Bei der Vorstandsfraktionssitzung in der Arbeiterkammer wurde
ich aufgefordert, einen Überblick über die Arbeiten des Ressorts
zu geben. Ich hatte allerdings die Absicht und habe das dann
auch durchgeführt, nicht allein über die Ressortprobleme zu
sprechen. Vorschläge über den Konsumentenrat wurden von der
Vorstandsfraktion einhellig gebilligt. Auch Benya war der Meinung,
dass der Konsumentenrat aufgebaut werden soll. Über die organisa-
torischen Voraussetzungen und über die Beschickung müsste noch
im Detail verhandelt werden. In der Diskussion fragte Hrdlitschka,
ob wir an den Konsumentenrat, der seinerzeit beim Bundeskanzler
Klaus von Bürkle geleitet war und wo Robert Bauer von den Lebens-
mittelarbeitern als Sekretär fungierte, Geld vom Handelsministerium
bekommen hatte.
ANMERKUNG für Koppe: Bitte, nachschauen, ob und wie dieser Konsumen-
tenrat finanziert wurde, gegebenenfalls Dr. Jankowitsch vom Bundes-
kanzler fragen.
Koll. Blümel machte ich glaube sehr richtig den Einwand, dass
wir diese Institution unbedingt anders als Konsumentenrat betiteln
sollen, damit er sich deutlich von der seinerzeitigen Einführung
Klaus in seinem Bundeskanzleramt unterscheidet. Benya teilte
mit, dass er mit Bacher eine Aussprache gehabt hätte, weil die
Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Rundfunk ins Stocken
geraten sind. Bacher hatte sich vorgestellt, dass seine Verein-
barungen mit den Betriebsräten eine Vereinbarung mit der Gewerk-
schaft über etwaige kollektivvertragliche Lohnregelungen erübrigen
würde. Er wurde nun eines Besseren belehrt und hat sich bereiter-
klärt, die Löhne um + 2,9 % zu erhöhen und ausserdem die Zulage um
5,9 Mio S für das halbe Jahr ebenfalls neuerdings zu erhöhen.
Betreffend seiner Forderung, nicht in die Paritätische Kommission
zu gehen, teilte er mit, dass der Aufsichtsratvorsitzende, in dem
Fall Kranzelmeier, auch während der Klausära über die Stellung-
nahmen des Paritätischen Unterausschusses für Preisfragen und über
die Paritätische Kommission nicht genau informiert hatte. Da das
Ministerium am Montag bereits den Budgetentwurf für das Jahr 1971
dem Finanzministerium übermitteln muss, und ich auf alle Fälle
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auch mit den Sektionsleitern über die Budgetentwurf durchführen
wollte, musste ich sie für Samstag vormittag in das Amt bitten.
Angeblich hat sie das überhaupt nicht gestört, sondern sie waren
wie mir Wanke mitteilte, sehreinverstanden.
Die Budgetsektion hatte einen ersten Entwurf ausgearbeitet, der
für den Sachaufwand einen Aufwand von 522 MiomS gegenüber dem
Rechnungsjahr 1969 von 260 und gegenüber dem Budgetvoranschlag 1970
von 388 Mio S aufgemacht hätte. Der Finanzminister hat im Hinblick
auf die kritische Budgetsituation 1971 und in Durchführung der Be-
schlüsse der Bundesregierung eine 11 %-ige Kürzung des Ermessens-
kredites für jedes einzelen Ministerium angeordnet. Diese Vorgangs-
weise war notwendig, da die Regierung übereingekommen ist, nicht
ein ausgeglichenes Budget mit einem Maximaldefizit von ca. 9,5 Mia
S vorzulegen, sondern auch nicht wie in der vergangengen Jahren
zuerst entsprechende Anforderungen der Ressorts an das Finanz-
ministerium zu übermitteln und dann in der Öffentlichkeit immer
wieder die Angriffe zu hören, wieso so und so viel hunderte Millionen
bei jedem Ressort jetzt nachgelassen werden können oder müssen.
Unser Voranschlag würde sich demnach von 388 Mio und ca. 34 Mio
verkürzen und 354 Mio ca betragen. Da mit diesem Betrag unter gar
keinen Umständen das Auslangen gefundenwerden kann – es gibt einige
Verpflichtungen, die bereits vom Finanzministerium in den vergan-
genen Jahren genehmigt wurden und deshalb weiter fortgeführt werden –
ergibt dies tatsächliche Budgetvoranschlag für das Jahr 1971 von
400 Mio S. Bei diesen Verhandlungen und Besprechungen habe ich den
Eindruck, dass die einzelnen Abteilungen ganz einfach glauben, je
mehr Geld sie verfügen, umso grösseres Ansehen kriegen sie, das
stimmt zweifelsohne, für aber dazu und ist wahrscheinlich nicht nur
in meinem Ressorts sondern überall, dass es ganz einfach zu den
krotesksten Forderungen kommt. Selbst wenn ein Ministerialrat nur
ein paar zehntausende Schilling zu verteilen hat, glaubt er schon,
er hat damit ein grösseres persönliches Ansehen und ist natürlich
bestrebt, diese Ausgabe natürlich im Budget unterzubringen.Meiner
Meinung nach müssten wir das ganze System ändern, dies geht aller-
dings nicht von meinem Ressort aus allein, sondern es müssten Be-
strebungen von der Bundesregierurg einsetzen, ein anderes admini-
stratives System auch der Geldverwaltung einzuführen. Wenn ich be-
rücksichtige, dass zu dem Sachaufwand ca. 400 Mio S noch 100 Mio S
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Personalaufwand dazukommt, für das Jahr 1971 werde es sogar
113 Mio S sein, so ergibt sich für mich ein sehr unzweckmässiges
Verhältnis zwischen den einzelnen Quoten. Da sämtliche Ausgaben
mit dem Finanzministerium abbesprochen werden müssen, frage ich
mich, ob es hier nicht wirklich organisatorische Änderungen bedürfe,
um zu einer wirklich rationelleren Verwaltung zu kommen. Ich
glaube, dies wäre eine Grundsatzüberlegung der Gruppe Vak, Fremuth
und Reithofer wert.
ANMERKUNG für Wanke: Ich glaube, wir sollten eine solche Aussprache
mit den Genossen in diesem Punkt herbieführen.
Anschliessend an die Sitzung kam Sekt.Chef Reiterer zu mir und
meinte, wir sollten – er wurde zumindestens von Marquet vom Aussen-
amt verständigt – eine Demarge bei unserem Botschaftern in den
sechs EWG-Ländern vorbereiten, dass Österreich auf die Interims-
lösung verzichtet. Ich widersprach sosofrt einer solche Idee
da ich weiss, dass Krichschläger hier mit,Recht eine ganz andere
Politik verfolgt, nämlich zu beweisen, dass Kreisky und er aber
letzten Endes auch ich an dieser Interinmslösung festhalten, wenn
es zu einer solchen kommen kann. Eine Demarge, die jetzt darauf
hinauslaufen würde, dass die neue Bundesregierung eine andere
Politik auf diesem Sektor machen üwrde, könnte nur dazu führen,
uns im stärkerem Masse noch anzugreifen als dies wahrscheinlich
in den nächsten Monaten sowieso der Fall sein wird. Ich bin nämlich
fest davon überzeugt, dass es zu keiner Interimslösung kommen wird
und deshalb die ÖVP behaupten wird, dass es nur der unzulänglichen
Politik der sozialistischen Alleinregierung zurückzuführen ist.
Kirchschläger soll, bevor dieser Schritt unternommen wird, um seine
Zustimmung gebeten werden. Es ist sowieso erst am Montag möglich,
wenn er sich in Budapest mit dem Staatsbesuch von Jonas befindet.
ANMERKUNG: Bitte, Aktennotiz für Kirchschläger