Bei Kreisky fand eine ganztätige Sitzung von Androsch, Weihs, Moser,
Frühbauer, Veselsky und mir statt. Ich glaubte zuerste, dass es
sich bei dieser Aussprache um eine Koordination der einzelnen budget-
mässigen Ansätze handelt, in Wirklichkeit aber wollte Kreisky eine
Information haben, wie weit die einzelnen Ressorts Massnahmen ergreifen,
die er dann letzten Endes auch am Parteitag, wo er sein Referat halten
muss, in sein Referat einbauen kann, um zu zeigen, was die Regierung
in nächster Zeit machen wird. Einleitend stellte Kreisky fest, dass
er mit den Bauern-Vertreten eine Besprechung geführt hatte, um insbe-
sondere darauf hinzuweisen, dass das Vorgehend der Bürokratie im
Landwirtschaftsministerium seiner Meinung nach unerhört gewesen sei.
Man hätte Öllinger, als er dort erschienen ist, gesagt, Minister
sollte ihnennjetzt seine Auffassungen sagen und er Öllinger sei dann
sehr geschwommen. Statt dass Öllinger auf seine Forderung gleich
so,reagiert hätte, dass er von der Bürokratie verlangt hätte,
was sie sich vorgestellt hat, hat er sich also auf das Glatteis begeben,
mit ihnen zu diskutieren, auf einem Gebiet, wo sie ihm natürlich durch
die jahrzehntelange Tätigkeit glatt überlegen gewesen sind. Diese
Vorgangsweise kann – da stimme ich Kreisky 100 %-ig zu – nicht genug
angeprangert werden. Weihs wird hier sicher ganz anders vorgehen.
Bezüglich des Jugendparlamentes am Mittwoch, wo die ganze Regierung
anesend war, hofft Kreisky entsprechenden Kontakt mit den
Jugendlichen und der APO zunbekommen und dadurch entsprechend beruhigend
auf diese Kreise einzuwirken. Nebenbei bemerkt, ist hatte bei dieser
Sitzung überhaupt nicht das Wort ergriffen, sondern wurde nur
beimBetreten des Saales von einem scheinbar Redakteur gefragt, was
ich dazu sagen würde, wenn die. Beate Uhse ein entsprechendes Ansuchen
um eine Konzession für ihre Artikel und Bücher, die sie vertreibt ma-
chen würde. Ich erklärte, dass ich für diese Frage gar nicht in dieser
Hinsicht bezüglich Schmutz und Schund zuständig wäre, sondern dafür
das Unterrichtsministerium kompetent sei. Heute konnte ich in der
Arbeiterzeitung lesen, dass ich mich sehr dafür ausgesprochen hatte,
dass sie nur kommen sollte. Kreisky ersuchte mich auch, da Peter
ihn gebeten hatte im Parlament in einer Ausschussitzung, ersollte
über die Investorenwerbung informiert werden. Ich werde eine dies-
bezügliche Mitteilung in Briefform an Peter ergehen lassen, wo ich
allerdings noch nicht die endgültigen Detailziffern des Aufwandes
mitteile, aber doch ihm entsprechende Unterlagen bezüglich der
jetzigen Investorenwerbungmethode zukommen lassen.
Betreffend die Kokssituation, die in der Arbeiterzeitung ganz groß
herausgestrichen wurde, nämlich dass Koks Mangelware ist und die
Preise in der letzten Zeit sehr gestiegen sind, wurde von Androsch
und einigen anderen mit einigem Missbrhagen zur Kenntnis genommen,
Ich selbst teile diese Meinung nicht, allein die Arbeiterkammer hat
ja auch dieses Problem aufgerührt, sondern stehen wir auf dem Standpunkt
dass wir derzeit kaum etwas unternehmen können. Kreisky selbst ersuchte
mich ich möge eine Pressekonferenz mac hen, damit man hier vielleicht
feststellen kann, dass dies ausschliesslich die Schuld der alten Re-
gierung gewesen ist. Ich werde mit Koppe wegen einer Pressekonferenz noch
diesbezüglich reden, glaube aber kaum, dass es zweckmässig ist, hier viel
nach Schuldigen zu suchen, denn auch die alte Regierung hätte kaum eine
grössere Menge von Koks sich reservieren können, weil Koks derzeit eine
knappe Ware ist, in ganz Europa und in der Welt. Kreisky kam dann auf
seine wirtschaftspolitischen Abgeordnetenkompetenzen zu sprechen und
stellete als erstes den ERP-Fonds heraus. Sowohl Waldbrunner als auch
ich mein Mandat zurücklegen hat die Partei die Notwendigkeit, Ersatz
zu nominieren. Für Waldbrunner soll Uher nominiert werden , und für mich
habe ich nachdem Wirlandner mich in der Früh ersucht hat, Stockinger
vorgeschlagen. Kreisky wird sich bezüglich Stockinger noch mit Stein-
ocher in Salzburg ins Einvernehmen setzen. Da Waldbrunner bis jetzt der
Vorsitzende unserer Fraktion war,wir aber in Zukunft sogar den Präsidenten
der ERP-Kommsission stellen, entspann sich eine längere Debatte, wer
dafür am besten geeignet ist. Kreisky will Uher dafür nominieren, ich
sagte, dies würde nur deshalb sehr schwierig sein, da alte Mitglieder
wie z.B. Slavik, Wirlandner, Kienzl aber auch Abt, die bisher
in der Kommission waren, sich übergangen fühlen würden. Sekt.Cehf Neudörfer
vom Finanzministerium, der derzeit auf das ÖVP-Konto in die ERP-Kommission
nominiert ist, wird vom Finanzminister auf alle Fälle zurückgezogen.
Bezüglich der Raumplanung wird die derzeitige Abteilung des Min.Rat John
erweitert, d.h. es wird sogar eine neue Abteilung gebildet, die sich mit
dem Problem der Raumplanung geschäftigt und John wird auch Abteilungs-
leiter dieser Abteilung werden. Man wird auch gleichzeitig versuchen,
Knapp und zwei weitere Mitarbeiter von ihm mit einem Sonderver-
trag in die Raumplanungsabteilung einzubauen.
Betreffend die mehrjährige Wirtschaftspolitik, die Veselsky als eine
Kompetenz bei sich installieren wollte, ich hatte erklärt, er könnte
das ohne weiters machen, da ich sowieso ein Ressortohne entsprechende
Kompetenzen sein würde, hat bei Kreisky nicht die Zustimmung gefunden.
Kreisky stand auf dem Standpunkt, dass höchstens eine Koordinierung
von seinem Ressorterfolgen wird, alles andere, die materielle Kompe-
tenz müsste also beim Handelsminister liegen. Wenn die sozialistische
Partei schon kein Wirtschaftsministerium durchgesetzt hat, so müsste eben
jetzt das Handelsministerium entsprechend ausgebaut werden. Ich bin nicht
überzeugt, dass dies dies end ültige Auffassung Kreiskys sein wird,
ich nehme eher an, dass er zwar Veselsky sehr gerne als seinen Staatssekre-
tär für sich einspannt, aber dass er doch nicht will, dass zu viel Kompe-
tenzen von ihm wahrgenommen werden. Ich habe deshalb dem Ernst Eugen den
Vorschlag gemacht, dass wir uns in der nächsten Zeit zusammensetzen soll.
ten, um abzuklären, was er mit seiner gesamtwirtschaftlichen Abteilung,
die John jetzt im Rahmen der Sektion V leitet, noch machen könnte. Tat-
sache ist, dass er ja dort keinerlei Appparat besitzt, allerdings wir
im Handelsministerium auch nicht. Bezüglich der Sektion IV wurde fest-
gestellt, dass diese in das Bundeskanzleramt hinüberkommen wird , aller-
dings handelt es sich hier ja nur um die Wahrnehmung der Eigentumsrechte
der verstaatlichten Industrie und es bleibt daher noch abzuwarten,
wie weit dort ein entsprechender Einfluss über die Rechte des Eigentümers
auf die einzelnen Vorstände geommen werden.kann. Es ist auch noch
offen, ob diese neue Sektion von Sektionschef Gatscha oder Min.Rat Frank,
die beide jetzt im Vorstand der ÖIG sind, wahrgenommen werden. Der der-
zeitige Sektionschef Cech, der im Verkehrsministerium auch die Energie-
sektion, die ebenfalls in der Sektion IV aufgegangen ist, mitführt, sollte
auf alle Fälle im Verkehrsministerium bleiben. Der.derzeitige Leiter der
Elektrizitätsabteilung ist als Gruppenleiter eingesetzt und ist
natürlich auch vom ÖAAB, namens Kovacs. Frühbauer teilt mit, dass er
das Koordinierungskomitee für Verkehr dadurch ändern wird, dass er an
Stelle des derzeitigen Vorsitzenden Seidlmann von der Luftfahrt,
Halbmeier dazunehmen würde, ich glaube sogar, er will ihn zum Vorsitzenden
machen. Die ÖBB wird insbesondere versuchen, durchnElektrifizierung
der Verbindungsbahn die Verschmutzung in Wien zu vermindern. Ausserdem
sol-l die Strecke Graz-Spielfeld, Kleinreifling-Hieflau und Linz-Sommerau
im Laufe der Jahre insgesamt 522 km elektifiziert werden. Dafür ist ein
Budgetrahmen von 1 1/2 Mia S notwendig, derzeit werden 300 Mio S pro
Jahr für das Jahr 1971 erforderlich sein. Die Mittel sollen durch eine
Verkehrsanlage der Verkehrskredit AG erschlossen werden. Ebenso soll im
Waggonbau jetzt 20 Niederfuhrwagen bestellt werden, die im Herbst über den
Arlberg eingesetzt werden können. Im Waggonbau sind ja noch nach dem
Waggonbauprogramm 9.000 ausständig und davon sollen jetzt die 20 Niederfuhrwagen bestellt werden.
Von der Industriellenvereinigung soll Formanek erklärt haben, dass
die,Industrie bereit wäre, ihre eigenen Waggons zu kaufen, wenn
sie entsprechende Abschreibungsmöglichkeiten hätten, wie sie das
derzeit bei den LKW es besitzen. Androsch wird dieses Problem noch
untersuchen. Für die Westbahn und Südbahn soll je ein Schnellbetriebs
zug eingesetzt werden, den die SGP bauen würde und 200 kmH erreicht.
Da in Tirol Wahlen sind, wird aber auch auf besonderen Wunsch
Kreiskys in Jenbach Komfortwagen und Schnellzugswaggons gebaut
werden bzw. bestellt werden. Bezüglich der Einstellung der Nebenbahnen
wird Frühbauer einen Bericht dem Nationalrat vorlegen und gleich-
zeitig aber auch den NR auffordern und die beteiligten Länder, Gemeinden
und sonstigen Stellen bezüglich dieses Einstellens in ihrem Sektor
Stellung zu nehmen. Die Idee ist, die Geleise auf den Nebenbahnen weg
zu reissen, dort eine Privatstrasse für die ÖBB zu machen, auf der
Bahntrasse mit entsprechenden Linienautobusse den Verkehr fahrplan-
mässig aufrechtzuerhalten. Für die Post sollte die Automatisierung
auf Grund des Fernsprechinvestitionsgesetzes fortgeführt werden. Ich
persönlich sprach mit dagegen aus, da ich auf dem Standpunkt stehe,
dass hier im Gebieten Telefonanschlüsse gemacht werden, die kaum
benützt werden und in Wien dagegen fehlen 47.000 Anschlüsse von
insgesamt 85.000 in ganz Österreich, die wenn sie entsprechend instal-
liert werden könnten sich sofort durch höhere Eingänge bei der Post
bemerkbar machen würden. Da keine Geldmittel für Wien vorhanden
sind, wird in Aussicht genommen, dass Frühbauer versucht, über.
Slavik eine Vorfinanzierung für die Wiener Anschlüsse zu erreichen.
Bezüglich der Schiffahrt wurde, da hier noch keinerlei konkrete Vorschlä-
ge vorliegen, eine Österreichische Donaukommission existiert aber sie
ist nicht sehr aktiv, beschlossen, eine interministerielle Besprechung
zwischen Bauten, Verkehr, Land. u. Forstwirtschaft, Finanzen und
Handelsministerium herbeizuführen. Moser erklärte, ein Hauptproblem
für ihn sei, dass auf Grund der Bundesverfassung nur die Enteignung
Bundessache sei und daher die Assanierung und Bodenbeschaffung und
das ganze Wohnbauproblem eigentlich auf einem verfassungsrechtlich
schwachen Boden steht. Weihs schlug vor, den Katatstrophenfonds, der
mit Ende des Jahres ausläuft und nach seiner Meinung nach ca. 1 Mia S
Investitionen garantiert, zu verlängern. Dies ist sowieso die Ab-
sicht der Bundesregierung, wobei das Land- und Forstwirtschaftsmini-
sterium 360 Mill. und die anderen Ministerien ca. 280 Mio insgesamt
640 Mio 8 verwenden können. Da derzeit auf dem Fonds für die
persönlichen Schaden 200 Mio 8 aufgelaufen sind, ergibt sich die Frage
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und wird mit dem Klub zu klären sein, ob man nicht versuchen
sollte eine Änderung für diesen Widmungszweck wie schon einmal
herbeizuführen. Weihs hat ein Fünfjahreskonzept von seinem Ministerium
für Hochwasser- und Wildbachverbauung und Lawinenschutz ausarbeiten
lassen. Darin soll auch insbesondere die Vorarlberger Lawinenver-
bauung stärker forciert werden Bezüglich der Überschüssprobleme
steht er auf dem Standpunkt und er hat sich hier schon wesentlich
gewandelt, dass bezüglich Getreide dies halb so schlimm sei,
da ja nur bei Weizen 200.000 t Überschuss derzeit ist, und heuer
eine schlechtere Ernte zu erwarten ist. Bezüglich der Milch wird
er versuchen, die zweite und dritte Qualität im Preis herabzusetzen
und gleichzeitig die Qualitätsbestimmungen für die erste Klasse zu
erhöhen. Allerdings will er dafür dann auch einen höheren Milchpreis
für diese Qualitätsklasse zahlen. Tatsächlich zu einer entprechend
geringen Anlieferung von Milch wird, weiss ich nicht, auf alle Fälle
will er den Krisengroschen dann erhöhen, wenn die Präsidentenkonfe-
renz so wie bisher einen diesbezüglichen Vorschlag macht. Ich per-
sönlich glaube nicht, dass die Präsidentenkonferenz diese Vorgangs-
weise, die sie zwar immer unter der ÖVP-Führung des Landwirtschafts-
ministeriums durchgeführt hat, auch unter eine sozialistischen Füh-
rung machen wird. Ich glaube eher, dass die Präsidentenkonferenz einen
solchen Beschluss nicht fassen wird. Bezüglich des Getreideüberschusses
will Weihs verscuhen, die Schweinemast zu forcieren und an Stelle des
Ferkelexportes , die Schweine auf 70 kg aufzufüttern, um sie dann
entsprechend in den Export oder im Inland unterzubringen. Ich selnst
teilte diese Meinung nicht und sagte, die Hauptschwierigkeit besteht
darin, dass man den richtigen Zeitpunkt für die Schweineproduktion
findet. Wenn es so wie heuer eine grössere Absatzmöglichkeit gibt,
so kann sich dies allerdings bis zum nächsten Jahr geändert haben.
Kreisky selbst war überhaupt erstaunt, dass Schweineproduktion und
Schweinefleisch eine Steigerung erfahren sollten, da seiner Meinung
nach insbesondere der Rindfleischkonsum zunimmt. Dies trifft für die
westlichen Ländern zweifelsohne zu, in Wien und Niederösterreich
kann allerdings noch mit einer Steigerung des Schweinefleischkonsums
gerechnet werden. Hinsichtlich des Weinüberschusses, derzeit ca.
600.000 hl, versuchte Kreisky Weihs dafür zu gewinnen, dass er un-
verzüglich mit den nordischen Monopolen Kontakt aufnehmen sollte,
weil er glaubt, dass in Schweden und auch in Norwegen könnten grössere
Mengen von Wein abgesetzt werden. Ich persönlich teilte diese Meinung
ja nie, da diese Staaten von Frankreich oder von Italien Qualitätsweine
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in wesentlich billigeren und gleichmässigeren Art erhalten
als dies bei den österr. Weinen der Fall ist. Ich stimme allerdings
zu, dass Kreisky recht hat, wenn ersagt, die Weinbauern sind erstens
mobil und zweitens leichterregbar und drittens zu einem Drittel
sozialistische Wähler, die als Geldleute zu betrachten sind und
deshalb eigentlich nicht verärgert werden sollten. Bezüglich der
Kartoffelproduktion wird – wie Kreisky mitteilte, Nestle und
Felix mit US Food-Corporation einen entsprechenden Betrieb in
Waldviertel errichten , wo ca. 60 Beschäftigte untergebracht werden
können und der sich insbesondere mit einer Verarbeitung von Kartoffel-
mehrl beschäftigen wird und dadurch der Industriekartoffelverwertungs
AG in Gmünd Konkurrenz machen wird. Bezüglich der Tiefkühlproduktion
teilte Kreisky mit, es bestünde derzeit grosse Angst in dieser
Branche, dass die Hydrierungsverfahren ihnen wahrscheinlich in Zu-
lunft grosse Konkorrenz machen wird. Betreffend die Bergbauern
schlug er ein Bergbauernsymposium für Europa vor, wo er dann gemeinsam
mit der BRD, Frankreich, Italien, Schweiz und auch die nordischen
Staaten daran teilnehmen würden. Hinsichtlich der Forstproduktion
sagte Weihs, würden zwei neue Plattenwerke beabsichtigt
sein und Kreisky selbst erwiderte auch bezüglich der Zellulose
müsse etwas geschehen. Ich selbst sprach mich sowohl gegen die
zwei Plattenwerke aus, weil wir derzeit genug Holzfaserplatten-
erzeuger haben, der Hinweis von Weihs, dass die beiden Werke nur
exportieren würden, glaube ich nicht und auch bezüglich der Zellulose-
produktion von Wanrdecker, der ein grosses Werk an der Donau er-
richten will, konnte ich nur meine Bedenken geltend machen, da ich
ja weiss, dass damit die kleineren österr. Werke, die gerade in
den Alpentälern liegen, äusserst gefährdet wären. Die Bundesre-
gierung wird sich dies noch sehr genau überlegen müssen. Als
nächstes erwartete Kreisky scheinbar von mir einen sehr grossen
Bericht, ich selbst sagte ihm aber nur, dass ich ihn ersuchen
würde, jetzt die Umfunktionierung des Ministeriums herbeizuführen,
indem ich auch die Konsumenteninteressen im wohlver-
standenen Interesse von Handel, Gewerbe und Industrie ausbauen
müsste und hoffe, dass die Bundeskammer hier mitgeht. Ebenso sagte
ich, dass wir bezüglich unserer Industrialisierungspolitik oftmals
auf das Gutachten des Beirates im Einvernehmen mit den Interessens-
- vertretungen weiter fortfahren wollen, da auch ich nicht einen
entsprechenden Apparat in meinem Ministerium habe.
Und auch nicht aufbauen könnte. – kurzfristig .-.
Die Vorgangsweise, dass man sich entsprechende Fachleute
suchen sollte, benützte ich gleichzeitig, um auf den Ver-
treter von Electic-Tempo, Hutter, hinzuweisen, der ja bekannt-
lich auch bei ihm versucht, einen entsprechenden Vertrag zu
bekommen. Ich konnte in der Zwischenzeit in Erfahrung bringen,
dass die Investitionskredit AG den Mann als Konsulent be-
schäftigt hatte, Wirlandner aber jetzt beabsichtigte, ihn
zu kündigen, da er nur viel Geld kostet und kaum etwas ge-
bracht hat. Ich ersuchte Wirlandner, mir die Kosten, die er
ihm verursachte, mitzuteilen. Kreisky selbst erklärte,auch,
dass Veselsky den Mann an ihn verwiesen hätte, er mit ihm aber
nichts zu tun haben will. Ich wies dann darauf hin,dass
Hannes mir versprochen hatte, entsprechende Hunderte Millionen
für die Industrieförderung zur Verfügung zu stellen
ich allerdings dieses Geld noch nicht bei ihm sehe. Bezüglich
der Änderung der KFZ-Gesetzes und den Wunsch des ARBÖ und des
ÖAMTC entsprechend habe ich angekündigt, dass ein diesbezüglichen
Gesetzentwurf noch versuchet wird, in der Herbstsession ein-
zubringen. Ebenso das Pipeline-Gesetz. Androsch berichtete
über den Initiativantrag des Ausfuhrförderungsgesetz, das
noch am Freitag zwischen ihm, Koren und mir abgesprochen wer-
den soll. Ebenso berichtete er über die Landesfinanzreferenten
besprechung, die vierteljährig stattfindet und er sagte unver-
züglich zu, wenn ich mich dafür interessieren, was der Fall
war, könnte ich selbstverständlich daran teilnehmen. Bezüg-
lich der Sanierung der AUA hat sich ein sehr interessanter
Vorfall eraignet, als die AUA einmal eine Aufsichtsratssitzung
hatte und unterbrochen werden musste, ist Min.Rat Fischer
vom Finanzministerium, der angeblich eine grosse Niete ist,
mit der ÖVP gemeinsam zu einer Fraktionsbesprechung gegangen.
Tatsächlich ist die AUA in einer verflixt schlechten Situation
sie hätte jetzt die DC 9 zu bestellen, ein geisses Options-
recht besitzt sie darauf, wenn allerdings der Finanzminister
350 Mio S Schulden streicht und für 1,6 Mia S die Haftung über-
nimmt. Androsch ist dies nicht bereit, solange nicht
zu ersehen ist, wie die AUA tatsächlich zu sanieren ist,
eine Möglichkeit besteht ja nur in einer Fusion mit der
Schweizerischen Fluggesellschaft. Kooperationen wie sie z.B.
mit der SABENA durchgeführt worden sind, ja ganz sinnlos.
Das erste Budgetüberschreitungsgesetz wird ja nur 15 Mio S
Aufstockung für die Fonds – wissenschaftlicher und gewerbl.
Forschungsfonds – die teilweise aus 13 Mio für Öffentlichkeits-
arbeit und teilweise durch Mehreinnahmen gedekct werden ,
führen. Die von ihm geforderte Überschreitung bezüglich Brotgetrei-
de und Milchstützung will er auf gar keinen Fall ins erste
Budgetüberschreitungsgesetz aufnehmen. Ich halte diese Vor-
gansweise für sehr richtig, denn nur so kann man den Bauern
zeigen, dass sich jetzt ein anderer Wind bezüglich ihrer fin-
anziellen Forderungen hebt.
So können die Einheitswerte vom Finanzminister jetzt im Ver-
ordnungswege erhöht werden, können von derzeit 20.000 S pro
Hektar auf 27.000 beabsichtigte die Bürokratie seines
Hauses den Bauern gezeigt werden, dass für sie jetzt eine
andere Zeit angebrochen ist, wenn sie nicht bereits sind,
mit ihm oder Weihs über ihre Probleme zu verhandeln. Allerdings
steltlte sich dann im Laufe der Budgetdiskussion heraus, dass
Ossi seinen Standpunkt schon wesentlich geändert hatte.
Er verteidigte sowohl die Düngepreissubvention als auch die
Treibstoffverbilligung, obwohl Androsch schon fest damit ge-
rechnet hatte, im nächstjährigen Budget sich diese Posten
ersparen zu können. Es kam deshalb zu einer sehr erregten
und langen Diskussion, wo ich mich ganz auf die Seite Androsch's
stellte, allerdings Kreisky dann aus politischer Überlegung
sagte, unsere Vorgangsweise sei vollkommen unmöglich und in
Deutschland hätte Eferding nach dem ersten Weltkrieg das Budget
saniert und die Wahlen endgültig verloren.und er würde eine
solche Politik unter gar keinen Umständen in Österreich
machen. Wir müssten den Bauern, wenn wir ihnen zwar nichts
geben so doch ihnen auch nichts nehmen und deshalb müsste das
Budget unter diesen Gesichtspunkten erstelllt werden.
Unter gesamtpolitischen Gesichtspunkten kann diese Stellungnahme
richtig sein, ich persönlich teile sie nicht, weil ich noch
immer glaube, sehr zum Unterschied von Kreisky, dass uns die
Bauern auch am Lande nicht gewählt haben, auch bei den
Wahlen nicht gewählt haben, doch bitte, wenn dies die politische
Entscheidung ist, bin ich gerne bereit, sie zu akzeptieren.
Wie allerdings dann ein entsprechender neuer Weg in der Budget-
findung und Budgeterstellung gefunden werden soll, ist mir
eigentlich unerklärlich.
Androsch muss, um das Budget einigermassen auszugleichen,
selbst die in Aussicht genommene 4 %-ige Erhöhung der Inve-
stitionsansätze, die auf Grund der Preissteigerung auf alle
Fälle zu erwarten ist, zurücknehmen um sich 800 Mio S
zu ersparen. Ich habe deshalb glaube ich,vollkommen recht ge-
habt, dass ich nicht mit grösseren Beträgen für eine Inve-
stitionspolitik rechne, ein diesbezüglicher Ansatz ist wahrschein-
lich in dieser Grössenordnung nicht zu erwarten. Bei dieser
Gelegenheit erklärte ich auch, dass die Filmindustrie noch
immer hoffte, eine grössere Subvention zu bekommen, Kreisky
teilte mir mit, dass er nicht so konkrete Zusagen gemacht habe,
aus der Diskussion konnte ich aber entnehmen, dass schon mit ihm
geredet wurde. Es dürfte also der Produzent Dürer und der Komm.Rat
Komek bei ihm gewesen sein und auf Grund dessen verlangen sie
jetzt in einem Schreiben 30 Mio S im Budget zur Förderung der
gewerblichen Filmproduktion. Von seiten des MR Wagner wurde
mir mitgeteilt, dass immer bis jetzt 10 Mio 8 auf Beantenseite
in die Budgetforderung eingestellt wurden, die aber vom
Finanzminister auf 1.000 S Erinnerungspost gestrichen wurden,
Da das Unterrichtsministerium in seinem Budget für kulturelle
Filme 12 Mio S hat, davon allerdings die städtische Haupt und
Bildungsstelle subventionieren muss, bleibt für die Filmproduktion
wirklich nicht viel. Ich werde deshalb einmal vom Fachverband ein
Gutachten verlange, wo sie mir Vorschläge erstatten sollen, wie
sie sich vorstellen, dass in Zukunft die Filmproduktion wirklich
gefördert werden könnte. Ich dürfte das Gleichgewicht doch
hier schon sehr weit präjudiziert haben. Allerdings wird
die derzeitige Budgetsituation einen grösseren Betrag dafür
kaum freigeben können. Bei dieser Gelegenheit kann nach der
Sitzung dann auch die entsprechende Subventionspolitik zur
Sprache. Der Finanzminister wird jetzt ein Erlass an die
einzelnen Ressorts richten, wo ein Subventionsbericht vorbe-
reitet werden soll. Von den 2,2 Mia S Subventionen im Gesamt
bundeshaushalt müsste nach Meinung Kreiskys eine wesentliche
Einsparung erzielt werden können. Da aber in diesen 2,2 Mia
der Betrag wurde von Adnrosch genannt, erscheint mir aber viel
zu gering, der Grüne Plan mit 780 Mio S ist drinnen, meinte
Kreisky hier könnten wir mindestens 10 % einsparen, da diese
Gelder doch ausschliesslich über die Landwirtschaftskammer für
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politische Zwecke missbraucht werden. Weihs hat auch
dagegen grosse Bedenken und er sagte er müsste sich das auch
noch entsprechend überlegen. De facto sehe ich aus dieser
ganzen Besprechung, dass die Budgetsituation nicht für Androsch
sehr kritisch ist, sondern auch in Wirklichkeit aus politischen
Überlegungen keine endgültigen Weichenstellungen vorgenommen
werden. Im Gegenteil, man wird versuchen, und dafür habe
ich aus politischen Gründen schon ein gewisses Verständnis,
über die Runde zu kommen. Nach Auffassung Kreiskys müsste es
im Herbst gelingen, durch Erstellung eines neutralen, auch
der Landwirtschaft gegenüber neutralen Budgets die ÖVP zumindest
zu veranlassen, dass einigen denSaal verlassen und das Budget
genehmigt werden könnte mit den Stimmen der SPÖ allein. Diese
Vorgangsweise wurde ganz interessant von Kreisky geflucht
über das Häusl bezeichnet. Beim Abschied auf der
Strasse sagte ich Weihs noch, mit Androsch gemeinsam, wir
waren nur noch zu dritt, dass er ein ausgesprochenenr Bülcher
sei, er hätte versucht hier unter allen Umständen für die
Landwirtschaft das Maximum herauszuholen undalles zu retten,
was zu retten ist. Dass Kreisky aus politischen Gründen auf
seiner Seite ist, ist mir verständlich und auch erklärlich u d
bedeutet allerdings, dass ich mit Androsch hier in einen gewissen
Gegensatz zu ihnen kommen muss. Michpersönlich stört das gar
nicht, denn meine Funktion kann und wird es nicht sein, die
Ziffern und Tatsachen, die ich sehe zu verheimlichen, sondern
ganz im Gegenteil, sie immer wieder aufzuzeigen, auch dann,
wenn Kreisky in mehr freundschaftlicher aber doch deutlich
hörbarer Weise gemeint hat, ich sei ausgesprochen negativ einge-
stellt, weil ich gegen die viele Vorschläge Bedenken hätte.
Auf alle Fälle ist damit zu rechnen, dass sich die Budget-
situation weiters als äusserst kritisch darstellen wird,
insbesondere muss damit gerechnet werden, dass die Einsparung
von Dienstposten rigoros durchgeführt wird, der Wunsch
Brodas 320 neue Bedienstete zu kriegen und der Bundestheater-
verwaltung 350, wurde von Kreisky ganz entschieden zurück-
gewiesen und wir müssen daher auch bei uns rechnen, dass
weitere Dienstposten eingespart werden müssen. Ebenso glaube
ich wird es zweckmässig sein, weiterhin eine sehr restirktive
Ausgabenpolitik zu betreiben, damit gegebenenfalls Mittel für
den Herbst 1970 zur Verfügung stehen.