Da ich mit der Bundeskammer nach Schluss der Parlamentsarbeit
im Juli unverzüglich Besprechungen über die Gewerbeordnungsnovelle
aufnehmen will, hatte ich Sekt.Chef Habel gebeten, er sollte einen
diesbezüglichen Entwurf vorbereiten. Die Absicht, die ich dabei
verfolge, ist, dass aus dieser umfangreichen Materie eine konzen-
trierte Punktation erstellt werden soll, auf welcher Basis wir
dann mit der Bundeskammer Besprechungen aufnehmen. Bei dieser Ge-
legenheit fragte Sekt.Chef Habel, wieweit es richtig sei, dass
Min. Rat Hauffe den Auftrag hätte, eine Gewerbeordnung neu zu konzi-
pieren. Hauffe hat scheinbar die Besprechungen, die im Rahmen der
Grundsatzabteilung geführt wurden, dazu benützt, um in der Sektion II
während der Abwesenheit von Habel die Meinung zu vertreten, jetzt
müssten ihm alle Unterlagen ausgehändigt werden und er würde also
einen entsprechenden Gesetzentwurf erstellen. Übereinstimmende
Meinung sowohl von Sektionschef Habel als auch von Min.Rat Meisl
war, dass dies keinesfalls die Grundsatzabteilung machen könnte
und meine Absicht ist es auch nicht, diese Arbeit der Grundsatzab-
teilung zu übertragen. Es zeigt sich aber, dass wir wesentlich vor-
sichtiger vorgehen müssen, da Hauffe die Gelegenheit benützt, um
zu dokumentieren, dass er scheinbar dafür jetzt in Aussicht genommen
ist, obwohl übereinstimmend die Meinung bei uns vorherrscht, dass
er.dies gar nicht imstande wäre.
Ich besuchte auch nochmals den Wirtschaftsbeirat, wo die Industrie-
politische Studie gerade verabschiedet wird. Bei dieser Aussprache
konnte ich feststellen, dass die Bundeskammer vom seinerzeitigen,
schon akkordierten Text in der Arbeitsgruppe wieder abweicht. Ins-
besondere die Untergruppe Produktionssturktur wurde heftigst kriti-
siert. Der Ausweg wurde darin gefunden, indem man das Papier entspre-
chen zerlegte und anderen Kapiteln zuteilte. Unter anderem wird die
Einleitung beinhalten: Probleme der österreichischen Industrie. Der
Punkt Massnahmen zur Verbesserung der Produktionsstuktur wird im
Schlussowrt behandeln. Die Punkte, welche die finanzieirungsfragen
betreffen, kommen zun Kapitel Finanzen und die in irgendeiner Weise
an eine Planifikation erinnern, werden aus der Studie herausge-
strichen, so wird das Wort Industriekonzept ebenfalls entfernt,um
der Bundeskammer eine Zustimmung zu ermöglichen.
Die Hoffnung, dass sich die Bundeskammer also zu einem wirklichen
Industriekonzept wird durchringen können, sind damit eigentlich
gescheitert. Der Vertreter der Landwirtschaftskammer hat sich also
weitestgehend diesen Einwendungen der Bundeskammer angeschlossen.
Unter diesen Umständen werden wir im Ministerium auf diese Studie
kaum noch aufbauen können und vor allem fürchte ich, dass wir noch
weitere konkrete Arbeiten dem Beirat kaum übertragen können, weil
ich fürchte, dass die Bundeskammer dort nur Widerstand einer solchen
Arbeit entgegensetzen wird.
Bei der Sitzung in der Bürges hatte ich neuerdings Gelegenheit,
festzustellen, dass unsere Vertreter bei den Vorbesprechungen der
Handelskammern mit der Geschäftsführung der Bürges anwesend sind.
Dagegen ist an und für sich nichts einzuwenden, ich kann aber anderer-
seits immer wieder feststellen, dass diese Vertreter entweder nur
unzulänglich informiert sind oder mich nur informieren. Ich werde
deshalb jetzt in Zukunft viel mehr schriftliche Aufträge verteilen.
Ich konnte z.B. feststellen, dass der Vortrag des Geschäftsführers
Korinek vom Min.Rat Hauffe überhaupt nicht bis in die letzten Details
hinein verstanden wurde und andererseits MinRat. Wohlgemuth mir immer
nur bruchstückartige Unterlagen liefert, die kaum ein umfassenden
Bild der Bürges-Aktion geben.
Neuerliche Besprechungen mit Benya und Kreisky haben ein positives
Ergebnis gezeitigt, beide stimmen ja doch weitestgehend in der Politik,
die in der nächster Zeit eingeschlagen werden soll, überein und es
wurde vor allem jetzt von mir entriert, dass sie sich entweder einen
jour fix oder wenn dies nicht möglich so doch gegebenenfalls eine
Besprechung unter vier Augen vereinbaren.
Bei der Ministerratsvorbesprechung konnte festgestellt werden,
dass alle anderen Parlamentssitzungen wahrscheinlich abgesagt werden,
da das Verfassungsgerichtshofurteil das Parlament sehr stark redu-
zieren wird. Es sollen nur mehr zwei Nationalratssitzungen statt-
finden, die eine am 1.7. , wo das Problem der Witwenpension ge-
regelt werden soll, und zwar die Erhöhung von 50 auf 55 % für den
öffentlichen Dienst und damit im Zusammenhang jetzt allerdings auch
die Ausdehnung auf 60 %, und die erste Lesung über den Überstunden-
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Initiativ-Antrag der ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten. Die Zweite Sitzung
soll am 8.7. stattfinden, wo noch die Kompetenzgesetz-Novelle verab-
schiedet werden soll. Ebenfalls ist dort die Verabschiedung des Initiativ-
antrages über die Überstundenbesteuerung vorgesehen. Androsch plädiert
nach wie vor für einen festen Steuersatz für die Überstunden und für den
Übertundenzuschlag z.B. in der Höhe von 5 %, mit einem Plafond von
900.- pro Monat. Häuser selbst hat gegen diese Regelung Bedenken, weil
dadurch vereinzelte Kollegen eine höhere Überstundenbesteuerung haben,
als dies derzeit der Fall ist. Mit der derzeitigen Regelung von 260.-
Überstundenzuschläge-Freibetrag werden nämlich gewisse Einkommensschichte
und Arbeiterschichten besser fahren als mit der neuen Regelung, die
Androsch vorschlägt. Da wir über dieses Problem zwar sehr eingehend
diskutierten, aber keine Übereinstimmung feststellen konnten, wird
eine neuerliche Besprechung abgehalten.
Beim Innenminister wird jetzt eine Wahlrechtsreform vorbereitet, die
eine Level-Änderung des österreichischen Wahlrechtes beinhalten würde und des-
halb mit einer qualifizierten Mehrheit, das heißt mit 2/3-Mehrheit im
Parlament beschlossen werden. Sollte dies – was anzunehmen ist – nicht
durchgehen, so wird ein einfaches Wahlrechtsgesetz, das heißt ein
Gesetz mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Diese Zusicherung
wurde ja bereits vor etlichen Jahren der Freiheitlichen Partei gegeben
und soll nun insofern effektuiert werden, um das seinerzeitige Versprechen
einzuhalten und andererseits die Zustimmung der Freiheitlichen Partei
für das Kompetenzgesetz zu bekommen. Kreisky will eine neue Presse-
konferenz-Aktion starten und wird deshalb am Freitag, den 26. Juni eine
Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler, Innenminister, Außenminister und
Justizminister halten. Am Donnerstag, den 2. Juli wird Bauten, Land- u.
Forstwirtschaft und Verkehr eine Pressekonferenz abhalten. Am 3. Juli
wird der Unterrichtsminister und, wenn das Forschungsministerium
errichtet ist, Firnberg eine eigene Pressekonferenz halten. Ich selbst
erklärte,daß ich bei dem Sparkassentag eine Pressekonferenz zu be-
schicken hätte und deshalb von einer neuerlichen Pressekonferenz Abstand
nehme. Häuser teilte mit, daß die Personalvertretung bei ihm gewesen
ist und mitgeteilt hat, daß wenn bisher im Haus 28 Grad gemessen wurde
um 14 Uhr die Dienstzeit zu Ende sei. Häuser selbst erklärte ihnen, daß
er dies als nicht sehr richtig empfindet, da soundsoviele Zehntausende
Arbeiter unter wesentlich ungünstigeren Bedingungen weiterarbeiten
müssen. Im Unterrichtsministerium wird es überhaupt so gehandhabt, daß
nur die Leute, die in den oberen Etagen – den sogenannten "Bleikammern" –
arbeiten, früher nachhause gehen können. Da diese Regelung aber
bereits jahrelang in unserem Haus praktiziert wird, gibt es keine Mög-
lichkeit
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und Häuser hat deshalb auch die Anordnung nicht abgeändert, sodaß
in Zukunft bei Hitze entsprechende Betriebseinschränkungen im
Ministerium erfolgen.
Heinz Fischer vom Parlaments-Klub teilte mit, daß die Möglichkeit
besteht auf schriftliche Anfragen auch mündlich zu antworten, was
allerdings dann im Haus eine Debatte auslöst. Wenn aber günstige
schriftliche Anfragen an den Minister gerichtet werden, die für
eine Debatte zweckmäßig erscheinen, ist eine solche mündliche
Beantwortung von der Regierungsfraktion vorgesehen.
Der Auslandsdienst des ORF auf Kurzwelle kostet dem Staat 30 Mio
Schillinge im Jahr. Bisher war Rössl-Maydan damit beschäftigt.
Das Bundeskanzleramt will deshalb diesen Auslandsdienst einstellen
und die 30 Millionen für andere Zwecke zur Verfügung stellen.
Das Außenamt ersuchte allerdings – Kirchschläger wird entsprechende
Rückfrage mit den ausländischen Botschaften noch halten – ob eine
solche Auslandsdiensteinstellung doch für die Österreicher im
Ausland von Nachteil ist.
Mit Androsch kam ich überein, daß ich am Sparkassentag die For-
derung erheben werde, für die Bürges wirklich wieder die Bürg-
schaft in den Vordergrund zu stellen. Ich werde deshalb bei dieser
Sparkassentagung verlautbaren, daß die Bundesregierung beabsichtigt
eine Bundeshaftung für die Haftungsaufgaben der Bürges zu über-
nehmen. Damit würde die Zinses – wie sie in Wirklichkeit jetzt
heißen müßte – nämlich die Zinsenzuschußgesellschaft – wirklich
zu einer Bürges – einer Bürgschaftsgesellschaft – werden.