Im Institut für Gesellschaftspolitik hatte ich als Obmann des
journalistischen Zweiges wieder ein Arbeitsessen mit der Presse
vereinbart, wo unsere Studie von der Arbeiterkammer, betreffend
die ausländischen Beteiligungen und die ausländischen Unternehmungen
in Österreich der Presse übergeben wurde. Die Einleitung hatte
Edi März geschrieben und ich konnte mit Vergüngen feststellen,
dass er sich wirklich im letzten Jahrzehnt sich sehr gewan-
delt hatte. Bei der ersten Studie musste ich mit ihm noch die
heftigsten Diskussionen führend.-Diese Studie war 1961 erschienen.-
ob es zweckmässig ist, ausländisches Kapital nach Österreich herein
zunehmen oder ob es nicht durch dieses Überfremdung für die öster.
reichische Arbeiterschaft ein Nachtei sei. Ich glaube, dass er
jetzt eingesehen hat, dass – wenn wir, wie ich es immer ausdrücke,
in Österreich keine initiativen Unternehmer haben - es dann in
einem kapitalistischen Staat – und ein solcher ist Österreich –
notwendig ist, ausländische Kapitalisten zu veranlassen,die
kapitalistische Funktion in Österreich zu übernehmen. Ich stellt fest„dass
bei dieser Aussprache vom Volksblatt niemand anwesend war, da
ich am Abend Gelegenheit hatte, bei Heurigen für die Inlandspresse
vom Bundeskanzler eingeladen, die Kollegin Stiegelmayer vom
Volksblatt zu treffen, hatte ich sie auf ihre Abwesenheit beim
heutigen Arbeitsessen angesprochen. Sie teilte mir mit, dass sie
keinerlei Einladung bekommen hätte und es zutiefst bedauere,
dass ein so geringer Kontakt derzeit ist. Sie glaubt, dass dies
auf eine Aversion von Koppe zurückzuführen ist. Ich sicherte ihr
zu, wir werden nachsehen, wieso eine Einladung nicht ausgesprochen
wurde, resp. wieso sie sie nicht bekommen hatte. Ich bin überzeugt
davon, dass ich einen Brief unterschrieben habe, wo auch das Volks-
blatt eingeladen wurde. Ebenso beschwerte sich bei mir Leibnitz
und er sagte, dass er ebenfalls keine Einladung bekommen hätte.
Er bat mich, dass wir ihm das Material zuschicken, was ich ihm
selbstverständlich zusagte.
Bei der Sektionschefrunde wurde mir neuerdings der Wunsch und
die Stellungnahme betreffend die Zuständigkeit des Handelsministe-
riums oder des Finanzministeriums bei der Aussendung einer Ver-
ordnung, womit die GATT-Zölle auf Nicht-GATT-Staaten angewnedet
werden, vorgetragen. Ich erklärte, dass ich dieses Probme neuer-
dings mit Androsch besprechen würde. Den Vorschlag, dass unsere
02-0290
Vertreter am Donnerstag überhaupt nicht mehr zur Sitzung
des Finanzministeriums gehen sollten, hatte ich nicht zugestimmt,
weil ich darin keinerlei positive Massnahme sehe. Sekt-Chef Schipper
teilte mir bei der Sitzung mit, dass die Verhandlungen mit dem
Budgetreferenten des Finanzministeriums abgeschlossen sind und
nur 4 Punkte offenblieben. Ich fragte in meiner Naivität sofort,
um welche Punkte es sich handelt und musste feststellen, dass
Schipper dies nicht im Detail wusste, sondern er eine Information
in Aussicht stellte. Ich bemerkte, dass ich hier das nächste Mal
vorsichtiger vorgehen muss, wenn ich einen Sektionschef in dem Fall blamieren
wollte, dann müsste ich meine angeborene Neugierde, sofort zu
fragen, um was es sich handelt, intensivieren. Allerdings ist
das, glaube ich, nicht sehr zweckmässig, denn es kann sich dann
herausstellen, dass der Sektionschef im Detail nicht informiert
ist und dann natürlich bei den anderen der Eindruck entstehen
kann, aha er will jetzt als Minister den Sektionschef in die
Enge treiben. Dies war aber wirklich nicht meine Absicht.
Ich glaube, überhaupt, dass wir wesentlich vorsichtiger mit
der Beamtenmentalität vorgehen müssen.
Am Abend entdeckte ich einen Artikel von Fritz in der Neuen
Zeit, der sich eingehend mit unseren Erlebnissen im Ministerium
befasst. Wanke, der dann als er den Artikel auch gelesen hatte,
sofort darauf reagiert, und sagte hier wäre sehr viel Porzellan
zerschlagen worden, stimmte mit mir vollkommen überein, dass
man zwar jetzt nichts mehr ändern kann, aber dass diese Art
der Geschäftsführung in einem Ministerium nur auf den schärfsten
Widerstand der Ministerialbürokratie stossen wird. Niemand wird
uns diese Indiskretion gegenüber der Presse als positives Ergeb-
nis werten.
Beim Heurigenabend hatte ich auch Gelegenheit, Fritz darauf auf-
merksam zu machen, ich bin überzeugt, er hat aber – da er
journalistisch auf dem Standpunkt steht, es war eine gute Arbeit
die er geleistet hat und geschrieben ist der Artikel von seinem
Standpunkt wirklich sehr gut -richtig gehandelt. Auch hier
werden wir in Zukunft wesentlich vorsichtiger vorgehen müssen.
Bei der Wirtschaftskommission der SPÖ, wo ichvor allem meinen
Bericht über die bisherige Tätigkeit und die Situation gab,
der dann von dem zuspätkommenden Veselsky ergänzt wurde, hat
es eine interessante Problematik gegeben. Ich wies die Genossen
darauf hin, dass die Bundesregierung bestrebt sein wird, im
Herbst auch ohne Gesetze – nachdem sie dann bereits ein halbes Jahr
im Amt ist – der Bevölkerung durch konkrete Massnahmen, die sicher
mehr optischen Charakter haben werden, zu zeigen, dass die Regie-
rung tatsächlich regiert. Ich schlug deshalb vor, wir sollten
uns unverzüglich an die Arbeit machen, um entsprechende konkrete
Vorschläge auch für die dafür in Frage kommenden Ministerien durch-
zudenken und auszuarbeiten. Veselsky meinte, dass es als wichtigste
Aufgabe jetzt gelte, die versprochenen längerfristigen Konzepte
zu entwickeln und selbstverständlich hat sich Edi März auf seine
Seite gestellt und erklärte, zwei Punkte erschienen ihm ungeheuer
wichtig , erstens die verstaatlichte Industrie also die Industrie-
politik auf diesem Sektor besonders zu fördern und zweitens die
Wohnbaufrage unverzüglich in Angriff zu nehmen, da ja hier
konkrete Versprechungen vorliegen. Da wir beide Massnahmen aber
in Wirklichkeit – so wie die langfristigen Konzepte Veselskys –
nur mit gesetzlichen Bestimmungen regeln können oder vor allem
aber grosse finanzielle Mitteln dafür benötigen, hatte ich eigent-
lich Bedenken so vorzugehen. Wanke schlug seinerzeit vor, man
sollte innerhalb eines Arbeitskreises unverzüglich durchackern
unser Wirtschaftsprogramm, aber auch unsere sonstigen Ideen zu
Papier bringen, die eine entsprechende, vielleicht auch nur optische
Lösung von Problemen anzeigen oder zumindestens aufzeigen.
ICh dachte, um ein Beispiel zu sagen, an die im Programm vorgesehene
Schaffung des Aussenhandelsrates. Ich war sehr angenehm berührt,
als ich als Vorsitzender zu fragen hatte, wer sich nun für die
Arbeitskreise interessierte. Für den längerfristigen Konzpet-
arbeitskreis war in Wirklichkeit nur Veselsky als der Anreger
als Vorsitzender und Edi März bereit wirklich mit Herz mitzutun.
Es haben sich dann glaube ich noch ein oder zwei Genossen gefunden, die mitmachten
ebenfalls mitmachten währenddem dem vom Wanke angeregten Arbeitskreis, den
den Wanke führen wird, wurden sofort über acht Genossen nominiert, weil
sie darin eine zweckmässige Arbeit sehen, die in nächster Zeit
auch zielführend durchgeführt werden kann.
Beimder Bezirkskonferenz im 21. Bezirk, wo ich über die fonanzielle
und wirtschaftliche Situation betreffend des zu erwartenden ver-
fassungsrechtlichen Erkenntnisses referierte, hatte ich als wichtig-
sten Diskussionredner – zumindest für mich – einen Betriebsrat von
den Paukerwerken, der erklärte, wir sollten uns von der sachlichen
Linie unter gar keinen Umständen abbringen lassen, die demagogische
Art der ÖVP würde bei den Arbeitern nicht ankommen. Ich versicherte
ihm im Schlusswort, dass mich dieser Diskussionbeitrag neben vielen
anderen deshalb als so wichtig erscheint, weil wir gerade das Vertrauen
dieser Genossinnen und Genossen in den Betrieben erhalten müssen,
denn von ihnen hängt es letzten Endes ab, ob wir diese Politik
durchstehen oder ob die Arbeiterschaft dann an uns irre wird.
und wir natürlich dann viel schwieriger die sachliche Arbeit für
sie leisten könnten.
Bei Heurigenabend nützte ich die Gelegenheit, um mit Androsch noch ein
mal über die ganze Sache Kompetenz Handels- oder Finanzministerium
zu sprechen. Er gab mir recht, dass er eigentlich dem Beamten der
während des Telefongespräches mit mir im Zimmer war, nur gesagt
hatte, er sollte nur die Unterlagen vorbereitet. Der Beamte aller-
dings – Min.Rat Manhart – nützte die Gelegenheit, um jetzt gleich-
zeitig ein fait compli zu schaffen und hat eben den Entwurf ausgesendet
Ich weiss, dass dies,jetzt für Androsch eine verfluchte schwierige
Situation ist, entweder müsste er jetzt den Beamten desavoieren,
ich glaube dass wir in Zukunft auch als Minister in Frage vorsichtiger
vorgesehen müssen, denn es stellt sich heraus, dass uns natürlich
die Beamtenschaft gegenseitig ausspielen könnte. Androsch stimmte
mit mir vollkommen überein, dass solche Fragen zwischen den Ministern
entschieden werden müssten und nicht durch solche Methode entsprechend
der Vorgangsweise seines Beamten hier endgültig erledigt scheinen.
Tagesordnung 10. Ministerratsssitzung, 23.6.1970
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