entsprechenden
Ersatz für Saltkovics zu bekommen. Drittens sollte ein Regional-
abkommen, das ja von Landeshauptmann Krainer immer wieder ge-
wünscht wird, zwischen der Südsteiermark und Jug. Region abge-
schlossen werden. Bei einem Besuch Jonas hätte ihm Waldheim auch
volle Unterstützung zugestanden. Mitterer dagegen hätte eine Er-
leichterung bestimmter Artikel in Aussicht gestellt. Kirchschläger,
bei dem auch schon einmal interveniert wurde, war sehr zurückhaltend
und auch ich sagte nur zu, dass ich verstehen könnte, das Jugoslawien


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dieses Problem im Herbst eneuerdings zur Sprache bringt. Eine wirk-
liches Regionalabkommen kann meiner Meinung ja gar nicht ge-
schlossen werden, da wir damit gegen das GATT verstossen würden.
Wenn es wirklich der jug. Druck sehr stark sein sollte, bliebe
uns als einzige Möglichkeit übrig, für spezifische jug.
Produkte Zollermässigungen zu gewähren, die wir dann natürlich
gattweit auf alle anderen Staaten auszudehnen hätten.

ANMERKUNG: Bitte entsprechende Notiz fotokopiert an Kirchschläger.

Im Ministerrat wurde die Tagesordnung ganz normal abgewickelt, wobei
interessanterweise auch der Antrag, dass Pultar auf Kosten des Käse-
verbandes nach Amerika fahrt, passierte, in der Vorbesprechung hatte
ich darauf hingewiesen, dass dies doch eigentlich sehr ungewöhnlich
ist, dass ein Staatsvertreter auf Kosten einer Privatfirma nach
Amerika reist. Im Hause hat dies ebenfalls grosse Verwunderung
ausgelöst, aber andererseits wurde die Feststellenung gebracht, dass
eben in der Landwirtschaft seit 25 Jahren andere Sitten herrschen.
Zu meiner grössten Verwunderung hat im Ministerrat, ohne dass wir
dies in der Vorbesprechung im Einzelnen diskutiert haben, Kreisky
auf das grosse Kompetenzgesetz, das nun geschaffen werden soll, hin-
gewiesen und verlangt, dass dies auch zu Protokoll genommen wird.
In diesem grossen Kompetenzgesetz ist vorzusorgen, dass das
Handelsministerium zu einem Wirtschaftsministerium ausgebaut werden
wird. Die bilateralen Besprechungen werden in der nächsten Zeit
nach einer grundsätzlichen Debatte in der Ministerratsvorbesprechung
durchgeführt werden. Er verlangte dann, dass ich diese Erklärung
auch im Rundfunk als Ergebnis der Ministerratssitzung öffentlich er-
klären sollte. Die Sektionschefsrunde, wo ich ebenfalls über den
Ministerrat berichtete, zeigte mir neuerdings, dass eine Koordi-
nation zwischen den einzelnen Sektionen noch immer nicht im ge-
wünschten Umfang stattfindet. Ich komme immer mehr zur Überzeugung,
dass das Ministerium oder eine Ministeriumführung gar nicht das ent-
scheidende ist, hier kann man durch Ministerbüros oder Grundsatz-
abteilungen versuchen, einen neuen Führurgsstil zu entwickeln. Was
aber fast unmöglich ist, ist die Königreiche der Sektionen irgend-
wie zu integrieren. Dabei geht diese Selbständigkeit nicht nur so
weit, dass jede Sektion ihr eigenes Sektionsleitung hat mit ihrem
eigenen Büro, sondern dass in Wirklichkeit jede Sektion ängstlich


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bemüht ist, nur ihre Kompetenz zu erhalten und sich gar z.B. besonders
anstrengt, neue Arbeiten zu kriegen, sondern ein jeder ist auf sein
Arbeitsgebiet so eingefahren, dass er nur diese und ausschliesslich
diese erledigen will. Meinem Dafürhalten nach müsste sich doch das Han-
delsministerium ganz besonders anstrengen, wirklich in den wirtschaft-
lichen Fragen entsprechend mitreden zu können. In Wirklichkeit – habe ich
den Eindruck – kommt es ihnen primär aber darauf an, nach uassen hin
eine entsprechende Kompetenz zu haben, ohne den materiellen Wert einer
neuen Kompetenz richtig zu erfassen zu können. Z.B. ist es Androsch
und mir vollkommen unerklärlich, warum die beiden Ministerien, d.h. die
Bürokratie auf der einen Seite das Finanzministerium, Min.Rat Manhart,
und auf der anderen Seite bei uns das Handelsministerium, Min.Rat Willen-
part
einen heftigen Krieg darüber führen, wer für die Nicht-GATT-Staaten
die Zollermässigungen antragsgemäss im Ministerrat einzubringen hat. Ich
hatte mich mit Androsch jetzt dehingehend geeinigt, dass formell das
Finanzministerium dafür zuständig sei, materiell aber alles nicht nur
im engsten Einvernehmen mit uns sondern auch nach unseren Grundsätzen
vom Finanzministerium durchgeführt werden muss. Wir kamen überein, dass
die beiden Minsterialvertreter und Zuziehung eines Verfassungsdienstmannes
solange zusammen verhandelt sollen, bis sie in diesem Sinne einen ent-
sprechenden Gesetzentwurf vorbereitet haben.

Bei einer Besprechung am Nachmittag über die Kokspreisverhandlung hatte
ich auch Gelegenheit, Min.Rat Schleifer über seine Personalvertretung zu
sprechen. Schleifer selbst hat mir ja in seinem letzten ÖAAB-Heft "bei
uns" einen entsprechenden Brief gewidmet. Ich war darüber gar nicht erbost,
sondern teilte ihm mit, dass er mit einer Antwort von mir zu rechnen hätte,
was ihn sehr freute und er beteuerte mit bei dieser Gelegenheit neuerdings
seine Loyalität und die seiner Mitarbeiter,des ganzen Hauses.. Ich erklärte
dass ich gar keinen Grund hätte, an dieser Loyalität zu zweifeln und er
kam neuerdings auf die Zeitungsmitteilung zu sprechen, die wie er mit
Recht sagte, nur aus dem Ministerbüro hat kommen können. Ich hatte des-
halb, nachdem nur Dkfm . Marsch bei dieser Besprechung anwesend war,
sofort Heindl und Koppe dazu berufen und Schleifer erklärte neuerdings,
dass er mir gegenüber allein – weil er derselbe Jahrgang und er ist ein
Häfenbruder und ich bin ein Häfebruder – er selbst war unter den Nazis
von 40 – 43 eingesperrt - sodass er sagte, er hätte für mich wirklich
eine sehr grosse Sympathie persönlicher Art, natürlich würden wir politisch
nie übereinstimmen. Auf diese Äusserung hin versuchte ich das Gespräch dahi


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gehend zu lenken, wie dieses beginnende Misstrauen abgebaut
werden kann. Schleifer behauptet, dass nicht die Leute uns gegen-
über ein Misstrauen zum Ausdruck bringen, sondern sich bei ihnen
jetzt ein Misstrauen aufbaut, dass sie bei uns vermuten. Er kam
auf die Grundsatzabteilung zu sprechen, die allerdings ja meistens
aus hauseigenen Leute gebildet wurde, die aber von den Sektionen
als die Gorilla-Abteilung bezeichnet wird, wie er uns mitteilt.
Er hat vollstes Verständnis dafür, dass diese andere Arbeitmethode,
die ich im Ministerium einführen will, zweckmässiger sein kann
Er sagt nur, dass dies sehr lange dauern wird und dann nicht einzel-
ne Schnitzer erfolgen dürften. Z.B. hat die Grundsatzabteilung für
die jetzt zur Diskussionstehenden Gesetzentwürfe,die
ressortmässig allerdings gar nicht bei uns sind, wie Preisrege-
lung, Preistreiberei, Lastenverteilergesetz, selbstverständlich
gewusst, welchen Plan sie einhalten müssten, damit diese Gesetzes
zeitgerecht mit Ende des Jahres beschlossen sind. Trotzdem hatten
sie von der Grundsatzabteilung einen Vermerk bekommen, wie die einzel-
nen Punkte und die einzelnen Termine genau festgehalten wurden.
Darin sehen die Sektionen eine gewisse Bevormundung, die entsprechend
abgelehnt wird. Ich glaube, dass hier wirklich die Grundsatzabteilung
mit mehr psychologischem Einfühlungsvermögen vorgehen muss, aller-
dings in der Sache natürlich entsprechend hart bleiben muss, wenn
wir eine neue Arbeitsmethode entwicklen, dann muss diese durchge-
führt werden und ich habe in der Arbeiterkammer genau dieselben
Schwierigkeiten am Anfang gehabt. Allerdings sind in der Arbeiter-
kammer sehr viele einsichtige Leute gesessen, die mitgetan haben
und dazu beigetragen haben, dass der Widerstand, der insbesondere
von Leuten gekommen ist, die eben nicht diese neue Arbeitsmethode
annehmen wollten, leicht überwunden werden konnten, im Miniterium
wird uns das viel schwerer gelingen.

Anschliessend an diese Aussprache ersuchte ich Koppe, da er ja als
Psychologe und als Meinungsforscher und P.R.-Mann dafür der best
ausgebildetste ist, sofort sich zu überlegen, wie wir diese auf-
tauchenden Schwierigkeiten im Hause überwinden.



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Bei einem Empfang am Abend bei Spar, wobei ich nicht einmal
wusst, um was es sich gehandelt hat, im Schwarzenbergplalais
konnte ich feststellen, dass ich in Zukunft besser darauf vorbe-
reiten sollte. Nicht dass ich in Schwierigkeiten gekommen wäre
und dort bei der Ansprache, die ich zu halten hätte, nicht sofort
entsprechende antworten konnte, auf de Vorwürfe, die der deutsche
SPAR-Vertreter gegenüber der österreichischen Einfuhrpolitik
undVerteilerpolitik vorgebracht hat. Sondern, da ich erklärt
hatte, ich würde mich nur sehr kurze Zeit dort aufhalten, bin also
nach meiner Ansprache an die Journalisten und einer kurzen Dis-
kussion wieder weggegangen, denn ich stehe auf dem Standpunkt, wenn
ein Minister sagt, er hat keine Zeit, dann kann er auch nicht
beim Buffett bleiben, sondern das entscheidende war, dass ich daher
die Gelegenheit versäumt hatte, mit den Leuten dort aus Deutschland
zu diskutieren und ich hätte, wenn ich gewusst hätte, dass diese
Leute dort sind, mir wesentlich mehr Zeit genommen. Nebenbei bemerkt,
die deutsche Landwirtschaftsvertretung, die für Propaganda ca. 100 Mio
DM zur Verfügung hat, war mit entsprechenden Spitzenkräften erschie-
nen und selbstverständlich waren auch die österreichischen landwirt-
schaftlichen Vertreter anwesend. Sekt.Chef Pultar, Brandstätter,
Korbl von der Präsidentenkonferenz und von der BHK LAbg.
Obmann der Handelskammer in der Konsumenteninformation.

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Tagesordnung 13. Ministerratssitzung, 14.7.1970

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Tätigkeit: UNO-Generalsekretär


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: stv. Gen.Sekr. LWK


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Beamter HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
          GND ID: 102318379X


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                GND ID: 118723189


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                  GND ID: 118566512


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


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                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Finanzminister
                          GND ID: 118503049


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: GS Präs.konf. LWK AR Verbund
                            GND ID: 12906288X


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                                  Tätigkeit: SC FM


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