Freitag, der 19. Juni 1970

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Die Fremdenverkehrsfragen fallen ausschliesslich in die Kompetenz
der Länder. Ich hatte deshalb für eine Kommission einberufen, die
sich aus fraktionellen Länderverantwortlichen für den Fremden-
verkehr zusammensetzt. Die Genossen wurden mir von den Parteiobmän-
nern der Länder resp. sogar oft von den Landeshauptmann-
Stellvertretern soweit sie identisch sind und den Landeshauptleuten nomi-
niert. Ich hoffte, mit diesem Forum eine verantwortliche Stelle
zu haben, die imstande ist, wenn dann Beschlüsse gefasst werden,
dass sie auch in den Bundesländern durchgeführt werden. Die erste
Besprechung zeigte, dass zwar Vorstellungen von verschiedensten
Genossen – sehr positive Vorstellgungen sogar - vorgebracht wurden,
dass aber in Wirklichkeit ein konkretes Konzept bei uns noch
nicht vorhanden ist. Figdor teilte mir mit, dass bei der Programm-
diskussion von den Fremdenverkehrsfachleuten ein eigenes Fremden-
verkehrskonzept verlangt wurde, das aber leider ein solches nicht
von der Partei in Auftrag gegeben, resp. genehmigt wurde. Der Feh-
ler dieser Genossen bestand zweifelsohne darin, dass sie erst
viel gefragt haben, ob sie ein solches Konzept machen sollen, statt
sich hinzusetzen und eines zu entwerfen. Wir mussten deshalb die
Sofortmassnahmen ganz schnell in Angriff nehmen. Tatsache ist, dass
auch in den Länder keine wie immer geartete Vorarbeiten geleistet
wurden, sondern dass in Wirklichkeit nur, wie Newole aus Kärnten
berichten konnte, in diesem Land wirklich entsprechende Vorarbeiten
und konzeptmässige Ansätze vorhanden isnd. Um den Ball zurückzu-
spielen, werde ich deshalb offiziell an die Landeshauptleute ein
Schreiben richten, wo ich ersuche, mir die Konzepte der Länder mir
zur Verfügung zu stellen, damit ich in einem Grundsatzkonzept oder
in Durchführung dieser Konzepte die entsprechenden Konsequenzen
aus den Vorschlägen der Länder ziehen kann. Sicher ist nur eines
und das war übereinstimmend die Meinung der Konferenz, dass unter
gar keinen Umständen eine Kürzung der Fremdenverkehrsausgaben
durchgeführt werden könnte, die 11 %-ige Kürzung musste deshalb
unbedingt vermieden werden, um nicht in der Öffentlichkeit den
Eindruck zu erwecken, dass die sozialistische Regierung fremden-
verkehrsfeindlich eingestellt ist. Heindl hat in dieser Beziehung
eine sehr gute Entscheidung getroffen, er hat nämlich Langer-Hansel,
dem Geschäftsführer der Fremdenverkehrswerbung, als er fragte, ob
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er ein um 11 % gekürztes Budget erstellen sollte, erklärte,
da müsste doch erst abgewartet werden, was die Verhandlungen
mit dem Finanzministerium ergeben. Gleichzeitig hatte er ja
auch veranlasst, dass beim Finanzministerium die Verhand-
lungen auf Beamtenebene dahingehend geführt werden, dass – wenn
das Finanzministerium nicht zutimmen kann, dass diese Post
aus der Kürzung ausgenommen wird, bis der Minister Entscheidungen
vorlegen wird. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass es zweckm-
mässig und notwendig ist, beim Handelsministerium eine koordinieren-
de Stelle einzurichten. Diese Stelle wird versucht werden mit einem
Mann zu besetzen, das vielleicht auch dem Fremdenverkehrsressorts
des Verkehrsministers gewonnen werden kann.

Bei der Fraktionsvorbesprechung für den Wirtschaftsbeirat über
die Industriestudie wurde von den Genossen mitgeteilt, dass die
Bundeskammer scheinbar teilweise wieder von der schon vereinbarten
Studie abrücken wird. Es besteht die Absicht, dass zwischen Indu-
striellenvereinigung und Bundeskammer in dieser Frage eine sehr
grosse Spannung besteht. Ob es mir dabei gelingen wird, die Prä-
sidenten dafür zu gewinnen, dass sie der weiteren konkreten Bei-
rat in dieser Frage zustimmen würden, ist mehr als fraglich.
Mir erscheint es aber dringend notwendig, dass z.B. ein Hemmnis-
katalog und andere konkrete Untersuchungen vom Beirat geführt werden
Im Jahre 1966 hatte ich nach der schweren Niederlage der SPÖ einige
Genossen – und zwar ganz Linke und ganz Rechte wie Nenning und März
und viele andere – ersucht, wir sollten doch einmal die Überlegungen
anstellen, wie in Zukunft die SPÖ wieder in eine bessere Form und
zu besseren Ergebnissen geführt werden könnte. Wir hatten deshalb
im Annental einen ganzen Sonntag lang diskutiert und das Ergebnis
dieser Diskussion war ein Papier, das sich mit dem Titel P 70
bezeichnete. Ausgelöst wurde diese Bezeichnung durch einen Gag,
den Withalm mit O 66 die Wahlen in 1966 geschlagen und gut gewonnen
und ich wollte durch die Bezeichnung bekunden, dass es für uns
P 70 – Propaganda für die 70-er Wahlen – so heissen sollte. Ausserdem
hatte ich darauf hingewiesen, dass die nächste Debatte dann Qu 74
wäre und Qu 74 würde dann Quinnen im Jahre 1974 heissen. Diese
damalige Arbeitsgruppe, die ad hoc einberufen wurde, ist da z.B.
Günther Nenning einen Brief an alle geschickt hatte, woe er als
erste Forderung verlangt hatte, dass Pittermann alle seine Funk-
tionen zurücklegen müsste, auf schärfsten Widerstand gestossen.
(in damaligen Parteivorstandskreisen)


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Ich hatte damals ja bereits allen, die es hören wollten, erklärt,
dass wir niemals unsere Funktion darin sehen, einen Mann zu stürzen
oder aufzubauen, sondern dass unsere Funktion der "jungen zornigen
Männer" ausschliesslich darin besteht, die Überlegungen anzustellen
die in einem Sandkastenspiel für eine solche Partei notwendig sind.
Nebenbei bemerkt es handelte sich damals gar nicht um junge zornige
Männer sondern es waren die verschiedensten Gruppen und die verschieden-
sten Vertretungen, die sich halt mit intellektueller Spielerei wenn
man es so bezeichnen würden, nicht nur die Zeit vertreiben sollten
sondern auch glaubten, der Partei damit nützen zu können. Der damalige
Chefredakteur der Arbeiterzeitung, Kreuzer, der auch bei dieser Studie
mitgemacht hat, hat mir immer wieder versichert, dass es die einzige
war, die damals überhaupt Positives Ergebnis aus der Wahlniederlage
gebracht hat, dass nämlich Überlegungen eben in einer gewissen Richtung
angestellt wurden. Ich bin zwar überzeugt, dass viele andere Genossen
sich natürlich auch mit diesem Probme sehr eingehend beschäftigt hatten,
aber vielleicht war es nicht so systematisch wie wir damals diese
Arbeit geleistet haben, obwohl sie und das gebe ich sehr unumwunden zu,
sehr unzulänglich gewesen ist. Auf alle Fälle hat besonders Kreuzer,
aber viele andere auch, immer wieder auf Heinzi Fischer vom Parlaments-
klub gedrängt, man sollte doch diese Arbeitsgruppe wieder aktivieren
und Heinzi Fischer war deshalb schon vor längerer Zeit an mich heran-
getreten. Ich erklärte, sofort nicht nur mein Interesse an einer solchen
Tätigkeit, sondern ersuchte auch, dass man so schnell wie möglich, alle
Interessenten, die sich dafür interessieren und in Frage kommen, einladen
sollte. Es kam deshalb in der Städtischen Versicherung zu einer Rumpf-
besprechung, da eine technische Panne passierte und die Einladungen ver-
kehrt geschickt wurden. Ich musste den Bundespräsidenten am Flughafen
einholen und kam deshalb verspätet zu dieser Sitzungn. Gerade war die
Diskussion bei dem Punkt angelangt, ob diese Arbeitsgruppe ein sozial-
demokratisches Ideologie-Konzept ausarbeiten sollte. Ruperl Gmoser trat
scheinbar für diese Frage ganz besonders ein, denn er hatte gerade das
Wort und in seiner gewohnten Art verlangte er eine diesbezügliche Grund –
satzdiskussion. Ich sagte den Genossen, dass dies alles sehr interessant
sei, aber die Ideologie für die Achtiziger-Jahre, oder wie ich sagte
fürs Jahr 2.000 könnten wir vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt
nachholen. Nicht nachholen aber können wir die Sandkastenspielüber-
legungen, was geschehen wird, wenn der Verfassungsgerichtshof für
drei Wahlkreise die Mandate aufhebt und Nachwahlen erforderlich sind.
Ich konnte die Genossen davon überzeugen und wir begaben uns


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da es für die Versicherung schon sehr spät war, in mein Büro
wo wir dieses Sandkastenspiel durchführten. Da wir zu keinem
andgültigen Ergebnis kamen und Heinzi Fischer spät abends wegging,
hatte ich dann noch mit ihm vereinbart, dass er Samstag zu mir kommen
wird und wir werden neuerdings die Probleme durchdenken.

GND ID: 118761595


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    Tätigkeit: Fremdenverkehrsverband Ktn.


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      Tätigkeit: Journalist
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        Tätigkeit: RUEFA


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          Tätigkeit: -obmann


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              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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