Freitag, der 29. Mai 1970

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Koppe war von der Idee, dass wir wegen der Kokssituation eine Presse-
konferenz machen sollten, gar nicht begeistert. Seiner Auffassung
nach konnten wir ja kaum etwas Positives melden. Andererseits wurde
er von den Redaktionen sehr bedrängt und stand vor der Frage, ob
wir nicht eine Presseaussendung machen sollten. Ich hatte vor 10 Tagen
zugesagt, dass ich im Klub der Wirtschaftsjournalisten eine Besprechung
haben würde, ich schlug vor, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt weiter
zuwarte und dann erst die Situation genau schildern werde. Bis dahin
hofften wir, dass wir von den Russen oder den Deutschen schon irgend
etwas bezüglich einer zusätzlichen Lieferung erfahren würden. Über
diesen Vorschlag war Koppe nicht sehr glücklich. Wir blieben sehr unent-
schlossen.Vormittags hatte sich der Fachverband der Bergwerke bei
mir angemeldet. Sie kamen mit einer Delegation, wo alle Bergwerke
vertreten waren, von der SAKOG Direktor Heller, von der GKB Dir.
Primavesi und von der WDK Direktor Zaininger. Vom Haus war Min.Rat
Dworak und Sekt.Rat Sterk von der OB, Dr. Wanke und Sekt.Chef. Reiterer.
Ich wies darauf hin, dass auch in der Besprechung am 21. Mai bei
der Obersten Bergbehörde von Seiten der Importeure und des Kohlen-
handels wiederum die Forderung erhoben wurde, dass entsprechende Kohlen-
importe auch auf Braunkohlenbasis durchgeführt werden. Er selbst ver-
trat die Meinung, dass es unmöglich sei, den österreichischen Bergbau
der Konkurrenz auszusetzen. Ich hatte verlangt, dass mir alle Ablehnungen
in Zukunft vorgelegt werden müssen.

Im Nationalrat hat mir Zingler einen Brief gegeben, wo ein befreundeter
Rechtsanwalt interveniert, dass Ablehnungen von Firmen, die er vertritt,
im Handelsministerium neuerdings überprüft werden sollen. Ich hätte
ohne diese Intervention sowieso auf Grund der Kohlen- und Kokssituation
eingegriffen und hatte deshalb folgendes feststellen können:
Die Jugoslawen hatten einen Vertrag auf 40.000 t, aus diesem Vertrag
wollte die Gaskoks 5.000 und die Firma Bartl 10.000 importieren. Diese
Anträge waren abgelehnt worden. Der Fachverband sträubte sich weitest-
gehend gegen Importe und ich konnte feststellen, dass die Direktoren der
SAKOG, also Heller, und der GKB, also Primavesi, viel aufgeschlossener
für Importe waren als der Fachverbandsvertreter. Denk erklärte aller-
dings im Laufe der Diskussion, das müsste man alles auf Tonband
aufnehmen, wahrscheinlichnwaren die Direktoren infolge der Kohlen-
situation bereit, Importen zuzustimmen, während sie im späteren Zeit-


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punkt vielleicht Vorwürfe machen würden. Jetzt dagegen sind sie
sehr umgefallen, und ich erklärte Denk, er sollte nicht päpstlicher
als der Papst sein. Von Seiten Zainingers (WTK) wurde nur das Er-
suchen gerichtet, dass auch eine dritte Firma, nämlich die Montan-
Union, die der Alpine gehört, bei Importen berücksichtigt werden sollte,
ausserdem gab es als vierten die Firma Übeleisen, die aber hauptsäch-
lich aus der CSSR Kohlen importiert und derzeit für 6.000 t Lizenzen
hat, wobei das Vertragsvolumen 35.000t beträgt. Einvernehmlich konnten
wir dann für die Montan Union 10.000 t, für Gaskoks Graz 3.000 t
und für Bartl 7.000 t festlegen. Die Montanunion kauft, wie mir mitge-
teilt wurde, auch im Inland brav, die Kohle auf, deshalb war sie,
ohne dass hier eigentlich ein Antrag von ihr konkret vorgelegt
wurde, in diese Importanträge aufgenommen worden. Die Montan-Union
kauft inbesondere Kreka-Kohle , während due Gaskoks und
Bartl Trifailer Kohle importiert. Alle diese zwei Sorten sind wesentlich
kalorienhälter, die WDK selbst hat ja nur 3.000-Kalorien-Kohle, die
bekanntliche weise sehr schwer zu verkaufen ist. Trotzdem hat die
WDK nur 16.000 t auf Lager und ist davon überzeugt, dass sie die in
kürzester Zeit jedenfalls verkaufen wird können. Zelinger von der WDK
hatte einleitend erklärt, man sollte doch immer koordinieren und ich
habe glaube ich in dieser Lösung gezeigt, dass ich bereit bin, sowohl
ihre Interessen als auch die der Händler und der Konsumenten zu ver-
treten und in der praktischen Koordinierung hier einen Schritt wei-
tergetan als sie es sich wahrscheinlich erwartet haben. Ich hoffe,
dass ich auch den Fachverbandssekretär Dr. Denk von dieser neuen
Methode überzeugt hatte. Da man darauf auch auf die Bergbauförderung
zu sprechen kam und ich müsste den Firmen mitteilen, dass derzeit
nur unzureichende Mittel, nämlich 40,5 Mio S, zur Verfügung stehen,
Man erklärte mit, dass dies ca. 8.- 3 pro t Stützung bedeutet, während
dem die BRD 140.- S pro Tonne dafür ausgbit. Der Plan, um die Berg-
werke zu entlasten und die Umsatzsteuer zu senken, eine
Forderung, die auch vom Fachverband neuerlich aufgegriffen wurde.
Die Umsatzsteuer sollte statt 5,5 wie sie die Landwirtschaft hat,
auf 1,7 % gesenkt werden, meinte Denk würden dem Staat cirka 35 Mio S
kosten. Tatsächlich konnten die Direktoren eine Rechnung erbringen
nämlich die GKB, die 71 % hat, würde 18 Mio S ersparen, die SAGOK
3 Mio und die WDk 4 Mio, insgesamt ergäbe das 25 Mio und nicht
35 Mio, wie Denk angenommen hatte. Entweder hat Denk alte Ziffern
gehalten oder vorgehalten, auf alle Fälle war dies für ihn nicht sehr
günstig. und er ist eigentlich hier mit Ziffern sehr leichtfertig um
gesprungen.



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Nach Auffassung von Fachverband hätten die flankierenden Mass-
nahmen mit 30. Juni auslaufen sollen, dadurch wären die Briketts
wieder in die ASt gekommen und es hätte der Staat aus Braunkohlen-
briketts einen Mehrerlös der Umsatzsteuer von 14 Mio und bei Stein-
kohlenbriketts einen Umsatzausgleichsteuermehrerlöse von 3 Mio ins-
gesamt also 27 Mio S erzielt. Denk erwiderte den Firmen, dass dies
bereits akkordierte sei und die Bundeskammer einer Verlängerung
der preisdämpfenden Massnahmen bereits zugestimmt hat.Die 25 Mio S
Umsatzsteuerausfall wären deshalb eine Budgetmindereinnahme, die aller
dings nur indirekt sich auswirken würde, weil wahrscheinlich
grössere Mittel für die Bergbauförderung zur Verfügung gestellt
werden müssen.

Die Besprechung beim Mittagessen mit Kienzl, Philip Rieger, er-
gab folgendes Bild:
Der Eigenblock des ERP-Fonds könnte der Investitionskredit AG
übertragen werden und wenn eine gesetzliche Änderung Platz greift,
damit könnte die 500 Mio von denen ca. 400 Mio liqudierbar wären,
für Investitionskredite der Industrie zur Verfügung gestellt werden.
Zweitens: Die Goldpolitik der Nationalbank könnte sich ändern, das
heisst es könnte Gold gegen Devisen getauscht werden, wodurch
der Staat aus den Gewinnen der Nationalbank mehr erlösen könnte.
Die Goldreserven sind ja ohne jeden Zinsertrag, während die
Devisen im Ausland der Nationalbank geborgt werden und im Vorjahr
7,25 % und wahrscheinlich heuer 8 % erlöst werden könnte. Derzeit
hat die Nationalbank eine stille Reserve von 1 Mia S, dies würde
wenn diese Goldreserve in Devisen umgetauscht werden würde und
mit 8 % die Verzinsung angenommen wird, 80 Mii Mehrertrag ergeben.
Die Gesamtgoldreserve beträgt derzeit 18 Mia S plus der stillen
Reserve 1 Mia, insgesamt also 19 Mia S. Eine Grösse, die ein Klein-
staat normalerweise unzweckmässig hortet, denn die Schweden und
die anderen Nordischen Staaten sind dazu übergegangen, meistens
Devisen als Währungsreserve anzulegen, damit sie einen entspre-
chenden Zinsertrag bringen. Diese Politik wird allerdings weder
von Kreisky, geschweige denn von den sozialistischen Vertretern
in der Nationalbank akzeptiert. Ich glaube deshalb kaum, dass


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dieser zweite Punkt zielführend sein kann. Auch betreffend des
ersten Punktes wirs wahrscheinlich Kreisky sich dagegen währen,
weil dadurch im ERP-Fonds weiterhin beschnitten wird. Eine weitere
Finanzierungsquelle könnte auf Grund des Nationalbankgesetzes
die Offenmarktpolitik sein, da die Investitionskredit titrierte
Papiere abgeben kann, die auch lombardfähig sind, so könnte damit
Mitteln der Investitionskredit zur Verfügung gestellt werden.
Voraussetzung allerdings ist dass diese Papiere über die Kontroll-
bank geführt werden, weil der erste Emmitent bei der Nationalbank
nicht lombardfähig ist. Da diese Probleme insbesondere Androsch be-
treffen, hatte ich ausdrücklich erklärt, dass Zeilinger, sein Ver-
treter im Ministerbüro zu dieser Eckbesprechung, wie ich sie be-
zeichnen würde, kommt.

Nachmittags kam die Industriellenvereinigung, geführt von Mayr- Gunthof, Fetzer , Kottulinsky, Marquet und Formanek. Vom Haus
waren Reiterer und Wanke anwesend. Fetzer ersuchte, dass die
finanziellen Forderungen der Industriellenvereinigung berück-
sichtigt werden, dass es nicht allein zur einer in der Regierung-
erklärung vorgesehen Lohnsteuersenkung kommen sollte. Wenn die
Sondersteuern verlängert werden, dann müsste auch auf die finanziellen
Forderungen de Industrie Rücksicht genommen werden. Er verlangte ins-
besondere die Kapitalberechtigung müsste verlängert werden. Und eine
Erhöhhung der Vermögenssteuer sollte nicht durchgeführt werden.
Wachstum könnte nur erzielt werden, wenn durch eine gesamte
Steuerreform die Industrie zur weiteren Investitionen angeregt wird.
Ich konnte sofort dagegen einwenden, dass die Hauptforderungen der
Industriellenvereinigung sowieso in der Regierungerklärung teilweise
erfüllt wurden und zwar dadurch, dass ursprünglich die Erhöhung der
Körperschaftssteuer als auch der Vermögenssteuer derzeit nicht mehr
zur Debatte steht. Sondersteuern könnten nicht ersatzlos auslaufen,
und deshalb wird es auf alle Fälle zu einer Erhöhung in den höheren
Einkommensstufen kommen. Marqeut verlangte, dass in der Handels-


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politik äusserst vorsichtig vorgegangen wird, insbesondere könnte
gegenüber Japan auf den Artikel XXXV des GATT nicht verzichtet werden.
Ich erwiderte, Reiterer hat mich bei einer Vorbesprechung darauf
aufmerksam gemacht, dass es auf die Dauer nicht möglich sein
wird, den Artikel XXXV weiterhin gegenüber Japan anzuwenden, da ins-
besondere nur mehr Portugal und Österreich dies tun. Frankreich zwar
noch formal, aber de facto nicht mehr. Die Argumentation von Seiten
der Industriellenvereinigung, dass wir gegenüber Japan sowieso
Zahlungsbilanz passiv sind, weil wir 354 Mio S gegen 567 Mio S
Importe haben, geht meiner Meinung nach an dem Problem vorüber,
da jetzt auch die EWG-Verhandlungen über die Auflassung des Art.
XXXV gegenüber Japan führt. Wir werden uns bemühen, natürlich so
lange wie die EWG, die zu keinem Abschluss gekommen ist, die Über-
gangsregelungen zu finden, aber auf die Dauer ist eine solche Dis-
kriminierung von Japan sicher nicht möglich. Der Hinweis, dass man
eine Ausweichklausel finden sollte, die aber denselbenEffekt hat,
nur einen anderen Titel, wurde von mir deshalb nicht akzeptiert,
weil ich auf demStandpunkt stehe, dass die auslänidschen Staat3n
ja nicht blöd sind und sofort erkennen, dass es hier um ein Täuschungs-
manöver handeln würde. Betreffend die Multilateralisierung, die jetzt
von den Oststaaten, von Polen insbesondere verlangt wird, verlangt
die Industriellenvereinigung ein vorsichtiges Vorgehen. Ich selbst
konnte allerdings sofort darauf hinweisen, dass es mir vollkommen
unerklärlich ist, dass der Handelsminister Mitterer seinerzeit
der UdSSR eine 100 %-ige Multilateralisierung als erste Phase und
einzige Phase mit 1.1.1970 zugesichert hat. Ich könnte mir vor-
stellen, dass man gegenüber den Oststaaten so wie gegen seinerzeit
Jugoslawien vorgeht, d.h. zuerst 30 %, dann 50 , dann 75 und letzten

Endes 100 % und jeweils feststellt, wie weit die l., 2., oder 3. Etappe
verkraftet wird, bevor man dann eine 100 %-ige Multilateralisierung
einführt. Zollpräferenzen gegenüber den Entwicklungsländern, wo wir
nachMItteilung Reiterers nur 30 % geben und die EWG dagegen 100,
wurden von der Industriellenvereinigung auch sehr stark kritisiert,
federführend dafür ist allerdings das Aussenamt und ich habe sofort
darauf hingewiesen. Eine Ausweichklausel wie die Industriellenver-
einigung verlangt, wonach der Anteil am Markt und die Menge, die
geliefert wird, in irgendeiener Weise festgelegt wird, werden wir
überprüfen, ich halte allerdings eine solche Regelung auch nicht


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für sehr zielführend. Insbesondere wird von der Industriellen-
vereinigung immer wieder Hongkong herangezogen und ich weiss –
Reiterer hat mich darauf aufmerksam gemacht – dass sie hoffen,
an Stelle des Antidumpinggesetzes, welches mit der Zeit kaum
wirksam und gehalten werden kann, ein sogenanntes Marktstörungs-
gesetz wünschen. Ich glaube es wird zweckmässig sein, wenn unsere
Grundsatzabteilung sich mit dieser Frage einmal auseinandersetzt.
Als letzter Wunsch wurde vom Verkehrsreferenten , Herrn Formanek,
darauf hingewiesen, dass insbesonder der Werkverkehr als Neben-
berechtigung in der Gewerbeordnung unbedingt erhalten bleiben
müsste un-d deshalb auch die Kompetenz beim Handelsministerium
als Gewerbebehörde für den ganzen Verkehr bleiben sollte. Da Mayr- Gunthof dieses Problem nicht genau kannte, ist es zu einer für mich
sehr interessanten Situation gekommen. Formanek erwähnte dass
der Werkverkehr jetzt unbedingt erhalten bleiben müsste, Mayr- Gunthof sagte, dass er unbedingt notwendig sei. Als allerdings
Formanek , was ich ja wusste , feststellte, dass sich sein Problem
über einen Werkverkehr erstreckte, der über 65 km hinausreicht,
machte Mayr-Gunthof eine Bemerkung, die ich hörte, indem er sagte,
ach das trifft mich eh nicht ! Es dürfte also in der Industriellen-
vereinigung jeder seine eigene Politik danach richten ,ob und
inwieweit er selbst davon betroffen wird. Da mir Mayr-Gunthof
erzählte, dass er mit Reiterer in der Kriegszeit unter einer
Decke oft den ausländischen Sender gehört hatte, und ihm deshalb eine
jahrzehntelange Freundschaft mit Reiterer verbindet, benützte ich
die Gelegenheit zu sagen, naja sie stecken je eh mit Reiterer immer
unter einer Decke. Er meinte bezüglich der gemeinsamen Politik und
ich dagegen behauptete, dass es sich nur darum handelt, eben auf
die seinerzeitige Vergangenheit bezüglich Abhörens von ausländischen
Sendern. Sicher ist mir allerdings eines, dass die Industriellen-
vertretung seheinbar insbesondere in dem Textilindustrie-Sektor
eine sehr Mayr-Gunthof'sche Politik betreibt. Reiterer wies dann
noch anschliessend darauf hin, dass wir gegenüber dem Osten eine
weitere Liberalisierung werden zugestehen müssen. Formanek wies
abschliessend darauf hin, dass mit Minister Frühbauer über die
Verkehrsprobleme eine Aussprache stattgefunden hat und dass er
sehr erbaut sei, über den Weitblick und das absolute Verständnis
für die anderen Verkehrsträger..Die Angst der Industriellenverei-
nigung, genauso wie der Bundeskammer, dass Frühbauer eine ausschliess-
liche ÖBB-Politik betreibt, ist unbegründet.



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Da wir am Donnerstag bei der Besprechung bei Kreisky auch
diesbezüglich ein Gespräch geführt hatten, konnte ich ihnen
erwidern, dass alle Bestrebungen, die die Industriellenvereinigung
erst am Dienstag ihm mitgeteilt hat, Frühbauer und wir bereits
durchdiskutiert hatten. Sie waren glaube ich sehr erstaunt, dass
wir so gut kooperieren. Das wichtigste war meiner Meinung nach,
dass durch den Zufall, dass am Donnerstag Feiertag war und wir uns
getroffen haben, der Eindruck entstanden war, als hätten wir ein
ungeheuer kooperierenden Team, mit einem fantastisch funktionierenden
Informationsfluss. Koppe hatte im letzten Moment doch eingesehen,
dass wir eine Pressekonferenz machen musste und er hat deshalb
sich mittags an die Telefonleitungen gehangen und alle Redaktionen
verständigt. Ausser den Bundesländervertretern – ich sah aller-
dings auch den Vertreter der Tiroler Nachrichten - kamen fast alle
Zeitungen doch zur ersten Pressekonferenz., betreffend die Koks-
versorgung Koppe hatte vorgeschlagen, am besten ist es einen
Offenbarungseid leisten in so einer Situation, d.h. keine wie immer
gearteten Ausflüchte zu verwenden. Ich hielt mich, so wie immer,
streng an sein Rezept und glaube, damit einen ganz guten Erfolg
erzielt zu haben. Peter Klar Redakteur vom Volksblatt, musste
am nächsten Tag im Volksblatt schreiben, in geradezu entwaffnender
Offenheit trat der Handelsminister vor die Presse, um zu erklären,
dass ein katastrophaler Kohlenengpass eingetreten ist, dass ein
Ende nicht abusehen ist und dass nichts anderes übrig bleibe, als
an die Käuferdisziplin zu appellieren. Minister Staribacher hat
durch seine Offenheit der Kritik viel Wind aus den Segeln genommen.
Das ist sicher seht geschickt. Trotzdem bleiben viele Fragen offen,
Fragen, nicht so sehr an den Handelsminister Staribacher, doch
vor allem an den Arbeiterkammerdirektor und SPÖ-Funktionär Stari-
bacher
.
Ich glaube, Koppe Fritzl hat mit seiner Pressepolitik,
die er durch zwei Jahre jetzt bei mir betreibt, eindeutig erwiesen,
wie wichtig ist, die Pressekontakte auf seine Art aufzubauen und
wie notwendig es wäre, dass die gesamte Bundesregierung hier
kooperierter vorgehen würde. Da ich die Pressekonferenz unseren
Pressereferenten Amtsrat Puffler leiten liess, war dieser glaube
ich auch für das Haus eine ganz nehe Methode. Koppe erzählte mir
nachher, dass er insbesondere feststellen konnte, das diese Ab-
teilung jetzt mit bedeutend grösserer Energie und Aufopferung
arbeitet und er hatte ihnen als Lob gesagt, ich hätte mich bei
dieser Pressekonferenz genauso gefühlt wie seinerzeit in der AK.



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Ich glaube, dass unsere Taktik vollkommen richtig ist, nämlich
die dafür zuständigen Stellen in Erscheinung treten zu lassen,
die Abteilungen und Sektionen herauszustreichen und nur durch
unseren Einfluss, sei es Wanke über die Grundsatzabteilung,
sei es Heindl über die Personal- und Fremdenverkehr- und sonstigen
Fragen , die er bearbeitet und Koppe insbesondere über Konsumenten-
schutz und Presse einen entsprechenden Einfluss und richtungs-
gebend zu wirken. Ausführendes Organ muss natürlich dann ich sein,
d.h. die Details und die Unterlagen die ich mir im Laufe der
Tage erarbeite, kann dann natürlich nur ich präsentieren. Ich
habe aber die Gewohnheit, dass ich doch einigermassen vorbereitet
zu solchen Aktionen, Besprechungen oder Pressekonferenzen gehe, so
dass nachher der Eindruck entsteht, dass ich ein ungeheures Fach-
wissen besitze, dies ist aber sicher eine mehr für mich sehr günstig
optische Täuschung, denn wahrscheinlich würden, wenn dann einzelne
genauere Details verlangt werden, ich nicht so gut abschneiden,
als dies bis jetzt der Fall gewesen ist. Diese ganze Aufregung
um den Keks wurde publizistisch durch einen Artikel der Arbeiter-
zeitung am Donnerstag ausgelöst. Dort hatte die AZ ohne mit uns
zu sprechen, die Arbeiterkammerziffern, die aber alle schon ver-
altet waren, herausgegraben und einen grossen Aufmacher auf der
ersten Seite gebracht. Koppe versuchte, in der Arbeiterzeitung
zu klären, wieso es überhaupt dazu gekommen ist und es stellte
sich dabei heraus, dass Romé hier nicht ganz ehrlich gespielt
hatte. Romé hatte am Mittwoch abends Koppe verständigt, dass er
nachdem er von ihm Informationen über die Kokssituation bekommen
hatte, zu seiner grössten Verwunderung feststellen musste, dass
im Umbruch oben eine Artikel jetzt gerade eingestellt wird,
und er dies nicht mehr verhindert könne . Tatsächlich hat Romé
scheinbar nicht nur von diesem Artikel gewusst, sondern die Heraus-
streichung der ersten Seite vor allem forciert. Koppe hatte des-
halb Pauli Blau, den Chefredakteur angerufen und darauf hingewiesen.
dass seiner Meinung nach hier in Zukunft besser kooperiert werden
müsste. Pauli Blau erklärte ihm, dass die AZ sich nicht vorschrei-
ben lasse, was sie für eine Politik machen würde und welche Meldungen
bringen wird. In weiterem Gesorächsverlauf konnte Koppe allerdings-
Blau überzeugen, dass die Vorgangsweise gerade in diesem Fall
nicht sehr zweckmässig und vor allem nicht fair gewesen ist.
Blau verlangte von Koppe eine schriftliche Darstellung um bei
der nächstenRedaktionsbesprechung dies zu klären. Da ich am


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nächsten Tag bei der Wiener Konferenz Blau traf und er mich
fragte, ob ich durch den Artikel sehr verärgert sei, sagte ich,
was geschehen ist, ist geschehen und im übrigen suche ich bei
der negativen Aktion auch das Positive heraus und ich glaube,
wir sind hier einigermassen gut über die Runden gekommen. Gleich-
zeitig machte ich ihn aber auf das Vorgehen von Romé aufmerksam.
Er versprach mir, Abhilfe zu schaffen.

Da wir in der nächsten Zeit eine Pressekonferenz mit der Tätigkeit
des Handelsministeriums im abgelaufenen Jahr machen müssen,
habe ich die Absicht, diese Pressekonferenz ganz anders aufzu-
bauen. Ich hoffe, dass Koppe mit mir übereinstimmen wird, dass
es zweckmässig ist, diese Pressekonferenz, das ein Tätigkeits-
bereich berichtet wird, in dem wir doch nichts zu tun haben,
sollte von Puffler wieder geleitet werden und gleichzeitig aber
die einzelnen Ressorts und Abteilungen, Sektionen usw. über ihre

tigkeit noch ergänzend berichten. Ich glaube, wenn wir dies machen,
wird dies erstmalig sein, dass die einzelnen in Erscheinung treten
können unter Anwesenheit eines Ministers, der in dem Fall nur zu-
hört-.

Abends hatte ich noch eine Besprechung mit Sektionschef Habel
und Wanke über das Pipelinegesetz. Er entschüldigte Frau Min-Rat
Mache, dass sie einen Tag Urlaub genommen hatte, was ich selbst-
verständlich erklärte, dass ich es als richtig empfinde, denn
im Mai könnte man mit wenigen Tagen eine ganz schöne Urlaubsdauer
durch die vielen Feiertage erreichen. Ich hatte unseren Pipeline-
Entwurf Sekt.Chef Dr. Fischer, dem Präsidialisten vom Verkehrs-
ministerium übermitelt, mit der Bitte, seine Meinung hiezu unver-
züglich mir mitzuteilen. Bisher war ja das Pipelinegesetz ins-
besondere an einen Einspruch des Verkehrsminister gescheitert und
ich wollte, obwohl Kreisky ja hier schon entschieden hatte, dass
ich ein solchtes Gesetz einbringen sollte, ausschliesslich im
Einvernehmen mit dem Verkehrsministerium, in dem Fall natürlich mit
dem dortigen Beamten vorgehen. Fischer hatte mir einige Änderungen
vorgeschlagen, insbesondere beanständete er, dass im Pipeline-
gesetz des Handelsministeriums die Kompetenzfrage zu Ungunsten
des Verkehrsministeriums gelöst ist, aber nicht einmal eine Mit-
wirkung vorgesehen ist. Ich hatte Sekt. Chef Habel von dieser Mit-
teilung noch keine Kenntnis gegeben, weil ich beabsichtigte, im


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Laufe des Gespräches von ihm selbst entsprechende Vorschläge
diesbezüglich zu erhalten. Wanke kannte das Schreiben von Fischer.
Tatsächlich kam es im Laufe der Diskussion heraus, daß Habel
selbst – ohne von mir eine Weisung oder auch nur eine Anregung
zu bekommen – meinte, es wäre doch vielleicht auch zweckmäßiger,
wenn wir das Verkehrsministerium entsprechend einbauen und diesen
Vorschlag nahm ich natürlich sofort begeistert auf, da ich jetzt
in der Bürokratie im Ministerium keinen Widerstand mehr bezüglich
der Kompetenzfragen erwarten mußte.
Bei der Fahrt nach Schwechat – zur Ankunft des Bundespräsidenten
von seiner Staatsreise nach Brüssel – hatte ich Gelegenheit mit
Androsch zu sprechen und wies ihn neuerdings auf die Entwicklung
bei dem Ausfuhrförderungsgesetz hin. Ich gab ihm auch sämtliche
Unterlagen, die ich von meinem Haus dafür erhalten hatte. Bei
neuerlicher Diskussion über die Budgetsituation, wobei er mir mit-
teilte er werde versuchen, doch einen Teil der Düngerstützung
und der Getreideausgaben einzusparen, konnte ich feststellen, daß
die Situation für ihn in dieser Frage äußerst kritisch wird. Ich
erklärte daher neuerdings, daß ich kaum erwarte, daß er größere
Mittel für eine Industrieförderung für das Jahr 1971 wird zur
Verfügung stellen können.
Bei der Ankunft des Bundespräsidenten versicherte mir Kreisky
ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit – neuerdings, daß
zwar meine pessimistische Einstellung, die ich bei allen Problemen
immer zum Ausdruck bringe, nicht vermissen wolle. Er sagte, er
begrüße es sehr, daß ich hier immer ein gewisses Gegengewicht
gegen die vielleicht allzu optimistischen Erwartungen mancher
Kollegen zum Ausdruck bringe. Ich bin nicht ganz überzeugt, ob er
wirklich so erfreut ist mit meiner Einstellung zu der ganzen
Regierungstätigkeit – das heißt ich wende mich ja nicht gegen die
Politik die ich im übrigen garnicht beabsichtige zu machen, sondern
wende mich ausschließlich als Fachmann gegen einzelne Beschlüsse,
die ich also für unzweckmäßig halte. Vielleicht ist Kreisky ja tat-
sächlich der Meinung, daß ihm mit ausschließlichen Ja-Sagern, die
ihm nicht nur neuerdings ganz energisch auf gewisse Schwächen oder
gegebenenfalls sogar Fehler aufmerksam machen wirklich schlechter
gedient ist, als mit einer harten aber sachlichen Kritik.

Tätigkeit: SAKOG


Einträge mit Erwähnung:


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:
        GND ID: 119100339


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Finanzminister
          GND ID: 118503049


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Chefredakteur AZ, ÖGB-Bildungsreferent


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Hotelier Lech


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Reg.R HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Sekretariat Androsch, Investitionskredit AG; Falschschreibung?


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO STEWEAG


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM? Falschschreibung?


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


                          Einträge mit Erwähnung:
                            GND ID: 125942052


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                              GND ID: 12053536X


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: MR HM, stv. Leiter OB


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                                  Tätigkeit: GF Fachverband Bergwerke; evtl. Falschidentifikation


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR HM


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                                      Tätigkeit: GF IV
                                      GND ID: 142815691


                                      Einträge mit Erwähnung:


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: IV


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                                            Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                              GND ID: 118566512


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: CR OÖ Volksblatt


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Dir. WTK, Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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